Ein Parther und sein Pferd

  • Eine Stallung vor den Toren Rom's


    Man sah ihm an, dass der gestrige Tag mit Wein geendet hatte. Ein Schimmer von Hoffnung hatte er trotzdem in den Augen. Heute Morgen kaufte jemand drei Pferdegeschirre und ein Zaumzeug, was er selbst hergestellt hatte, bei ihm. 50 Sesterzen Klimperten in seiner Tasche. Das Geld war seine Rettung. Jetzt bekam er das wieder was ihm gehörte.


    ~~~


    Seine ersten Tage in Freiheit zeigten ihm, dass es nicht nur gute und schlechte Menschen gab. Er geriet an einen abgrundtief schlechten Menschen, einen Römer.
    Mit dem Abschiedsgeschenk seines Dominus, dem Hengst Perseus war er in Richtung Rom gezogen um sich dort in der Umgebung nieder zu lassen. In einer Stallung bekam er Unterkunft. Der Besitzer Potitus Antistius Perolla nahm ihn freundlich auf. Feras war nicht entgangen, das Perolla mit Kennerblick festgestellt hatte das Perseus ein ausgezeichneter Hengst im besten Alter war. " Was willst du für das Tier haben?" fragte Perolla gleich nach der Ankunft. " Perseus ist nicht zu verkaufen. Wir gehören zusammen." sagte Feras. Perolla gab sich augenscheinlich damit zufrieden. Er begann eine für Feras belanglose Unterhaltung. " Wo stammst du her und was hast du vor?" Feras ließ sich darauf ein. Er ahnte nicht, dass ihm dieses Gespräch einige Tage später zum Verhängnis werden sollte. " Ich stamme aus Susa. Vor drei Tagen habe ich mich frei gekauft und will nun in Rom arbeiten." Perolla lächelte hinterhältig. Sein Plan, den er gerade gefasst hatte, würde ihm dieses wunderschöne Tier bescheren ohne dafür eine Sesterze ausgeben zu müssen. " Ah, du bist Parther und Libertus. Na dann werde ich dir helfen. Du kannst dein Pferd hier kostenlos unterstellen und eine Arbeit suchen gehen. " Feras ließ sich darauf ein, er freute sich über das Angebot. " Gut, das ist freundlich von dir. Ich bin in zwei Tagen wieder da." Perolla nickte zufrieden. Der dumme Parther dachte er bei sich. Dem werd ich's zeigen. Er war einer der Römer, die nicht gut auf Parther zu sprechen waren. Perolla wurde im Krieg gegen die Parther schwer verwundet und musste seinen Dienst, damals im Range eines Centurio, quittieren.
    Feras ging nach Rom, nach 2 Tagen kam er zurück. " Mit Arbeit hat es nicht geklappt. Morgen ...." sagte Feras. Perolla unterbrach ihn. " Wie viel Geld hast du noch?" fragt er scheinheilig. Feras überschlug, was er noch bei sich trug. "15 Sesterzen." Perolla zog die Augenbrauen hoch und machte ein bedauerndes Gesicht. " Tja, das sieht schlecht aus. Das wird nicht reichen. Für das was du bei mir offen hast." Feras sah ihn verwirrt an. Er hatte doch nichts bei ihm offen. " Wie, was habe ich offen bei dir?" Perolla ließ sich eine Tabula bringen. " Hier , kannst du lesen? " Er drückte Feras die Tabula in die Hand. Langsam las Feras was drauf eingeritzt war. " Unterstellung kostenlos. Futter 10 Sesterzen, Wasser 3 Sesterzen, Kämmen 7 Sesterzen, Bürsten 10 Sesterzen, Geschirr säubern und pflegen 3 Sesterzen, Hufpflege 10 Sesterzen. Summa summarum 43 Sesterzen." Feras war fassungslos. So viel Geld hatte er nicht. " Du hattest gesagt..." Perolla unterbrach ihn und nahm ihm die Tabula aus der Hand. " Kostenloses Unterstellen, mehr nicht. Das andere musst du bezahlen. Aber ich mache dir einen Vorschlag. 20 Tage hast du Zeit die Schulden zu begleichen. Dein Pferd bleibt als Pfand so lange hier. Solltest du nicht bezahlen, ist das Pferd mir. Es müsste die Kosten gerade so decken." Feras war immer fassungslos. " Aber..., das kannst du nicht machen." Perolla winkte ab. Für ihn war die Sache erledigt. " Bring mir das Geld und du kannst dein Pferd wieder mitnehmen." Feras wurde wütend. Der Römer bremste ihn aus. " Benimm dich, sonst zeige ich dich bei den Urbaner wegen nicht bezahlter Schulden an und wegen Gewaltandrohung. Was denkst du wem man mehr Glauben schenkt." Feras war wütend, hielt sich nur mit Mühe zurück. " Du bekommst dein Geld in 20 Tagen. Wir machen es schriftlich. " Alles wurde auf einer Tabula festgehalten. Feras sollte die Kosten für das Pferd in 20 Tagen zurück zahlen. Beide setzten ihr Signum darunter.


    ~~~


    Heute war der 20. Tag. Feras hatte durch den Verkauf 50 Sesterzen in der Tasche und begab sich trotz seines leichten Unwohlseins zur Stallung des Antistius. Perolla stand in der Tür seines Officiums und sah den Parther kommen. Mit gespielter überschwänglicher Freude nahm er den Parther in Empfang. " Ich sehe du willst deine Schulden begleichen, dann komm rein." Beide betraten das Officium. Perolla legte Feras drei Tabulae auf den Tisch. Feras staunte. Was hatte die dritte Tabula zu bedeuten? Perolla begann sofort mit der Erklärung. Mit einem süffisanten Unterton in der Stimme klärte er Feras auf und stellte sich dann auch noch als überaus großzügig hin. " .....und weil du ein guter Freund bist habe ich dir die 43 Sesterzen erlassen. Ich bekomme von dir nur 430 Sesterzen. Na das ist doch eine Wort." Dabei legte er Feras den Arm freundschaftlich auf die Schulter. Feras schluckte. 430 Sesterzen? Er nahm die dritte Tabula. " 20 Tage Unterbringung, Verpflegung und Pflege für einen Hengst , Name Perseus, Besitzer Feras" stand darauf. " Du Gauner, du mieser Betrüger." fing Feras an. Er war außer sich. Wütend stieß er Perolla's Arm von der Schulter. Jetzt ging ihm ein Licht auf. " Das hattest du von Anfang an so geplant. Du wolltest meinen Hengst." schrie er und packte den Römer an der Tunika. " Lass mich los du dreckiger Parther!!" Perolla wehrte sich. Ein Schreibpult fiel um. Tabulae schepperten zu Boden. Der Kleidergalgen mit der Centurionenausrüstung stürzte um. Ein hitziger Kampf war im Gange. Perolla war gut in Form. Feras hielt dagegen. In seiner Wut glich er einem wilden Tier. Von Perolla musste er einige harte Schläge und Tritte einstecken. Sein Gesicht war blutig geschlagen. Das hinderte ihn nicht daran dem Römer ebenso ein paar Hiebe zu verpassen. Er stieß Perolla von sich. Kurz standen sie sich regungslos gegenüber. Schnubten wie zwei Stiere. " Nimm meine 50 Sesterzen. Lass mir mein Pferd. Es ist das einzige was ich besitze. Ich zahle dir den Rest sobald zurück wie ich kann" sagte Feras. Perolla fing an zu lachen. Wütend ging Feras wieder auf ihn los, versetzte dem Römer einen Stoß. Der war überrascht, stolperte nach hinten über die am Boden liegende Lorica, fiel rückwärts. Seine Arme wedelten hilflos durch die Luft. Mit dem Kopf krachte er, kurz bevor er auf dem Boden aufschlug, gegen die Steinmauer und blieb regungslos liegen. Feras stand wie versteinert da. " Perolla?" Der Römer rührte sich nicht. " Perolla!" rief Feras sich über den Römer beugend. Er kniet sich daneben und hielt ihm die Hand vor Nase und Mund. Nichts. Nein, er war nicht Tod. Nein! Feras packte Perolla an der Tunika und schüttelte ihn. " Perolla, steh auf!" Sklaven drängten sich an der Tür zum Officium. Feras wusste nicht was er tun sollte. " Er hat ihn gebrochen umgebracht." flüsterte ein Sklave zu einem anderen. Jetzt begriff er, was er getan hatte. " Nein. Er ist gestürzt!" rief Feras. Er hatte ihn nicht umgebracht. Weg hier, bloß weg hier. Alles war ihm egal. Er wollte nur sein Pferd und dann hier weg. Panisch drängte er die Sklaven, die ihm nicht schnell genug Platz machten zur Seite und versuchte nach draußen zu gelangen.

  • Endlich !! Sie hatten es nicht gewagt ihn aufzuhalten. Feras rannte zum Stall. Das stand sein Perseus. Hastig griff er nach dem Halfter am Haken, legte es seinem Pferd an, holte es aus der Bucht. „ Komm, schnell hier weg.“ Flüsterte Feras. Eilig führte er das Tier aus dem Stall. Die Sklaven kümmerten sich nicht um ihn. Einen Blick auf den Toden zu erhaschen war für sie viel interessanter. Feras schwang sich auf den Rücken seines Pferdes, schnalzte mit der Zunge, gab ihm die „Sporen“. Runter vom Hof, weg von den Stallungen. Er musste einen andern Platz finden und dann zurück nach Rom. Zaumzeuge und Sättel herstellen und verkaufen, dass war sein Traum. Das Geld sollte irgendwann für eine kleine Familie in Parthien reichen. Nach Hause zu den grünen Wiesen in den Bergen.


    Sein Vater war Soldat und hatte ihn zum Feldzug mitgenommen.Mit 14 Jahren war er alt genug. Feras kümmerte sich um die Pferde der berittenen Krieger so wie er es zu Hause getan hatte. Bis die Römer kamen, kämpften und siegten.


    Feras atmete durch. Der Antistier war ein mieser Schuft gewesen, das stand für Feras fest. Seine Erfahrungen mit Römern trotz seiner parthischen Abstammung waren bisher nicht schlecht gewesen. Auf Umwegen wollte er wider nach Rom. Er musste dorthin zurück.

  • Nach dem, von den Göttern gesendeten Goldsegen, hatte Feras es ruhig angehen lassen.
    In der Nacht vergrub er die vier Säcke mit den Goldmünzen und markierte die Stelle so, dass nur er sie wieder fand. Keine einzige Münze nahm er davon mit. Erst musste Gras über die ganze Sache wachsen, bevor er das Gold für seine Zwecke nutzen konnte.
    Das dauerte, aber Feras hatte Zeit. Das größte Problem, wie hielt er sich in der Zwischenzeit über Wasser? Zurück nach Rom war die einzige Alternative. Genug Wasser war den Tiber herunter geflossen. Gesucht wurde er nicht. Die Subura wäre in der Not Zufluchtsort und Versteck. Seine Idee fand bei ihm anklang.
    Zu Fuß machte er sich, am Tiber entlang, zurück nach Rom.

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