Am unteren Moenus

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    Die von Arwed so gepriesene Zivilisation, repräsentiert durch die eher mäßig interessierte Besatzung zweier Patrouillenboote, hatte sich nach oberflächlicher Kontrolle der Ladung schnell wieder ans linke Moenusufer zurückgezogen. Und dort verharrte sie auch, die vermeintliche Zivilisation. Flussmeile um Flussmeile. Stets in Sichtweite und doch fürs erste unerreichbar. Nach Nordwesten ging es. Immer nach Nordwesten. Unter einer Sonne, die umso heißer vom Himmel zu tropfte, je weiter sie sich von ihrem Höchststand entfernte. Durch eine unbewegte Schwüle, die die nutzlos herunterhängenden Segel geradezu verhöhnte. Auf einem trüben Fluss, der nach jedem Ruderschlag brackigen Moder ausatmete. Irgend einem Ziel entgegen, an dessen Existenz Arwed fast schon zu zweifeln begann. Obwohl seit dem Ablegen erst einige Stunden verstrichen waren, fühlte er sich, als sei er schon seit Tagen auf dem schwerfälligen Prahm gefangen. Ernüchtert hatte er zur Kenntnis nehmen müssen, dass Carneades einerseits nicht beabsichtigte, die Weiterfahrt durch eine Aufenthalt an der schattigen römischen Flussseite zu verzögern, er es aber andererseits nicht eilig genug hatte, um seine Ruderer etwas mehr anzutreiben. So war den jungen Askaleuda das zweifelhafte Kunststück gelungen, Germania Magna zu verlassen ohne Germania Superior zu betreten. Sie befanden sich nicht an der Grenze, wie Ove erfreut ausgerufen hatte, sondern direkt auf ihr. Genau genommen trieben sie im Niemandsland dahin, beidseitig eingefasst von bewaldeten Hügeln, die sich im Osten wild und unberührt durch kaum bebautes Land zogen, während sie im Westen von einer lockeren Kette aus Wachtürmen und vereinzelten Wehranlagen gezähmt wurden.


    Gähnend blinzelte Arwed flussabwärts und wartete. Worauf, wusste er selbst nicht so genau, vermutlich darauf, endlich irgendwo anzukommen. Zudem gab es ohnehin wenig sinnvolleres zu tun als über das Wasser zu glotzen und zu warten. Ove hing mit vorgehaltenem Holzbottich über die Bordwand, um die Pferde mit Wasser zu versorgen, Ratnar hatte sich aus Mantel und Pferdedecke eine Art Sonnendach zwischen den Stoffballen errichtet und schnarchte friedlich darunter hervor. Carneades war in einem kleinen weißen Zelt verschwunden, das im hinteren Teil des Führungsbootes schlaff zwischen den Spannseilen hing. Die Mannschaft ruderte. Langsam, gleichmäßig, und seit sie den Limes zu ihrer Linken wusste, sichtlich entspannt. Um sich zumindest ein klein wenig nützlich zu machen, tappte Arwed zu einem der Wasserfässer hinüber, tauchte eine große Schöpfkelle hinein, und ging damit die Reihen ab. Die meisten Ruderer dankten es ihm mit derben Bemerkungen über seinen breitbeinigen Gang, ein paar nickten höflich, nur einer grinste ihm unter der breiten Krempe seines Bauernhutes verschmitzt entgegen. „Kahnfahrten sind wohl nicht so deine Sache, wie?“ Froh darüber, dass sich wenigstens einer der Ruderer dazu herabließ, ein einigermaßen freundliches Wort an ihn zu richten, ließ sich Arwed in die Hocke sinken. „Ach, merkt man das?“ Der Ruderer nahm lachend die Schöpfkelle entgegen. „Na ja, wenn man dich hier so rum eiern sieht, könnte einem der Gedanke schon kommen. Außerdem rudern wir dir viel zu langsam, lieg ich da richtig?“ Ertappt. Genau so war es. Ove hatte schon recht, Reiter rudern nicht, und Ruderer reiten nicht. Ein Reiter musste darauf acht geben, sein Pferd nicht zuschanden zu reiten, diese störrischen Lastkähne dagegen würden gewiss nicht auseinander brechen, wenn sich die Ruderer ein klein wenig mehr am Riemen rissen. Wenn Carneades es schon für unnötig erachtete, diese glühend heißen Stunden im Schatten der Uferbäume verstreichen zu lassen, hätte er wenigstens dafür sorgen können, dass sie voran kamen. Das permanente Geschaukel kombiniert mit Hitze und Untätigkeit machten Arwed so langsam fertig.


    „Carneades wird schon seine Gründe haben. Ich bin nur Passagier.“ entgegnete er ausweichend. „Carneades.“ spuckte der Ruderer verächtlich aus. „Sitzt der hier vielleicht auf der Ruderbank? Carneades ist ein verdammter Geizhals, für den reißen wir uns bei dem Wetter ganz bestimmt nicht die Arme aus. Vier Sesterzen pro Tag zahlt er uns für die Plackerei. Findest du das in Ordnung?“ Arwed hatte keine Ahnung, ob er das in Ordnung fand, es ging ihn schlichtweg nichts an. „Tja, ein Vermögen ist das wohl nicht gerade.“ Der Ruderer lachte trocken auf. „Ein Vermögen? Das verlangt auch keiner. Nur eine angemessene Bezahlung. Mit einer motivierten Mannschaft wären wir sicher längst am Westbogen. Aber so ..“ Was sollte Arwed dazu sagen? Sein Pferd hatte sich noch nie bei ihm darüber beschwert, dass es nicht schneller galoppierte. Schlussendlich hatten es die Ruderer im wahrsten Sinne des Wortes selbst in der Hand. „Nun, wir können gerne ein paar von euch abwechseln. Würde uns nichts ausmachen.“ Der verbitterte Ruderer kam etwas aus dem Konzept. „Was? Nein. Das zieht uns Carneades bloß vom Lohn ab. Zudem habt ihr ja für die Flussreise bezahlt. Habt ihr doch, oder?“ Arwed schlug die Stirn in Falten. Nein, hatten sie nicht. Carneades hatte seinem Geschäftspartner Appius einen Gefallen getan. Von Bezahlung war nie die Rede gewesen. Das wiederum ging den Ruderer nichts an. „Sicher. Auch wieder wahr.“ nickte Arwed mit einem dünnen Lächeln. „Was meinst du, wie viele Flussmeilen schaffen wir noch bis zum Abend?“ Bevor der Befragte antworten konnte, mischte sich Ove ein, den das Gespräch nun ebenfalls herbeigelockt hatte. „Das würde mich auch mal interessieren. Ich will endlich runter von diesem Kahn. Ist es noch weit bis zum Rhenus? Sollten wir den nicht längst erreicht haben?“
    „Weit? Was ist schon weit?“ brummte der Ruderer mit merkbar sinkender Laune. „Diese Fahrt wird uns bis an die nördlichen Fossae führen, das ist weit. Wir sind oft Monate unterwegs, und das bei der lausigen Bezahlung.“ Arwed nahm die leer getrunkene Kelle wieder an sich. Er wusste weder, was der Bursche mit den Fossae meinte, noch wo die lagen, er wusste nur, dass ihm das Gejammer über den kargen Lohn allmählich auf die Nerven ging. Wenn sein Bruder sich das Lamento weiter anhören wollte, war das seine Sache, er selbst hatte jedenfalls keine Lust dazu. „Ich geh dann mal nach den Tieren sehen.“


    Viel Zeit nahm es nicht in Anspruch, eine Decke in den Fluss zu tauchen, sie auszuwringen und die Pferde behutsam damit abzureiben. Als Arwed fertig war, legte sich sofort wieder bleierne Langeweile auf sein Gemüt. Auch er wollte am liebsten runter vom Kahn, so schnell wie möglich, im Galopp durch den Waldschatten preschen, den Wind auf der nassen Stirn, die Flanken des Pferdes zwischen den Schenkeln. Stattdessen nichts als Mücken, heiße stehende Luft, Stillstand. Schattige Waldhügel links, schattige Waldhügel rechts, dazwischen der in der prallen Nachmittagssonne vor sich hin dünstende Moenus, faul, grün, scheinbar endlos. Dass sich der Strom zusehends mit Flößen, Nachen und Lastkähnen füllte, deren Mannschaften gewiss ebenso mit dem stickigen Hochsommertag zu kämpfen hatten, war auch kein Trost. Ein paar Schlucke Wein erschienen da schon weit tröstlicher. Nach kurzem Herumsuchen fand Arwed im Halbschatten von Ratnars improvisiertem Sonnensegel Thraseas Weinschlauch. Leer. Fluchend warf er die schlaffe Lederhülle in den Fluss und setzte sich dann mit dem Rücken an die Bordwand gelehnt nieder. Ratnars Schnarchen, das Mückensummen und Oves gedämpftes Geplapper an den vorderen Ruderbänken verschmolzen zu einem einzigen einlullenden Rauschen und ließen ihn rasch einnicken.


    Als Ove ihn wachrüttelte war es Abend geworden. Die brüllende Hitze hatte merklich nachgelassen, in der Ferne war leiser Donner zu hören, die westlichen Hügel warfen ihre Schatten bereits bis über die Flussmitte hinaus und ab und an wehte sogar ein lauer Windhauch über das Wasser. Ove stand mit einem freudigen Grinsen über seinem Bruder. Es schien Neuigkeiten zu geben. „Was?“
    „Hör mal, Evarchus .. also der Ruderer, du weißt schon .. der hat mir erzählt, dass wir an der nächsten Anlegestelle im Westbogen die Nacht verbringen müssen, weil es nachts zu gefährlich ist, die Untiefen weiter flussabwärts zu passiern.“
    „Beschissene Aussichten. Und weiter?“
    „Ein Bekannter von ihm arbeitet da am Ladeplatz. Der kennt sich in der Gegend aus wie in seiner Hose und könnte uns in ein paar Stunden über Land an den Rhenus führen .. was meinst du?“
    Arwed blinzelte Ove misstrauisch an.
    „Weil er ebenso selbstlos und hilfsbereit ist wie sein rudernder Freund, nehme ich an?“
    „Na ja, ganz umsonst kann er das natürlich nicht machen, aber Vater hat dir heute morgen doch einen ziemlich dicken Geldbeutel mitgegeben, ich habs gesehen. Wenn wir nun ein kleines bisschen davon ...“
    „Vergiss es!“ unterbrach Arwed seinen Bruder schroff. „Richtig, er hat mir einen Beutel gegeben. Für Notfälle! Mich kotzt das hier genauso an wie dich, aber ein Notfall ist was anderes. Und es hat auch keinen zu interessieren, wie viel Geld wir bei uns haben. Hast du verstanden?“ Wie immer bei solchen Anlässen nahm Ove die Maßregelung grummelnd hin, zog trotzig das Feuchte in der Nase hoch und machte sich davon; nach vorn zu seinem neuen Freund Evarchus. Arwed erhob sich mit einem tiefen Seufzer. Dicker Geldbeutel. Ove war so ein Idiot. Ratnar schwebte unüberhörbar noch immer durchs Reich der Träume. Mit einem Tritt gegen die unter den aufgespannten Decken hervor ragenden Beine setzte Arwed dem ein unsanftes Ende. „He, Vetter! Genug geschnarcht. Zeit für eine gepflegte Unterhaltung.“

    Oves Information erwies sich als zutreffend. In der anbrechenden Dämmerung, kurz nachdem der Moenus sich in einer weiten Schleife westwärts gewunden hatte, kam am Nordufer eine Reihe von Gebäuden in Sicht, Lagerschuppen, Ställe, Blockhütten, Langhäuser. Von einem breiten Ufersteg, führte ein halbes Dutzend weiterer Stege aufs Wasser hinaus, an denen bereits eine Handvoll Boote festgemacht hatten. Auf dem Hügelkamm nördlich der Anlegestelle schimmerten die Balken eines Wachturms im letzten Abendlicht, ein Anblick, der Arwed ein breites Lächeln aufs Gesicht zauberte. Römische Wachtürme beiderseits des Flusses, hier war der Moenus nun endgültig zum Römer geworden. Carneades dirigierte die Prähme zu zwei freien Stegen und gab schließlich den Befehl anzulegen. Die Riemen wurden eingezogen, ein Teil der Besatzung sprang mit dicken Seilen auf die Holzbohlen, um die Kähne an den Pollern zu vertäuen, der Rest der Mannschaft überprüfte die Verzurrung der geladenen Kisten, Fässer und Ballen. Danach kramten die Ruderer gut gelaunt ihre Sachen zusammen und versammelten sich auf dem Steg, wo sie von Carneades zur Nachtwache eingeteilt wurden. Arwed, Ove und Ratnar sahen dem Treiben unbeteiligt zu. Wären sie zahlende Fahrgäste gewesen, hätte ihnen der Bootseigner vielleicht kurz erklärt, wo genau sie sich befanden, wie weit es noch bis zum Rhenus war und wann sie am Morgen wieder ablegen würden, so aber würdigte Carneades seine Gefälligkeitspassagiere keines Blickes. Das brauchte er im Grunde auch nicht, denn Ove war wie es schien bestens im Bilde.


    „Das ist ein Umschlagplatz für allerlei Waren aus dem Hinterland.“ dozierte er ungefragt drauf los. „.Häute, Bohnerz, Blei, Schweine, Frauenhaar .. lauter solche Sachen halt. Dort drüben hinter den Lagerschuppen gibt es neben einer gut sortierten Taberna auch eine Caupona, in der man zu recht zivilen Preise zechen und übernachten kann, und nicht nur das. Evarchus könnte uns eine galante Begleitung für den Abend vermitteln, wenn du weißt, was ich meine. Ansonsten wäre der Aufenthalt doch die reinste Zeitverschwendung, oder? Ach ja, ein Stück weiter flussabwärts liegt eine Brücke, von dort verläuft ein gut ausgebauter Weg nach Norden Richtung Helidiberga. Wenn man den ein paar Meilen entlang reitet, kommt man zu einem Waldpfad, der über Nida direkt an den Rhenus führt. Mit einem guten Führer ist die Strecke in drei, höchstens vier Stunden zu bewältigen.“ Der offenkundige Stolz, mit dem Ove sein neu erlangtes Wissen zum besten gab, ließ Arwed erst einmal geduldig zuhören, obgleich ihm längst klar war, worauf sein Bruder mit dem Vortrag hinaus wollte.


    „Carneades wird morgen früh noch zusätzliche Ladung an Bord nehmen, dann wird’s hier richtig eng, zudem verzögert das natürlich die Weiterfahrt. Sechs Stunden wird es mindestens dauern, bis wir auf diesem müden Kahn die Moenusmündung erreicht haben. Wenn wir aber den Landweg nehmen, könnten wir im Morgengrauen längst in Mogontiacum sein.“
    „Sagt dein Freund Evarchus.“ bemerkte Arwed mit einem leicht spöttischen Unterton. Es war schon beachtlich, wie sich dieser bemitleidenswert schlecht bezahlte Ruderer ins Zeug legte, um einem jungen Suebus behilflich zu sein, den er gerade einmal ein paar Stunden kannte. Als hätte er die halblaute Unterhaltung gehört, kletterte Evarchus flink vom Steg auf den Kahn zurück und gesellte sich mit jovialem Lächeln zu den Askaleuda.
    „Marcus hat es bestimmt schon erzählt. Ich kenne in der Siedlung jemanden, der euch in ein paar Stunden an den Rhenus führen könnte. Ungeduldig wie ihr offensichtlich seid, werdet ihr hier wohl kaum die Nacht verbringen wollen. Ich treffe meinen Bekannten nachher in der Caupona. Ihr begleitet mich doch sicher?“
    „Übernachtet die Mannschaft an Land?“ lenkte Arwed vom Thema ab.
    „Was? Ja. In einer umgebauten Scheuer am Hang. Nur die Bordwachen bleiben bei den Kähnen. Ich hab die dritte Wache erwischt. Aber bis dahin ist noch eine Weile hin. Also, worauf warten wir? Mein Bekannter ist sicher schon dort. Ihr könnt die Pferde ja später noch holen.“ Ove strebte grinsend dem Steg zu. Ratnar folgte ihm auf den Fuß. Arwed schüttelte langsam den Kopf. „Ich bleib bei den Pferden. He, Frater Marcus!“ Ove brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, dass er gemeint war. Mitten im Schritt hielt er inne. „Was?“ Arwed wühlte Halvors Geldbeutel aus seinem Gepäck, fuchtelte schmunzelnd damit herum und fingerte zehn Denare heraus. „Willst du etwa die Zeche prellen? Oder erwartest du von Evarchus, dass er dich einlädt?“ Der Ruderer lachte nervös, Ove kam zurück und schnappte feixend nach den Münzen. „Und was machst du solange?“
    „Hmmm, ich werd ein Happen essen und mich dann unter Ratnars hochherrschaftliches Zeltdach verziehen. Ihr seid ja sicher bald zurück.“
    „Denk schon. Also heuern wir den Führer an?“
    „Nein.“
    „Aber dann könnten wir noch heute Nacht ..“
    „Nein! Viel Spaß.“


    Ove stapfte eingeschnappt davon, mit Ratnar und Evarchus im Schlepptau. Versonnen blickte Arwed ihnen nach Er konnte nur hoffen, dass sich Ratnar an das halten würde, was er ihm eingeschärft hatte. Auch die übrigen Ruderer strömten geführt von Carneades der Siedlung zu. Unter erwartungsfrohem Gejohle verschwand die Mannschaft langsam zwischen den Häusern. Endlich allein. Zumindest so gut wie allein. Die Männer der ersten Nachtwache waren zwar zurückgeblieben, interessierten sich aber nicht im geringsten für den am Bord verbliebenen Passagier. Im Lichtschein einer Lucerna hatten sie sich auf dem Steg niedergelassen und vertrieben sich nun die Zeit bis zur Ablösung mit Würfelspiel und zotigen Anekdoten.
    Arwed ließ es gemächlich angehen. Zuerst strich er das dreckige Stroh mit den Hinterlassenschaften der Reittiere zusammen, warf es über Bord und streute frisches aus. Danach rollte er die Bündel mit dem Raufutter vor den Pferden aus, stellte einen Bottich Flusswasser daneben und gönnte sich anschließend selbst ein bescheidenes Nachtmahl, bestehend aus steinharten Brotresten, zähem Speck und lauwarmen Essigwasser. Frisch gestärkt reinigte er Gesicht und Oberkörper mit dem Wasser aus dem Pferdebottich, polsterte als nächstes seinen Mantel mit Stroh, Futtersack und Satteldecken und stopfte ihn behutsam neben das Gepäck unter Ratnars Sonnendach. Zum Schluss steckte er noch seine dunklen Bundschuhe ins untere Ende der Mantelrolle und betrachtete dann zufrieden seine Wollkreatur. Doch, konnte man durchaus so lassen.


    Jetzt fehlte ihm nur noch ein schönes handliches Stück Holz, im Idealfall etwa eineinhalb Ellen lang und nicht all zu hart. Dergleichen auf einem Lastprahm zu finden war allerdings nicht so einfach. Ein Ruderriemen kam nicht infrage, viel zu lang. Die am Heck gelagerten Ersatzplanken dagegen waren kürzer aber ausgesprochen unhandlich. Nachdem Arwed eine Weile suchend über den nachtdunklen Kahn getappt war, fiel sein Blick auf einen Turm aus schmutzig grauen Ballen, Rohwolle vermutlich, die mit Seilen und Querhölzern mehr schlecht als recht in Form gehalten wurden. Perfekt. Es kostete ihn einiges an Schweiß und Geschick, eine der Spannlatten unter den straffen Ladeseilen hervor zu zerren, als er sie aber in Händen hielt, stellte er befriedigt fest, dass er schwerlich ein besseres Stück Holz hätte finden können. Nun hieß es warten, wachen und geduldig bleiben. So setzte sich Arwed also mit angezogenen Beinen zwischen zwei bauchige Fässer, achtete dabei auf eine möglichst unbequeme Körperhaltung, um nicht einzuschlafen, ließ Ratnars Unterschlupf nicht aus den Augen und wartete geduldig ab. Schließlich, kurz nach dem ersten Wachwechsel, schlief er dann doch ein. Ein Riesenfehler, wie sich herausstellen sollte. Ein unverzeihlicher und tödlicher Fehler.

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