[Via Nidae] Kreuzigung der Aufständischen

  • Die vergangenen Tage waren Soldaten der im Castellum Mattiacorum stationierten Hilfskohorte damit beschäftigt gewesen die senkrechten Balken der Kreuze in den Boden entlag der Straße nach Nida zu rammen und dort sicher zu verankern.
    Die Querbalken lagen neben den jeweiligen Längsbalken bereit und warteten darauf den oberen Abschluss der Kreuze zu bilden.
    In Gruppen wurden die überlebenden Männer des Dorfes herangeführt. Ein aufmerksamer Beobachter mochte feststellen, dass es tatsächlich weniger waren, als bei dem "Prozess" in jenem abgesperrten karree gestanden hatten.
    Tatsächlich waren noch Begnadigungen ausgesprochen worden. Sowohl bei den Männern als auch bei einigen Frauen, wie der Cousine eines Hilfskohorten Präfekten, die das Lager am morgigen Tage als freie Frau verlassen würde, oder dem jungen Mann, der der Schwiegersohn eines verbündeten Fürsten hätte werden sollen und nun zu zehn Jahren Geiselhaft begnadigt war. Aber um diese Begnadigungen abzuzählen war eine zweite Hand nicht nötig und so standen mehrere Dutzend massive Halzbalken wie karge Bäume in der Landschaft entlang der Straße.


    Immer wenn eine neue Truppe Verurteilter zu einer Gruppe Kreuze geführt wurde, kamen brachten die Soldaten sie unter klingendem Spiel heran. Einer nach dem anderen wurde von den Soldaten aus der Gruppe gezerrt und auf den Boden gezwungen. Einige von ihnen machten Anstalten sich zu wehren, andere waren apathisch, den meisten jedoch fehlte in diesem Moment die Kraft auch nur gleichgültig zu sein und sie wimmerten vor sich hin.
    Zwei Soldaten pressten ihren ersten Unterarm auf das Holz, ein dritter Soldat nahm den Nagel und den schweren Hammer und trieb das Eisen zwischen den Unterarmknochen durch das Fleisch und in das Holz. In diesem Moment durchbrach meist ein Schrei das Wimmern. Wenn der Gefangene Glück hatte, verletzten sie dabei eine Pulsader, was einen schnelleren Tod ermöglichte. Aber nur wenige Soldaten hatten dieses Glück, die römischen Henker verstanden ihre Arbeit.
    Auch den zweiten Arm zwangen die Soldaten auf das Holz und ein weiterer nagel fand das Ziel.
    Zuletzt griffen mehrere Soldaten von hinten an dem senkrechten Teil vorbei, rissen den Querbalken samt darangeschlagenen Mann hoch und setzten ihn mit der Nut Passgenau auf den Querbalken. Zuletzt wurden die beiden Stücke mit einem Zapfen verbunden.
    Damit war die Arbeit der Soldaten getan, aber das grausame Schauspiel war noch lange nicht vollendet. Die Männer hingen an ihren Armen und erstickten langsam an ihrem eigenen Körpergewicht, dass ihnen mit der Zeit immer schwerer an der Lunge zog und ihnen nur immer flacher werdendes Atmen erlaubte.


    Die Luft war erfüllt von dem Keuchen und Stöhnen, der hängenden, den Schmerzenslauten jener, die gerade ans Kreuz geschlagen wurden, dem ägnstlichen Wimmern, dem Flehen dem Beten jener, denen desgleichen noch bevorstand. Auch das Wehklagen von trauernden war zu hören, jedoch nur vereinzelt, denn den anderen ehemaligen Dorfbewohnern hatte man die Anwesenheit versagt. Sie würden erst dann aus der Gefangenschaft entlassen, wenn alle Kreuze aufgestellt waren. Einige wenige Verwandte aus anderen Dörfern waren jedoch zugegen.
    Und wer auch zugegen waren, waren die sensationslüsternen Stadtbewohner. Einige waren gekommen um das Exempel zu sehen und zu erleben, dass ROM alle strafte, die den Frieden bedrohten, ein paar wenige mochten hier sein aus Mitleid. Die meisten aber schlicht um die Menschen leiden zu sehen, zu sehen wie sie gequält wurden kurz um ihren Sadismus und ihre Blutgeilheit zu befriedigen, ohne das ihnen selbst Gefahr drohte.


    Licinus beobachtete all das von der Palisade des Kohortenkastells aus und spuckte angewidert aus, als er sah, dass sich auch einige besonders geschäftstüchtige Händer mit Bauchläden unter die Sensationslüsterne Menge gemischt hatten.
    Für Licinus selbst waren diese Hinrichtungen etwas notwendiges, aber er konnte nicht verstehen, wie einige Menschen sich offensichtlich für sie begeistern und von ihnen profitieren konnten. [SIZE=7]"Bah!"[/SIZE] sagte er und spuckte ein zweites Mal in den Graben. Dann hörte er Trompeten von der Stadt her. Die nächste Gruppe wurde herangeführt.


    Sim-Off:

    Morrigan, deine Fähigkeit die Stimmung einer Menschenmenge einzufangen werde ich vermutlich nie erreichen, aber ich hoffe, du hältst deinen Ersatz für akzeptabel

  • Drei Tage waren vergangen. Drei Tage in denen Runa zeit hatte sich ihre Gedanken zu machen. Drei Tage in denen ihre Abneigung hatte wachsen könne. Ja sie war immer noch der Meinung, dass es falsch war, was auf dem Forum vor drei Tagen passiert ist. So stand sie nun also heute hier, demonstrativ hatte sie die Kleidung der der germanisch stämmigen Bevölkerung angelegt. Nicht an ihr wirkte römisch. Nein wer sie nicht kannte würde sie glatt für eine Germanin halten. Sie war heute nicht Duccia Silvana. Sie War Runa. Einfach nur Runa.
    Stumm stand sie da und verfolgte das Geschehen. Das Stöhnen, die Schrei, dass einzelne Wehklagen der Verwandten der Gekreuzigten, die Rufe jener, die das Spektakel gut fanden, Gemurmel jener die der Verurteilung zustimmten und jener die es ablehnten. All dies erfüllte die Luft. Ein undurchdringliches Stimmengewirr.
    Runa stand mittendrin und hörte jenes Geräusche nicht. Sie stand still und stumm da, ihre blonden Haare wehten im Wind. Ihre Augen blickten auf die Kreuze und sahen sie jedoch nicht. Ihr Blick lag irgendwo in der Ferne.
    Sie wusste, dass diese Verurteilung nicht aufzuhalten war und doch wollte und würde sie etwas tun. Sie musste einfach, es war wie ein Drang, wie ein innerer Zwang gegen den sie sich nicht wehren konnte.
    Doch noch wartete sie still ab, bis alle Verurteilten an Kreuz geschlagen wurden.

  • Octavius und Persaeus, gingen zu der eben herbeigeführten Gruppe der gefangenen Germanen und zerrten einen sich sträubenden rotblonden bärtigen Kerl in Richtung des bereitliegenden Balkens. Noch während der Germane sie verfluchte haute Frugi ihm von hinten mit seinem Bein die Füße weg und der Kerl landete auf dem Boden. Schnell hatten sie seinen Arm auf den Balken gepresst und schon war Theopompus mit Hammer und Nagel da. Stark wie er war, hatte dieser schnell den Nagel eingeschlagen. Wie zu erwarten war gelte ein Schmerzensschrei in ihren Ohren.
    Der Octavier war völlig Gefühllos dafür geworden. Die Barbaren hatten es nicht anders verdient. Sie hatten römische Soldaten angegriffen und getötet. Sie hatten die Brut gezeugt, welche ihn, seine Kameraden und den Praefecten im Wald angegriffen hatten. Sie waren diejenige die Rom und den Kaiser angegriffen hatten. Wenn er Luna richtig verstanden hatte, so hatte sie die Germanen davor gewarnt, doch sie wollten sich der Macht Roms wiedersetzen, jetzt sollten sie dafür mit ihrem Leben bezahlen.
    Noch während der Germane schrie und und fluchte drückten Persaeus und Frugi seinen linken Arm auf den Balken. Der Nagel saß schnell tief und fest.
    Die drei kniende Legionäre standen schnell und schauten zu wie ihre Kameraden den Rest vollbrachten. Nach einem letzten Blick auf den am Kreuze Hängenden wischte sich Octavianus den Schweiß mit seinem Handrücken von der Stirn und trat einige Schritte zurück, um sich die Gruppe der Gekreuzigten zu betrachten. Er war zufrieden mit seiner heutigen Aufgabe, drei hatte er mit ans Kreuz gebracht und damit seine Welt wieder in Ordnung gebracht. Dies würde hoffentlich für die anderen Sippe und Stämme als Warnung genügen, sich nie mehr mit Rom an zu legen.

  • Eigentlich hätte es ein freundlicher Tag werden können, doch offenbar hatten die Römer andere Pläne gehabt. Doch es war nur logisch nach dem Prozess, den Maahes aber verpasst hatte. Heute allerdings wollte er nicht fehlen und er war froh, ein wenig Freiraum von der Arbeit zu haben, um der Kreuzigung beizuwohnen. Allerdings war er bereits ein wenig verspätet eingetroffen und so bemühte er sich unter den anderen Schaulustigen einen guten Platz zu finden, von dem aus sich die Sache verfolgen lassen konnte. Von Weitem hatte man allerdings schon das kurze Hämmern gehört, die Schreie und das Wimmern. Auch das Wehklagen einiger Anwesender war zu vernehmen und unter diesen Eindrücken bekam schon ein schlechtes Gewissen. Immerhin war er jemand, der lediglich seine Neugier befriedigen wollte und emotional nur marginal in diese Angelegenheit involviert war. Maahes war kein Germane und ebenso war es ihm noch nie in den Sinn gekommen einen Römer anzugreifen oder sich gar an Aufständen zu beteiligen. Für ihn stand fest, dass man dabei sowieso nur verlieren konnte und mit Ehre, welche als Krone der Freiheit verstanden werden konnte, hatte er auch nichts am Hut. Im Gegenteil. Er gehörte zu jenen, die die Dinge nahmen wie sie kamen und die Feste so feierte, wie sie eben fielen. Letzten Endes war es immer das gleiche. Mal hatte man verloren, mal hatten die anderen gewonnen. Wie immer. Warum also dagegen angehen wollen?


    Beim Anblick der Gekreuzigten jedoch konnten sich einem schon die Nackenhaare aufstellen. Sie ächzten gequält, hingen da mit vor Schmerz verzogenen Gesichtern und der Einsicht, dass es noch eine Weile dauern würde, bis der unvermeidliche Tod eintreten würde. Alles in allem ein Anblick der tiefsten, verzweifelten Niederlage. So wie es gewollt war. Maahes schürzte die Lippen, atmete tief durch und seufzte schließlich leise, ehe er von einem Händler mit einem Bauchladen angesprochen wurde. Entgegen jedweden Schamgefühls und geradezu im Affekt kaufte er sich einen kandierten Apfel und biss in diesen hinein, während die nächste Gruppe der unglücklichen Germanen herbei geführt wurde. Mit einer merkwürdigen Form des sentimentalen Interesses, schaute Maahes den Soldaten zu, wie sie einen bärtigen Rotblonden niederwarfen und an den Querbalken zwangen, nur um ihn mit Nägeln zu martern und ihn dann wie die anderen zuvor aufzustellen. Dann biss er noch einmal in den Apfel und ließ das Wissen darum, dass er hier unten stand und nicht dort oben hing, ein beruhigendes Gefühl in sich aufbringen.

  • Die Stimmung in der Stadt war immer noch gespalten. Es gab jene die die Römer lobten und jene die sie verurteilten. Wo auch immer sie aufeinandertrafen kam es zu Wortgefechten, die nicht selten darin gipfelten, dass sie mit den Fäusten ausgetragen wurden. So war nun auch hie reine feindselige Stimmung zu spüren. Immer mal wieder kam es auch während der Kreuzigung hier und da zu Rangeleien. Ach verbale Auseinandersetzung waren zu hören.
    „Man sollte euch da alle annageln.“
    „Komm doch her und ich gebe dir annageln.“
    „Ihr seid doch alle gleich. Ihr hab Rom nicht verdient.“
    „Rom. Ha. Die Gnade Roms kennen wir ja nun.“
    „Ja das war Gnade. Sie sollte hier hängen.“
    Das war dann wohl doch zu viel, mit einem gezielten Faustschlag wurde der Römer von dem kräftigen Schmied niedergestreckt.
    Ja Augen auf bei der Auswahl des Gegners.
    Ja es brodelte und kochte in der Stadt. Noch immer hatte sich die Stimmung nicht beruhigt. In den letzen tagen waren auch immer wieder Schlägerei gemeldet worden. Es gab Händler, die ihre Waren hier in der Stadt nicht mehr anboten.
    Und die Duccier kamen auch nicht gerade gut weg bei der Sache. Viele waren hier davon ausgegangen, hatten gehofft, dass wenn alles hier in der Hand eine Familie war, die von den Stämmen abstammt, das es besser werden würde. Aber die meisten Duccier entpuppten sich als römischer als die Römer.
    Ja die Volksseele kochte und war am brodeln.

  • Die Schreie, das Keuchen, der Trubel. Für Seneca war das alles zwar folgerichtig, hatte Rom doch zu richten und sein Recht auch durchzusetzen, doch es hieß noch lange nicht, dass er sich ebenfalls an diesem Spektakel ergötzen konnte.
    In seiner Uniform und mit mehreren Leibwächtern im Schlepptau inspizierte er die tödliche Arbeit der Legionäre. Er versuchte die Blicke der am Kreuz hängenden Germanen zu vermeiden schließlich konnte er ihnen nicht helfen, und er wollte es auch gar nicht. Doch es hatte immer eine gewisse Tragik und darüber hinaus war Seneca auch recht empathisch, sodass ihm allzu viele Blickkontakte mit sterbenden durchaus nahe gegangen wären.
    Die Konflikte innerhalb der Bevölkerung ließen ihn allerdings aufhorchen. Natürlich hatte er von der obligatorischen Prügelei hier und da gehört, doch das sich plötzlich zwei Einwohner praktisch vor seinen Augen keilten war neu.
    Der Schmied schickte den Römer recht schnell auf die Bretter und Seneca überlegte kurz ob er eingreifen sollte oder die Sache auf sich beruhen lassen sollte. Er entschied sich für letztere Option, wenn die römische Armee jetzt auch noch Menschen anderer Meinung einsacken würde, würde die Stimmung gänzlich sinken.

  • Witjon war aus Neugierde auf die Via Nidae herausgekommen. Zusammen mit zwei Apparitores und einem Scriba war er aus dem Statthalterpalast über die Rheinbrücke auf das rechtsrheinische Stadtgebiet gekommen, um sich die Kreuzigung anzusehen. Nicht, weil er Gefallen an der grausamen Art fand, mit der die Verurteilten hingerichtet wurden. Vielmehr ging es ihm darum, die Reaktion der Bewohner Mogontiacums zu beobachten. In der Vergangenheit hatte es lange keine Massenkreuzigungen mehr gegeben. Die letzte hatte im Rahmen der Kämpfe gegen die Räuber von Borbetomagus stattgefunden. Damals hatte sie noch der Primus Pilus Marcus Petronius Crispus beaufsichtigt. Das war lange her.


    Anders als damals waren die Menschen heute aufgewühlter. Witjon konnte sich die Streitereien nicht recht erklären. Die Leute lebten seit gut hundert Jahren weitestgehend friedlich unter römischer Herrschaft. Die Provinz war regelrecht aufgeblüht, die Wirtschaft boomte. Überall an römischen Straßenkreuzungen waren Marktorte entstanden und bei Legionslagern und Kastellen hatten sich pulsierende Handwerker- und Marktstädte entwickelt. Die Leute lebten gut und selbst die Gebiete jenseits des Rheins bis zum Limes waren durch ausgedehnte kaiserliche Latifundien in Infrastruktur und Wirtschaftskraft gewachsen.


    Doch das alles sah ein Teil der Leute offenbar nicht. Sie schmähten Rom, grollten der Legion wegen der harschen Reaktion auf die Attacke der Dorfbewohner. Witjon bedachte all dies mit einem missbilligenden Stirnrunzeln. Er hatte auch manchen Groll gegen seine Sippe vernommen. Auch dies verstand er nicht. Er konnte nicht nachvollziehen, welche Veränderung manche Menschen sich von den Duccii erhofften. Im Grunde war die Sachlage klar. Es hatte einen Angriff auf römisches Gebiet gegeben und die römischen Truppen hatten eine Strafexpedition durchgeführt. Die Aggressoren waren besiegt und wurden nun zur Abschreckung weiterer Angreifer hingerichtet. So war es schon immer gehandhabt worden, nicht nur von den Römern. Witjon fragte sich, was wäre wohl die Reaktion der Menschen gewesen, die nun auf Rom schimpften? Hätten sie - angenommen, sie stünden nicht unter römischer Hoheit - ihr Stammesgebiet nicht gegen Angriffe verteidigt? Hätten sie nicht Rache genommen für erlittenes Unheil? Hätten sie nicht Sklaven genommen und Männer hingerichtet?


    Witjon ließ seinen Blick über die Menge schweifen. Er erblickte Runa, die sich ebenfalls das Geschehen ansah. Besorgt erinnerte er sich an ihr Verhalten auf dem Forum vor einigen Tagen. Er schob sich also zwischen den Leuten durch - die Streiterei zwischen zweien schlichtweg ignorierend, sollten sich doch die Milites darum kümmern - und legte Runa sacht eine Hand auf die Schulter. Witjon hatte bemerkt, dass sie sich ganz in germanischer Tracht gekleidet hatte. Witjon dagegen trug zwar die römische Tunika. Sie stand jedoch im Kontrast zu seinen Bundschuhen nach germanischer Machart sowie zu seinem langen Haupt- und Barthaar, das er entgegen römischer Haarmode zu tragen pflegte.


    Aulus Iunius Seneca, dem Praefectus Alae, warf er zudem einen sorgenvollen Blick zu. Er grüßte den Militärführer mit einem respektvollen Nicken und hoffte darauf, dass er im Fall einer größeren Streiterei einschreiten würde.

  • Runa spürte die Hand auf ihre Schulter, ihr Blick jedoch blieb in der ferne. Sie wusste instinktiv wer da neben ihr stand. „Es war nicht richtig.“ Sagte sie in die Ferne hinein. „Witjon...“ Nun sah sie ihren Onkel doch an. „...sie sind aufgebracht. Nicht wegen dem hier, sondern wegen dem was auf dem Forum geschehen ist. Viele der Römer sind der Meinung, dass die Seherin auch hier hängen sollte.“
    Runa atmete tief durch. „Wusstest du das man sich erzählt, dass Idun – diese Seherin vom Forum ihr Wissen bei einer Runhild erworben hat?
    Der Blick der jungen Frau ging wieder nachdenklich in Richtung des Horizontes. „Was wäre gewesen, wenn es Runhild gewesen wäre, die man auf das Forum geschleift hätte? Hättet ihr dann was dagegen getan?“ Runa seufzte. „Sie haben falsche Vorstellungen. Warum habt ihr nichts dagegen getan? Ihr wisst doch, dass eine Seherin niemanden bannen kann. Warum also hab ihr tatenlos zugesehen?“ Natürlich ging sie davon aus, dass auch ihre Familie von diesen Gerüchten gehört hatte. „Was kommt als nächstes? Fällen sie unsere Bäume? Zerstören sie die Haine? Schaut ihr dann auch einfach nur zu?“

  • "Wer sind denn 'wir'??" , fragte Vala, der selbst als Legat die Fähigkeit nicht verloren hatte, aus dem Nichts aufzutauchen. Vor allem, wenn sich alle Augen auf ein paar arme Hunde richteten, die an Kreuze geschlagen wurden. So war er hinter der Masse mit einer handvoll Singulares in betont unauffälligem Ornat hergeritten, hatte zuerst den Praefekten der Reiterei, dann Witjon und schließlich seine Nichte erspäht und sich mehr oder minder sanft Zugang zu diesen verschaffen lassen.
    "'Uns' gibt es nicht, Runa." , beantwortete Vala seine eigene Frage vor Runa und zeigte im Tonfall deutlich, dass es ihn schon ziemlich nervte so ein Gerede gerade in seiner Familie zu erleben. Vor allem, da diese sinnbildlich dafür stand, dass es niemals ein 'wir' und ein 'sie' gegeben hatte, "Einen halben Tagesmarsch im Westen beten sie zu anderen Göttern als einen halben Tagesmarsch in den anderen Richtungen. Wenn du zwei Tage in den Osten reitest, sprechen sie nicht einmal mehr dieselbe Sprache wie auf der mogontinischen Seite des Rhenus. Aber so weit muss man nicht einmal mehr gehen.. wie lange hält die Pax Romana hier bereits an? Wie lange ist Divus Iulius bereits tot? Fast zweihundertfünfzig Jahre. Kein einziger der Menschen in der Provinz kann sich daran erinnern wie es zuvor gewesen ist... aber sie bekommen einen leisen Geschmack dessen, indem solche Sachen geschehen wie durch jene Narren, die hier ans Kreuz geschlagen werden: Mord und Totschlag. Zwischen Stamm X und Y, manchmal auch Z. Aber vielleicht ist das schon zu groß gedacht... vielleicht reichte schon eine Fehde zwischen Sippe XY und YX dazu. Diese Narren hier sind jedoch so einfältig vorgegangen, dass sie von ihrem eigenen Stamm dazu verurteilt wurden." , höhnte der Statthalter in Richtung der Gekreuzigten und machte dadurch deutlich, wie befremdlich er das Vorgehen jenes Stammes hielt und wie suspekt es ihm war, "Alles, was die Milites Romani hier also machen dürfen ist das zu vollenden, wozu der eigene Stamm dieser Narren sie verdammt hat." , rümpfte der Statthalter die Nase, als er den Widerspruch in der Aufregung gewisser Menschen deutlich machte.
    "Und um es noch einmal ganz deutlich zu machen: die Haine, die Gottesbäume... dafür interessiert sich Rom nicht. Nicht im geringsten. Meinst du, sonst gäbe es nach zweihundertfünzig Jahren römischer Herrschaft noch einen einzigen Gottesbaum, noch einen einzigen Godenhain hier in der Provinz? Nein, sicherlich nicht.
    Alles, wofür Rom sich interessiert ist Recht, Ordnung, Sicherheit und Steuern. Diese Sippe hier, die hier ans Kreuz geschlagen wird hat genau dagegen verstoßen.. Recht und Ordnung der römischen Provinz. Sie haben die Sicherheit der Bewohner der Provinz gefährdet. Und sogar die Stämme erkennen dies an, sonst würden diese Narren hier jetzt nicht hängen. Das hat mit 'wir' gegen 'die' nichts zu tun. Dies hier ist nichts anderes als ein Beispiel von Recht und Ordnung... in einer harten, aber unmissverständlichen Form. Wir werden dies nicht Kindsköpfen opfern, die glauben eine Mutprobe beweisen zu müssen."
    , schließlich waren die meisten Überfälle auf das römische Reich nichts anderes: Mutproben von jungen Männern, die damit beweisen wollten, dass sie die größten waren.


    "Wenn es Runhild gewesen wäre..." , sprach Vala schlussendlich doch noch das Thema mit der Seherin an, das ihm immernoch äußerste Bauchschmerzen bereitete und dafür gesorgt hatte, dass er dem Forum ferngeblieben war, "...dann stünden wir nicht hier, sondern hätten alle Hände damit zu tun den brennenden Limes zu halten." Runhild, die Vala in Jugendtagen tatsächlich noch genauso wie Witjon erlebt hatte, war eine ganz andere Sache gewesen. Eine der wenigen Instanzen, auf die so ziemlich alle Stämme wenn nicht gehört, sich so zumindest nicht widersetzt hatten. Alleine der Gedanke an die Frau ließ den mächtigsten Mann der Provinz schaudern.

  • Runa blickt ihren Verwandten an. Er hielt einen Vortrag, der nichts mit dem zu tun hatte was sie gesagte. Deswegen hörte sie auch nur mit halben Ohr die Lobrede auf Rom. Doch in ihr verfestigte sich eine Meinung über den Verwandten, dieser hatte seine Wurzeln vergessen und war in Rom zu einem vorzeige Römer mutiert. So sprach sie ihn entgegen der Sitte in der Familie auch entsprechend an. „Duccius Vala, du hörst nicht zu. Das hier ist den Leuten egal. Hast du in deinem Rom verlernt dem Volks auf Maul zu schauen? Die Leute sind aufgebracht wegen Idun. Und falls es dem Legaten entgangen sein sollte. Die Stämme dies und jenseits des Limes haben bei der Seherin, die vor drei Tagen auf dem Forum die Gnade Roms erfahren durfte Rat gesucht. Sie war bei allen respektiert. Du solltest also hoffen und beten – zu welchen Götter du auch immer das tust, dass der Limes nicht bald brennt. Du kannst natürlich auch mit der so standhaften Pax Romana wedeln, vielleicht hilft das ja. “ Runa schüttelte nun die Hand Witjons ab. „Es gibt kein uns?“ Nun funkelte sie ihren verwandten böse an. „Gut zu wissen. Vale Duccius.“ Runa entfernte sich demonstrativ von ihren beiden Verwandten verschwand aber nur in der Menge.

  • Auch Verus war unter der anwesenden Soldaten. Er führte eine Wachmannschaft, die im Zweifel bei Flucht oder Befreiungsversuch eingreifen sollte. Die Rüstung wog schwer auf seinen Schultern und auch der Helm wollte ihm nicht mehr so ganz passen, da er die beiden Schnüre am Kinn nicht geschlossen hatte. Es fiel ihm schwer, den Anblick zu ertragen, so dass er still die Augen schloss und sich ganz in seine sachliche Aufgabe flüchtete. Zu seiner Erleichterung stand seine Einheit weit genug vom eigentlichen Geschehen weg, dass er nur die Schreie und die grausamen Töne zu vernehmen hatte, die sich in seine Seele gruben. Wieder roch er Blut und die kalte Angst kroch in seinen Nacken. Wieder kehrte er an diesen dunklen Ort zurück, der ihm nun stets folgen würde. Leben kannte keine Gnade, sondern nur Menschen kannten Gnade. Noch wollte sich Verus nicht vergeben, doch seine Idun hatte es getan. Ihre Gnade ließ ihn noch leben, wirklich leben und sein Herz schlug für sie. Auch gegen die Grausamkeit des Erlebten. Fest presste der Offizier beide Augen zusammen, um sich an seine Idun zu erinnern aber scheiterte, so dass er sie bald aufriss und auf das Szenario starrte. Seine Mimik erhärtete und er gab mit seinen Soldaten das Protobild von römischer Stärke ab. Kalt, herzlos und teilnahmslos beobachteten sie etablierte Grausamkeit. In der Nacht würde er davon träumen und wieder weinen; heimlich und verborgen in seiner Stube.


    Sim-Off:

    *durch Zeitverzug etwas knapp aber ich wollte Verus gerne noch dabei haben ;)

  • Nach und nach wurden nun die Unglücksseeligen hergebracht. Die Luft war erfüllt vom Geruch nach Schweiß, Blut und Tränen. Die Schreie jener, die gerade ans Kreuz geschlagen wurden vermischten sich mit dem Stöhnen jener die schon an eben jenen hingen. Die gerade ertragen mussten, wie ihr Körpergewicht an den Nägeln hing. Wie die Schwerkraft sie nach unten ziehen wollte und der eisernen Nagel den Körper dort am Kreuz hielt.
    Immer wieder hörte man einen der Händler, die diesen Auflauf an Menschen nutzten um ihre Waren an den Mann oder die Frau zu bringen, wie sie ihre Waren feil boten. Ja hier konnte man heute durchaus ein Geschäft machen, nicht wenige waren hier. Eigentlich konnte man sogar denken, dass mehr als die halbe Stadt hier war.
    Ja es zog sich hin doch nun näherte sich die letzte Gruppe und ganz am Ende dieser Gruppe führte man Wulfgar zum Platz. Er würde als Letzter an Kreuz geschlagen werden. Er würde sich noch mit ansehen dürfen, wie jeder seiner Männer vor ihm diesen Weg antrat....



    Sim-Off:

    ich habe das ganze hier mal weitergeführt und jetzt gilt, wer will wer will wer hat noch nicht. Also wer nagelt den Wulfgar ans Kreuz...

  • Der Schlafgesang der Geächteten war das Stöhnen in der Pein des Leides, welcher in einer bösen Symphonie der an das Kreuz geschlagenen Seelen, müde und sterbend über den Platz wimmerte. Es gab nichts mehr zu erreichen, außer den Tod und die kalte Dämonen, welche durch die Musklen fuhren, waren die letzten Bringer eines Gefühls. Der Tod am Kreuze war würdelos, grausam und niemals ein schöner Anblick. Doch war dieser Tod auch eine klare Botschaft. Das Kreuz war ein Symbol von Macht und Unterwerfung; ein Instrument der Herrschenden über die Beherrschten. Verus war angewidert von dem Szenario, auf dem seine brechenden Augen lagen, die im diesigen Dunst des Geruchs und des sandigen Nebels, kaum gerade blieben. Doch er konnte seinen Blick nicht abwenden. Nicht mehr abwenden, von dieser Grausamkeit, die auch ihm ein Symbol war. Hier gab es nichts mehr zu zähmen, zu bändigen oder zu halten. Hier waren sie alle Menschen; Feind und Freund waren verbunden durch diesen Symphonie, die in alle Ohren drang und die Herzen zu fressen drohte. Man brachte die letzten Opfer des Gerichts und darunter war Wulfgar, der scheinbar ehrbare Mann, der sich Rom und auch Verus widersetzt hatte. Verus nahm seinen Helm ab, reichte diesen an einen Miles weiter, der für seinen Centurio eifrig nach diesem griff, um diesen zu halten. Der Tiberius wollte atmen, frei atmen und sich der Situation stellen. Es wurde erwartet, dass er den Anführer kreuzigte und damit seine Ehre bewies. Eine Ehre, der Hinrichtung, dass er als Held und Anführer, für Rom das finale Urteil vollstrecken würde. Ihm oblag nun jede Entscheidung in dieser Sache, so dass er mit zögerlichem Herzen vortrat. Zwei Soldaten folgten ihm als moralisches Geleit. "In einer Stunde durchstoßt ihre Herzen mit Hastae," befahl er den Männern mit fester Stimme, bevor er den Hammer vom Boden aufnahm, um Wulfgar, welcher bereits durch vier Mann auf das alte Holz des Kreuzes gepresst wurde, sein Urteil zu erlauben. "Brecht bereits ihre Beine," donnerte seine Stimme über den Platz. Es war römische Sitte kurz vor dem Ende, auch um die Sache zu beschleunigen, die Knie und Beine der Hängenden zu brechen, damit der Schmerz ihre letzten Sinne betäubte, bevor die Soldaten ihnen die breiten Lanzen in die Herzen stießen. Es war eine Gnade, da sie ohnehin nicht mehr zu retten waren. Der Tod und die bereits kreischenden Aasvögel, wie einige Raben waren bereits in der Nähe. Wulfgar schien regungslos auf sein Schicksal zu warten und auch Verus gab sich seiner bösen Pflicht hin. Es fiel ihm nicht leicht und auch diese Szene würde ihn bis an sein Lebensende verfolgen; nicht nur in der Nacht oder im Tage, sondern jeder Handlung, die er von nun an tun würde. Das Gewicht des Krieges und der Grausamkeit wichen nie wieder von einem Mann. Mit dumpfen Schlägen zertrümmerten die Legionäre bereits die Knie der umliegenden Gekreuzigten, welche schreiend in Qual ein nahes Ende vermeldeten. Ihr Geschrei ließ Verus mit dem schwerem Hammer in seiner Hand zögern. Sein Geleit wickelte bereits die Seile um die Arme des Wulfgar. Man reichte Verus einen alten rostigen Nagel, den er mit fester Hand umschloss, während in seiner anderen Hand der Hammer lag. Der Centurio suchte die Augen des einstigen Gegners, der ihn fast getötet hatte. Vielleicht fanden beide Gnade in diesem Moment. Verus tat, was er tat, nicht ohne Achtung und nickte Wulfgar verständnisvoll zu. Scheinbar wartete der Veteran auf ein Zeichen des Verurteilten. Schließlich kniete sich Verus ab, setzte den Nagel auf den Unterarm, genau zwischen die Venen und schlug mehrfach heftig auf den Nagel, der ätzend durch die Fleisch trieb. Es quoll Blut vorbei. Verus ekelte sich und fand diese traurige Verachtung wieder. Er nahm den nächsten Nagel und setzte am anderen Arm an, wo er selbes vollführte, bevor er sich mit schwerem Atem aufraffte und den Hammer in den Staub fallen ließ. "Aufrichten," befahl Verus, so dass die Legionäre das Kreuz in die bereitete Kuhle und Halterung stellten und es mit einigen Tritten auf einen Riegel befestigten. Wulfgar hing am Kreuz und Verus verweilte kalt vor ihm. Nun war er auch Henker, Folterer und Kriegsbestie der römischen Macht. Verus hatte jede Pflicht erfüllt, die man ihm gestellt hatte und es tat ihm weh. "Centurio Tiberius, ein Held Roms," riefen ein paar Legionäre, als Verus Feind aufgestellt war und der Jubel verhallte dann im Gestöhne und Wehklagen der Sterbenden.

  • Als nun mit Wulfgar der letzte Mann ans Kreuz geschlagen war und einige Legionäre dem grausamen Centurio zujubelten, verzog Runa angewidert das Gesicht. Die Schreie der Sterbenden, der letzte Atemzug jener die gerade hinübertraten, leises Weinen einiger Frauen und Kinder und der verklingende Jubel der Soldaten erfüllte die Luft, als Runa aus der Masse hervortrat. Ihr Blick war auf den Boden gerichtet, bis sie ihre Arme hob. Die Stimmen um sie herum verstummten, alle Augen waren nun auf sie gerichtet. Und sie hob ihre Stimme so dass jeder sie hier venehmen konnte.
    „Möge Fylgia euch sanft geleiten auf euer letzten Reise.
    Möge Thor euch in seiner Stärke Kraft geben für diesen Gang.
    Möge Frigga euch sanft umfangen und behüten.
    Möge Freya den Abschied erleichtern von den euren.
    Es ist an der Zeit heimzukehren zu den Göttern. Bald werdet ihr willkommen geheißen, ihr werdet schon erwartet.“

  • Wulfgar wurde nun also mit der letzten Gruppe geführt. Sein Blick war starr gerade aus gerichtet. Er ging aufrecht. Er hatte sich ergeben, aber gebrochen war er nicht. Ja er würde sterben. Das wusste er aber so war es ihm lieber. Er starb lieber aufrecht, als das er auf Knien lebte.
    Die Schreie seiner Männer drangen an sein Ohr. Er hörte sie und doch ließen sie ihn kalt. Sie hatten die Wahl gehabt. Er hatte ihnen die Wahl gelassen und doch hatten sie sich wie er für genau das hier entschieden. Er wurde von vier Männern auf das Kreuz gepresst. Dann kam dieser Römer, welcher in sein Dorf eingefallen war. Jener Römer, den er den Tod eines Kriegers hatte gönnen wollen. Der Römer jedoch trat anders auf als er es erwartet hatte. Hatte er doch gedacht, dass dieser nun seinen Triumph auskosten würde. Aber dieser Römer suchte den Blickkontakt. Er hielt diesem Blick stand. Nein sie waren keinen Gegner mehr. Sie waren beiden Krieger und hatten Respekt füreinander. Wulfgar nickte dem Mann ebenso zu. Und er verstand. Er verstand nun endlich warum Idun ihn abgehalten hatte diesen Römer zu töten. Dieser Römer war anders all all die anderen die er im laufe seines Lebens kennengelernt hatte. Die Nägel wurden schnell durch Fleisch und Knochen getrieben. Der Germanen jedoch blieb stumm er ertrug es. Ja selbst im Angesicht des Todes mit diesen brutalen Schmerzen blieb er aufrecht.
    Das Kreuz wurde aufgerichtet und nun war er es der auf die Römer herabblickte. Welch Ironie. Wollten die Römer die Germanen zu Schau stellen und doch erhoben sie sie über sich. Ein kaltes Lächeln legte sich auf die Lippen des alten Germanen.
    Dann vernahm er die Stimme einer Frau, laut und deutlich für alle vernehmbar ein Gebet für die hier sterbenden sprach.
    Ein letztes Mal erhob der alte Germane seine Stimme.
    „Aesir, tröste ihre Herzen
    wenn meine Leute mich vermissen
    Aesir, steht mit mir
    jetzt da ich dem Tod ins Gesicht schaue
    Aesir, schützt meine Lieben
    so wie ich es würde.“

  • Ein Gebet, welches Verus achtungsvoll zur Kenntnis nahm. Was war Erlösung? War dies eine Absolution? War dies eine Strafe? Verus, nun mehr altgedienter Soldat, wusste nicht mehr um seine eigene Position, während er das Sterben betrachtete. Müde suchten seine Augen umher, um die leidverstellten Gesichter zu erkennen. Die Soldaten, die er kommandierte, meldeten Vollzug seines Befehls und blickten ebenso teilnahmslos auf den Wall an Aufgereihten. Verus spürte das Blut in seinen Adern, wie es kochte und pumpte. Es rauschte in seinen Ohren. Die Bestie genoss das Leid, welches sie angerichtet hatte und trieb das kleine Herz des Römers vor sich her. Gar wollte Verus Gesicht grinsen, gegensätzlich zur Szene, irre verstellt sein. War dies die schöne neue Welt? Seine erste Kreuzigung und er hatte einen wichtigen Teil des Kommandos. Die Wehtöne und das Geschrei durchfiel die Stille der Beistehenden. Verus verachtete die Bestie, die in ihm steckte und sich bemerkbar machte. Es fühlte sich nach Genugtuung an. Nach Gerechtigkeit und doch wusste Verus, dass dies keine Gerechtigkeit war. Keine Erlösung. Der Tiberius wusste, dass nur die Zeit ihm vergeben konnte. Die Bestie; das eine Monster, genannt Krieg, verlief sich in seiner Seele und verlor sich. Es blieb nur dieses taube Gefühl zurück. Machtlos stand er seiner eigenen Gewalt gegenüber. Hilflos wartete der Centurio die Zeit ab, die nicht zu vergehen schien. Inzwischen zog der Geruch des ersten Blutes zur Einheit hinüber. Verrottende Gedanken bemächtigten sich seines Geistes. "Es ist Zeit," bemerkte der Offizier und deutete zu einem Legionär, der eine Lanze hielt. Eine Hasta. "Deine Waffe, Miles," befahl Verus und ließ sich die Stoßlanze geben. "Beenden wir ihr Schicksal." Mit der Waffe in der Linken und der freien Rechten zeigte auf die einzelnen Kreuze. "Töten," war der knappe Befehl, der eines Römers würdig war. Keinerlei Melodie oder Schönheit. Brachiale Einfachheit, die sich aus dem Staub erhob. Die Legionäre nahmen ihre Stoßlanzen und stellten sich vor die Kreuze. "Ausführen," donnerte Verus dann, der selbst seine Lanze mit beiden Händen anhob und schwungvoll nach Hinten ausholte, um mit einer aufwärts geführten Bewegung in den Bauch des Wulfgar zu stechen, der frei lag. Ihm taten es ausgewählte Soldaten gleich, während ein kleiner Rest auf absichernder Wachposition verblieb. Die Metallspitze durchstieß das Fleisch in der wuchtige Bewegung und fuhr schnell in die Gedärme, zum Herzen hinauf, bis der Brustkorb nach Außen wölbte und die ersten Rippen brachen. Verus blickte über den Laufweg des Lanzenholzes hinauf zum Brustkorb, um das tödliche Zeichen zu erblicken; jene roten Linien unter der Haut eines neues Muster formten. Mit einem Ruck drehte er die Lanze um sich selbst, um sie dann mit einem rückwärtigen Stoß aus dem Leib zu ziehen. Bei dieser Bewegung spritzte ihme eine rote Wolke an Blut ins Gesicht, was er kalt zur Kenntnis nahm und nur fest seine Lippen schloss. Inzwischen war er es gewöhnt, jemanden grausam zu töten. Und dafür hasste er sich selbst. Er fühlte nichts mehr, außer diese furchtbare Kälte und diese frostige Verachtung. Nun floss Blut in kleinen Mengen aus der Wunde, während zerfetztes Gedärm nachfiel und die Wunde zu verschließen schien. Verus stellte die Lanze auf, blickte zu den anderen Ausführenden, die dem Befehl mit gnadenloser Präzision folgten. Römische Legionäre waren erprobte und erfahrene Kämpfer, die auch diesen Handgriff beherrschten und so fanden die Verurteilten ein schnelles aber brutales Ende. Die Krähen kreisten bereits mit ihrem Gesang, was Verus mit einem Blick in den Himmel erkennen konnte. "Lasst die Leiber noch einen Tag hängen," befahl Verus, während er sich mit zitterenden und unsicheren Schritten entfernte; immer wieder auf die Lanze stützend, von der noch immer Wulfgars Lebenssaft tropfte und nur langsam eintrocknete. Er hatte für heute und für den Rest seines Lebens genug Tod gesehen. Seine Handlungen würden nur seinen Ruf als römischer Held und Germanenschlächter untermauern. Doch dieser Ruf war ihm egal, denn allein ihm galt seine eigene Schuld. In gewisser Hinsicht genoss er die Verachtung der germanischen Bevölkerung, da sie zu seinem Selbstbild passte. Er hielt sich für verachtungswürdig. Nun mehr wollte er sich waschen, da er Blut schmeckte und sich grausam schmutzig fühlte. Dennoch machte der Centurio keine Anstalten, sich das Blut aus dem Gesicht zu wischen und trat mit diesem Zeichen sogar der Menge der Zuschauer vorbei. Ja, er musste jedem zeigen, was es bedeutete, am Kreuz zu sterben und was Römer zu ertragen bereit waren, um jemanden zu bestrafen. Rom war hier Gewalt und Macht. Erst in der Lagertherme würde er sich ausgiebig waschen. Seine Einheit folgte, nach Befehl des Optios, im leichten Marsch und der junge Soldat, dem Verus vorhin seinen Helm gereicht hatte, folgte ebenfalls hingebungsvoll. Es war für Verus nicht mehr notwendig einen gesonderten Befehl zu geben, denn sein Weg und seine Haltung waren eindeutig. Trotzdessen zeigte er seinen Männern mit einem Handzeichen an, dass sie wirklich abrücken konnten.

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