Auf der Suche nach einem nicht zu großen, aber auch nicht zu kleinen Haus

  • Auf Dauer war der Aufenthalt in der Herberge sicherlich nicht das Optimum und so beschloss Plautus, sich nach einem Haus umzusehen. Kein großes, das hätte sein Säckel überfordert. Auch kein zu kleines, denn Platz braucht ein Römer jede Menge.


    Nachdem er seinen Brief beim Cursus Publicus abgegeben hatte, durchwanderte er also die Stadt und hielt Ausschau. Anders als in Roma, wo sich die Villen der Reichen und die Mietshäuser an bestimmten Orten drängten, war das Stadtbild hier eher von kleinen Handwerkerhäusern bestimmt. Dazwischen erhoben sich ganz vereinzelt große, präsentable Villen wie die Glucken über ihre Küken.


    Es hatte angefangen zu schneien. Über Dächer, Straßen und Plätze legte sich eine Schicht des weißen Zeugs, nicht dicker als ein Digitus. Plautus, der Schnee nur aus Erzählungen seines Großvaters kannte, hatte zunächst eine kindliche Freude daran, dieses Phänomen zum ersten Mal mit eigenen Augen zu sehen, dann aber trieb ihn die ungewohnte Kälte, oder genauer gesagt, das Wunschbild einer warmen Suppe auf das Forum, wo er eine Garküche zu finden hoffte.


    Er fand schließlich eine in der Markthalle, die von einem Peregrinen namens Sigibert betrieben wurde. Der pries als Prachtstück seines Speisezettels einen nach historischen Rezepten zubereiteten dicke-Bohnen-Eintopf an, den Plautus auch bestellte. Bohnen hin, Bohnen her, ihm kam es nur darauf an, dass der Krempel warm war. Im Hintergrund des Ladens saß ein zahnloser Alter namens Otmar, der wie Plautus später erfuhr, für die historische Richtigkeit der Eintopfherstellung verantwortlich zeichnete.


    Beim Löffeln seines Eintopfs wurde ihm klar, dass es saumäßig schwierig sein würde, hier das richtige Haus zu finden. Entweder ganz protzig oder zu klein, so wie sich ihm die Stadt bisher präsentiert hatte. Er hoffte, dass die wärmende Kraft des historischen Eintopfs ausreichen würde, um seinen Rundgang fortzusetzen.

  • Irgendwie hatte es dieser historisch zubereitete Bohneneintopf in sich. Er verlieh Kraft und Wärme, so dass Plautus den Mut fasste, den Urheber dieses Geköchels mal zu fragen, ob eventuell in Mogontiacum Häuser zum Verkauf stünden. Da mischte sich der alte Otmar sofort ein.


    "Ich bin zwar kein Makler, aber gegen einen guten Obolus verrate ich Dir, wo Du sowas finden kannst," sagte er mit einem listigen Augenaufschlag. Plautus legte zehn Sesterzen auf den Tisch, was bei dem ollen Suppenkonservator aber keine Reaktion auslöste. Demgemäß legte Plautus nochmal zehn Sesterzen nach, welche den alten Otmar dann doch zum Sprechen verleiteten.


    "Wenn Du aus der Markthalle rausgehst, bieg nach links ab, lass das Capitolium rechts liegen, ebenso die Regia. Geh bis zu einer Straßengabelung, wo Du nach links abbiegst. Das ist die Straße zum Vicus Salutaris. Du wirst linker Hand zu einem Haus mit auffällig roten Sandsteinsäulen vor der Porta kommen. Es gehört einem Aulus Rabirius Vargula."


    Sogleich säckelte der Alte die zwanzig Sesterzen ein. Plautus gab die Schüssel und den Löffel zurück, sagte noch artig "Valete" und trat hinaus in das germanische Wetter.

  • Es hatte aufgehört zu schneien, aber es war immer noch so kalt, dass der Schnee liegen blieb. Plautus rekapitulierte Otmars Routenbeschreibung: Capitolium rechts liegen lassen.


    Das Capitolium war ziemlich prächtig, was es aber eher dem Umstand verdankte, dass die meisten umliegenden Häuser recht niedrig waren. Im winterlichen Grau hatte es allerdings nicht die Strahlkraft des Capitoliums in Roma. Plautus kniff seine Augen zusammen. Ja, mit einem germanischen Bohneneintopf im Bauch konnte man dennoch zu der Meinung kommen, dass es nicht unprächtig war.


    Auch die Regia, die er nach Otmars Anweisungen rechts liegen lassen sollte, litt unter diesem winterlichen Grau. Immerhin, auch nicht unprächtig.


    Und so kam er zu Otmars Straßengabelung, wo er links abbiegen sollte. Was aber Otmar verschwiegen hatte, war die Tatsache, dass man hier, für den Fall, dass man rechts abbiegt, über die Rhenusbrücke ins kalte Germanien kommen würde. Plautus vermeinte, von dort einen kalten Windhauch zu verspüren, aber er bog dann schulterzuckend nach links ab auf die Straße zum Vicus Salutaris, der ja immerhin auf der richtigen Seite des Rhenus gelegen war.


    Zu seiner großen Enttäuschung hatten alle größeren Häuser in dieser verdammten Straße rote Sandsteinsäulen vor der Porta. Dieser Stein hätte ihm eigentlich schon eher auffallen müssen, denn er war in die Curia, die Markthalle, in die Regia und, weshalb, wissen nur die Götter, in fast alle Häuser hier am Ort als Zierrat verbaut worden.


    Also fragte er einen Typen, der ihm gerade über den Weg lief, nach dem Haus des Rabirius Vargula. Der rief in einer Sprache, die Plautus nicht verstand, einen Ladenbesitzer hinzu, der sich in recht verdorbenem Latein anbot, Plautus zu jenem Haus zu führen. Dort angekommen, klopfte der auch an die Tür, rief dem Ianitor in selbigem Latein zu, dass ein Besucher für Vargula da wäre. Nette Leute, dachte sich Plautus und ließ sich vom Ianitor ins Atrium führen, wo er den herbeigeeilten Besitzer antraf.


    "Salve Rabirius, ich bin Sergius Plautus und man hat mir gesagt, dass Du Dein Haus verkaufen willst. Wenn es Dir keine Umstände macht, möchte ich es mir mal ansehen".

  • Und so begann Vargula eine Führung durch sein Haus. Er war schon ein Greis, der etwas humpelte und am Stock ging. Er hatte im Pelzhandel ein Schweinegeld verdient und seine Humpelei verdankte er einem Überfall irgendwo hinten in der Germania Magna. Seine Einnahmen hatten es ihm ermöglicht, beim Vicus Altaiensium ein Landgut zu erstehen und sich zusätzlich in Mogontiacum ein Stadthaus zu leisten. Das letztere wollte er nun aufgeben, um sich nur noch um sein Landgut kümmern zu können. Dabei glitt ein träumerisches Lächeln über sein Gesicht.


    "Es ist eins von der kleineren Sorte", begann er. Plautus war's recht, was anderes hatte er ja gar nicht gesucht. Vorne an der Straße waren zwei Läden, die an einen Barbier und einen Gewürzhändler verpachtet waren. Wenn man reinkam, traf man erst auf ein bescheidenes Tablinum, dann auf das nicht allzu große Atrium. Plautus stellte zu seiner großen Erleichterung fest, dass in der Culina eine Esse eingebaut war, denn er konnte nie verstehen, warum das kulturell hochstehende Imperium Romanum sich immer noch mit verqualmten Atria zufrieden gab.


    Den Rest der Parzelle teilten sich ein Hinterhaus, ein Hortus, dem man ein Peristyl vorenthalten hatte, und ein kleiner Wirtschaftshof mit Pferdestall. Alles in Allem, kein schlechtes Ding, das auch noch in gutem Zustand war.


    Wenn man in Rechnung stellte, dass dieser Vargula ein gut trainierter Geschäftsmann war, gestalteten sich die Preisverhandlungen durchaus flüssig und so konnte Plautus bald in seine Herberge zurückkehren.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!