Germania ubi erant 'iens

  • Ein dunkler Schatten durchtrennte das Sonnenlicht und verwandelte sich langsam in eine kriegerische Gestalt. Ein Schwert hing ihr über den Rücken und machte das Schattenbild vollkommen. Leichter Dampf stieg vom Boden auf und verwischte die Gestalt so dass sie wie ein Geist wirkte. Geist vielleicht oder auch nicht es würde sich noch herausstellen.


    Doch ein Blick genügte um aus dem Schattenwesen eine wirkliche Gestalt erscheinen zu lassen. Ein durchtrainierter Körper, kampfgestählt und bereit den Tod unter seine Feinde zu bringen. Und doch auch sehr fraulich mit einem voll erblühten Körper. Ein Blick in das Gesicht der Person aber ließen Betrachter frieren. Es war zwar eine wunderschöne Germanin, jedoch spiegelten sich in ihrem Gesicht die Schmerzen und Narben eines harten Lebens wieder. Es war die Kriegerin Norwiga die unter den Germanen einen Ruf wie Donnerhall hatte. Doch jetzt war alles vorbei, Verrat hatte sie davon getrieben von ihrem Ziel die verdammten Römer zu vernichten. All die Toten und Verstümmelten waren umsonst gewesen und nicht die Römer hatten diesen Verrat vollbracht sondern die eigenen die bekannten Menschen um sie herum. So war Norwiga letztendlich geflohen und hatte ihre Träume und Ziele weit hinter sich gelassen. In der Einsamkeit der germanischen Wälder versuchte sie Frieden und Ruhe zu finden und ihrem Leben einen Sinn zu geben. Im Einklang mit den Göttern hatte sich Frieden auf ihre Seele gelegt und so begann sie wieder sich für ihre Umwelt und die Menschen darin zu interessieren.

  • Norwiga bestieg ihr Pferd und ritt im lichtdurchfluteten Gehölz Richtung Nordosten. Hier wollte sie zusehen ob sie nicht in Geirwimull einen Platz zum Leben finden würde. Dessen Dorfoberhaupt Bertwin war ein alter Bekannter von ihr aus guten Tagen als sie gemeinsam ihre Überfälle gegen die Römer durchgezogen hatten. Und er war so schlau gewesen sich rechtzeitig aus den Händeln zwischen den Germanenführern herauszuhalten. Sie jedoch war so dumm und hatte sich vor den Wagen spannen lassen in ihrer jungen ungestümen Art. Und sie hatte viel Lehrgeld zahlen müssen von den eigenen Freunden verraten und verkauft. Wild schüttelte Norwiga ihren Kopf mit der langen roten Mähne. Wie dumm sie doch gewesen war. Doch jetzt wollte sie endlich Ruhe finden und wenn möglich weit weg von den verhassten Römern leben. So vergingen die Stunden und Norwiga gelangte an den Fluss Wimull der sie Richtung dem Dorf führen würde. Ein herrlicher Blick einer herbstlichen Landschaft ließ sie vor Wohlbefinden erschauern. Wie wunderschön konnte dieses Land doch sein. Die Sonne stand mittlerweile hoch und umschmeichelte mit ihren Strahlen die Kontur der Reiterin. Endlich gelangte die Kriegerin an den Talkessel in dem sich Geirwimull erstreckte. Norwiga war überrascht wie groß die Ortschaft geworden war, sicherlich waren mehr als 250 Köpfe in der Siedlung beheimatet. Bertwin schien seinen Haushalt gut im Griff zu haben. Er hatte es sogar geschafft eine Palisade um die Siedlung ziehen zu lassen, während außerhalb die Äcker und Viehbestände ihren Platz hatten. Ein reges Kommen und Gehen konnte Norwiga erkennen und die Menschen schienen sehr beschäftigt zu sein. Ein ungewohntes friedliches Bild stellte sich der Betrachterin dar, so sehr friedlich wie es schon lange nicht mehr gesehen hatte.


    Norwiga lenkte ihr Pferd Richtung der Porta um in die Siedlung zu gelangen. Zwei Wachtposten standen am Eingang um misstrauisch jeden Neuankömmling zu betrachten. Für die beiden Männer musste Norwiga eine beeindruckende Gestalt darstellen, zwar weiblich jedoch ganz auf Krieger ausgerüstet und von ihrem Benehmen nach durchaus in der Lage sich einem Kampf zu stellen. Die beiden Posten waren erfahrene Krieger die sich schnell mit einem Blick verständigten und begangen ihre Stellung so zu platzieren damit ein Angreifer Schwierigkeiten hätte beide Kämpfer auszuschalten.


    „Halt wer bist und was willst du hier?“ wurde die Kriegerin von einem der beiden angesprochen. Norwiga erkannte die Erfahrung der beiden Männer vor ihr und so stieg sie von ihrem Pferd ab, trat vor und sah dem Fragesteller in die Augen als sie ihm antwortete: „Mein Name lautet Norwiga und ich möchte Bertwin sprechen.“ Als die Kriegerin ihren Namen genannt hatte ging durch beide Torposten ein Zucken durch ihre Körper und sie strafften sich. Oh ja Norwiga war noch nicht vergessen, man kannte sie doch noch hier und da. Stolz und Überlegenheit ausstrahlend kam ein kleines grimmiges Lächeln über ihre Lippen.


    „Norwiga es ist mir eine Ehre dich hier stehen zu sehen. Wir werden dich gleich zu Bertwin geleiten. Sicherlich wird er erfreut sein dich hier willkommen zu heißen.“


    So schritt einer der Wachtposten mit ihr zum Haus des Bertwins. Die Siedlung zählte ca. 20 Langhäuser sowie einige vereinzelte Gebäude. Bertwin hatte sich gemacht, doch Norwiga erinnerte sich daran, dass er schon früher ein Händchen für Viehzucht und Ackerbau gehabt hatte. Auch sahen die Bewohner gesünder aus als viele Germanen die sich sonst gesehen hatte auf ihrer langen Reise.

  • Vor dem Wohnhaus Bertwins machte sie kurz Halt bevor sie entschlossen eintrat.


    „Bertwin ich grüße dich.“

    Bertwin erhob sich überrascht und machte ein ungläubiges Gesicht.


    „Ich glaube es nicht du hier Norwiga. Ich dachte du bist in den Wäldern umgekommen. Bitte setze dich zu mir.“


    Er schüttelte immer noch überrascht den Kopf, Germaniens größte Kriegerin hier bei ihm unter seinem Dach.


    „Wie ist es dir ergangen in der langen Zeit und vor allem wo warst du wirklich?“


    Norwiga überlegte kurz bevor sie zu einer Antwort ansetzte.


    „Wie du dich vielleicht noch daran erinnerst standen wir kurz davor mehrere Stämme zu sammeln und mit diesen einen Angriff gegen die Römer zu starten. Es wäre einen harten Schlag gegen den Limes geführt worden und danach der Einbruch in das Römische Hinterland. Das römische Germanien hätte gebrannt. Doch die ach so aufrechten und stolzen Anführer hatten im Verborgenen bereits ihre Absprache mit den Römern gemacht und waren ordentlich bestochen worden. So ließen sich mich von einer kleinen Kriegergruppe überfallen. Doch ich konnte sie alle erledigen während mir der letzte der Männer noch zu hauchen konnte wie es wirklich aussah mit unserem Aufstand und das die Meisten der Anführer meinen Tod wollten. So floh ich in unsere tiefen Wälder und versteckte mich. Den Suchtrupps entkam ich somit war ich für die Verräter verschwunden. Und das war ja die Hauptsache, keine Kontrolle der Krieger mehr durch mich und somit kein Aufstand gegen die Römer.“


    Norwiga schüttelte in Erinnerung an den ungeheuerlichen Verrat energisch ihre Mähne.


    „Nun bin ich jedenfalls hier und wollte dich fragen ob ich in deiner Dorfgemeinschaft leben dürfte.“


    Bertwin hatte sich schon fast etwas in dieser Richtung gedacht.


    „Nun Norwiga sicherlich kannst du bei uns Leben, doch wir leben in Frieden und wollen vor allem keinen Ärger mit den Römern. Wir haben keinerlei Möglichkeiten dass irgendein Stammesführer sich für uns interessiert und uns unter seinen Schutz stellt. Also müssen wir Ruhe bewahren und mit den Römern leben. Du kannst wenn du willst aber gerne die Krieger und Männer in der Kunst des Kampfes ausbilden wenn du willst. Ausgebildete Männer sind immer gut und wer was wofür wir das einmal brauchen könnten.“


    Bei Bertwins Worten verdüsterte sich Norwigas Gesicht, sie konnte ihren Hass auf die Römer kaum verbergen, jedoch entspannte es sich als sie Möglichkeit mit der Kampfausbildung hörte. Das war ihre Welt und das konnte sie am besten.

    „Dann stimme ich zu und nehme dankend dein Angebot an. Möge Wotan uns segnen.“ Die beiden prosteten sich gegenseitig mit ihrem Bier zu und lächelten glücklich vor sich hin.

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