Grundausbildung - An die Ruder

  • Am Morgen, gleich nach dem Morgenappell, hatte Celeusta Blesamius einen Teil seiner Einheit zu den Schiffen geführt, um sich dort mit Abordnungen anderer Einheiten zu treffen. Gemeinsam bestiegen sie eines der Schiffe, um sich im Rudern zu üben. "Hegetor! Her zu mir. Hier ist dein Platz" Mit einem Wink wies er dem Neuen in ihrer Gruppe seinen Platz zu. Dann deutete er auf den langen Riemen, der quer im Schiff lag. "Wie du siehst, sind die Riemen eingezogen und nicht im Wasser. Die Riemen auszulegen und wieder einzuholen ist ein gängiges Manöver, dass du im Schlaf beherrschen musst. Wir brauchen es beim Ablegen beziehungsweise beim Anlegen, aber auch im Gefecht und bei anderen Gelegenheiten. Du musst es schnell und präzise ausführen können. Aber erst einmal machen wir es langsam. Nimm den Riemen und schieb ihn zur Seite raus. Keine Angst wenn er dir wegrutscht - er ist aus Holz und schimmt. Siehst du da unten den Pflock in der Aussparung der Bordwand? Hier oben am Riemen ist ein Brettchen mit einem Loch. Das Loch muss über den Pflock. Klar soweit? Dann los!"

  • Inzwischen hatten wir den Hafen erreicht, wo schon einige andere “Marinierte” emsig zu Gange waren. Blesamius bestieg als Erster, das von ihm anvisierte Schiff, während ich unten wartete. Plötzlich wurde ich heran zitiert. Hier!, rief ich militärisch zackig und eilte auf das Schiff zu Blesamius. Geduldig erklärte mir dieser, was zu tun war. In der Theorie war die Handhabung der Riemen ein Kinderspiel. Nicht umsonst hatte ich häufig den Patrouillenbooten auf dem Rhenus zugesehen, wenn sie Ihre Ruder nutzten. Selber machen stand aber auf einem ganz anderen Papier. Zwar musste das Fischerboot auch hier und da von mir gerudert werden, insgesamt aber, waren in erster Linie die Segel richtig zu setzen. Obendrein war die Ruderlänge in keinster Weise mit den Monstern vergleichbar, die es hier zu bedienen galt. Und so tat ich mein Bestes, um den Anweisungen folge leisten zu können. Mit einem:Jawohl Celeusta! , machte ich mich an den Auftrag. Mit beiden Armen hob ich das schwere Ding, und achtete dabei peinlichst darauf, dass ich ja in der Mitte blieb, um nicht unnötig das Gleichgewicht zu verlieren. Vorsicht schritt ich zu meinem Platz. Nachdem ich mich auf den mir zugewiesenen Ruderplatz unfallfrei setzen konnte, war die halbe Miete geschafft. “Jetzt nur ruhig bleiben!”, dachte ich mir. Geduldig schob ich das schwere Holz in die Aussparung bis es laut: Klick!machte.
    Auftrag ausgeführt! , rief ich stolz dem Celeusta zu.

  • Mit strengem Blick beobachtete der Celeusta, wie sich der neue Rekrut anstellte. Man merkte zumindest, dass er nicht zum ersten Mal auf einem Schiff war. "Hervorragend! Jetzt das Ganze wieder zurück und ohne aufzustehen. Einfach auf dem Platz sitzenbleiben, Riemen aus dem Dollpflock heben und einziehen. Und aufpassen, dass du den Kameraden hier nebenan dabei nicht vom Sitz haust." Er deutete auf den Mann, der an der anderen Bordwand saß und den dortigen Riemen bedienen würde, wenn sie schon unterwegs wären.

  • Bei den Göttern war das anstrengend! Wieder und wieder versuchte ich den Riemen aus dem Pflock zu heben und dabei auf die Befehle des Celeusta zu achten. So recht gelingen wollte es mir aber nicht. So sehr ich mich auch anstrengte den Arm zu strecken, um einen zweiten Auflagepunkt beim herausheben zu erhalten, wollte mir das Ganze einfach nicht gelingen. Es musste einen Trick geben. Ich schaute mich daher Hilfe suchend um. Wie machten das bloß die anderen Ruderjungs. Vorne rechts konnte ich dann plötzlich einen Kameraden sehen, der gerade die gesuchte Bewegung durchführte. Ach so!rief ich erleichtert. Hätte man auch selbst drauf kommen können!. Man musste natürlich nicht das ganze Ruder anheben. Ich musste nur den Winkel vergrößern und schon sprang das Ruder aus dem Pflock. Auch andersherum konnte man so das Tempo deutlich erhöhen, wobei man zeitgleich viel Kraft sparte. Richtig so Celeusta?, wollte ich daher wissen, und mich damit rückversichern, dass diese Herangehensweisen die richtige war.

  • "Hervorragend! Ein Naturtalent!" Der Celeusta schien mit dem Ergebnis der ersten Übung zufrieden zu sein. Dann ging er die wichtigsten Ruderbefehle durch, die der Rekrut gleich brauchen würde. Das wichtigste schien ihm das Einhalten des Rudertaktes zu sein, den er zu Beginn anzählen würde. Auf jede Zahl musste der Riemen durchs Wasser gezogen werden und in jeder Pause wieder oberhalb des Wassers in die entgegengesetzte Richtung gebracht werden. Bei seinen Ausführungen sprach er etwas lauter, so dass auch alle anderen ihn hören konnten. Schließlich lernte man am besten durch beständige Übung und daher konnte eine Wiederholung für alle anderen auch nicht schaden.


    Dann ging er nach hinten (also in Blickrichtung der Ruderer nach vorne) und machte Meldung ans Oberdeck, dass die Ruderer bereit zum Ablegen sind. Kurze Zeit später kam von oben die Bestätigung, dass es los gehen könne. "Klar machen zum Ablegen! Steuerbord Riemen aus zum Abstoßen von der Kaimauer!" Routiniert und behutsam schoben die betroffenen Soldaten ihre Riemen nach außen, um das Schiff mit einem kräftigen Druck ein Stück von der Kaimauer weg zu bewegen. "Alle Mann Riemen bei! Rudert an auf mein Kommando! Unus! Duo! Unus! Duo!"

  • Inzwischen kam ich mit meinem Riemen einigermaßen klar, und versuchte nun den gemeinschaftlichen Befehlen des Celeusta Folge zu leisten. Das war leichter gesagt als getan. Die anderen Mannen bildeten bereits eine eingespielte Einheit, in die ich mich erst einmal einfügen musste. Vom Abstoss Manöver hielt ich mich zunächst fern. Weder wollte ich das Ruder zerbrechen, noch die anderen behindern. Ich konzentrierte mich ganz auf das Hinunterzählen des Celeusta um direkt in den Takt zu finden. Ich wusste, klappt das nicht, würde ich die anderen Ruder behindern und das Schiff würde nicht geradeaus fahren können.

  • Der Celeusta beobachtete seinen neuesten Schützling genauer als die anderen, hatte aber offenbar keinen Grund zum Einschreiten. Der Neue stellte sich nicht allzu dumm an und kam offenbar ganz gut mit dem Takt zurecht.


    Es ging hinaus aus dem Hafenbecken und dann ein wenig abseits der Route, die andere Schiffe nahmen, um ungestört Manöver fahren zu können. Der Celeusta kam wieder zu dem neuen Rekruten. "Wir machen gleich eine Wende auf der Stelle. Dazu müssen wir erst runterbremsen mit dem Kommando 'Riemen halt'. Dabei tauchst du den Riemen vorsichtig ins Wasser und hälst kräftig gegen. Wenn der Druck zu stark wird, einfach den Riemen etwas aus dem Wasser heben. Wenn wir langsam genug sind, rudert die eine Seite auf Kommando wieder normal los und die andere streicht auf jeden zweiten Schlag. Streichen heißt rudern in die Gegenrichtung. Ist schwieriger, daher nur auf jeden zweiten Schlag. Schau es dir von den Kameraden ab, wenn es soweit ist." Der Celeusta wartete diesmal keine Rückfragen ab, sondern ging gleich wieder auf seinen Posten.


    Wenig später kamen die erwarteten Kommandos. "Klar machen zur Wende! Alle Mann Riemen halt!" Als das Schiff genug Fahrt verloren hatte, ging es weiter. "Steuerbord rudert an, Backbord streicht auf duo! Unus! Duo! Unus! Duo!"

  • „Kaum hier und schon gefühlt im Gefecht“, dachte ich mir. Jedenfalls konnte man kaum von etwas anderem ausgehen, wenn man dieses Ausbildungstempo mitbekam. Es half aber nichts. Jammern schon gar nicht. Wir waren nun schon einige Zeit unterwegs, und ich merkte, wie die innere Erschöpfung zunahm. Da erfolgte das Kommando, „Riemen halt“. Mit voller Kraft, warf ich mich in den Riemen, um ihn zu halten. Ich wollte unbedingt beweisen, dass ich nicht nachgeben würde. Die Naturgewalt war aber mächtiger. Mit Schmerz verzerrtem Gesicht, hob ich den Riemen ab und zu aus dem Wasser, um dem Druck etwas nachgeben zu können. Da gab es auch schon das nächste Kommando. Auf „Duo“ zog ich den Riemen an. Wieder, wieder und wieder. Inzwischen schrie jeder noch so kleine Muskel meines Körpers nach Aufgabe. Ich biss aber weiter.

  • Das Manöver schien wie gewünscht zu verlaufen und der Celeusta hatte keinen Grund, einzuschreiten. Dann stimmte er sich wieder mit dem Offizier auf dem Oberdeck ab, was als nächstes zu tun sei, bevor er sich wieder an die Mannschaft an den Riemen wandte. "Gut gemacht. Kurze Pause, geht gleich weiter." Die meisten Nautae stützten sich lässig auf die Enden der Riemen, um ein wenig zu entspannen, andere reichten Wasserbehälter weiter, damit jeder einen Schluck trinken konnte. Der Celeuste ging wieder zu dem neuen Rekruten. "Alles klar bei dir?"

  • „Den Göttern sei Dank!“, dachte ich bei mir. Eine kleine Pause. Völlig erschöpft legte ich die Arme über das Ruder und ließ den Kopf zwischen ihnen durchhängen. Der Schweiß lief mir rinnsalig das Gesicht hinunter. Im Hintergrund hörte die Fragen der Kameraden: Wasser? Braucht jemand Wasser? Woraufhin ich erschöpft die Hand winkend hob, und ein schwaches aber deutliches Hier! von mir gab. Die Kameraden reagierten zügig. Sie wussten wohl, dass neue Kameraden hier Schwierigkeiten haben mussten. Nachdem mein Vordermann mir einen Wasserbecher anreichte, trank ich diesen gierig aus. Auch ein zweiter musste schnell her. Dankend reichte ich beide zurück, als auch schon der Celeusta zu mir kam. Danke Celeusta es geht schon! Werd mich wohl noch etwas dran gewöhnen müssen.Ließ ich ihn mit einem entschlossenen Nicken wissen.

  • "Ganz bestimmt. Die wenigsten kommen gleich am ersten Tag klar. Wir in den nächsten Tagen auch noch schlimmer werden, wenn die Blasen an den Händen kommen. Erst wenn die durch sind geht es besser." Der Celeusta grinste und es war nicht ganz klar, ob das nur aufmunternd gemeint war oder auch ein ganz klein wenig Freude dabei war, neue Rekruten leiden zu sehen. "Wenn wir gleich weiter machen und du irgendwann nicht mehr kannst, dann setz' lieber komplett aus, bevor du völlig neben dem Takt bist. Riemenende ganz runterdrücken und es dir unters Knie klemmen. Dann bist du den anderen nicht im Weg."

  • Mit der Ermüdung kam auch die Wut. Was gingen mir diese Worte des Celeusta auf die Nerven! Ich versuchte, meine Verärgerung zu verbergen und ihm trotzdem zu zuhören. Klar, es war nunmal die Grundausbildung. Das änderte aber nichts daran, dass ich eigentlich in eine völlig andere Abteilung wollte.
    Weil das rudern aber dazu gehörte, biss ich die Zähne zusammen. Es geht schon Celeusta. Werd mich schon dran gewöhnen. Was die Schwielen und Blasen angeht, so hatte ich davon schon genug. Bin also einigermassen kampferprobt. Entschlossen umschloss ich mein Ruder. Kann weitergehen Celeusta!

  • Der Celeusta grinste weiter und gab dem Rekruten einen Klapps auf die Schulter. "Das ist die richtige Einstellung! So wirst du es zu etwas bringen in der Classis!" Damit ging er wieder auf seinen Posten, plauderte ein wenig mit den Schlagmännern und wartete auf Anweisungen vom Oberdeck.


    Nach einer Weile kamen von dort neue Anweisungen und der Celeusta wechselte wieder auf den Kommandoton. "Alle Mann Riemen bei! Es geht zurück zum Anleger und das bitte zügig, wenn ich bitten darf! Rudert an auf mein Kommando! Unus! Duo! Unus! Duo!"


    Das Schiff nahm zwar keineswegs den direkten Weg, weil der Rudergänger noch ein paar Schlenker einlegte, aber der Kapitän schien gewillt zu sein, die Männer an den Riemen ordentlich Dampf machen zu lassen. Also wurde in ordentlichem Tempo und vor allem ohne Pause gerudert, bis das Schiff endlich in den Hafen einfuhr und seinen Liegeplatz ansteuerte, wofür eine erneute Wende nötig wurde. "Klar machen zur Wende! Alle Mann Riemen halt!" Als das Schiff genug Fahrt verloren hatte, ging es weiter. "Steuerbord rudert an, Backbord streicht auf duo! Unus! Duo! Unus! Duo!" Diesmal ging die Drehung allerdings nicht ganz so weit, sondern das Schiff musste ja noch Schwung holen, um die Kaimauer zu erreichen. "Backbord Riemen bei! Backbord rudert an im Takt. Unus! Duo! Unus! Duo! Alle Mann Riemen bei! Steuerbord Riemen ein!"

  • Die Aufmunterung des Celeusta tat gut, konnte aber die völlige Erschöpfung nicht lindern. Kaum gesagt ging es weiter. Nach einem schier endlos wirkenden „Unus! Duo!“ erreichten wir den Hafen. Ich funktioniere nur noch im Unterbewusstsein. Noch ein letztes Mal warf ich mich in den Riemen als das Kommando „Streicht!“ ertönte. Also wird endlich die Kaimauer erreicht hatten und ich wieder etwas Luft bekam, wusste ich, was der Celeusta gemeint hatte. Es hatten sich Sesterz große blutige Blasen an den Innenseiten beider Hände gebildet. Noch hatte ich zu viel Adrenalin in mir, um den Schmerz wirklich wahrnehmen zu können. Mir war aber klar, dass das nicht lange auf sich warten lassen würde. In Gedanken war ich schon in der Stube und sah mich mit Pferdebalsam die wundähnlichen Blasen versorgen. Völlig erledigt wollte ich nur noch Eines... An Deck und runter von dem Kahn!

  • Das Anlegemanöver verlief störungsfrei und routiniert. Der Celeusta warf einen Blick in Richtung des neuen Rekruten und nickte anerkennend. Er hatte den ganzen Rückweg durchgehalten und mehr hatte er überhaupt nicht erwartet. Er war zufrieden und sich sicher, dass er mit ihm in der weiteren Grundausbildung am Riemen keine Probleme haben wird. Nach einem entsprechenden Kommando vom Oberdeck konnte er seine Männer dann auch entlassen. "Alles klar, das war's für heute. Backbord Riemen ein. Klar Schiff und am Kai sammeln."


    Nachdem die Männer alle Arbeiten verrichtet hatten, die notwendig waren um das Schiff im Jafen zurückzulassen, führte einer der Unteroffiziere sie zurück ins Lager.

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