[Marsfeld] Krieg den Parthern!

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    Im Jahre 296 v. Chr. wurde außerhalb Roms von Appius Claudius Caecus ein Tempel zu Ehren der Bellona erbaut. Jener Tempel befindet sich am Rande des Marsfeldes, der römische Senat empfängt hier fremde Gesandtschaften und Feldherren vor ihrem Triumphzug. Direkt vor dem Tempel steht die so genannte Columna bellica, die Kriegssäule, welche den Fetialen bei der symbolischen Kriegserklärung an die Feinde Roms nutzten.


    ***

  • Es war ein warmer Sommertag, einige Vögel zogen über den Himmel vor Rom, der ewigen Stadt. Viele Zuschauer waren gekommen, immerhin galt es, den Kaiser selbst zu bestaunen und ihn mit Hochrufen auf den bevorstehenden Krieg und den damit verbundenen Sieg gegen Parthien einzustimmen. Viele Soldaten waren unter jenen, die dem Ritual beiwohnten, doch auch Frauen, Kinder, Alt und Jung waren vertreten. Es gab nicht mehr oft Krieg, doch wenn es ihn gab, bereitete sich ganz Rom auf den Feldzug und die Siegesfeiern vor, welche die Heimgekehrten sich stets redlich verdient hatten.


    Siculus Dorsos Herz pochte aufgeregt, als er zum zweiten Mal an diesem Tage das Marsfeld betrat. Vor etwas mehr als einer Stunde hatte man ihn zum Verbenarius ernannt und ihn mit einem zweiten Fetialkollegen zum Capitolshügel geschickt, um die Kräuter für das Kriegsritual zu zupfen. Mit dem Sagmen in einem kleinen Korb, kehrte er nun zu den anderen Mitgliedern des zwanzigköpfigen Collegiums zurück, welche nahe der Kriegssäule Aufstellung beim Kaiser selnst genommen hatten. Natürlich hatte der Verbenarius, Siculus Dorso, den Auftrag bekommen, den Imperator, der ja selbst ebenfalls ein Fetial war, zum Pater Patratus, zum Sprecher der Fetialen in dieser Angelegenheit zu machen.


    So erreichter der Verbenarius mit seinem Begleiter also das Marsfeld, bahnte sich einen Weg durch die erfürchtig zurückweichende Menge und begab sich gemessenen Schrittes und sich aller Blicke sicher zum Tempel der Bellona, auf dessen Stufe sich die Prozession keilförmig bereitmachte, das Ritual zu vollziehen. Hierzu war eigens die Kriegslanze hervorgeholt worden, welche aus Kornelkirschenholz gefertigt war und ohnehin schon rötich schimmerte. Doch auch die bronzene Schale, die bereits das vermengte Blut des dem Iuppiter geopferten Stieres und das dem Mars geopferten Hengstes enthielt, hatte ihren Platz am Fuße der Tempeltreppe gefunden.


    Siculus Dorso war inzwischen am Tempel angelangt, sein Begleiter reihte sich ein in das spitze V, welches die Anwesenden Zeugen dieser kriegserklärung bildeten. In ihrer Mitte stand der Kaiser. Dorsos Herz pochte derart laut, dass er glaubte, man würde es hören. Dennoch stellte er den Korb mit einer sicheren Bewegung ab, nahm das Sagmen, welchem noch Erde anhing, aus dem Korb und hielt es ehrfürchtig in beiden Händen. Er wandte sich dem Volke zu und hob die gebundenen, heiligen Kräuter etwas höher.


    "Mächtiger Iuppiter Optimus Maximus, sei unser Zeuge für die Bestimmung des Pater Patratus!"


    Er wartete noch einen Moment, dann wandte er sich um und ging auf den Kaiser zu. Mit einer ruhigen Geste bat er jenen, sein Haupt zu entblößen und es zu neigen, wie es der traditionelle Ritus erforderte, der ihn zum Schleudern der Lanze berechtigen würde.

  • Die beige Palla schützte Medeia vor der warmen Sonne, die ihre Strahlen auf das Marsfeld schickte und sie stand zwischen all den Menschen, um Zeuge dessen zu werden, was ihren Mann für Jahre in die Fremde schicken würde. Aber auch, um mit ihrer Präsenz damit zu helfen, die Götter für den Krieg wohlgesonnen zu stimmen, damit ihr Mann vom Krieg bald heim kehren konnte. Um sie herum standen viele Römer und Römerinnen und so manch einer unter ihnen hatte auch einen Sohn, einen Bruder, womöglich sogar Vater in der Legion, der bald nach Parthia ziehen würde und sie alle zurück lassen würde in der Ungewissheit um ihr Leben und Sicherheit. Und wenn dann die ersten Listen der Gefallenen und Verletzten in der Acta veröffentlicht würden oder am Forum ausgehängt, der Ausrufer vor dem Senat von den Neuigkeiten des Krieges berichteten oder der Cursus Publicus mit den schweren Säcken der Soldatenbriefe heimkehrte, würden all jene sorgenvollen Menschen erst um das Wohl oder den Tod ihrer Verwandten erfahren. Medeia atmete tief ein und erschauderte bei dem Gedanken. Leise sprach sie ein Gebet zu den Göttern und war doch etwas beruhigter durch die Tatsache, dass ihr Mann der Praefectus in der Legion war und kein einfacher Soldat, der in der ersten Reihe schon in den ersten Minuten einer Schlacht aufgerieben und in die Unterwelt gesandt werden konnte. Und immerhin würde sie sich in einigen Tagen noch mal von ihm verabschieden können ehe die Schiffe Ravenna verließen.


    Auch Medeia sah auf wie unzählige Gesichter als der Verbenarius an ihnen vorbei ging. Unwillkürlich machte Medeia einen Schritt zurück, um dem Mann den Weg frei zu machen und sie sah ihm stumm und mit Ehrfurcht ergriffen hinter her. In der Ferne konnte Medeia auch den Kaiser erspähen, seine würdevolle Gestalt und war noch einmal mehr beruhigt. Denn schließlich kam der Kaiser mit in den Krieg und somit der Sieg noch viel näher. Als sich ein Mann vor ihr drängte und Medeia die Sicht raubte, zupfte sie ärgerlich an seiner Tunika. „Salve, könnt ihr vielleicht...?“ Erst als er zur Seite trat, konnte Medeia wieder der Zeremonie folgen und sah, wie der Verbernarius sich dem Kaiser zu wandte.

  • In seiner großen, ägyptischen Sänfte hatte auch Manius Tiberius Durus sich auf hinaus zum Marsfeld gemacht, um der Fetialfeier zur Kriegserklärung beizuwohnen - immerhin war dies auch im Senat vereinbart worden. Folglich konnte er, sobald seine Sklaven ihm einen guten Platz in den vorderen Reihen gesichert hatten, zahlreiche Mitsenatoren entdecken. Doch kaum hatte er das ein oder andere Grußwort verloren, als die Zeremonie bereits begann.


    Wie er wusste, übernahm ein Fetial namens Siculus Dorso, ein eher unscheinbarer Senator, die Aufgabe des Verbenarius. Dieser war jedoch weniger von Interesse für Durus. Vielmehr reckte auch er den Hals nach dem Kaiser, der schon bald die offizielle Kriegserklärung vollziehen würde.

  • Macer hatte sich am Morgen zu Fuß auf den Weg zum Marsfeld gemacht, um der Kriegserklärung beizuwohnen. Er trug an den Füßen nicht wie inzwischen gewohnt den geschlossenen Senatorenstiefel, sondern seine alten Militärstiefel, die er auch als Legionskommandeur noch gerne getragen hatte. Die Sohle löste sich am rechten Fuß ein wenig und er würde sie mal zur Reparatur bringen müssen, aber für den heutigen Tag sollte es reichen. Zumal man die Schuhe unter der Toga ohnehin kaum sah.


    Er grüßte die bereits anwesenden Senatoren ebenso wie die später hinzukommenden und nutze die Gelegenheit für ein kleines Gespräch mit dem einen oder anderen Kollegen. Als die Zeremonie beginnen sollte, kehrte Ruhe ein und Macer blickte erwartungsvoll in Richtung des Kaisers.

  • Senator Aelius Quarto wohnte der traditionsreichen Zeremonie ebenfalls bei.


    Er hoffte inständig, dass die Götter diesem Feldzug wohlgesonnen waren. Sie, die Götter, liebten das römische Volk mehr als jedes andere, davon war er überzeugt. Aber würden sie auch diesen sich abzeichnenden Krieg gegen die Parther segnen?
    In der Vergangenheit hatte Rom gegen diesen Feind mehrfach bittere Niederlagen hinnehmen müssen und selbst die spärlichen Erfolge gegen dieses Volk hatte man teuer und mit viel Blut erkauft.


    Nun würde es wieder gen Osten gehen. Viele waren im Vorfeld voller Zuversicht gewesen, voller Tatendrang und überzeugt davon, dass der Kaiser einen raschen und vollständigen Sieg erringen würde.
    Aber Quarto kannte die alten Berichte aus der Zeit eines Licinius Crassus Dives, der seine Legionen bei Carrhae in eine entsetzliche Niederlage geführt hatte. Er hatte über den Feldzug von Marcus Antonius gelesen, der sich selbst als Triumphator feiern ließ, aber letztlich ebenfalls gescheitert war. Er hatte Augustus' Denkschrift studiert, in der er die Ansicht vertrat, man müsse jedem römischen Feldherrn bei Strafe verbieten gegen die Parther zu ziehen.


    Aelius Quarto war voller Zweifel, was diesen bevorstehenden Krieg betraf und er hatte guten Grund dazu. Aber er hoffte, dass dieses heutige Ritual ihn ein wenig mit Zuversicht erfüllen würde, denn trotz seiner Bedenken, oder gerade deshalb, würde er mit nach Osten gehen. Er hoffte auf Verhandlungen, auch wenn Rom hier und heute dem Partherreich offiziell den Krieg erklärte.

  • Mit ruhigem Blick beobachtete der Kaiser das Tun des Verbenarius, zwischendurch aber besah er sich die Menge der Personen, die sich hier versammelt hatten, um dem Ritual beizuwohnen. Er war nur ganz kurz erstaunt über die Anzahl der Menschen, doch dann nicht mehr. Kriege dauerten lange, sehr lange, aber die meisten Menschen bekamen vom Krieg nicht mehr mit als Nachrichten über Sieg oder Niederlage, über Gewinne und Verluste, über den Tod eines Bekannten, Freundes oder Familienmitgliedes. Hier aber konnten sie teilhaben am Krieg.


    Als der Verbenarius zu ihm kam, entblößte und neigte der Kaiser sein Haupt, wie es der traditionelle Ritus erforderte.

  • So nah war Siculus Dorso dem Kaiser, er hätte ihn ohne weiteres erdolchen können! Jeder umstehende Prätorianer wäre bedeutend zu spät gekommen... Dieses Gefühl ließ den Verbenarius vor Ehrfurcht erzittern, denn er war beileibe kein Kaisermörder, sondern nur trunken von der Ehre und dem Vertrauen, das der Kaiser ihm damit zuteil werden ließ. Mit leicht zitternden Händen berührte Siculus Dorso des Kaisers entblößtes Haupt mit dem Sagmen. Etwas Erde löste sich und rieselte ins Haar des Kaisers, was Dorso erschrocken die Luft anhalten ließ. Dennoch kamen die nötigen Worte über seine Lippen.


    "Lucius Ulpius Iulianus, Imperator Caesar Augustus und vom Volke geachteter Kaiser, mit diesem heiligen Sagmen ernenne ich dich Kraft meines Amtes als Verbenarius zum Pater Patratus."


    Atemlos verneigten sich Siculus Dorso vor dem Kaiser, und seine Amtskollegen taten es ihm gleich. Kurz darauf ward dem Imperator der Speer aus Kornelkirschenholz gereicht, zwei andere Fetiales hielten ihm die mit Blut gefüllte Schale hin. Siculus Dorso brachte sich gemessenen Schrittes aus der Schusslinie, denn nun würde der Kaiser Parthien offiziell den Krieg erklären. Dass dabei nicht ein einziger Parthier anwesend war, störte hier niemanden. Wichtig war nur, dass jeder den Willen Roms vernahm, der die Feinde erzittern lassen und in die Knie zwingen würde. Des Kaisers Aufgabe war es nun, die Spitze mit Blut zu tränken, welches das Feindesblut darstellte, und dem Feind - verkörpert durch die reichlich verzierte Columna Bellica - zum Zeichen der Kriegsabsicht die Lanze entgegenzuschleudern. Gebannt starrten aller Augen auf den Kaiser.


    Siculus Dorso stand mit seinem Kräuterbüschel in der Hand bei den anderen Fetialen und gab sich die größte Mühe, seine weichen Knie unter Kontrolle zu behalten.

  • Auch Sedulus war da. Sein Vater wäre bestimmt stolz gewesen wenn er einer Legion angehören würde die gegen die Parther zu Felde zogen. Hätte er nicht gerade das Amt eines Tresvir Capitalis inne, hätte er sich vielleicht sogar zu einer der Legionen versetzen lassen die am Feldzug teilnahmen um den Erzfeind nieder zu kämpfen. Doch die Götter wollten es anderst.
    So blieb Sedulus nur dem Ritual auf dem Marsfeld beizuwohnen und dem Imperator und seinen Männern die in den Krieg zogen zu wünschen, das sie siegreich und ohne große Verluste in die Heimat zurückkommen.

  • Von der Erde, die auf sein Haar rieselte, bekam der Kaiser nur wenig mit, zu sehr war er auf den Vorgang an sich konzentriert. Er nickte leicht, als er zum Pater Patratus ernannt wurde und nahm sogleich den Speer entgegen. Mit würdevoller Mimik tauchte er die Spitze in das ihm dargereichte Blut, die andere Hand erhoben. Sein Blick wandte sich nun dem Volk, eigentlich allen hier, und er erhob seine Stimme, auf dass man ihn auch weiter entfernt hören konnte.


    "Römer! Gar verabscheuungswürdiges ist vor kurzem geschehen! Ein Volk, welches schon seit Urzeiten zu unseren Feinden zählt, hat es gewagt, einen unseren Verbündeten anzugreifen und damit auch uns. Diesen Affront können wir nicht dulden und werden wir auch nicht dulden! Viele Männer, treue Soldaten Roms, werden dieser Ungeheuerlichkeit mit Mut und Kampfgeist begegnen, ohne Zögern und Zagen werden wir uns diesem barbarischem Volk, die sich Parther nennen, stellen und sie niederschmettern!


    Und bei Mars, so wahr ich hier stehe, ich werde nicht ruhen, bis Vergeltung geübt wurde. Mit der Hilfe der Götter werden wir den Sieg über dieses degenerierte Volk erringen! ROMA VICTRIX!"


    Als er geendigt hatte, schleuderte er den Speer Richtung columna bellica, der Kriegssäule.


    Rom hatte Parthien den Krieg erklärt.

  • "Roma Victrix!", rief Macer kurz nachdem der Kaiser dies gerufen hatte und tat es damit den anderen Anwesenden gleich. "Jetzt ist es also getan", murmelte er dann wesentlich leiser mehr zu sich selbst. "Rom steht im Krieg." Erinnerungen kamen hoch, an den Bürgerkrieg gegen Laeca, an die Felder von Picentia, die Zeit bei der Legio I.


    "Mors hostibus! Roma aeterna!"

  • Wenn sich eines Claudius nicht nehmen ließ, dann war es die Teilnahme an dieser für Rom, und nicht zuletzt für seine Prima, wichtigen Zeremonie. Er gestand sich ein, dass die Kriegsvorbereitungen etwas wie Ergriffenheit in ihm auslösten. Er gedachte seiner alten Kameraden, mit denen er gewiss gerne in den Krieg gezogen wäre, weil er sich blind auf sie verlassen konnte - dann begann die Zeremonie. Schweigend verfolgte er die Handlungen des Verbenarius, die Reaktion des Kaisers, dessen Ansprache. Nach der offiziell verkündeten Kriegerklärung fiel er in die Rufe ein. Er wählte den Schlachtruf der Prima, wie konnte es anders sein.


    "Mors hostibus! Roma aeterna! LEGIO I aeterna!"


    Er bedauerte, eine Winzigkeit zu zeitig aus der Legion ausgetreten zu sein, aber die Götter mussten es so gewollt haben, denn mehr als ein, zwei Wochen lagen nicht zwischen seinem Gang zum Kaiser und dem ersten Munkeln über einen bevorstehenden Krieg. Und trotz all dieser Gedanken verschwendete er in der Folge keinen Gedanken des Bedauerns mehr. Die Götter hatten ihn nach Rom geführt, es sollte so sein.

  • Durus verfolgte andächtig die Zeremonie, die für viele tausend junge Römer den Weg über das Meer, hinein ins Feindesland bedeutete. Wie immer wirkte der Kaiser ruhig und gelassen, als hätte er dies schon hunderte Male getan.


    Seine Gedanken schweiften ab zu Quintus, der wohl gerade die gesamte Legion durch Italia führte oder schon in Ravenna auf den obersten Befehlshaber wartete. Durch die Rufe wurde er aus seinen Gedanken gerissen und stimmte rasch mit ein.


    "Roma Victrix!"


    Heute Abend würde er den Göttern für das Wohl seiner Gentilen opfern - und das des Kaisers! Plötzlich kamen ihm üble Gedanken: Wenn der Kaiser nicht zurückkehrte, würde es möglicherweise sehr viel länger Krieg geben, als irgendwer beabsichtigt hatte. War Aelianus nicht noch immer weit weg? Würde vielleicht Hungaricus das Rennen machen? Immerhin gehörte er zweifelsohne zu den einflussreichsten Männern der Stadt. Nunja, solange er es wurde, bestand ja keine Gefahr für Durus...

  • Sedulus hörte den Worten des Imperators mit ernster Miene zu.
    Als er in Syria weilte, hatte Sedulus einiges über die Parther gehört und auch mitbekommen. Sie waren schnell zu Pferd und diese waren recht gut gepanzert. Sie schossen wie wild mit Pfeil und Bogen, eben noch hier und im nächsten Moment waren sie schon wieder verschwunden.


    Und trotzdem war er sich sicher das die Legionen den Gegner vernichten würden. Und so stimmte er mit ein.



    ROMA VICTRIX!

  • Decius stand mit einige Kameraden auf dem Marsfeld und verfolgte das Geschehen. So wie die Zeremonie in ihm ein Gefühl von Erhabenheit hervorrief so beschlich ihn auch eine Anspannung. Nun befand sich Rom also offiziell im Krieg mit dem großen Nachbarn im Osten, und zwangsläufig kamen Decius die Erzählungen über die längst vergangenen Zeiten der Republik, als der sagenhaft reiche Licinius Crassus bei Carrhae gegen die Parther eine der schlimmsten Niederlagen in der römischen Geschichte erlitten hatte.


    "Roma victrix! Mors hostibus! Roma aeterna!" stimmte er mit in die Rufe ein, ließ sich mitreißen von der Stimmung des Augenblicks.

  • Der älteste Fetial, welcher für die Verteilung der einzelnen rituellen Ämter verantwortlich war, nickte im Stillen, als des Kaisers Worte verhallt waren und nur noch das Sirren des Speeres zu vernehmen war. Dann traf die Speerspitze mit einem hellen Geräusch auf den hellen, rötlichen Sand, und tausend Kehlen griffen den beherzten Ruf ihres Kaisers auf, riefen, brüllten, schrieen, jaulten, polterten, sagten und flüsterten ROMA VICTRIX, jene zwei Worte, an denen hier nicht eine Seele zweifelte, denn dazu war der Siegeswille in jedem einzelnen zu stark.


    Unter lauten Jubelrufen geleiteten die Fetialen ihren gewählten Pater Patratus nach einigen Minuten, in denen sie der Freude und dem Stolz des römischen Volkes lauschten, in den Tempel der Bellona, wo man nun unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit ein Opfer darbringen würde. Prätorianer sicherten derweil das Gebäude und den Kaiser.


    Erst nach mehr als einer halben Stunde folgten die Fetiales ihrem Pater und Imperator wieder hinaus an die Öffentlichkeit. Die Litatio wurde verkündet; und damit war das Ritual der Kriegserklärung vollends zelebriert und gut verlaufen. V-förmig geleiteten die Fetiales den Kaiser direkt über das Marsfeld und neigten das Haupt zur Verabschiedung, als der Imperator sich in eine Sänfte begab und den Platz, abermals unter lauten Jubelrufen, verließ.


    Die Kriegslanze steckte noch im Sand, der Wind rüttelte sie sanft. Es war die Aufgabe des Siculus Dorso, sie am Abend wieder einzuholen und zu ihrem Ursprungsort zu bringen, wo sie bis zum nächsten Ritual sicher verwahrt werden würde. Bis zum Abend jedoch steckte sie als manifestierte Drohung weiterhin im Sand, der in unmittelbarer Nähe der Spitze blutgetränkt war und die Heeresmacht des Feindes darstellte.

  • Auch Tiberius hatte sich eingefunden, um die Zeremonie zur Kriegserklärung beizuwohnen. Gespannt lauschte er den Worten des Kaisers zum bevorstehenden Krieg gegen die niederen Parther. Obwohl die Worte des Kaisers siegessicher und von den Göttern geführt klangen, zeigte sich keine wahre Euphorie auf den ruhigen Gesichtszügen von Tiberius. Zu unsicher sei ein Krieg gegen einen solchen Feind, Götter konnten zwar helfen, doch konnten sie keinen Waffenarm ersetzen. Doch desto länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde sich Severus diesem falschen Gedankengut klar, der Glaube an den Sieg, der durch die Götter, den Kaiser und natürlich auch durch die tapferen Legionen erkämpft werden wird, ist Pflicht genug für einen frommen und ehrhaften Bürger Roms. So stimmte er den Rufen ein.


    Roma victrix!


    Nun richtete sich seine Aufmerksamkeit nicht mehr auf den Kaiser, sondern auf vielen einflussreichen Personen, die ebenfalls den Akt der Kriegserklärung beobachtet hatten. Denn nichts in Rom war wichtiger als ein mächtiger Freund. Doch auch das Gegenteil hatte große Bedeutung. Feinde hatte man immer, nur musste man aufpassen, dass diese nicht zu mächtig wurden.


    Zwischen all den Menschen fiel es Tiberius jedoch schwer, Gesichter und damit auch Personen zu identifizieren.

  • Kurz nachdem das Ritual abgeschlossen war, verließ Macer mit einigen anderen Senatoren das Marsfeld. Sie waren ins Gespräch vertieft und natürlich sprach man über den Krieg und die bevorstehende Abwesenheit des Kaisers aus Rom. Es war nicht der erste Krieg, den die Männer erlebten und es war nicht die erste Abwesenheit des Kaisers, aber die Situation erschien ihnen unberechenbarer als jemals zuvor.

  • Als das Ritual beendet war und Gemurmel einsetzte, wandte sich Claudius seinem Cousin zu, mit dem er gemeinsam zum Marsfeld gekommen war.


    "Beide sind wir Rom nicht als Soldaten dienlich, obwohl wir es beide aus tiefstem Herzen wollen. Aber die Götter hatten anderes mit uns vor und wer weiß, wozu es gut ist. Komm, ich stelle dich meinem ehemaligen Legaten vor. Mal sehen, ob er etwas für dich tun kann."


    Er wies mit den Augen zu einem Senator, der unweit von ihnen stand und sich mit teils bekannten teils unbekannten Männern unterhielt. Als sich eine Gesprächspause anbahnte, nutzte er die Gelegenheit und ging die wenigen Schritte auf Purgitus zu, noch bevor sich dieser endgültig zum Gehen wandte. Er hoffte, dass er noch gehört werden würde, denn es ging am heutigen Tag wohl jedem so, dass er, wenn er nicht in Gespräche verwickelt war, in Gedanken weilte.


    "Senator Purgitius?", sagte Claudius zwar vernehmlich, aber nicht übertrieben laut. Die Ansprache beinhaltete eine Frage, denn er wollte abwarten, ob der Angesprochene Zeit hatte. Er befand sich noch immer in Gesellschaft.

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