Homosexualität in der Antike

  • Zitat

    Original von Marcus Decimus Scipio
    Ich kenne nur CSD, aber da war man in Rom damals durchaus etwas toleranter als die Gesellschaft 2000 Jahre danach, da hat es keinen CSD gebraucht.


    Was ich hiermit bezweifeln möchte. ;)


    Denn durchaus mag in einer Zeit des Paragraphen 175 des StGB - also im Deutschland von 1872 bis 1994 - die Antike hier sehr fortschrittlich gewirkt haben, da sie Homosexualität im Gegensatz zu jener Zeit eben nicht unter Strafe stellte. Seither jedoch hat sich in unserer heutigen Zeit doch glücklicherweise eine Menge getan - wennauch gewiss bei Weitem noch nicht genug, wie ich gerne betonen will.


    In den Benelux-Staaten, in Frankreich, Spanien, Portugal, Irland, Island, Großbritannien, den USA, Kanada und einigen Staaten mehr ist die Ehe auch gleichgeschlechtlichen Paaren geöffnet. In Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen Staaten gibt es - immerhin - eine 'Ehe zweiter Klasse' für gleichgeschlechtliche Paare; 'eingetragene Lebenspartnerschaft' genannt. Es finden CSD-Paraden in vielen Städten der Welt statt und feiern die (regenbogen-)bunte Vielfalt der Menschen. Es existieren Antidiskriminierungsgesetze, obgleich man sich auch hier über bestimmte Punkte ohne Zweifel streiten kann, wie es in einigen Teilen der Welt sogar möglich ist, als gleichgeschlechtliches Paar gemeinsam ein Kind zu adoptieren.


    Von all dem, so wage ich zu behaupten, vermochte man selbst in der fortschrittlichsten Antike wohl nur zu träumen. Daher denke ich und möchte ich denken, dass wir heute, knapp über 22 Jahre nach Abschaffung des §175, bereits weiter sind als die Antike - wenngleich von einem 'Fertig' selbstredend auch noch gewiss keine Rede sein kann. ;)

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  • Das weiß ich ja, aber wenn man den zeitlichen Abstand betrachte (immerhin knapp 2000 Jahre) war das damals schon sehr tolerant, immerhin war es ja fast normal dass Mann und Mann, Frau und Frau und eben wildes durcheinander existierten.


    Vieles war natürlich nicht möglich, aber die Toleranz war durchaus bereits gegeben und das einfach so, ohne dass jemand dafür groß kämpfen musste sondern weil es normal war. Und das haben wir heute nicht mehr, gibt noch genug Idioten für die so etwas eben nicht normal ist...

  • Ich habe das Thema nochmal hierher verschoben... ^^


    Zitat

    Original von Marcus Decimus Scipio
    immerhin war es ja fast normal dass Mann und Mann, Frau und Frau und eben wildes durcheinander existierten.


    War es das wirklich? ;)


    Es ist gewiss nicht die beste Quelle, allerdings möchte ich an dieser Stelle dennoch auf den Wikipedia-Artikel zur Homosexualität im Römischen Reich verweisen. In diesem ist zwar ebenfalls zwischen den Zeilen die Rede von einer gewissen Toleranz, einer jedoch weit geringeren als der, die ich bei dir herauszulesen meine. So steht dort beispielsweise geschrieben, dass ein sexuell passives Verwalten eines jeden freien Mannes "gesellschaftlich scharf abgelehnt wurde". Da bei einem gleichgeschlechtlich männlichen Paar jedoch wohl kaum beide zugleich der Gesellschaftsnorm entsprechend die aktive Rolle ausfüllen konnten, sah sich in der Folge also mindestens einer der beiden stets mit dieser scharfen Ablehnung durch die Gesellschaft konfrontiert. Hier war die Toleranz folglich wohl sehr, sehr schnell auch an ihrem Ende. Darüber hinaus heißt es in dem Artikel sogar, dass "sexuelle Beziehungen zwischen freigeborenen Römern innerhalb der antiken Kultur in den Bereich von stuprum, das heißt der „Unzucht“, eingeordnet wurden".


    Im Gegensatz dazu nun also davon zu sprechen, dass es einer gewissen 'Normalität' entsprochen hätte, insbesondere zwei Männer als Paar zusammen zu sehen, würde ich folglich nicht unbedingt so unterschreiben - trotz des Ansatzes einer gewissen Subkultur. ^^


    Zitat

    wenn man den zeitlichen Abstand betrachte (immerhin knapp 2000 Jahre) war das damals schon sehr tolerant


    Zu diesem Part möchte ich ferner noch einen zusätzlichen Gedanken äußern. Homosexualität ist keine menschliche 'Erfindung', sondern ein Phänomen, welches sich auch bei anderen Lebewesen in der Natur beobachten lässt. Homosexualität ist folglich natürlich. Homophobie auf der anderen Seite wurde meines Wissens nach noch von niemandem in der nicht-menschlichen Tierwelt beobachtet. Sie nehme ich daher als nicht natürlichen, sondern rein menschlichen Ursprungs an.


    In diesem Sinne folglich bin ich ganz persönlich nicht unbedingt allzu beeindruckt davon, wie tolerant man dereinst "schon" war. Denn gleichzeitig sehe ich schließlich, von welchem natürlichen Ausgangspunkt man kam - und wie offenkundig bereits in der Antike von jenem Ausgangspunkt nurmehr recht wenig geblieben war...

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  • Hab den Wiki Eintrag nun mal durch und war etwas überrascht, da mir vieles sehr neu war.
    Dann sollte ich meine Aussage wirklich zurückziehen, Toleranz ist dann doch etwas anderes...


    Was den Ausgangspunkt angeht finde ich einige damalige Ansätze (vor allem noch in Griechenland) deutlich angenehmer und "menschenfreundlicher" als das, was man heute im Allgemeinen als Standard betrachtet. Aber damals gab es eben auch keine Kirche, die Wertvorstellungen in die Gesellschaft jahrehundertelang diktierte und damit einen ganzen Kontinent prägte.


    Wobei das mal wieder dazu führen könnte wie weit unsere Gesellschaft wäre, hätte man das Mittelalter übersprungen und hätte an die Antike direkt mit der Renaissance angeknüpft, ohne die ganzen "Verbrechen" der Kirche.

  • In der Tat bin ich selbst weder der größte Freund des 'dunklen' Mittelalters, noch ein Anhänger der Kirche. Dennoch bin ich alles andere als sicher, ob unsere Gesellschaft tatsächlich bereits weiter wäre, hätte es beides nicht gegeben.


    Ganz persönlich würde ich auch sagen, dass es hier vermutlich ein Äquivalent zum Konjunkturzyklus gibt. So gibt es in der Wirtschaft Phasen des Aufschwungs / der Expansion, der Hochkonjunktur, des Abschwungs / der Rezession sowie des Tiefstands / der Depression. Blicke ich nun in die Gesellschaft, so finde ich im Großen wie Kleinen durchaus gewisse Parallelen. Über Jahrhunderte betrachtet hätten wir da den Wechsel von Antike zu Mittelalter zu Neuzeit. Über Jahrzehnte betrachtet bewegte sich im (westlichen) Nachkriegseuropa zunächst sehr viel aufeinander zu, bevor das Brexit-Referendum hier deutlich aufzeigte, dass es auch andere, offenkundig starke Tendenzen gibt. Und auch über einen Zeitraum für unter einem Jahrzehnt käme mir spontan ein Beispiel in den Sinn. So wurde erst 2008 in den USA der erste schwarze US-Präsident gewählt, bevor es 8 Jahre später nun offenkundig möglich ist, als 'The Donald' sehr wahrscheinlich der nächste republikanische Präsidentschaftskandidat zu werden - mit der Rede von einem Einreiseverbot für alle Muslime und der Ankündigung einer Mauer gegen die Mexikaner.
    Das führt mich persönlich zu der Einsicht, dass es wohl immer ein gewisses Auf und Ab geben wird - wobei natürlich zu hoffen ist, dass am Ende das Auf stets stärker als das Ab, das Zusammen stets stärker als das Auseinander, das Voran stets stärker als das Zurück sein wird.


    Um das Thema nach diesen abschweifenden Gedanken aber zumindest ansatzweise wieder zurückzulenken, ende ich mit einem Link zu einem lesenswerten Spiegel-Online-Artikel über das vielleicht doch gar nicht so dunkle (?) Mittelalter: Link. Mit der Homosexualität hat der Artikel zwar direkt nichts zu tun. Indirekt jedoch zeigt er auf, dass mitunter selbst das düstere Mittelalter eben nicht nur schwarz oder weiß oder ritterburgen-grau war, sondern vielleicht ja auch ein kleines bisschen regenbogen-bunt. ;)

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  • Zitat

    In der Tat bin ich selbst weder der größte Freund des 'dunklen' Mittelalters, noch ein Anhänger der Kirche. Dennoch bin ich alles andere als sicher, ob unsere Gesellschaft tatsächlich bereits weiter wäre, hätte es beides nicht gegeben.


    Einige wirklich wichtige und ausgefeilte technologischen Fortschritte hat es zu Zeiten Roms schon gegeben, doch wenn man die rund 1230 Jahre zählende Geschichte dieses Imperiums mit den letzten 400-500 Jahren vergleicht, so stellt man schon fest, dass sich eigentlich so gut wie gar nichts in Rom getan hat und warum? Weil Rom eine Sklavengesellschaft war. Man hatte Massen an Sklaven, die für einen die schwere Arbeit abnahmen, da war es nicht nötig Erfindungen genau dagegen zu konstruieren. Also man sollte nicht so tun, als ob es in der Antike immer nur vorwärts gegangen wäre.


    Was ich zum Thema weiß ist, dass die Griechen da weit tolreanter waren als die eher konservativen Römer (zumindest in der späten Republik). Beziehungen zu einem hübschen Jüngling waren das eine, sexuelle Beziehungen unter erwachsenen, gesetzteren Männern aber waren sicher überhaupt nicht gern gesehen und hätten den Ruf eines Mannes so stark beschädigt, dass er sich den cursus honorum hätte aufzeichnen können. Und ich glaube auch, dass es in der Antike ein richtiges Zusammenleben keinen wirklich realen Stellenwert besaß, wenn dann schon viel eher der bloße Verkehr mit dem eigenen Geschlecht. Man lebte getrennt und rammelte zusammen, so auf die Art. -.^

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