Cubiculum | Flavia Domitilla

  • Die Feierlichkeiten hatten sich schier endlos hingezogen (was nicht zuletzt am Flamen Dialis lag). Auf dem Zug zur Villa Tiberia sind die Beine von Lepidus schon überaus müde geworden, doch damit war ja noch lange nicht alles geregelt. Auch hier hatten sie noch alle möglichen Bräuche zu vollziehen, bevor Flavia und Lepidus das erste Mal ungestört waren. Unter Gesängen wurden sie in das Cubiculum geführt, welches einst von der letzten Frau von Manius Tiberius Durus mit Namen Aurelia Flora bewohnt wurde. Nichts erinnerte mehr an diese Frau, welche er nie kennengelernt hatte. Stattdessen war hier nun das Brautbett aufgestellt und zukünftig würde es Domitilla als Schlafgemach dienen. Von einem gemeinsamen Gemach hielt der Tiberier indes nichts, wie sie später noch feststellen sollte.


    Nachdem die Tür endlich geschlossen war, herrschte zwar immer noch keine Stille (denn die Gäste feierten ja noch im Rest der Villa weiter), aber es hatte zumindest einen Hauch von Ungestörtheit. "Nun, eine recht kräftezehrende Hochzeit, nicht wahr?", brachte er etwas gezwungen hervor. Gleich würde er wohl diesen komisch geknoteten Gürtel an ihr lösen müssen.

  • Der Rest der Feierlichkeiten war wie ein Film an Domitilla vorübergegangen. Im Grunde hatte sie auf ein baldiges Ende gehofft. Doch an das, was danach noch kommen sollte, fürchtete sie sich am meisten. Spätestens als der Brautzug ihr neues Heim erreicht hatte und man sie in ihr zukünftiges Gemach führte, wurde ich bewusst, dass es nun kein Zurück mehr gab. Bevor man die Tür zu ihrem Cubiculum schloss, hatte sie in all die Gesichter der Hochzeitsgäste geschaut, die ihr ihre erwartungsvollen Blicke zugeworfen hatten. Sie hatte nun zu funktionieren und ihre Pflicht zu erfüllen. Dabei war ihr Lepidus, trotz ihrer Treffen im Vorfeld der Hochzeit noch immer so fremd geblieben. Natürlich war der lange Tag auch an ihr nicht spurlos vorübergegangen war. Auch ihre Füße schmerzten und eigentlich war sie müde. Doch ihre Angespanntheit war ein gutes Aufputschmittel. Dazu kam noch, dass es äußerst bedrückend für sie war, mit ihm nun in einem Raum zu sein, wusste sie doch genau, was nun folgen sollte.
    Eine unangenehme Stille machte sich breit. Nur hin und wieder drangen einige dumpfe Geräusche und Stimmen der feiernden Gäste zu ihnen ins Zimmer hinein. Domitillas Herz pochte. Krampfhaft versuchte sie sich in Erinnerung zu bringen, was ihre Mutter ihr geraten hatte. Dazwischen drängten sich auch die Worte der Lupa, die sie vor längerer Zeit aufgesucht hatte. Sie sollte nicht wie ein Brett im Bett liegen und es einfach nur erdulden, wie ein Schaf, das zur Schlachtbank geführt wurde. Nein, die Lupa hatte ihr geraten, es zu genießen und sich einfach treiben zu lassen. Das war leichter gesagt, als getan. Zumal sie fürchtete, Lepidus könne einen falschen Eindruck von ihr gewinnen, wenn sie zu sehr genoss.
    Nun standen sie sich gegenüber. Er brachte ein paar ziemlich gezwungene Worte heraus. Sie grinste darauf nur verlegen. „Ja, sehr kräftezehrend,“ meinte sie verschmitzt und wartete darauf, dass er sich daran machte, den Wollgürtel, den ihre Mutter geknüpft hatte und der um ihre Tunica recta gebunden war, zu lösen.

  • Ihr grinsen deutete darauf hin, dass Falvia diese ganze Szenerie immerhin doch ganz gut überstanden hatte. Der Tiberier kam ihr daraufhin ein bisschen näher. Fast hätte man denken können, er würde sich bereits dem Gürtel zuwenden, doch der Tiberier griff erst einmal nur zu seinem Becher Wein, den er kurz nach dem hereinkommen auf dem kleinen Tischchen abgestellt hatte. Er nahm einen Schluck und begann dann erst einmal zu reden. "Aber all das war die Mühe absolut Wert!", knüpfte er an die Worte der geschundenen Kräfte an. "Allein die Kaiserfamilie auf unserer Hochzeit! Ich meine, wie unvorstellbar ist das denn? Nun, natürlich nicht unvorstellbar in dem Sinne, dass ich... ich meine natürlich wir.. das nicht verdient hätten. Nein, Nein, ganz im Gegenteil. Menschen wie wir von so hohem Stand verdienen es so geachtet zu werden, nicht wahr? Ich meine nur unvorstellbar im Vergleich zurzeit vor einigen Jahren. Ja, als dieser verfluchte Vescularier noch an der Macht war, als meine und deine Familie den schlechtesten Ruf hatten. Ja, welche Hochzeiten hätte man wohl damals feiern können? Ich sage dir, dies heute ist ein Triumph sondergleichen im Vergleich zu dem, was einmal war. Endlich bekomme ich ... ich meine natürlich wir... die Anerkennung, die wir verdienen!" Lepidus hatte geradezu ein Funkeln in den Augen. "Meinst du sie habe sich gut amüsiert? Ich meine natürlich der Augustus und seine Frau. Die Augusta hat ja sogar ziemlich lange mit meiner Schwester geschwafelt. Über was die wohl geredet haben? Ach, hoffentlich hat sie mir nicht wieder Ärger gemacht. Aber selbst sie kann nicht so einfältig sein, unplatzierte Worte auf meiner eigenen Hochzeit zu gebrauchen. Da stellt sie sich hin und wieder schonmal klug an." Und noch einen Schluck vom Wein. "Ach, wenn diese Plebejer mich heute sehen könnten, die damals dafür sorgten, dass ich als einfacher Aedituus arbeiten musste. Das würden sie kaum aushalten. Haha! Nagut, die haben eigentlich auch so schon genug ausgehalten" Und der Tiberier schwafelte als hätte er es sich vom Flamen Dialis persönlich abgeguckt. Man könnte glauben, dass dies aus Nervosität geschah, aber eigentlich fand sich Lepidus in diesem Augenblick einfach viel zu toll und wenn er dann noch ein bisschen Wein getrunken hatte, dann beweihräucherte er sich auch mal ganz gern - und das bedauerlicherweise nicht zu knapp, wo er das doch ohnehin schon ganz gerne im nüchternen Zustand tat. Das waren wohl die schlechten Seiten, welche Flavia erst noch an ihm kennenlernen musste, so wenig wie sie bisher überhaupt miteinander gesprochen hatten.

  • Domitilla schloss die Augen, als er ihr näher kam, da sie der festen Überzeugung war, ihr Gatte würde nun damit beginnen, Hand an sie zu legen. Dies geschah aus ihrer Furcht, der Anspannung und einer gehörigen Portion Schamgefühl heraus. Doch stattdessen schien er erst einen Schluck Wein zu brauchen. Oh ja Wein! Dummerweise hatte sie es versäumt, sich einen Becher mit in ihr Cubiculum zu nehmen. Nun fühlte sich ihr Mund so seltsam trocken an. Nun ja, es musste eben auch ohne Wein gehen! Aber auch mit Wein, schien es zumindest bei ihrem Gatten auf Anhieb nicht zu gehen, denn der redete er erst einmal weiter. Vorsichtig öffnete sie wieder die Augen und sah in dabei an, wie er nun zunächst über die Ereignisse des Tages und dann wenig später weit darüber hinaus zu referieren begann. Er hatte dabei dieses Funkeln in seinen Augen. Anfangs nickte sie ihm ja noch zustimmend zu. „Ja, einfach großartig, die kaiserliche Familie…!“, pflichtete sie ihm zustimmend bei, merkte aber bald, dass dies kein Gespräch werden sollte, sondern lediglich ein Monolog war. Auch den Part, als er über den Vescularier sprach und die schreckliche Zeit, da ihre Familien verfolgt wurden, hätte sie natürlich jederzeit unterschreiben können. Statt etwas dazu zu sagen nickte sie nun nur noch lächelnd und kam sich langsam etwas dumm vor.
    Wieder trank er einen Schluck Wein. Was hätte sie dafür gegeben, nun auch einen Schluck zu trinken? Ein Königreich für einen Becher Wein! Ja, Wein! Den konnte sie langsam aber sicher wirklich gebrauchen, wenn dieser Kerl nicht endlich die Klappe hielt und zu Potte kam! Tat er aber nicht! Stattdessen mokierte er sich über die Tatsache, dass man ihn seinerzeit nicht gleich als Pontifex ins Collegium aufgenommen hatte, sondern er als Aedituus anfangen musste. Tja, jeder fängt eben mal klein an, dachte sich Domitilla und seufzte leise. Natürlich hätte sie solches nie laut ausgesprochen. Als er dann immer noch weiter redete und redete und … ja richtig! – redete, wurde es ihr langsam zu bunt.
    „Lucius…“ Nun, da sie seine Ehefrau war und ihm wohl kaum näher stand als sonst irgendwer, mit Ausnahme seiner Schwester natürlich, fand sie es angebracht, ihn bei seinem Praenomen anzusprechen. „Sei endlich still und fang an!“ Es hatte sie viel Überwindung gekostet, das zu sagen. Ihr nächster Gedanke aber war dann plötzlich, ob es vielleicht sein Schamgefühl gewesen war, das diesen Redeschwall ausgelöst hatte. Er hatte doch nicht etwa Angst davor zu versagen oder gar andere schwerwiegendere Probleme…?!

  • Ein sanftes, durch den Wein geformtes, Lächeln spielte sich auf seine Lippen. "Nun, du bist wohl schon sehr ungeduldig" Wie sie sich wahrscheinlich schon seit Ewigkeiten Gedanken um diese eine Nacht machte, dachte sich Lepidus und konnte gegenüber der Belanglosigkeit mit der sich Frauen den lieben langen Tag so beschäftigten, nur staunen. Was für kostbare Lebenszeit durch jene Sorgen und Nöte nicht hinweggeflossen sein mag. "Alles zu seiner Zeit, meine liebe. Es gibt nicht den geringsten Anlass in großartige Sehnsucht und Erwartung zu verfallen", sprach er, während er gleichsam entgegengesetzt seiner Worte, ihren verknoteten Gürtel griff und ihn mit mechanischer Gleichgültigkeit langsam löste. Anschließend flüsterte er ihr ins Ohr: "Denn glaube mir, keiner von uns beiden wird das hier sonderlich genießen". Der Tiberier lachte kurz etwas schauderhaft. Irgendwie hatte er seinen Spaß daran, seiner Frau ein bisschen Angst einzujagen, aber für ihn war dies hier in der Tat nur eine Pflichtaufgabe, das sollte sie noch früh genug lernen. Daraus sollten einmal Kinder entstehen, Kinder, welche die Linie der Tiberia weiterführen würden. Ansonsten empfand er das alles mehr lästig als in irgendeiner Weise anregend. Hatte er zuvor noch in einem leicht angetrunkenen Ton gesprochen, immer mit diesem heimtückischen Schmunzeln auf den Lippen, so wurde seine Stimme nun fühlbar grober: "Zieh den Rest aus und leg dich gerade auf den Rücken" Unterdessen entledigte er sich seines eigenen Gewandes.

  • Der Tiberier entgegnete ihr ein sanftes Lächeln. Nun ja, ungeduldig war wohl nicht die richtige Umschreibung, für das, was sie fühlte und dachte. Sie wollte nur diesen Teil der Hochzeit endlich hinter sich wissen. Letztendlich wartete dort draußen vor ihrer Tür die Meute, die danach gierte, zu erfahren, ob die Ehe vollzogen worden war.
    Bevor sie jedoch etwas erwidern konnte, sprach er weiter und begann, sich an ihrem Gürtel zu schaffen zu machen. Seine Worte wollten nichts Gutes verheißen, doch sie verstand nicht recht, weshalb ihr Lächeln nur mäßig langsam aus ihrem Gesicht gewichen war. Wie mechanisch löste er dann den Knoten und flüsterte ihr etwas ins Ohr, was sie erschauern ließ. In seiner Stimme lag etwas Dämonisches und in seinem Lächeln etwas Widerwärtiges. Es schien, als bestätigten sich gerade ihr schlimmsten Befürchtungen. Statt eines fürsorglichen und liebenden Ehemanns, hatte sie ein Monstrum geheiratet.


    Den Wollgürtel hatte er achtlos zur Seite geworfen. Dies hier hatte nicht mit dem zu tun, was sie erhofft, ja erwartet hatte. Kein bisschen Zärtlichkeit kein Funken Zuneigung. Für ihn war dies nur ein Punkt auf der Tagesordnung, der möglichst schnell abgehakt werden musste. So forderte er sie schließlich auf, sich selbst zu entkleiden, während er bereits begann, sein Gewand abzulegen. Bei der Falvia allerdings war dies um einiges schwieriger, zumal sie sich für gewöhnlich nie selbst entkleidete. „Aber das kann ich nicht!“, begann sie vorsichtig aufzubegehren. „Du wirst mir wohl helfen müssen!“, meinte sie schließlich, während sie sich unbeholfen mit dem Kleid abmühte.

  • Über eines konnte sich Lepidus in der Tat sicher sein. Diese Frau würde ihm noch genug Unterhaltung bescheren. "Ich glaube ich habe meine Arbeit bereits getan", so konnte er unter Verweis auf die Loslösung des Knotens locker behaupten. Anschließend setzte er sich auf das Ehebett und beobachtete genüsslich das Schauspiel. Gern hätte er einen sklavischen Bediensteten gebeten ihr zu helfen, doch die Tradition verlangt nun einmal, dass sie beide hier allein waren. In der Zukunft konnte dies natürlich anders aussehen. "Versuchs mal, ausziehen ist deutlich einfacher als anziehen - von besonderer Ästhetik kannst du immerhin absehen" Was für eine Szene! "Mir kam noch keine Geschichte eines Menschen zu Ohren, welcher - einmal nett angekleidet - nie wieder aus seinen Sachen fand" Aber der Tiberier konnte natürlich schon helfen, nur vielleicht nicht so, wie es Flavia erwarten würde. "Ich reiß dir dein Kleid auch gern einfach vom Leib. Mit Ende des heutigen Tages ist es ohnehin zu nichts mehr nutze" Damit würde der Tiberier natürlich seine Schwierigkeiten haben, denn diese Stoffe konnte schon sehr fest sein und er selbst war nun nicht gerade ein kräftiger Soldat. Aber als amüsante Drohung taugte es allemal, vor allem weil diese Frauen ja irgendeinen emotionalen Wert mit ihrer Kleidung verbanden, wobei Lepidus in der Tat nicht wusste, ob Flavia ihr Kleid sogar selbst gewebt hatte.

  • Das konnte doch nicht wahr sein! Sie musste sich doch eben wohl verhört haben! Domitilla bedachte den Tiberier mit funkelnden Augen. Noch hielt sie sich zurück, doch aus ihrer Scham erwuchs langsam Wut. Er saß da, bereits entblößt, auf dem Bett, welchen von nun an ihres sein sollte und sagte allen Ernstes, dass er glaube, seine Arbeit bereits getan zu haben.
    Als dann noch einige unnütze Ratschläge folgten und sie sich langsam verhöhnt vorkam, begann es in ihr zu brodeln. Nichts hasste sie mehr, wenn sich jemand auf ihre Kosten lustig machte. Und auch wenn dies ihr frischgebackener Ehemann war, hatte er nicht das Recht, sie so zu behandeln. Nein, so hatte sie sich ihre Hochzeitsnacht wirklich nicht vorgestellt. Und auch der elende Mistkerl, der ihr Mann sein sollte, hatte sich binnen kürzester Zeit als Schlange erwiesen. Je mehr ihre Wut wuchs, umso verzweifelter versuchte sie, sich aus dem Kleid zu winden. Noch hatte sie das Kleid ja schonen wollen. Doch anscheinend würde es diese Nacht nicht überstehen. Genauso wie ihre Hoffnungen auf ein harmonisches Eheleben. „Na schön, dann reiß es mir eben vom Leib, du Grobian! Wenn du unbedingt einen Erben willst, dann hilft du mir jetzt, verdammt!“, schrie sie wütend.

  • Der Tiberier stand in der Tat auf und machte Anstalten ihr zu helfen. Bevor er jedoch irgendetwas tat, streifte er ihr Ohr und flüsterte leise: "Sieh an, du scheinst es auf einmal gar nicht mehr so eilig zu haben." Die Tatsache, dass sie nun erst wirklich wütend wurde, amüsierte den Tiberier umso mehr. Manchmal führt der Weg zur Einsicht über das Gefühl des Zorns. Er konnte ja gar nicht ahnen, dass diese Patrizierin doch so verweichlicht war. Was hatte sie denn erwartet? Zärtlichkeit? Liebe? Zum Totlachen. Er ließ davon ab, seine Schwäche im Zerreißen von Kleidern zu demonstrieren. Außerdem hätte sie das sonst vielleicht noch für "Leidenschaft" gehalten. Nein, das sollten wir doch lieber schon im Keim ersticken. Er griff sich einen Teil ihrer Palla und begann damit sie ihr abzustreifen. "Schau, ich helfe dir sogar. Was für ein netter Kerl ich doch bin, nicht wahr?"

  • Endlich bequemte sich der Herr, um ihr zu helfen. Offenbar halfen bei diesem Holzkopf nur Drohungen! Doch bevor er sie auch nur anrührte, flüsterte er ihr die nächste Verhöhnung ins Ohr. „Oh, ich wünschte, ich hätte es bereits hinter mir! Auf dass ich deine Gegenwart so schnell nicht wieder ertragen muss!“, zischte sie ihm zu. Dann endlich begann er ihr zu helfen. Allerdings nicht ohne sie auch noch einmal darauf hinzuweisen, was für ein toller Kerl er doch war. Eigentlich hatte sie erwartet, er würde ihr das Kleid einfach in Stücke reißen, um sie noch mehr zu kränken. Dass er es nicht tat, wunderte sie nur. Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, dass er so seine Schwäche offenbart hätte. Sie fiel jedoch nicht auf diese anscheinend "nette" Geste herein. Domitilla hatte sich endgültig ihre Meinung über ihren Gatten gebildet.
    „Das wird sich noch zeigen, wie nett, du tatsächlich bist!“, giftete sie zurück. „Im Augenblick bist du nur widerwärtig!“


    Wenigstens gelang es ihr nun, sich langsam aus dem Stoff zu winden, bis sie dann auch gänzlich entblößt vor ihm stand. Aus Scham verschränkte sie zunächst ihre Arme vor den Brüsten, was im Grunde eigentlich völlig zwecklos war. Eigentlich hatte sie nichts zu verbergen, denn der Tiberier hatte eine wohlgestaltete junge Frau geheiratet, deren Haut zart war und die Farbe von Alabaster hatte.
    Schließlich legte sie sich auf das Bett, so wie er es verlangt hatte. Nun lag sie da, ganz verkrampft, wie das Schaf auf der Schlachtbank, darauf wartend dass dieses Scheusal sie nun befleckte. Noch schnell sandte sie ein stilles Stoßgebet an Iuno. Vielleicht nützte es ja etwas und die Göttin erhörte sie in ihrer Not. ‚Oh Iuno, große Göttin, bitte gewähre mir Fruchtbarkeit, auf dass ich schnell schwanger werde, damit ich diesen Widerling so schnell nicht wieder auf mir ertragen muss!‘

  • "Aber, aber, meine liebe", erwiderte er auf ihr giften und zischen. "Wir werden die Gegenwart des anderen ab heute noch sehr oft 'ertragen' müssen. Wir sind doch jetzt ein wundervolles und stolzes Ehepaar". Erfolgreiche Provokationen konnten in den Augen des Tiberiers manchmal mehr Befriedigung schaffen, als jede Art von sexuellem Akt. Widerwärtig nannte sie ihn also. Dabei hatte er sich doch überaus charmant gezeigt. In seinen Aufgen forderte er ja nicht sehr viel von ihr, nur dass sie nicht ganz so wehklagend war und gefälligst ruhig tat was er sagte. Also bitte, wenn das zu viel verlangt war, dann wusste er auch nicht. Er machte hier ja immerhin keine Szene und zögerte das Unvermeidliche so lange heraus. Diese Frau musste noch früh genug lernen, dass das hier nicht die Villa Flavia war.


    Als der Stoff endlich von ihrer Haut fiel, konnte die Sache nun auch endlich hinter sich gebracht werden. Nur kurz ließ der Tiberier einen Blick über ihren Körper schweifen. Viele Frauenkörper hatte er in seinem Leben ja in der Tat noch nicht gesehen. Trotz der Hautfarbe und der Tatsache, dass er keine widerwärtigen Muttermale entdecken konnte, zeigte er sich überaus unbeeindruckt. Es war lediglich zu registrieren, dass er hier kein kaputtes Modell gekauft... oder geheiratet hatte. Endlich legte sie sich genauso hin, wie er es ihr gesagt hatte. Wurde auch langsam Zeit! Diese ganzen Spielchen bezüglich ihrer Kleidung und ihre Launen nur weil sie keine leidenschaftliche Liebesnacht bekommen würde, waren völlig unnötig, auch wenn er durch ihre Gereiztheit noch ein bisschen boshafte Freude empfinden konnte. Nun lag sie da, flach auf dem Rücken, ohne große Pose. Tja, sie mochte sich vielleicht gewünscht haben, nicht wie ein Brett dazuliegen. Welch Ironie, dass sie aber genau das tun sollte. Der Tiberier musste ein bisschen nachhelfen, damit es bei ihm überhaupt losgehen konnte, aber dann war es schließlich so weit und nachdem er auch etwas umständlich den Eingang gefunden hatte, folgte auch schon die üblichen Bewegungen, anfangs langsam und irgendwann etwas schneller. Der Tiberier sah seine Frau dabei nicht ein einziges Mal an und starrte lieber auf das Ende des Bettes. Nach vielleicht nicht einmal fünf Minuten war alles vorbei, leider noch viel zu langsam, denn Lepidus musste dann doch noch ein bisschen seinen Kopf frei bekommen und nicht die ganze Zeit denken, dass er hier möglichst schnell fertig werden wollte. Mit einem boshaften Lächeln sah er seine Frau dann am Ende doch noch an, versuchte in ihren Augen die Enttäuschung zu lesen, die Zerstörung all ihrer wunderschönen Träume von liebsamer Zweisamkeit. Anschließend stieg er kühl und unsanft von ihr herunter, setze sich an den Bettrand und begann sich seine Tunika überzustreifen. Natürlich hatte er nicht vor, die ganze Nacht bei ihr zu liegen.

  • Im Anschluss an die confarreatische Hochzeit hatte sich Iuno zur großen Sommersonnenwende-Party des Bacchus begeben. Erlöst vom todlangweiligen Hochzeitsritual der patrizischen Eheschließung konnte sie dort nun endlich ein bisschen entspannen von ihren verantwortungsvollen Pflichten den Sterblichen gegenüber - und stattdessen ein Auge auf ihren Gemahl Iuppiter haben. Denn an einem fehlte es wohl auf keiner Feier des Bacchus: an Wein und einer daraus resultierend lockeren und ausgelassenen Stimmung.


    Doch zumindest bisher fand Iuno keinen Grund zur Klage über ihren gelegentlich auch außerehelich aktiven Göttergatten. Da flog der höchsten Göttin eine ihr heilige Krähe zu, setzte sich auf ihre linke Schulter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Iuno verzog keine Miene, doch war ihr wohl dennoch anzusehen, dass sie nicht ganz glücklich war darüber, ihren Iuppiter hier nun also allein lassen zu müssen. Doch es ließ sich kaum vermeiden. Denn nicht umsonst war sie die höchste Göttin des Olymp. Sie hatte wichtige und überaus verantwortungsvolle Pflichten! Und so schickte sie die Krähe nach ihrer Liste - DER Liste -, bevor sie sich selbst auf den Weg machte.


    Keinen Wimpernschlag später traf sie an der Villa Tiberia ein. Es reichte ein einziger Blick auf die arme Frau dort unten im Bett und sie wusste, dass Venus heute augenscheinlich noch nicht hier gewesen war. Aber im Grunde war das ja nicht ihre Baustelle, sodass sie sich also ihre Liste reichen ließ, suchte und anschließend auch fand. "Sieh an, sieh an.", murmelte sie. Die Hochzeitszeremonie der beiden Sterblichen war ermüdend gewesen. Allerdings hatte der Tiberius einst als Aedituus pflichtbewusst im Capitolium gedient. Eins zu eins. Weder er noch sie hatten einen der zahlreichen Tempel der Iuno besucht und dort ihrem Kinderwunsch noch einmal Nachdruck verliehen. Auf der anderen Seite sah die junge Flavia dort unten - selbst die höchste aller Göttinnen konnte leider keine Gedanken lesen und stumme Gebete daher auch nicht erhören - nicht sehr glücklich aus. Wollte sie als Göttin der Ehe die frische Bindung der beiden also stärken und weiter festigen, so wäre ein Kind hier nur sinnvoll. Zwei zu zwei. Iuno blieb also unentschieden und ließ eine Münze entscheiden...


    "Kopf.", verkündete sie hernach. "So soll die Sterbliche also in neun Monaten einen neuen Kopf auf diese Welt bringen. Und dieses neue, kleine Menschenwesen, es werde..." Eine Krähe setzte sich auf die rechte Schulter der Göttin und erinnerte sie an den Fluch, welcher auf dem verheirateten Paar lag. Iuno nickte zustimmend. "...ein Mädchen." Vielleicht half es dem Patrizier ja auch dabei, sich künftig etwas mehr und besser mit dem weiblichen Geschlecht auseinanderzusetzen. Von der Schwester verflucht und von der Ehefrau verachtet - das waren doch schließlich keine Zustände!

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