Die Behandlung einer Sklavin

  • Publius Gavius Balbus und sein Gehilfe Kaeso betraten das weitläufige Haus des Gnaeus Cornificius Durus. Der Custos des Anwesens war vorbereitet und führte die beiden Männer in eine Sklavenkammer nicht weit von der Culina entfernt. Dort lag eine Frau im Bett und ihrem verheulten Gesicht waren die Schmerzen anzusehen. Eine andere ältere Frau saß an ihrer Seite und machte Umschläge an beiden Unterarmen der Liegenden. Sie sprang auf und machte dem Chirurgicus und seinem Gehilfen Platz.


    Balbus nickte der Frau zu. Dann trat er ans Bett und setzte sich auf den Hocker, den die Ältere gesessen hatte. Ganz routiniert fragte er die hübsche, blonde Sklavin.
    "Wie heißt du und was ist geschehen?"



    Mit leiser Stimme antwortete die Sklavin. "Mein Name ist Brinna. Ich.. ich... bin gefallen. Auf ... auf der Treppe."


    Sie wich dem Blick des Chirurgicus aus. Balbus entferte die kühlen Wickel. Beide Unterarme der Frau waren in etwa der Mitte des Umterarmes rot und dick geschwollen. Der linke unnatürlich verrenkt. Balbus kniff die Augen zusammen. "Wie genau bist du aufgekommen?"


    Nun brach die junge Frau in Tränen aus. Sie konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Balbus sah Kaeso an.
    "Komm her, Junge, und sag mir was du siehst."

  • Ich nickte nur, ergriff mit meiner rechten Hand den Griff der Deichsel von dem Leiterwagen und trottete hinter Balbus her. Toll einfach toll, so wie ich aussehe darf ich nun durch die Stadt rennen. Bestimmt hält mich nun jeder für einen Schläger.


    Bei der Patientin angekommen trat ich wie gewünscht näher heran. Wenn er mich nur nicht immer Junge nennen würde, grummelte es in mir.
    Ja was sah ich nun? Ich fand merkwürdig was ich sah, beide Arme hatte es an der gleichen Stelle erwischt und das nach einem Treppensturz.
    „Etwas sonderbares“, platzte ich heraus, biss mir dann aber schnell auf die Lippen. „Beide Arme sind fast an der gleichen Stelle geschwollen“, begann ich noch einmal und der linke Arm ist verdreht. Sind die Arme dort gebrochen? Oder warum ist dort eine Schwellung?“
    Fragend schaute ich Balbus an, dann die ältere Frau. Vielleicht verriet ihr Gesichtsausdruck mir ja mehr.

  • Er war ein helles Köpfchen. Das war es was Balbus wirklich an seinem neuen Gehilfen schätzte. Wenn sich erst der jugendliche Leichtsinn und die Flausen gelegt hatten würde er einen hervorragenden Wundarzt abgeben. Dann konnte sich Balbus mit einer Amphore Wein zurückziehen und Kaeso machen lassen.
    "Wie würdest du es überprüfen, ob die Unterarme gebrochen sind?", fragte der Chirurigicus während er auf den angeblichen Sturz der Frau einging. "Nun ja, es könnte ja sein, dass sie vorwärts auf eine Stufenkante gefallen ist. Durchaus möglich. Ihre Reaktion sagt mir aber was anderes..."


    Balbus machte eine Pause und sah von einer Frau zur anderen. "Eine solche Verletzung ist typisch wenn jemand versucht einen Schlag mit einem Stab oder Stuhlbein abzuwehren. Ich kenne das von den Gladiatoren. Wenn einer der Kämpfer entwaffnet wurde und beispielsweise einen Schlag mit dem Dreizack des Retiarius abwehrt oder ein Kämpfer dem Umbewaffneten die Kante seines Schildes entgegenrammt. Der Umbewaffnete reißt zum Schutz beide Unterarme hoch, vor sein Gesicht. So entsteht eine seitengleiche Frakur am Unterarm. Hier gehe ich davon aus, dass jemand versucht hat die Sklavin mit einem Stecken oder einem Stuhlbein zu vertrimmen, um sie gefügig zu machen."

  • Nur kurz überlegte ich bevor ich antwortete, wobei mir aber auch noch Fragen dazu einfielen. „ Durch ertasten, doch kann man alle Brüche ertasten? Warum ist denn hier, der linke Arm so verdreht? Dabei fällt mir gerade ein, als Kind sah ich bei einem Jungen einmal ein Knochenteil aus einer Wunde am Bein heraustreten. Ja die Reaktion hier ist in der Tat sonderbar.“ Mehr wollte ich nicht sagen, die ältere Frau sollte bestimmt aufpassen, dass die Sklavin nichts zu viel sagte. Auch wenn die Besitzer mit ihren Sklaven machen konnten was sie wollten, hatten einige Besitzer Angst um ihren Ruf, wogegen, dass andere überhaupt nicht scherte.
    „Werden die Arme denn jetzt wenn sie gebrochen sind mit Holzstücken und Verbänden fest umwickelt , also bandagiert und so zum Zusammenwachsen gebracht? Ich glaube ich sah einen Mann mit solch einem Verband um seinen Arm, oder war das aus einem anderen Grund?“Dann fiel mir noch eine Frage ein. “Was passiert eigentlich wenn der Bruch unbehandelt bleibt? Erstmal muss er doch bei jeder Bewegung Schmerzen bereiten aber wachsen die Bruchstellen dennoch zusammen wenn das Körperteil nicht zur Ruhe kommt?“ Nachdenklich schaute ich auf die Arme der Sklavin, das war schon alles sehr interessant, normalerweise machte man sich doch gar keine Gedanken über so etwas.

  • "Richtig, Kaeso. Durch Ertasten. Die Verdrehung des Armes zeigt, dass der Bruch zumindest disloziert ist, also beide Bruchstücke nicht aneinander stehen. Außerdem ist es durchaus möglich dass es an dieser Stelle mehrere Bruchstücke gibt. Das werden wir untersuchen müssen."


    Während er den nicht so verdrehten Arm der jungen Frau abtastete, sprach Balbus weiter. Die Frau jammerte und weinte vor Schmerz.
    "Ein Schienen der Fraktur ist unerlässlich. Sie wird die Arme nicht viel bewegen und schon gar nicht belasten dürfen für mindestens einen Mond. Wenn man das nicht macht entwickelt sich ein Scheingelenk. Die beiden Bruchkanten verbinden sich nicht und der Körper stellt irgendwann auch den Versuch ein den Bruch zu heilen. Dann würden die Arme nicht mehr zu gebrauchen sein. Sie bleiben instabil. Von Schmerzen ganz abzusehen."


    Balbus nahm sich den anderen Arm vor. Er tastete. Die Frau schrie auf und versuchte den Arm wegzuziehen. Der Chirurgicus war vorbereitet. Er hielt den Arm so fest, dass sie ihm das Körperteil nicht entziehen konnte. Schließlich nickte er. Er hatte ein drittes, kleines Fragment getastet. Dieser Arm war also zweifach gebrochen. Mit einem auffordernden Nicken trat er einen Schritt zur Seite.
    "Und nun du. Sag mir was du tastest. Sind die Arme gebrochen? Und wenn ja, wieviele Bruchstücke sind es jeweils?"

  • Ich folgte der Aufforderung des Chirurgicus und begann vorsichtig die Arne ab zutasten, zuckte bei jedem aufstöhnen der Sklavin. Besonders schlimm war es bei dem stark in Mitleidenschaft gezogenen Arm. Erstaunt tastete ich diesen ein zweites mal ab. „Ist der zweimal gebrochen? Wie wird das mittlere Stück gehalten? Ich meine was ist dort drinnen? Irgendwelche Bänder oder Sehnen?
    Der Arm ist doch weiter durchblutet? Das dies zusammenhält macht doch bestimmt nicht die äußere Hautschicht.“
    Die Fragen kamen einfach so aus mir heraus, ohne dass ich viel darüber nachdenken musste. „Es wäre bestimmt interessant so einen Arm aufgeschnitten von innen zu betrachten.“ Ohne dass ich es merkte hatte ich dies jetzt laut ausgesprochen. „Der andere Arm denke ich ist einmal gebrochen,“ sagte ich ganz nebenbei, denn mich beschäftigte weit aus mehr der doppelte Bruch.

  • Bedächtig nickte der Chirurgicus. Erstaunlich, wirklich erstaunlich! Kaeso war ein Naturtalent.
    "Ganz recht, Junge! Der Arm ist zweifach gebrochen. Zusammengehalten wird er durch das umgebende Muskelfleisch. Bänder und Sehnen gibt es natürlich auch, aber in diesem Fall halten die nichts mehr. Durchblutet ist der Arm solange keines der scharfkantigen Bruchstücken die Blutgefäße durchtrennt. Aus diesem Grund muss man sie reponieren und schienen."


    Balbus grinste, als Kaeso äußerte, dass er gerne einen aufgeschnittenen Arm betrachten würde.
    "Tja, danke Hekate, dass du in einem Ludus ausgebildet wirst. Vermutlich wirst du bei den nächsten Spielen die Gelegenheit bekommen, anatomische Studien am lebenden Objekt betreiben zu können. Es ist an der Tagesordnung, dass eine Stich- oder Schnittwunde so tief ist, dass du interessante Einblicke bekommen wirst."


    Balbus zeigte auf die Behandlungsmaterialien, die sie mitgebracht hatten.
    "Was brauchen wir hiervon?", fragte der Chirurgicus seinen Gehilfen.

  • „Da ja die Brüche aneinander wachsen sollen und dies möglichst haargenau in der richtigen Lage, braucht das ganze festen Halt, ich denke“ und damit kramte ich in der mitgebrachten Kiste herum und zog dann dünne Holzbrettchen hervor, „etwas in dieser Art. Natürlich müssen wenn das richtig ist feste Verbände um das Ganze. Allerdings wie viele von den Brettchen und ob das wirklich richtig ist, weiß ich nicht? Besteht nicht die Gefahr, dass durch eine dumme Bewegung oder ähnliches doch etwas verrutscht und die Brüche schief aneinander wachsen?“ Das wäre doch schlimm für den Patienten und schlecht für den Ruf des Chirugius, überlegte ich weiter. Man müsste ihre Arme, denn ob der Besitzer dieser Sklavin auf ihre Brüche Rücksicht nimmt, bleibt zu bezweifeln, irgendwie fest, ganz umhüllen, so das sich diese Masse der Form der Arme anpasst und diese fest genug ist, damit auch noch gleichzeitig die Arme geschützt werden. Ob Sand dies übernehmen könnte? Anpassen würde er sich schon, aber wirklich halten würde dieses Konstrukt eher nicht. Wachs wäre nicht schlecht, zuerst ist er wenn er erhitzt wird weich und formbar, danach wird er hart. Allerdings ist er dann brüchig und müsste von daher zusätzlich geschützt werden. Nein so geht das nicht, stellte ich enttäuscht fest.
    So mit meinen Gedanken beschäftigt, hielt ich die Brettchen in der Hand und hatte den Chirurgicus und was noch schlimmer war, die Patientin vergessen und sinnierte über das Problem nach einer besseren Lösung.

  • Kaesos Überlegungen waren nicht dumm, aber unrealistisch. Er schüttelt den Kopf.
    "Wir werden den Bruch jetzt schienen und dann muss sie sich eben ruhig halten. Sie ist eine Sklavin. Wollen wir mal sehen wieviel sie ihrem Dominus wert ist. Wenn er sie wertschätzt wird er mir auch ein paar Verbandskontrollen bezahlen, wenn nicht..."


    Balbus zuckte die Achseln. Es war ihm eigentlich egal was mit der Sklavin passierte. Meist gaben die Besitzer nicht viel Geld für sie aus. Es sei denn... er betrachtete die genauer. War sie das Betthäschen ihres Herrn? Möglich...
    Plötzlich grinste er diebisch. "Naja, wir könnten auch eine andere Art der Bezahlung vereinbaren. Wehren kann sie sich momentan ohnein nicht."


    Mit seinen abgebrochenen Frontzähnen grinsend blinzelte er Kaeso zu.

  • Langsam ging mir Balbus wirklich auf die Nerven, jetzt kam er wieder durch dieser lüsternde Kerl. Mir warf er alles mögliche vor und dabei dachte er selber nur an das eine. Zuerst half er den Menschen und dann versuchte er davon zu profitieren, wenn er nur an eine ganz normale Bezahlung gedacht hätte würde ich ja nichts sagen, aber mich durch Liebesdienste bezahlen lassen, dafür hatte ich im Moment kein Verständnis.
    Schon war ich mit meinen Gedanken bei meiner Göttin, Balbus würde sich der Sklavin auch in dem Zustand bedienen und ich konnte es mir nicht vorstellen wie wir beide ohne unsere Hände, arme vergnügen könnte. Mir würde dann wirklich etwas fehlen. „Ich glaube nicht, dass mir dies Freude machen würde, ich bin nicht für das einfach nur besteigen. Der ganze Körper sollte sich daran erfreuen.“ Kaum ausgesprochen, ärgerte ich mich über mich selber. Wieso erzählte ich ihm etwas über mich. Bestimmt würde er es wieder gegen mich nutzen. Ich war für ihn ja nur eine Tunte.
    Abrupt drehte ich mich ab, „bekommt sie noch etwas gegen ihre Schmerzen oder haben wir noch weitere Patientenbesuche vor uns?“

  • Dieser Kaeso nervte. Er hatte ein Tächtelmächtel mit einer der heißesten Frauen der Stadt und zierte sich so, sich ein wenig mit der kleinen Sklavin zu vergnügen. Balbus beschloss sich nicht weiter zu äußern und machte sich stattdessen daran die Fraktur zu reponieren und dann zu schienen. Dafür griff er die Hand der jungen Frau als wolle er sie zur Begrüßung schütteln, die andere Hand fixierte den Ellbogen. Sogleich zog er kräftig. Man hörte ein knirschendes Geräusch, die Sklavin schrie auf. Balbus griff mit der Hand, die den Ellbogen fixiert hatte auf den Bruch und tastete. Unter den schrillen Schreien der Frau schob und zog er noch ein wenig. Jedesmal überprüfte er das Ergebnis. Schließlich nickte er. Während die Sklavin schniefend heulte, wandte sich Balbus an Kaeso.
    "So, jetzt die Schienen und die Verbände!"


    Dann begann er die Schienen anzudrücken und mit geübten Bewegungen den Verband darum zu schlingen. Zuletzt befestigte er die Verbände mit Lederschnüren. Er überprüfte ob die Finger kalt und taub wurden oder dick anschwollen. Als er das alles nicht vorfand nickte er zufrieden.
    "Der Verband darf nicht zu fest sein, sonst wird der Bruch nicht gut versorgt, dann heilt er nicht."


    Mit einem Blick auf die heulende Sklavin nickte Balbus als Kaeso eine Schmerzmedikation vorschlug. Aber nichts teures, dachte er bei sich.
    "Naja, wir können ihr ja ein bisschen Pestwurz geben. Oder Weidenrinde...."
    Man konnte erkennen, dass der Chirurgicus das eher für ein Pacebo hielt.


    "Und was weitere Patientenbesuche angeht... Nein, für heute nicht. Wir kehren zum Ludus zurück, wenn ich meinen Lohn abgeholt habe und gefragt habe ob wir nochmal wiederkommen sollen um die Lage der Verbände und den Heilungsprozess zu überprüfen."

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