[Limes] Praesidio XXII

  • Es war eine lange Nacht gewesen. Regen hatte gegen die einfachen Steinhütten innerhalb der befestigten Wehranlage geschlagen. Moose waren aufgesprungen und wuchsen in sattem Grün in der Nähe des morastigen Bodens hinauf, so dass die Mauern mit einfachem Mörtel gehalten, nun eine unedle Bordüre erhielten. Die kleine Anlage umfasste zwei Wachtürme, die in den Limes eingelassen waren und eine quadratische Mauer, die zu ihrer Nordseite Teil des Limes war. Zur Mauer hinauf führten zwei Treppen, welche den Wehrgang, welcher nördlich gelegen war, begehbar machte. Die Zinnen waren groß, jedoch grausam abgesprengt und bereits zersplittert. Die Zeit hatten ihren Tribut von der Anlage gefordert, die mehr Zollstation, denn wirkliche Festung war. Die beiden Tore, eines gegen Süden und eines in den wilden Norden waren frisch gezimmert und mit schweren Bolzen beschwert. Zwei Balken verschlossen jeweils gegen Nacht die Tore und machten einen schnellen Sturm unmöglich, so denn die Angreifer kein schweres Gerät besaßen. Die restliche Mauer besaß keinen Wehrgang, da das Lager in Richtung Süden lag und man wohl von einem Angriff aus dem Norden ausgegangen war. Auch war die Besatzung zu klein, um alle Mauern bemannen zu können. Insofern fiel die Ästhetik der Wehranlage deutlich zu anderen römischen Bauten ab. Nur die beiden Wachtürme aus festem Stein errichtet wirkten trotzig und fest, während ihre Portale am Fuße der beiden Haupthütten, die jeweils einige Conternubia beherbergten, offen standen, damit man die Türme schnell besteigen konnte. Sie waren einige Fuß hoch, mit einem Ziegeldach geschützt und besaßen sogar einen geringen Komfort in ihren vier Etagen. Große, mit Holzläden verschließbare Fenster, erlaubten es weit zu blicken; über jene Schneise hinweig, die vor den Limes geschlagen war und auch zu anderen Türmen, die weniger umschlossen in die Grenze eingelassen waren. Ein Angreifer konnte bei Gefahr erkannt werden und mit Speeren und Lanzen am Eindringen gehindert werden. Bogenschützen fehlten wohl, da sich keine Köcher oder Körbe innerhalb der Türme fanden. Nur zwei große Feuertrichter, die mit einer Fackel schnell entfacht werden konnten. Es war die Fernkommunikation dieser Wachstation, neben den beiden Reitern, die im behelfsmäßigen Stall ihre Pferde untergebracht hatten. In der Mitte des befestigten Lagers befand sich ein Weg aus Kies, welcher die beiden Tore miteinander verband und jeweiligen aus dem wilden Germanien Einreisenden zeigte, welche Route sie zu nehmen hatten. Ein kreisrundes Vorratssilo mit einem schweren Schloss befand sich hinter den Haupthütten, die rechteckig den Weg flankierten. Lederwürfe verdeckten die Fenster, so dass kein Regen eindringen konnte. Der Lagerbrunnen lag unweit des Weges und war mit einer Holzplatte verdeckt, die mit einer Klappe zu öffnen war. Ja, dieses Lager hatte keinen großen Komfort und war sichtlich nicht für römische Bürger konzipiert worden aber es erfüllte seinen Zweck als Zoll- und Durchgangsmöglichkeit im Limes. Über diese kleine Station wurde gelegentlich Handel abgewickelt und die Zölle für das Imperium erhoben. In ruhigen Zeiten waren beide Tore geöffnet, Soldaten standen Wache und der Centurio oder ein entsprechender Stellvertreter erhob vor Ort die Zölle, indem er die Waren prüfte. Auch waren unter Umständen römische Bürger daran zu erinnern, dass sie nun das Licht Roms verließen oder gar aufzuhalten, da sich viele Kriminelle ins wilde Germanien absetzen wollten. Insofern hatten die Wachmannschaften im ein waches Auge auf Waffen oder verdächtige Gegenstände. Waffeneinfuhr oder auch Ausfuhr war nur unter strengen Auflagen möglich.


    Diese Wachstation und einige Türme der Region kommandierte der hier dienende Centurio Tiberius Verus mit Fleiß aber auch Abnutzung seiner Person. Die Sonne erhob sich im Morgengrauen, während der Centurio die Eckwohnung des länglichen Hüttengebäudes verließ, um mit seinen Caligae im Schlamm vor seiner Tür zu versinken. Er grummelte, während das rote Tuch seiner Tunika mit geringen Tropfen benetzt wurde, welche vom Dach der Hütte rannen. Mal wieder war der Abfluss des Daches verstopft. Es war ihm inzwischen schlicht egal, da er jede Woche Männer damit beauftragen konnte und diese sicherlich Besseres zutun hatten. Verus war nicht unzufrieden aber auch nicht glücklich über den damaligen Befehl die Bewachung eines Limes-Abschnittes zu übernehmen. Natürlich war diese Aufgabe mit gewisser Verantwortung verbunden aber im Nachgang und der zwei Winter, die er hier verbracht hatte, langte die Dienstzeit sicherlich aus. Der Militärgürtel mit dem linksgebunden Schwert und dem steckenden Rebstock als Zeichen seiner Disziplinargewalt trat er ins morgendliche Lager, wo ihn bereits zwei Legionäre mit einem Nicken und dem Wort "Centurio" begrüßten, während er seine übliche Runde drehte, um die Tore und Türen des Lagers zu kontrollieren. Der Schlamm unter seinen Sohlen machte dabei bei jedem Schritt ein Geräusch. Ihm fehlte sicherlich eine Therme, auch um die verschlammten Füße ordentlich waschen zu können. Hier musste ein Eimer ausreichen, den man sich über den Kopf goss und ein wenig Öl aus dem Tonbecher. Hier dienten nur wenige Soldaten, so dass man mit allem nur auf 60 Mann kam. Die Centurie in Unterbesetzung reichte aus, um die Aufgabe zu erfüllen, auch wenn in letzter Zeit häufiger Späher der Barbaren gesehen worden waren. Überfälle waren keine Seltenheit aber niemals in der Nähe einer befestigen römischen Wehranlage. Wenn sie so mutig geworden waren, braute sich etwas zusammen. Verus war sich recht sicher, dass die Späher, welche dieses Praesidio aufsuchten, einen bestimmten Plan verfolgten, den er nicht kannte. - Und genau dies machte ihm Angst, da er als altgedienter Mann dieser nordischen Hölle wusste, dass dieses verkümmerte Kastell niemals einen großen Angriff überstehen würde. Gut, es war auch nicht seine Aufgabe. Im Angriffsfalle sollte er halten bis Entsatz käme und die weiteren Truppen informieren, entweder über die beiden Meldereiter oder über das Lichtsignal. Eine recht trostlose Aussicht, die nicht unbedingt die Motivation des Patriziers steigerte, hier zu dienen. Mit großen Schritten trat er eine der Steintreppen zum Wehrgang hinauf, um in den wilden Norden zu blicken. Vögel kreisten im faden Licht der aufgehenden Sonne und sangen dabei. Wolken bildeten schöne Bilder im großen Blau dahinter. Am Horizont lag der endlose Wald in sattem Grün. Mit beiden Händen stützte er sich auf eine der Zinnen, welche noch nass von der Nacht war. "Ein schöner Sommer...," kommentierte Verus zynisch, als sein Optio herantrat, welcher die Seitentür eines der beiden Türme verlassen hatte. "... Centurio," sagte dieser nüchtern, während er seinen Helm abnahm. Das römische Kettenhemd, welches den Unteroffizier schützte wirkte sauber und ausgebessert. Er trug nur sein Gladius, den Pugio und das Halstuch eines römischen Soldaten. Verus blickte gelassen zur Seite. "Ja," sagte der gealterte Jüngling aus dem Hause des Tiberius. "Die Nacht war ruhig, wie die letzten drei Tage. Keine Bewegungen. Ich bitte darum, dass meine Männer und ich zur Ruhe abtreten können," war der Bericht des Legionärs, den Verus nickend zur Kenntnis nahm. Er stieß sich von der Zinne ab und sagte seinem Stellvertreter: "Selbstverständlich. Genießt die Ruhe." Der Optio winkte zu beiden Türmen. Aus jenen traten nun aus den unteren Türen die Wachen und verschwanden müde in den Hütten. Aus diesen traten schließlich frisch-geruhte Legionäre in den typischen Rüstungen. Verus entließ seinen Optio und blickte dann vom Wehrgang hinab zur neuen Schicht. "Männer, dann wollen wir mal öffnen. Wie üblich. Karren kontrollieren, und bei Fragen und Zöllen mich informieren," rief Verus hinab. Die Soldaten kommentierten es nicht weiter und öffneten die beiden Tore in Richtung Norden und Süden. Man positionierte sich jeweils wachend davor, um seinen Auftrag zu erfüllen. Verus beobachtete das Schauspiel mürrisch, während zwei Legionäre neben ihm auf dem Wachgang Position bezogen; andere kletterten in die Türme hinauf, um den Blick ins Barbarenland zu richten. "Endlosigkeit kann eine Strafe sein," murmelte der gebildete aber in die Einöde verbannte Römer, als sein Blick einen Karren musterte der aus dem wilden Land über einen Trampelpfad in Richtung Tor rumpelte. "Arbeit," rief Verus müde lächelnd und deutete zum Karren, der von drei germanisch gekleideten Männern bewegt wurde. Ein alter Ochse war das Zuggespann. Die Legionäre am Tor traten einen Schritt vor, die Hasta fest in beiden Händen, während Verus eine der beiden Steintreppen herabeilte, um wenigstens etwas Ablenkung zu haben. Ein germanischer Morgen konnte sehr trist sein, wenn man nichts anderes fand als Wald und in dieses brüchige Lager.

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    - Wulfgar -


    Da kam er nun in Sichtweite der Limes der Römer. Wulfgar spukte verächtlich aus. Diese Römer fällten den Wald und durchschnitten mit ihrer Mauer aus Holz seine Heimat. Ja da blutete das Herz des Germanen. Aber sie zahlten gut. Ja wenn er die Fälle an die Römer verkaufte konnte er den doppelte wenn nicht sogar den dreifachen Preis verlangen.
    Aber wäre da nicht seine Frau, die sich an die ein oder andere römische Annehmlichkeit gewöhnt hatte, ja dann würde der die Felle lieber verbrennen, als sie den Römern zu verkaufen. So aber trat er jeden dritten Mond wieder die reise hier her an um seine Fällen an den Mann zu bringen. Doch dieses Mal war es anders. Er war nicht allein. Denn auch wenn er gut von den Römern leben konnte, so hasste er sie doch abgrundtief. So war ihm das Angebot gerade recht gekommen, Gunar und Eirik mit auf diese Reise zu nehmen. Er würde sie als seine Helfer ausgeben. Aber eigentlich wollten die beiden nur die Römer ausspionieren.
    Langsam näherte sich der Wagen dem Tor. Wulfgar zog kräftig am Zaumzeug des Ochsen und mit einem Ächzen des alten Holzes kam der Wagen zum Stehen. Nun würde wohl wieder die übliche Kontrolle folgen. Ja diese Kontrolle durch die Römer in seinem eigenen Land. Wulfgar knurrte mürrisch. „Salve. Wir Fälle haben zum Verkaufen.“ Ja obwohl er seit Jahren mit den Römern Handel trieb, wollte ihm die Sprache einfach nicht leicht über die Lippen kommen.

  • Verus rieb sich genüsslich freudig beide Hände, während er mit einem Sprung in Richtung Tor gelangte. Germanen waren doch merkwürdige Wesen. Zottelig, bärtig aber irgendwie interessant. Sie akzeptierten nur ihre eigenen Regeln. Hatten sie überhaupt Regeln? Verus war sich spontan unsicher, ob dieser Gedanke so sinnhaft war. Schnell kam ihm die Idee, dass sie garkeine Regeln hatten und schlicht in den Tag hinein lebten. Eine nette Vorstellung! All die Gesetze, Verträge und Regeln, welche mitunter laut, oder mal schweigend, im römischen Reich golten, waren oft seltsam kompliziert. Der Wagen kam vor dem Tor zum Stehen. Eine der beiden Wachen legte die Hasta quer in beide Hände, um Wulfar ein klares Zeichen des Anhaltens zu geben. Man sprach nicht viel, sondern arbeitete viel mit Gesten. Die anderen beiden Soldaten hielten sich auf gesundem Abstand, als Verus aus dem Tor trat, gefolgt von zwei weiteren Legionären in den polierten Rüstungen (wohl jeweils Lorica Segmentata). Das Knurren des Germanen vernahmen seinen ungeschützten Ohren. Kurz blickte er den Germanen an, dann sein Gefolge; wohl ebenfalls urige Typen. Auch Verus grummelte und murrte. Vielleicht war es der Zustand, dass er sich ihnen auch immer mehr anglich und sogar Hosen! unter seiner Tunika trug und seine Arme mit dünnem Pelz bedeckte, gebunden durch festes Leder. Die rote Tunika und das Cingulum wiesen ihn jedoch noch als Römer aus; auch der überaus korrekte Haarschnitt und die leider grottige Rasur, die einige Stoppeln zurückgelassen hatte. "Aha!" - machte Verus, während er seine Linke auf den Knauf seines Schwertes legte. Jener Knauf war aus edlem Holz gefertigt und mit Elfenbein beschlagen. Ein Standessymbol; nicht nur Waffe. Er trat heran, wobei seine beide Wachen ernst und ausdrucklos unter ihren römischen Helmen hervorblickten. Auch sie trugen kein Schild, sondern nur eine Hasta und die sonstige Bewaffnung, wie Gladius und Pugio. Ein Scutum war zu unhandlich für Alltagsarbeiten eines Soldaten, wie Kontrolle und Repression. Das undeutliche Latein störte Verus ein wenig, doch er gab sich Mühe ihn zu verstehen. "Salve," sagte der Centurio und trat an den Wagen heran. "Felle?" Zynisch war die Aussprache dieser halbgespuckten Frage ohne jedweden Satz. Mit einer schnellen Bewegung nahm er seinen Rebstock aus dem Gürtel und stach mehrfach in die Felle hinein, deckte sogar eines mit dem Stock um. Er blickte ausgiebig in den Wagen und nickte. "Zu Dritt?" Er deutete auf die beiden Männer im Gefolge. "Alles Händler?" Der Patrizier hielt die Fragen bewusst einfach, damit sie jeder germanische Bauer verstehen konnte, ohne ein Latinum Studium absolviert zu haben. Es war Arbeit und keine didaktische Lehrveranstaltung. Auch wenn er sich selbst ein wenig dafür schämte, so ruppig zu sein aber die Wildnis hier Oben hatte ihn ebenso kalt gemacht. Freundlichkeit löste die Probleme hier nicht, sondern schlichtes Anpacken. Und so packte die bewusste Vermeidung von komplizierten Sätzen mit an. "Waffen?" Er deutete abermals auf die drei Männer, wobei sein Rebstock drohend in der Luft hing, wie ein stoßbereite Lanze, gehalten durch seine römische Hand.

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    - Wulfgar -


    Sie waren die Einzigen weit und breit. Das bedeutete zumeist längere Kontrollen. Der Germane versuchte das man ihm seinen Unmut nicht ansah. Und als ob er es nicht geahnt hätte kamen auch noch drei weitere Römer aus dem Tor.


    Der mit der roten Tunika schien das Sagen zu haben und ergriff auch gleich das Wort.


    „F E L L E! Fuchs, Hase wenig Wölfe.“ wiederholte der brummige Germane nochmals. Der Römer schien auch noch schwer von Begriff zu sein. Wulfgars Blick blieb an dem Schwert des Römers hängen. Schönes Stück, fast so gut, wie jenes welches er natürlich in seinem Heim gelassen hatte. Aber wer wollte schon ein römisches Schwert haben, wenn er wie Wulfgar ein Germanisches sein Eigentum nennen konnte.
    Viel zu lange schon verstaube das gute Stück an der Wand hängen. Viel zu lange war es her das es geschwungen und in Fleisch getrieben wurde. Ja in seinen jungen Jahren war Wulfgar ein Krieger gewesen, einer derer die den Römern das Fürchten lehrte und was tat er heute? Wieder ein Brummen. Als der Römer in den Fellen herumstocherte. Mit Argusaugen wurde er dabei beobachtet. Doch der Ton des Wulfgar verriet nichts von dem was er eigentlich dachte. Brummig gleichgültig beantwortete er die Fragen. „Ich Händler. Sie Helfer. Ich alter Mann. Meine Söhne mir nun helfen. Sollen Geschäft übernehmen.“ Der Römer würde sicher nicht anzweifeln, dass die Beiden seine Söhnen waren. So wie die Römer für die Germanen aussahen einer wieder der andere. Ging es bestimmt den Römern nicht anders. „Nur die Messer.“ Wulfgar deutete auf das kleine Messer, wleches an seinem Gürtel hing. „Für Arbeit.“ schob er noch nach.

  • Verus legte die Stirn in Falten, während der Germane seine Fragen in einem ähnlichen Staccato beantwortete, wie er sie selbst gestellt hatte. Ja, es hat sich mal wieder gezeigt, dass es gut war, Dinge stark zu vereinfachen. Im Grunde war es dem Römer sogar ganz recht, da die Welt so recht überschaubar war. Sie war vielleicht nicht besonders hübsch aber berechenbar. Zumindest die Sätze. Verus besaß noch keine hellseherischen Fähigkeiten und konnte nur in den Bart des Germanen blicken. Bei den Göttern! Dieser war furchtbar zottelig! "Ja, Felle. Einverstanden," sagte der Centurio im gleichen Tonfall, wie der brummige Germane. Irgendwie konnte sich Verus nicht dem Gefühl erwehren, hier einen Feind vor sich zu haben und keinen einfachen Händler. Es fehlte an Unterwürfigkeit; eben jener schmierigen Händlereigenschaft, immer das Beste heraus zu handeln. Dieser Mann handelte nicht, sprach wenig und erschien auch recht aufrecht. Händler hatten durch das Schleppen von Dingen und ihre kriechende Natur oft eine stark gebrochene, gar schneckenhafte Anmut. Dieser Germane war keine Schnecke. Und genau das stieß dem guten Verus auf. Widerstand, wenn auch nur mental, bedeutete Probleme. Immer. Es war der Habitus des Mannes, der ihn störte. "Helfer?" Verus kniff die Augen skeptisch zusammen, kratzte sich mit dem Rebstock an der Schläfe, bevor er ihn wieder herabnahm. Dann blickte er auf die Messer, welches am Gürtel befestigt war. "Bene, das gilt als Arbeitswerkzeug. Arbeitswerkzeuge sind frei," kommentierte der fast schon zum Zöllner gereifte Tiberius mit einem Nicken. "Mäntel und Überwürfe ablegen." Jetzt ging es in die weitere Prüfung. Wenn ihn seine Geliebte so sehen könnte, wie er kalt und beamtisch die Vorschriften befolgte, wäre sie wohl schreiend davon gelaufen. Verus wirkte nicht, wie ein Soldat Roms, eher wie der Gott der Bürokraten. Man musste halt Schmuggelware ausschließen. Die meisten Menschen schmuggelten am Körper, so dass Verus zumindest einen groben Blick auf die Männer werfen wollte. Natürlich sollten sie sich nicht ganz ausziehen. Von diesem Ufer des Tibers war er nicht. Es ging nur darum, verdeckende Kleidung zu entfernen. Danach würde er weiter machen und bei guter Laune den normalen Einreise-Zoll des Reiches erheben. Neben dem üblichen Obulus für seine Männer. Es war keine Korruption, eher eine Verschönerung des eingenommenen Geldes. Vorerst akzeptierte der eifrige Verus die Geschichte des Wulfgar.

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    Wulfgar -


    Gut das Wulfgar keine Gedanken lesen konnte. Unterwürfig? Schneckenhaft? Nein das würde er nie sein. Er war ein Krieger und würde dies auch bis ans Ende seiner Tage sein.
    Auch wenn die Römer seine Heimat besetzt hielten, so würde dies nicht bis ans Ende aller Tage so sein, dass die Römer zu schlagen waren, hatte Hermann der Cherusker ja bewiesen.
    Und eines Tages würden die Römer auch seine Heimat verlassen müssen und der Norden vergisst nie.
    Nie wird Wulfgar die Schmähungen, die Verachtung in den Augen der Römer vergessen, eines Tages...


    Das er nun Felle verkaufte war nur der Situation geschuldet. Und seine Felle musste er auch nicht anpreisen wie Sauerbier.
    Die rissen ihm die Römer ja eh aus der Hand. Schließlich waren diese den Winter hier nicht gewöhnt und so waren seine Felle mehr als begehrt.
    Er nickte seinen „Söhnen“ kurz zu und schon würden die Überwürfe und Mäntel auf den Wagen geworfen. Darunter trugen sie natürlich alle die übliche grobe germanische Kleidung. Nein der Römer würde bei ihnen nichts finden. Schließlich wollten sie ja hier und heute keinen Ärger haben. Nein hier und heute waren sie einfache Händler auf den Weg gen Süden um ihre Felle zu verkaufen.

  • Es war ein merkwürdiges Gefühl, welches Verus beschlich. Plötzlich erinnerte sich an die Worte des Priesters in Rom, als er jenen fragte, ob er sich zu den Legionen melden sollte. Der Priester hatte von einem heiligen Dienst gesprochen. In dieser Sekunde kam ihm nichts mehr heilig vor. Diese Männer waren nicht heilig und er ebenso wenig. Dieses Dasein war so belanglos, dass er nur mürrisch grummeln konnte. Germanien zeigte, dass der ganze Marmor und der Protz des Imperiums nicht mehr heilig und nicht weniger heilig waren als jene Felle, die dieser Mann anbieten wollte. Der Centurio trat vorsichtig an die Germanen heran. Mit dem eleganten Stab aus Rebenholz tastete der Tiberier die Kleidung sowie Körper der Reisenden ab, ohne direkt grob oder freundlich vorzugehen. Der Stock bohrte sich gelegentlich ins Fleisch ohne bewusst bösartig schmerzen zu wollen. "Gut," machte Verus kalt und nahm den Stab zurück. "Ich gebe diese Karren frei. Doch vorher...," sprach der unheilige Bürokrat aus Verus, während sein Gesicht zu Stein wurde. Er vermisste Achaia, seine alte Heimat, die so fern war. Er verfluchte die Existenz dieses Befehls, der ihn als Centurio Statorum eingesetzt hatte, für eine winzige Sekunde, presste die Lippen zusammen und hob die Linke an, um dem führenden Germanen eine gierige Geste zu zeigen. Er winkte mit der offenen Handfläche. Es war das allgemein-verständliche Zeichen für "Geld geben". Verus lächelte dann abgehalftert, wenn nicht sogar gelogen. "Einfuhr von Fellen ab 10 Stück, 90 Sesterzen," machte der Römer die Rechnung auf und ergänzte sie um den Obulus für seine Männer: "10 Sesterzen Einreisegebühr." Es hatte sich bereits so eingespielt, dass er diese Tatsache nicht mal mehr gedanklich in Frage stellte. Dieses Geld sollte eines Tages der Centurie eine angenehme Zeit bescheren, wenn sie wieder im Stammlager waren. Es diente als Erweiterung der üblichen Sterbekasse, der Versorgung und Sonderleistungen im Rahmen des Dienstes. Solange man es nicht übertrieb, war es wohl geduldet. Zudem fragte hier oben niemand mehr. Römische Rechtssprechung war hier fern und inzwischen sah sich Verus selbst als Verweser des römischen Rechtes hier an der fernen Grenze. Immerhin hatte ihn ja niemand gebremst. Es war der schleichende Wahnsinn aus den Wäldern und der Fremde, die einen Römer schneller korrupt machte, als er selbst glauben konnte. - Oder war es schlicht die Gier der römischen Seele? Niemand wusste es genau aber es passierte. So trieb dieser Centurio nicht nur die gierigen Moneten für den Kaiser ein, sondern auch für sich und andere.

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    Wulfgar -



    Die Augen des Germanen ruhten auf dem Römer, während er ihn mit dem Stock – ähm bestocherte? Na wenn der so was finden wollte. Nein so würde der sicher nichts finden – nicht das es was zu finden gab, aber wenn, dann würde der Soldat das mit dieser Art und Weise sicher nicht finden. Der Römer hielt de Germanen scheinbar für etwas beschränkt oder so. Aber das konnte ja nur von Vorteil sein, wenn man unterschätzt wurde.
    Wulfgar war sich seinen Mantel wieder über und zog an dem Lederband um seinen Hals als erstes kam ein auf weißem Knochen gefertigter Hammer des Donar zum Vorschein dann folgte ein lederner Beutel.
    Mit seinen alten, aber immer noch kräftigen Fingern zählte er die geforderte Summe ab, legte sie auf seine große Handfläche und hielt sie dem Römer hin. „Einhundert!“ brummte wieder die tiefe Stimme des Germanen. Nein er hinterfragte die Summe nicht. Das die Römer korrupt waren war hinlänglich bekannt. Aber Sesterzen konnte auch Türen öffnen. Und so bezahlte der Germane auch ohne ein Murren oder Beschweren. Dies hatte er am Anfang seiner „Laufbahn“ als Händler einmal getan. Dies war ihm bis heute eine Lehre. Lieber bezahlte er, als das er sich den den Schikanen der Römer aussetzen würde. Damals war das in einer üblen Prügelei geendete und er hatte keine Ware, dafür aber ein paar Tage in einem dunklen Loch und ein paar Striemen auf seinem Rücken mehr.
    Ja noch saßen sie am längeren Hebel. Noch. Aber das würde sich ändern im Norden braute sich etwas zusammen und für die Römer hier würde das nichts Gutes sein. Ja unter dem Bart lächelte der Germane tatsächlich bei diesem Gedanken.

  • Verus wollte heute auch nichts finden. Irgendwie war seine Stimmung bereits im Schlammbecken vor seiner Wohnung verebbt, wenn man es so nennen konnte. Diese kleine Feste gab ihm nicht das, was er wollte oder suchte. Nicht einmal diese Germanen erleichterten seinen Alltag, der gezeichnet war durch sinnlose Patroullien, Abfertigung von Reisenden und Ausbesserung des Lagers. Im Ganzen versickerte hier die Hoffnung, dass es eines Tages für Verus bergauf gehen würden. Für einen Patrizier war er tief, sehr tief gefallen und diente nun am Limes; eigentlich eine bescheidene Aufgabe, die wenig Ruhm und Ehre hatte. Was hatte seinen Vorgesetzten damals geritten? Wahrscheinlich eine heimliche Bosheit, einen Tiberius an die Grenze zu schicken und mit stupiden Zöllner- und Wachaufgaben zu betrauen. Eigentlich eine Strafe, obwohl sie nie ausgesprochen worden war. Für Verus fühlte es sich, wie eine Strafe an und mit einem unterdrückten Lachen verdrängte er die Worte des Priesters von damals. Nein, hier war wirklich nichts heilig. Nicht einmal die Götter, die so fern waren, wie seine Liebe. Der Centurio griff kräftig nach dem Geld und entriss es dem Germanen mit einer gewissen gleichgültigen Genugtuung. Es war eine seltsame Mischung von Gefühl. Immerhin konnte er diese Aufgabe erfüllen, auch wenn sie eher ernüchternd war. Er trieb Geld ein. Das konnte er. "Danke," entfloch aus dem Tiberius noch; ungekannt fand er seine Freundlichkeit wieder, ein bisschen Seele gegenüber dem Germanen. Durchbrach sein altes Selbst die Fassade des gierig-kalten Offiziers? Ja, sie durchstieß das Gesicht und zauberte eine gewisse Freundlichkeit hervor, die selbst einem urigen Germanen sichtbar sein musste. Natürlich konnte er dies fehl-interpretieren als Freude über das Geld aber Verus fühlte ein wenig Leben in seinen Knochen, die hier an Leben darben mussten. Verus verstaute das Geld in einer Holzschatulle, die unweit des Tores stand und ging dann wieder zum Tross zurück. Die 10 Sesterzen hatte er geschickt in seinen Lederbeutel gesteckt, so dass nur 90 Sesterzen in der kaiserlichen Truhe verschwanden. Am Ende des Tages würde er dieses Geld in seinem Lederbeutel in die Kasse seiner Centurie transferieren. Mit einer weiten Geste winkte er dem Soldaten auf dem Wehrgang zu, der zum Südtor rief: "Süd! Aufmachen! Karren mit drei Germanen passiert." Verus selbst deutete auf Wulfgar und sagte mit fester Stimme: "Weiter gehen." Dazu machte er eine winkende Handbewegung. Zwei Legionäre würden die Germanen über den Pfad im Lager zum Südtor geleiten, welches vielleicht nur 15 Schritte entfernt war. Es war eine sehr kleine Anlage. Trotzdessen, dass sie passieren durften, blieben die Augen der Soldaten auf den Bärtigen und gaben ihnen das Gefühl, doch nicht ganz erwünscht zu sein.

  • Was war das nur für ein Land wo ich hier hin geraten war und das auch noch freiwillig. Aber wenn ich ehrlich war, hatte es sich bisher gelohnt, so gut wie jetzt, war es mir noch nie gegangen. Doch es bot sich mir gerade ein Bild des Jammers. Die Straßen, sofern man sie Straßen nennen konnte, denn Straßen gab es nur wenn sie von den Römern erbaut worden waren, ansonsten nur Wege und Trampelpfade. Auf solch einem Matschweg befand ich mich. Wohin wusste ich nicht, ich war unterwegs das Gebiet um Mogontiacum zu erkunden und einen gut passierbaren Weg in das Gebiet hinter dem Limes zu erforschen.
    Eigentlich wollte ich nie etwas mit den Germanen zu tun haben, denn ich traute ihnen nicht aber wie es nun mal im Leben so ist, muss man gelegentlich seine Prinzipien vergessen wenn es sich lohnen soll.
    Ich drehte mich um und winkte die sechs Reiter heran, welche verborgen hinter rankig, dornigem Gestrüpp standen. Wir hatten, abseits des Hauptweges beobachtet, was die anderen Reisenden, meist Bauern, Händler und natürlich jede Menge Germanen, machten und wie sich die Wache, der Wachstation, ihnen gegenüber benahm.
    Alles schien, zumindest für mich, normal ab zu laufen. Meinen Begleitern zunickend ritten wir auf den Hauptweg und schlossen uns der kleinen Schlange vor dem Tor an. Aufmerksam beobachtete ich die Abfertigung.

  • Aviana fühlte jene Angst erneut. Es war diese uralte Angst, die sie stets begleitet hatte. Es war der Terror der Gedanken, die sich grausame Bilder malten. Ihr Verstand zeichnete sich in vorsichtiger Bewegung ab, als sie mit dem Korb an Äpfeln aus der Hütte unlängst des Südtores kam. Sie suchte Verus, die einzige Person, der sie wirklich vertraute. Nachdem vieles in ihrem Leben von Dunkelheit gezeichnet war und wenig Glück bereit gehalten hatte, war Verus ihr Retter gewesen. Seitdem sie bei ihm war, fand sie eine gewisse Erlösung und konnte die Welt das erste Mal ohne mentale Ketten erforschen. Zwar war sie immer noch Sklavin, obwohl ihr Verus stets versichert hatte, dass sie jederzeit als Freie gehen konnte. Doch sie blieb als seine Sklavin. Was sollte sie auch mit ihrer Freiheit anfangen? Aviana fürchtete, dass sie ohne den Tiberius verloren war; schlicht, weil sie die Welt nicht genügend kannte. Mit beiden Armen umschlang sie den Weidenkorb an Äpfeln, die in sattem Rot und Grün strahlten. Ihre große Augen huschten umher, während ihre Haare im morgendlichen Wind spielten. Die lange Tunika war mit einem goldenen Gürtel gebunden, der nicht ganz standesgemäß aus wertvollem Material gefertigt war. Scheinbar beschenkte ihr Herr sie mit Dingen, um ihr Leben hier oben erträglich zu machen. Es war keine Liebesbeziehung, doch verband die beiden ein Band, welches einer Familienbeziehung nicht unähnlich war. Aviana atmete ein und aus, während ihre Füße sie zum Südtor brachten. Dann entdeckte sie den Tiberius und rief ihm freundlich mit engelsgleicher Stimme zu: "Ich habe die Äpfel." Dann begann sie an die Soldaten, jene die wollten, Äpfel zu verteilen; quasi ein Mini-Frühstück für die tapferen Römer, die hier Stellung hielten. Die Sklavin begann am Südtor, während die ersten Ausreisenden abgefertigt worden waren und über den kiesbelegten Pfad zum Nordtor geführt worden, wo sie ins wilde Germanien ausreisten. Verus hingegen schien noch mit den drei Germanen beschäftigt zu sein, so dass die junge Sklavin den Legionären Äpfel brachte, die gerade eine kleine Schar Reiter um Gurox aufhielten, indem sie deutlich mit ihren Lanzspeeren ein Haltesignal gaben. "Halt," rief einer der Wachmannschaften und deutete mit seiner Hasta auf Gurox. "Alle absitzen!" Niemand dürfte das Tor auf dem Pferde sitzend durchqueren. Es war eine klare Weisung gewesen. Zudem kam es dem Ältesten der Legionäre merkwürdig vor, dass sich derartige Gestalten Pferde leisten konnten. Aviana reichte einem ebenso jungen Soldaten einen Apfel, der ihr frech zu lächelte und sich mit einem langen Nicken bei ihr bedankte. Sie blickte aus Interesse Gurox an, welcher nun mit seinem Ross neben ihr stand. Nur eine quergestellte Hasta trennte beide. Nein, sie wollte sich nicht in die Arbeit der Männer einmischen aber Gurox wirkte nicht, wie die üblichen Germanen, was sie mit einem naiven Lächeln in seine Richtung bemerkte. Die leicht-verwirrte Frau, wollte sich wieder zurückwenden, um endlich zu ihrem Verus zu gehen, da sie ihm von einem wirren Traum berichten wollte.

  • Fassungslos starrte ich auf die Frau, welche da herumlief und Äpfel verteilte. War das jetzt ein Traum? Ich verstand es nicht, da wurde immer über die Gefahren hier im Grengebiet zu den Germanen lametiert, die von der ala machten aus allem ein geheimnis oder riesen aufstand und hier verteilte eine Frau Äpfel an die Soldaten. Was kam als nächstes würde sie über die wiesen hüpfen und Blumensträuße für sie pflücken?
    Erschroken sprang ich vom Pferd, vor lauter Staunen hatte ich fast überhört, dass wir absitzen sollten. Den Blick von der Schönen fing ich aber auf und erwiderte ihn herausfordernd. „Ein Glück das ich mich entschlossen habe diesen Weg zu wählen. Findest du nicht auch?“ Ich wusste, mein Blick war meist finster, doch ich wusste auch, mein Lächeln hatte schon manch ein Wunder bewirkt.

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    Wulfgar -



    Langsam setzte sich der Wagen und die drei Germanen in Bewegung. Auch wenn sie die Blicke, die nicht gerade von Willkommen zeugten. Gingen die drei Männer mit hoch erhobenen Haupt neben dem Karren her. Wulfar führte den Ochsen langsam durch das Nordtor in das Lager hinein. „Börschkes, ji hefft blot poor Momang Tiet bet wi an't de Südtor sin. Kieken jiu üm." Un maarkt jiun oll.“ Brummte der Alten den jungen Männer zu. Schließlich würden sie nur so gute Informationen über das Lager und die Besetzung des Lagers genug erfahren. „Wat mint ji? Woveel Suldaten sin her? Ick dink et sin so fofftig.“ Sage Gunar und Eirik nickte zustimmend, während er sich jedes Detail einprägte. Der Karren rollte langsam aber stätig auf das Südtor zu.

  • Verus blickte den sich langsam bewegenden Germanen hinterher. Irgendetwas machte ihn skeptisch. War es die betuhlich langsame Bewegung oder, dass sich die Germanen unterhielten? Wenn er eines über diesen Ort gelernt hatte, dass nichts so harmlos war, wie es erschien. "Crassus, übernimm' die Kontrolle," befahl der Tiberius nüchtern und der entsprechende Soldat nickte seinem Centurio zu. "Jawohl," war noch die Meldung, bevor sich Verus ins Lager begab, um den Germanen auf Abstand zu folgen. Die beiden Legionäre, die neben dem Wagen hergingen, verstanden die Sprache der Drei nicht, so dass die Spionage nicht weiter auffiel. Nur Verus sprach begrenzt die hiesigen Dialekte, auch um bei Zollfragen bessere Auskunft geben zu können. Dennoch, er war zu weit entfernt, um die Gespräche zu verstehen. "Etwas schneller," rief er so nur, um die Germanen schnell durch das Lager zu bringen, damit sie am Südtor aus dem Gefahrenbereich gelangten. Auf ihrem Weg konnten sie noch einige Holzstände erblicken, die mit Pila und Hasta bestückt waren. Daneben einige Tische auf denen Spathae und Gladi lagen. Dieser Stützpunkt war gut gerüstet, wenn auch weit ab von den üblichen Wegen. Es würde nicht einfach werden, dieses kleine Castell zu erobern. Trotz der geringen Besatzung von 60 Mann. "Der Ruhm Roms erwartet euch," scherzte Verus zynisch ob seiner eigenen Position als er an Wulfgar vorbeitrat, um Aviana zu begrüßen, deren Ruf er vor wenigen Momenten vernommen hatte. Aviana selbst schien noch gefangen von einem Fremden zu sein, dessen Anblick sie so gerade erst verlassen hatte. "Willst du uns nun helfen? Apfel-Herrscherin reicht dir nicht mehr?" Der gediente Mann lächelte breit und legte seiner Sklavin die Hand zutraulich auf die Schulter und deutete in Richtung Hütte. "Besorge den Männern bitte etwas zu Trinken und stelle es in der Nähe der Tore ab. Es wird noch ein langer Tag." Ja, inzwischen herrschte reger Durchgangsverkehr im Lager und die Truppen verloren gelegentlich den Überblick über die Menschen die von Süden nach Norden gelangten; sowie über die Drei Germanen, die von Norden nach Süden wollten. Wulfgar mitsamt seinen angeblichen Söhnen müsste inzwischen das Südtor erreicht haben, so dass der Centurio sein Augenmerk verlagern konnte. Verus selbst betrachtete die Reiter, die gerade abgesessen waren und musterte diese in römischer Art abfällig. Er nahm die Hand zurück, um sie wieder in gewohnterweise auf dem Knauf seines Kriegsklinge ruhen zu lassen. "Aha," machte er und blickte ernst zu Gurox. "Salve," hob er die rechte Hand zum Gruß. Der römische Offizier ging einen Schritt aus dem geöffneten Tor hinaus, wobei sein Kriegsgürtel die üblichen Geräusche von sich gab. Der Rebstock steckte fest darin, bereit erneut als Inspektionsinstrument zu dienen, nicht mehr nur als Standeszeichen. Die Soldaten am Südeingang nahmen etwas Haltung an, wobei die beiden Legionäre, die mit ihren jeweiligen Lanzen den Reitern den Weg blockierten, nicht an ihrer Position rüttelten. Scheinbar war die Routine bereits so eingefahren, dass jeder ohne Befehl seine Aufgabe kannte.

  • Die Hand von Verus gab ihr die Sicherheit, die sie brauchte, um nicht der Angst nachzugeben. Diese Welt verwirrte sie, wie auch die Menschen darin. Aviana strahlte Verus an und sagte mit erleichterter Stimme: "Ja." Durch einen Zufall trafen sich die Blicke von Gurox und Aviana erneut. Dabei wollte sie bereits dem Wunsch ihres Dominus nachkommen. Durch diesen Zufall beeinträchtigt, wollte sie nicht sofort aufbrechen, da dieser fremde Mann, dessen Namen sie nicht einmal kannte, ihren Augenblick gefangen hatte. Sein Lächeln wirkte frech, gar unnahbar und doch freundlich. Die Sklavin, die stets mit den Grausamkeiten der Menschen rechnete, fand auch mit Verus liebevoller Zuwendung den Mut, auch Fremden ein Lächeln zu schenken. Und so lächelte sie Gurox zu, fest und zuversichtlich. Der Centurio gab ihr Kraft, nicht nur im Alltag, sondern auch mit sich ins Reine zu finden. Ihre Ängste, ihre Verwirrung wollten nicht mehr ganz stattfinden, während sie mit dem Korb an Äpfeln in Sichtlinie hinter den Wachmannschaften verweilte; wie ein schönes Geschöpf, welches in seiner seltsamen Schönheit nicht an diesen Ort passte und schon garnicht zwischen Soldaten leben sollte. Ein Lichtstrahl fiel durch die Wolken und blendete Gurox kurz, während Aviana ihren Verus bei Arbeit beobachtete.

  • Aha? Was sollte dieses Aha bedeuten? Fragend hob ich meine rechte Augenbraue an. So wirklich wohl fühlte ich mich nicht in meiner Haut. Doch was sollte es, bis jetzt war ich noch immer ein Bürger Roms, der versuchte sich in Germanien zu etablieren. Auf der Suche nach neuen Handelsgütern und Handelspartnern.
    Vielleicht sollte ich es mit einem kleinen Angriff versuchen? Verbal natürlich, nein lieber nur eine winzige Provokation. Es war riskant, hier fernab der Zivilastion. Wie sollte ich die undurchsichtige Mine meines Gegenüber sonst deuten?
    „Salve“ kan nun auch von meiner Seite. „Ich bin zum erstenmal hier, müssen wir etwas beachten wenn wir weiter ins innerer dieser Wildnis vordringen wollen?“ Diese Frage war nun durchaus ehrlich gemeint, hoffentlich bemerkte er das jetzt.
    Ein erneuter Blick jener unbekannten Schönheit hielt mich kurz gefangen und lenkte mich ein wenig ab. Erst das Räuspern von einem meiner Reiter holte mich zurück.

  • Verus leckte sich über seine Schneidezähne. Er hatte immer noch diesen dubiosen Geschmack im Mund, welcher nicht wirklich weichen wollte. Die letzte Mahlzeit hing ihm wohl noch nach, so dass er versuchte seine Zähne mit jenem Zungenstrich zu reinigen. Er antwortete nicht sofort, sondern musterte Gurox und sein Gefolge einen weiteren Moment. "Haha," lachte der Römer auf. "Dann hast du dich wohl verlaufen. Hier ist die Außengrenze des Reiches und man geht nicht einfach in die Wildnis," erklärte der überraschte Verus. "Dort oben herrschen andere Sitten und Gebräuche. Niemand ohne wirkliches Interesse geht dorthin. Ich empfehle dir eher über die Rhenusbrücke in Mogontiacum ins Gebiet der Barbaren zu reisen. Dort sind sie mehr an uns gewöhnt. Hier reist du ins vollkommen wilde Gebiet ein." Verus stellte klar, dass sein Übergang nicht unbedingt der Beste war und auch sicherlich nicht der Beliebteste. "Wenn du aus dem Imperium ausreisen willst, müssen wir dich kontrollieren. Vorallem auf Waffen und illegale Exportgüter, wie Erze." Der gute Tiberius hatte die Zollvorschriften erfolgreich gelernt und seit zwei Jahren ebenso erfolgreich angewendet, wie die gefüllte Truhe mit Sesterzen zeigte, die bald nach Mogontiacum überstellt werden würde, von da wohl nach Rom. "Gleiches gilt für deine Freunde," folgte der Nachsatz, den er mit einer Bewegung seiner Hand in Richtung der anderen abgesessen Reiter unterstrich. "Auch wird ein Exportzoll für gewisse Güter fällig und eine Ausreisegebühr." Vielleicht sollte er ein Schild aufstellen, dachte er sich, bis ihm klar wurde, dass die meisten nicht Lesen oder Schreiben konnten und so wurde diese verrückte Idee schnell verworfen. "Abgelenkt?" Er folgte dem Blick des Gurox bis seine Augen Aviana fanden. Es war nicht zu übersehen, dass dieser Fremde ein Auge auf die einzige Frau in der Nähe geworfen hatte. Verus schnippte mit seiner Linken. Ihm missfiel, dass ein Fremder seinen Schützling so beachtete."Konzentration!" - donnerte seine Stimme, während er seinen Kopf wieder zu den Fremden wandte.

  • So tickst du also mein Freund, dachte ich.Ich hörte mir seine Antworten an. Und schüttelte mit dem Kopf. Der dachte also allen ernstes sie würden etwas ausführen. Er musste doch sehen wir hatten außer ein wenig Verpflegung ein Gepäck bei uns. „Um eins klar zu stellen. Wir wollen keine Waren ausführen, im Gegenteil, ich hoffe bald über neue Handelspartner Ware einführen zu können. In dem anderen Gebiet gibt es bestimmt geringere Möglichkeiten für mich, dort ist der Markt sicher schon abgegrast.“ Sinnend schaute ich auf meine Begleiter. „Sicher sind wir bewaffnet, die sechs hier, kommen zu meinem persönlichen Schutz mit. Ich habe sie eigens dafür in meinem Dienst genommen. Wie du schon sagtest, die Wildnis ist gefährlich, was ich auch vermutete.“
    Was dann geschah ging mir entschieden zu weit. War ich es bisher gewohnt selber die Leute an zu brüllen und nun meinte er auf Grund irgend eines Postens in der Walachei, meine Augen und Gedanken lenken zu können.
    „Worauf ich mich konzentriere ist einzig meine Angelegenheit. Ich bin Römer wie du und meine Gedanken gehören einzig mir.“ Kalt und hart war meine Antwort. „Leute legt die Waffen ab. Was muss ich bezahlen?“ Diese Frage stellte ich während ich selber auch meinen Dolch ablegte.

  • Ein Händler also! Diese Aussage gefiel Verus, da sie jeweilige Gefahr erheblich reduzierte. Und man konnte davon ausgehen, dass dieser Mann mehr darauf achtete, genug Geld zu verdienen als irgendeinen Konflikt zu provozieren. Verus nickte ihm eifrig zu, während er seinen Rebstock aus dem Gürtel zog, um erneut eine grobe Kontrolle durch zu führen. Der Centurio war eine Kontrollmaschine geworden, welche stets halbherzige Antworten von sich gab und Aussagen auswarf, die auch aus einem römischen Handbuch entnommen sein konnten, welches die schlechte Behandlung von Ausreisenden beschrieb. "Ausreise mit Waffe nur gegen Genehmigung der Administration." Der Satz fiel, wie ein Pfeil und scheinbar ignorierte Verus die Erklärung als er mit dem Stock in die Tasche auf dem Rücken des Pferdes stieß. Er stocherte hektisch darin herum. Ja, das Gepäck erschien ihm sauber. "Öffnen," er deutete auf die anderen Gepäckstücke. Kontrolle war immer besser. Zumal es seine bescheidene Arbeit war und als Offiziers dieses Wachstation hatte er ein gutes Vorbild an römischer Tatkraft zu sein. "Mich interessieren deine Gedanken nicht," sagte Verus trocken und trat zwischen die Reiter. "Ja, alle Waffen ablegen." Er nickte den Männern zu, die mürrisch ihre Schwerter abwarfen. Das Gesicht des Römers zeigte keine Regung als er die Schwerter betrachtete, wie sie auf den Boden fielen. "Ein Dolch," formulierte Verus als er nach dem kleinen Stück griff, welches Gurox gerade ablegte. "Du kannst gegen Strafgebühr eine Erlaubnis erwerben, Waffen auszuführen. Diese Strafgebühr ist deutlich höher als jene Gebühr, die du in der Administration entrichtet hättest. Diese befindet sich in Mogontiacum," erklärte die Maschine weiter und betrachtete dabei den Dolch, bevor sie ihn Gurox zurückgab. "Dieser ist Dolch ist frei. Die Schwerter jedoch nicht." Der Centurio wanderte für eine Minute schweigend um die Begleiter. "Mit Strafgebühr und Ausreisegebühr, genau 310 Sesterzen. Ich stelle dann das Dokument aus, welches dich und deine Männer auch zur Einreise mit Waffen berechtigt, was weitaus härter bestraft werden würde, wenn ihr alle ohne Dokument einreist."

  • Was sollte ich? Strafe zahlen für etwas was noch nicht begangen worden war. Ne nicht mit mir. „Weißt du was, das spare ich mir, ich reise weder aus und reise danach dann auch nicht ein. Du gestattest wir nehmen unsere Sachen und kehren um. Ich bezahle doch nicht dafür das ich mein Leben beschütze. Womit sollte ich das denn, wenn nicht mit Waffen? Meint ihr die Germanen warten auf unsere sechs Schwerter? So was albernes“, murmelte ich vor mir her. „Leute wir packen zusammen und ziehen ab.“ Für mich war das hier nur aufgeschoben.
    Unsere Umgebung ignorierend sammelt jeder seine Waffe ein, wendete sein Pferd um gleich auf zu sitzen und weg zu reiten.

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