Fabricae Tiberiae - Waffenschmieden

  • Cadanus stand, mit Schweiß überströmt, vor einem der großen Schmelzöfen, um mit einigen Sklaven immer wieder Eisenteile hinein zu werfen, durch jene kleine Öffnung im Tonlehmverbund, der mit einer öligen Paste bestrichen war, damit die Hitze nicht derart abstrahlte. Aus der Öffnung trat glimmende Glut in leichten Funken und zog über den Raum hinweg, der recht groß war und mehr einem Unterstand, denn einer Werkshalle ähnelte. Die Holzkonstruktion war mit Leder beschlagen, um eine Brandentwicklung zu verhindern. Neben dem großen Schmelzofen standen zwei weitere Öfen für unterschiedliche Schmelztemperaturen. Auch verschiedene Ambosse befanden sich im Raum und einige Arbeitstische mit verschiedenen Werkzeugen darauf. Vorallem verschiedene grobe Hämmer fanden sich in der Werkstatt. Außerhalb des Unterstandes fanden sich zwei größere Häuser aus Stein, welche verputzt waren, darin befand sich das Lager, wo bereits in Leinen eingewickelt in großen mit Stroh gefüllten Kisten jenes Endprodukt lag. Gladii wurden hier gefertigt, wie an den Formen der Gussformen zu erkennen war. Auch befand sich unweit ein Wasserrad, welches einen mechanischen aber einfachen Schlaghammer betrieb, um die Schwerter aus den Formen zu lösen und bei Bedarf auszuformen. An diesem Wasserhammer standen zwei Schmiedegehilfen und lösten bereits einige Schwertrohlinge aus den Gussformen aus Lehm, welche dabei zerbrachen und als Tonscherben auf den Boden fielen. Am Ende des Raumes, zur Straße hin, saßen weibliche Sklaven, die aus frischem Lehm und Ton mit einer Art Stempel neue Gussformen formten und diese auf einem Handkarren bereitstellten, der sobald er gefüllt war, von anderen Sklaven zum Schmelzbereich gerollt wurde. Dort würde bald Cadanus als Schmiedemeister das Zeichen geben, dass man den Ofen anstechen konnte und würde in die Formen, sofern sie in Reihe bereitstanden, einen Guss versuchen. Cadanus wischte sich den Schweiß von der Stirn und warf den alten Lappen hinter sich. "Achtung," sagte er und zog den Mundschutz aus schwerem doppelt genähten Leinen wieder vor seinen Mund, um die schädlichen Dämpfe nicht direkt einzuatmen. Auch trug er bereits schwere Handschuhe aus Leder, welche er mit einer Bewegung in einem Eimer mit Wasser hinabtauchte und somit nasse Handschuhe trug. Seine Sklaven trugen einen ähnlichen Atemschutz und auch Handschuhe, die längst befeuchtet waren. Man war eingespielt und man wusste auch ohne Worte, was zu tun war.

  • Nachdem Maxentius die Außenbezirke von Ostia erreicht hatte, suchte er umgehend die Fabricae auf. Sein Blick schweifte über das Gelände, dies war es also. Jene Fabricae sollte er im Namen seiner Familie verwalten. Seine erste große Aufgabe, er durfte nicht scheitern. Ein Laie sah hier lediglich eine Waffenschmiede, aber Maxentius sah hier wesentlich mehr. Er sah hier die erste Etappe seines sozialen Aufstiegs, eine Zitrone die gepresst werden konnte, um Geld für seinen zukünftigen Wahlkampf anzuhäufen. Er musste die ganze Sache äußerst clever angehen, wenn er hier erfolgreich sein wollte. Als erstes musste er diesen Cadanus auf suchen, dieser Mann war ein begnadeter Schmied. Es war unausweichlich sich mit ihm gut zu stellen, Maxentius brauchte sein Wissen und seine Handwerkskunst. Also ging er hinein, gefolgt von zwei Sklaven, um diesen Barbaren zu finden.


    Die Hitze war von draußen bereits gut wahrnehmbar, aber in den Räumen war es fast unerträglich. Vorsorglich hatte der neue Leiter nicht seine besten Kleider angezogen. Dies hatte zwei simple Gründe, zum einen wollte er sie sich nicht ruinieren, zum anderen wollte er Volksnah wirken, um der Arbeiterschaft kein unnötiges Feindbild zu präsentieren. „Wo ist der, den sie Cadanus nennen?“ Einer der Arbeiter verneigte sich leicht und zeigte auf einen Mann, der sehr beschäftigt wirkte. Ohne Umschweif ging der junge Adlige auf ihn zu, dem allen Lappen elegant ausweichend, der nun das Gesicht seines hinterher laufenden Sklaven traf. „Salve, ich bin Tiberius Maxentius, ich leite diese Fabricae nun im Namen meiner Familie. Du bist Cadanus? Ich habe einiges mit dir zu besprechen, nimm dir bitte die Zeit.“ Er deutete auf einen kleinen Tisch, welcher von zwei Stühlen gesäumt war. Seine alte Verletzung begann sich nun wieder bemerkbar zu machen. Ein stechender Schmerz durchfuhr sein Knie, welchen Maxentius äußerlich ignorierte. Aber er musste sich setzten, er durfte nicht stehen bleiben. Keine schwäche zeigen.

  • Das Feuer sang für Cadanus. Das geschmolzene Metall hatte seinen eigenen Ton und das knisterende Rauschen aus dem glühenden Ofen beruhigte die Seele des Schmiedemeisters. Im Gegensatz zu Menschen verriet ihn das Feuer nie. Es war ehrlich. Anders als Menschen hatte ihn sein Ofen nie hintergangen. Feuer konnte dich verletzten, doch verbarg es seine Macht niemals. Es zeigte stets, was er war und Cadanus hatte gelernt mit diesem Feuer umzugehen, um daraus wunderbare Gegenstände zu formen. Eigentlich wollte er Schmuck fertigen und Werkzeuge. Doch die Not und Geldsorgen hatten ihn dazu verdammt, Waffen für die Legionen zu fertigen. Er mochte es nicht, denn anders als ein Ackerwerkzeug, waren Schwerter allein für eine Tätigkeit geschaffen. Durch sein geübtes Handwerk trug er zur militärischen Macht bei und auch seine Hände hatten somit mittelbar Blut an sich. Bevor er seinen Arbeitern und Sklaven den Befehl geben konnte, dass man den Ofen anstach, trat der Besitzer der Schmieden auf. Cadanus sichtbar ungehalten über dessen Erscheinen, wollte ihn erst ignorieren aber besann sich dann eines Besseren, da er auf dessen Unterhalt angewiesen war. "Haltet das Feuer und schmeißt noch Kohle hinein," brummte seine tiefe Stimme, während er sich vom Ofen entfernte. Das Tuch vor seinen Mund, ließ einige Worte unverständlich wirken aber seine Gehilfen verstanden. Der Waffenschmied entfernte sich mehrere Schritte, um Maxentius entgegen zu gehen. Dieser deutete bereits auf einen kleinen Tisch. Cadanus setzt sich und zog den Mundschutz herunter, so dass er gleichsam husten musste. Denn nun kam er wieder mit der Arbeitsluft dieses Ortes in volle Berührung. Wie lange würde seine Lunge noch diese Belastungen aushalten? Cadanus zog die Handschuhe aus, um sie auf den Tisch zu legen. Sein Gesicht war von Ruß und Kohleresten geziert, die schwarze Streifen erzeugten und auch seine Lederschürze, die er über seine schweren Arbeitstunika trug, war beschmutzt mit großen Flecken vom Funkenflug. "Was gibt es?" - donnerte Cadanus, der nicht für seinen Umgang bekannt war. Zuweilen verachtete er Menschen. Denn sie logen und betrogen. Sie waren niederträchtig und oft am eigenen Wohl interessiert. Menschen machten Probleme. Sein Schmelzofen nicht.

  • Maxentius versuchte sein Gegenüber zu studieren, könnte er Probleme machen? Könnte er sich als nützlicher Verbündeter erweisen? All dies blieb abzuwarten. „Deine Zeit ist kostbar, darum will ich es kurz machen. Der letzte Verwalter hat dieses Unternehmen meiner Familie fast in den Abgrund befördert.“ Um seine Aussage symbolisch zu untermauern, legte er jene Firmenpapiere auf den Tisch, die er die letzten Tage so eingehend studiert hatte. Sein Bruder, der große Kriegsheld, tat gut daran die Fabricae Tiberiae in seine Hände zu legen. „Die Kosten übersteigen die Einnahmen, wichtige Lizenzen sind ausgelaufen und konnten nicht erneuert werden, weil die Bestechungsgeschenke an die jeweiligen Beamten unterschlagen wurden und es mangelt uns an Privataufträgen. Wir haben ein herausragendes Produkt, aber keine Abnehmer.“ Sein Blick wanderte über die ganzen Werkzeuge, von denen Maxentius nicht die geringste Ahnung hatte. „Ich habe vor im kaiserlichen Palast vorzusprechen, ich möchten unser Produkt direkt an oberster Stelle vorführen.“ Sicherlich, dies war ein mehr als gewagtes Spiel, aber man musste Risiken eingehen um erfolgreich zu sein. „Und da kommst du ins Spiel. Ich brauch dein bestes Gladius und Spatha welches du je geschmiedet hast. Und dein Fachwissen. Du wirst mich nämlich in den Palast begleiten. Natürlich nicht so.“ Maxentius deutete auf die Arbeitskleidung seines Schmiedemeisters. „Wir werden dich Vorzeigbar machen, so gut es eben geht...“ bei diesem Gesicht... Hübsch war sein Gegenüber wahrlich nicht, aber dies musste er auch nicht. Sein Talent lag in seinen Händen. „Außerdem habe ich einen potenziellen Auftrag von einer Gladiatorenschule, welche Schwerter griechischer Art bevorzugen, für die Darstellung historischer Schlachten. Ich würde es bevorzugen, wenn man unsere Produkte für Gladiatoren nicht mit diesen Unternehmen in Verbindung brächte. Es würde einen falschen Eindruck hinterlassen. Bei den Privataufträgen bin ich bereits dich mit 20% am Gewinn zu beteiligen, ich weiß das ist sehr großzügig, aber ich verlange beste Qualität.“ Und sein schweigen... ob sein Gegenüber den Wink verstanden hatte? Er wirkte nicht einfältig.

  • Buchhaltung. Es scheiterte, wie so oft, an den Büchern. Gut, Cadanus war kein guter Buchhalter aber ein Geschäftsmann und konnte sagen, dass der Absatz nicht mehr in Relation mit der Produktion stand. In erster Linie machte Cadanus gute Waffen. Er kannte sich aus und war in seiner Produktion niemals zurückgegangen. Es hätte ihm auch in der Seele weh getan, wenn er es hätte müssen. Doch musste er sich eingestehen, dass der bisherige Verwalter, sichtbar schlecht agiert hatte und die Lager leider zu sehr mit fertigen Produkten gefüllt waren und nicht verkauft wurden. "Schlecht," antwortete Cadanus somit erst einmal und teilte offen seine Emotion zur Sache mit. "Das ist mir auch schon aufgefallen. Unsere Lager sind fertigen Gladii gefüllt aber sie leeren sich nicht mehr," erklärte er etwas einfach aber wollte damit ausdrücken, dass er die Not sicherlich verstanden hatte. Die Schwerter vorführen und vorstellen? Eine gewagte Idee. Auch wenn Cadanus nicht ganz verstand, warum man Schwerter zeigen musste. Ihre Funktion war klar. Natürlich konnte man Qualität präsentieren aber er ging nicht davon aus, dass der Kaiser ein geübter Schmied war und somit schlechten Stahl von gutem Stahl unterscheiden konnte. "Ich sehe nicht ganz den Sinn...," meinte der Schmiedemeister trocken und brummte einmal durch beide Nasenöffnungen. "Aber gut," sagte er dann doch und nickte Maxentius zu. "Ich stelle dir Meisterwerke her. Es wird nur etwas Zeit brauchen. Das übliche Verfahren kann ich dafür nicht nutzen. Ich muss es auf alte Lehrweisheit schmieden," erklärte er und deutete dann zum Ofen. "Das Eisen dort ist dafür nicht gut genug. Ich werde gutes Erz erwerben müssen," versuchte er seinem neuen Vorgesetzten die Sache zu vermitteln. "Ohne gutes Eisen kann ich keinen guten Stahl herstellen," meinte er und lächelte salzig. Ein ungezwungenes aber störrisches Lächeln eines Mann, der wenig Kontakt außerhalb seiner Schmiede hatte. "Und auch die Kleidung für diesen Auftritt kann ich besorgen," antwortete er noch, da er nicht wollte, dass Maxentius sich weiter in seine Arbeit einmischte. Er machte seine Arbeit und die machte er gut. Wenn er hierzu neue Köstumierung benötigte, um vor dem Kaiser gut auszusehen, dann war es eben so. "Ich kann griechische Waffen herstellen und sie nicht mit unserem Zeichen markieren, keine Sorge. Ich bin einverstanden," grummelte Cadanus dann und blickte genervt zum Schmelzofen, aus dem brennende Funken schlugen. Bald würde der Ofen wieder seine volle Aufmerksamkeit gebrauchen. Maxentius störte hier ein wenig, da er die Abläufe unterband. Cadanus musste jeden einzelnen Schritt überwachen, damit seine Sklaven und Gehilfen keine Fehler machten, die die ganze Arbeit gefährdeten oder ihre Leben.

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