Bruderschaft der Erinyen | Kapitel II: Neue Horizonte


  • Sextus Calavius Galba


    Tagelang war er unterwegs gewesen, tagelang, stets mit der Ungewissheit im Nacken, stets mit der Angst dass ihm jemand aus Syria gefolgt war, dass ein Spitzel mit der Karawane reiste, in welcher auch er als vermeintlich unscheinbarer Händler seinen Weg beschritt, verschwiegen, vorsichtig, und stets mit dem Ziel vor Augen. Albucius musste schon längst in Iudäa angekommen sein, die Unsicherheit, die Ruhe, es quälte ihn, auch wenn er wusste dass es Wochen oder gar Monate dauern könnte, bis sich die Bruderschaft auch außerhalb Syrias festsetzen konnte, und zumindest eine geringe Machtbasis entstehen könnte.
    Eines Abends war es dann soweit, sie hatten ihr Ziel erreicht: Ostracine, ein kleiner Ort, unweit der östlichen Grenz der Provinz, Zugang zu Wasser, ruhig, ein ideales Ziel um langsam die Saat der Bruderschaft über die restliche Provinz zu streuen.
    Galba fand seinen Kontaktmann schnell, ein Besitzer einiger Mietshäuser, nichts großes, jedoch hatte er es geschafft sein Hab und Gut nach dem Fall des Vescularius in etwas gewinnbringendes Umzuwandeln, auch wenn er seiner Zeit in der Provinzverwaltung noch immer nachtrauerte, und dadurch mehr als anfällig für die Doktrin der neuen Bruderschaft war.
    Schnell hatte sich Galba in einer kleinen aber durchaus ordentlichen Wohnung eingerichtet, und sogleich damit begonnen einige Briefe an die anderen Mitglieder aufzusetzen, es gab viel zu koordinieren, und einige wichtige Anweisungen mussten erteilt werden, denn schließlich plante sich ein vermeintlicher Umschwung nicht von allein.


    Später am Abend, es war ruhig geworden in Ostracine, versammelte der Eigentümer des Hauses einige Gleichgesinnte in einer an die Häuser angeschlossene Taverne, die Fensterläden waren geschlossen, und nur das leicht orange-gelbliche Licht der wenigen Kerzen wies überhaupt darauf hin, dass in diesen sonst eher ruhigen Gemäuern eine verschwörerische Versammlung stattfand.
    Bauern, Händler, ehemalige Soldaten, Mannschaften wie Offiziere, einst Angehörige einer nahen Garnison waren eingekehrt, genauso wie Grundbesitzer, lokale Beamte oder Mitglieder reicher plebejischer oder ägyptischer Familien, Menschen aus vielen Ständen und Schichten des römischen Reiches, geeint durch einen Grund und einen Grund allein: Die Sehnsucht nach der alten Zeit, einer Zeit in der sie die Gewinner der Umbrüche waren, oder dies zumindest glaubten, und zu welcher sie zurückkehren wollten. Sie alle saßen mehr oder minder in der Dunkelheit, und lauschten still den Worten Galbas, welcher wie ein Prediger der zahlreichen Sekten etwas erhoben auf einem Podest saß, immer wieder aufsprang und sich wieder setzte, während er von der vermeintlichen Ungerechtigkeit, und den Untaten Cornelius Palmas berichtete, und somit hoffte, sich hier und heute eine erste Basis, ein erstes Netzwerk in Ägypten zu schaffen..


    "Das große Rom bückt sich vor einem Tyrannen! Einem Aggressor, welcher nur durch Blut und Brudermord an die Macht kam!" erklärte Galba ruhiger als man es von seinen Worten erwarten würde, "Ein Mann welcher den wahren Imperator zugrunde richtete, den Mann welcher dem Volk seine Rechte zugestand! Welcher dem Adel seine unsinnigen Rechte entzog, von ihnen nahm, um es euch, dem Rückgrat, dem Herzen des Imperiums zu schenken!" die Menge stimmte zögerlich zu, zunächst mit Blicken, dann mit einem leichten Nicken, "Und ich frage euch meine Brüder, wer, wenn nicht wir, das Herz, das Rückgrat, die Seele des Reiches, wäre in der Lage sich diesem Subjekt anzunehmen? Der Senat? Gekaufte Lakaien der neuen Ordnung.. Die Legionen? Durchzogen von neureichen Eliten der Rebellen, gehorsam denen, welche sie dazu brachten ihre eigenen Brüder zu töten!" das Nicken der verprellten Anhänger der alten Zeit wurde stärker, Fäuste ballten sich, kleinere Ausrufe der Zustimmung wurden hörbar, noch immer leise, schließlich wusste niemand wer gerade vor der Taverna stand und seine Ohren offen hatte, und dennoch, Galba war sich sicher dass er das Publikum nun da hatte, wo er es haben wollte, "Ihr werdet der Hammer sein, der Hammer der Rache, der Wahrheit, und der Gerechtigkeit. Schließt euch uns an, sowie viele andere in den östlichen Provinzen.." dass es sich bisher dabei hauptsächlich auf einige versprengte Grüppchen in Syria, und eventuell Iudäa bezog verschwieg Galba, "... und werdet Teil einer Bewegung, welche einst in den Geschichtsschreibungen als Helden des Imperiums gefeiert werden wird. Dies ist eine Prüfung, und die Götter sind mit denen welche sich ihrer annehmen, und kämpfen, scheint das Ziel auch noch soweit entfernt!" die Menge wurde euphorisch, einige Männer, vor allem die Soldaten sprangen auf, solche Ansprachen hatten sie zuletzt im Bürgerkrieg gehört, und die Erinnerungen waren noch immer frisch, "Geht in die Städte, kleine und große, findet Gleichgesinnte, glaubt mir, es gibt viele, und seid auf der Hut! Agiert zielstrebig, aber im Schatten, und schon bald werden wir vor Kraft strotzen!"


    Galba plauderte noch eine ganze Weile, er ging von Tisch zu Tisch, sprach mit einzelnen Gruppen. Einige Händler boten ihre Dienste als Boten an, ein paar ehemalige Soldaten würden auf Galba aufpassen. Die gut betuchten unter den Leuten würden Galba finanziell unterstützen, zunächst nur seine täglichen Kosten, Nahrung, Kleidung, Mieten, und wer weiß, wenn ihre Bewegung größer werden würde, könnte man sicherlich auch ein paar Söldner bezahlen. Galba hatte seine Überzeugungskraft spielen lassen, und sich eine kleine aber feine Folgschaft gesichert, auch wenn die Bände noch zart waren, er würde noch eine ganze Weile hier verweilen, und die Bruderschaft festigen, komme was wolle, der erste Schritt in Ägyptus war getan..

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