Klientelgespräch mit ungeplanten Wendungen

  • Kaum in Rom angelangt, traf ich erste Vorbereitungen für die zu erledigenden Gespräche und Wege. Zunächst stand ein Treffen mit unseren neuen Klienten Annaeus Metellus auf dem Programm. Ich setzte mich an den Schreibtisch und verfasste eine Einladung. Die überreichte ich einer Sklavin, die den Brief in die Vigileskaserne bringen sollte.


    In der Zwischenzeit wollte ich in der Villa Aurelia nach dem rechten sehen. Man wusste ja nie, ob die Sklaven in Abwesenheit der Herren auch ordnungsgemäß arbeiteten.



    Ach ja, edit: Themenwechsel vorgenommen

  • Etwas aufgeregt folgte Metellus. Die Villa hatte Stil, das merkte er schon, als er der Sklavin ins Atrium folgte. Das Anwesen war groß und edel, aber nicht so plump protzig, wie es andere Häuser waren, der er in Rom betrat. Hier hat jemand einen sehr ausgeprägten Geschmack, dachte er sich.


    Im Atrium angekommen, blieb er stehen, um sich zu orientieren.

  • Mit einem Lächeln erhob ich mich aus dem Korbsessel und ging Metellus entgegen - entlang des Perestylium und den angrenzenden Pflanzbeeten, vorbei an den Fresken, die das Atrium zierten.
    Einem Gast ging ich nie entgegen, das verbot mein Stolz. Auf diese Art begrüßte ich einzig Familienmitglieder. Metellus war kein Gast, er gehörte seit kurzem zum Gefolge meines Paters.


    „Salve, Metellus. Ich freue mich, dich zu sehen.“
    Lächelnd bot ich ihm an, mich zu den Korbsesseln und Clinen zu begleiten.


    „Wir kennen uns gut und doch wiederum auch nicht.“
    Mein Blick streifte den Mann neben mir. Wie alt mochte er wohl sein?


    „Bitte nimm Platz. Ich habe ein Essen vorbereiten lassen und hoffe, du hast guten Appetit mitgebracht.“



    edit: Rechtschreibung

  • Nun also stand er ihr gegenüber. Metellus, der übrigens jünger ist, als er aussieht, schaute die Patrizierin an und verneigte sich vor ihr. Sie hatten sich ja schon einmal getroffen, wenn auch unter etwas merkwürdigen Umständen. Dieser zwischenfall war dem Metellus ja noch immer peinlich, doch wusste er nicht, wie er es in Worte fassen sollte. Deshalb entschied er sich, vor Deandra eine Verbeugung zu machen, die tiefer und länger war, als es eigentlich nötig war.


    Danach schaute er ihr lächelnd in die Augen.


    Deandra, ich grüße Dich voller Ergebenheit. Möge die Göttin der Schönheit und Jugend Dir stets so gewogen sein, wie sie es jetzt ist
    Dieser Charme stammte zweifelsohne aus der Familie mütterlicherseits...sie stammte aus Gallien....


    Metellus betrachtete die Patrizierin von Kopf bis Fuß, doch hoffte er, das würde ihrem Blick entgehen. Sie war ihm so vertraut, und doch so fremd. Und er freute sich, nun endlich ihre Bekanntschaft zu machen. Metellus folgte der Einladung nur zu gerne. Das Kasernenessen war schlecht....sehr schlecht sogar. Aber so konnte man die Soldaten stets bei schlechter Laune halten....Und das war gut...jedenfalls aus Sicht der Vorgesetzten.


    Ich freue mich, Dich endlich kennenlernen zu dürfen, um mich Dir vorstellen zu können. Mein Vater hatte mir ja noch so einige ermahnende Worte ins Ohr geflüstert, nachdem ich Dich das letzte Mal traf. Ich hoffe, Du hast mir längst verziehen


    Es ging nicht anders. Metellus hasste es sich für sein Verhalten zu entschuldigen...ein Vigiles tut das nicht....aber er musste es einfach tun. Regelrecht erleichtert schaute er sie an.

  • Schmunzelnd schaute ich zu, wie sich Metellus verbeugte. Bis in sein Genick konnte ich dabei sehen. Er war ganz anders, als bei der ersten Begegnung, doch beide Male entsprach er nicht jenen Leuten, mit denen ich sonst Umgang pflegte. Alles an ihm war auf eine interessante Weise anders, bis … ja bis seine Augen eine Rundumuntersuchung auf meinem Körper starteten. Verwundert und belustigt zugleich erwiderte ich den Blick in die Augen.


    „Hattest du bei unserer ersten Begegnung deine Zunge nicht unter Kontrolle, so sind es heute deine Augen. Wo genau kommst du her, dass du so unkonventionelle Dinge tust?“


    Mein Lächeln nahm den Worten den Ernst, aber ich wartete gespannt auf seine Antwort. Ich konnte mir gut vorstellen, dass Florus den Vigilus nochmals vorbeugend ermahnt hatte.


    „Und ja, ich stehe mit vielen Göttern in einem Pakt“, sagte ich scherzend. „Nicht nur mit der der Schönheit und Jugend. Welche Gottheit würde sich wohl mit dir verbünden? Du scheint mir ein pfiffiger Zeitgenosse zu sein."


    Mit der Hand wies ich auf eine Liege.
    „Bitte, mach es dir bequem. Ich nehme an du bevorzugst Wein?“Während ich auf die Antwort wartete, nahm ich ebenfalls Platz. Ein Wink beorderte eine Sklavin herbei.

  • Ein leichte Röte schlich sich in das Gesicht des Metellus ein. Sein Vater hatte ihn tatsächlich mit Nachdruck ermahnt, sich gebührlich zu verhalten. Zu wichtig war dieser Termin. Und als Deandra ihn ansah schaute er zunächst leicht verlegen zu Boden, um dann, mit einem leicht gesenkten Kopf, liebenswürdig zu ihr aufzusehen. Deutlich waren seine ausgeprägten Lachfalten, um die Augen herum, zu sehen.


    Wo ich herkomme? Metellus machte eine bedeutsame Pause


    Aus einer Gegend, wo nicht nur die Anmut einer Frau bewundert wird, sondern ebenso ihr Intellekt, ihr Scharfsinn und ihre natürliche Würde. Ich bewundere Frauen, die selbstsicher und tolreant sind


    Er folgte der Einladung und machte es sich auf der Liege bequem.

    Welche Götter mir wohlgesonnen sind? Sicher Bacchus und Dius Fidus. Da Du so großzügig und nachsichtig mit mir bist, scheinen Clementia und Hilaritas mir ebenfalls gewogen zu sein. Nur Fides scheint bei mir zu versagen.


    Und Dich begleiten sicherlich Pietas, Salus und Victoria in besonderem Maße ;)


    Die Einladung zum Wein gefiel ihm sichtlich gut.
    Lass mich Dir vorab danken, für den Wein, den Du mir in die Kaserne schicktest. Er war vorzüglich, und ich habe beim Genießen stets auf Dein Wohl hin angestoßen.


    Und um die kleine Götterkunde abzuschließen, endete metellus mit den Worten:
    Mir scheint, die Göttin des Pflanzenwuchses ist Dir ebenfalls gut Freund. Hier überall wachsen die schönsten und üppigsten Blumen. Prächtigere habe ich selten gesehen. Und so manche scheint mir so selten zu sein, das ich ihren Namen nicht einmal kenne.
    Gibt es denn auch etwas, das Du nicht beherrscht?


    Ein schelmisches Lächeln konnte Metellus sich nicht verkneifen.

  • „Oh ja, Metellus, Diplomatie ist mir nicht gegeben.“


    Ein helles Lachen erklang, bevor ich der Sklavin meine Wünsche mitteilte.


    „Bring uns eine Amphore Wein der besonderen Art, eine Amphore frisch Gepressten und trage sodann die Vorspeise auf.“
    Mein Blick richtete sich wieder auf Metellus, automatisch musste ich lächeln.


    „Ich liebe den Umgang mit geistreichen Personen und du scheinst ganz besonders begabt zu sein … Ist es dir doch möglich, so viele Dinge zu erraten und bist du doch zusätzlich geschickt im Umgang mit Worten.“


    Kurz senkte ich die Augen, bevor ich weitersprach.
    „Eine Kostprobe fehlender Diplomatie kann ich dir sofort geben. Es ist eine Schwäche meinerseits, die Worte ungeschminkt zu versenden. Hinzu kommt, dass ich durchaus mit dem Kopf durch die Wand gehen kann. Eine gesamtaurelische Schwäche wie mir scheint. Zurück zur Kostprobe…“


    Gerade kam die Sklavin zurück und stellte die verzierten Amphoren und edle Trinkgefäße an. Ich ließ mir ein Glas mit Zitrussaft einschenken und nahm einen kleinen Schluck.


    „… Selbstverständlich hört eine Frau solche Worte gern, doch ist auf diesem Wege meine Zuneigung nicht erwerbbar. Jene ist weder käuflich noch kann sie erschmeichelt werden. Meine Sympathie, die ich nur sehr sporadisch verteile, kann man sich durch Aufrichtigkeit, Loyalität und bedingungslose Treue erwerben.“


    Eine Kunstpause schien mir angebracht, in der ich bedachtsam mein Glas abstellte, bevor ich erneut aufsah.


    „Du hast all diese Eigenschaften bereits bewiesen, weswegen ich deine Aufnahme als Klient befürwortet habe.“

  • Als Metellus diese Worte vernahm, da durchlief ein wohliger Schauer seinen Körper. So etwas hörte er ja nicht alle Tage. Er fühlte sich gerührt und geschmeichelt. Nein, geschmeichelt war der falsche Begriff. Man schmeichelt mit Worten, nicht mit Taten. Seit er mit Deandra iin Kontakt stand, da hatte sie ihm schon viel Gutes zukommen lassen....Er fühlte sich tief geehrt und wusste nicht, wie er seine Dankbarkeit in Worte fassen sollte.


    Glücklicherweise kam genau in diesem Augenblick die Sklavin mit einer Kanne Wein. Metellus nahm schnell einen wunderschönen Becher und hielt ihn der Sklavin hin. Sie schenkte etwas ein...nicht gerade viel, aber der Wein benetzte den Boden des Bechers. "Das ist sicherlich die vornehme Art, aber ich bin ein gestandener Römer und habe Durst," dachte der Annaeus Metellus. Kritisch schaute er die Sklavin an, wobei seine linke Augenbraue noch oben gezogen war. Sie verstand das zeichen und schenkte weiter ein. Solange, bis Metellus zufrieden nickte. Der Wein war köstlich, wobei er sich bemühen musste, nichts zu verschütten, denn der Becher war bis zu Oberflächenspannung gefüllt.


    Nun wandte er sich an seine Gastgeberin, und seine Stimme wurde ernst.
    Verehrte Deandra, Du tatest schon so viel für mich, seit ich in Rom bin. Es gibt hier, im Herzen des Imperiums, nur drei Parteien, denen ich absolut ergeben bin. Dem Kaiser, der Gens Annaea und auch Dir.Du bist wirklich sehr, sehr großzügig mit Deinen Taten und Worten


    Cadior, ein Factio-Freund, der Deandra lange kennt, erzählte eben dieses, und er hatte nicht übertrieben. Auch das aufbrausende Temperament erwähnte er, aber so hatte Metellus sie auch eingeschätzt.

  • „Nun es ist die Aufgabe eines Patrons, hilfreich dem Klienten unter die Arme zu greifen. Kein Grund, dies in besonderer Weise hervorzutun. Der Abend ist noch lang und ich bin ganz Ohr für deine Wünsche und deine Sorgen.“


    Annähernd lautlos näherten sich zwei Sklavinnen. Man legte bei den Aureliern Wert auf ein unscheinbares Auftreten der Haussklaven. Dadurch herrschte in den aurelischen Villen immer eine noble Stille trotz Betriebsamkeit.
    Der Ziegenkäse und die Datteln wurden zusammen mit dem Brot abgestellt. Während eine Sklavin der Küche zueilte, schnitt die andere Datteln auf, füllte diese mit dem Käse und reichte sie der Hausherrin und ihrem Besucher dar.


    Ich nahm den Teller mit den Dattel entgegen und verkostete eine Frucht. Der Käse nahm die übertriebene Süße, es schmeckte lecker. Ob wohl Metellus in dieser Art schon einmal Datteln verspeist hatte?


    „Du hast vorhin die Bepflanzung des Atriums angesprochen. Ja, ich liebe exotische Pflanzen. Meine Lieferanten stammen aus Asien und ähnlich fernen Ländern. Außerdem halte ich es für Frevel, eine Blüte von ihrem Stiel zu trennen. Ihr Leben ist in Kürze dahin. Ich bin mir annähernd sicher, dies gefällt den Götter ebensowenig.“


    Wieder griff ich nach einer Dattel, kaute genüsslich und schluckte bevor ich sprach.


    „Du kennst dich sehr gut mit Göttern aus. Während du deine Wünsche an mich äußerst, freue ich mich, gleichzeitig über dieses Thema von dir unterhalten zu werden.“


    Meine Aufforderung verpackte ich in ein charmantes Lächeln.

  • Charmant, aber doch dominierend, schmunzelte Metellus in sich hinein. Und er war froh, KEINE Schnittblumen mitgebracht zu haben. Cadiors Warnung war also berechtigt gewesen. Als ihm die gefüllten Datteln gereicht wurden, versuchte der Vigilus eine souveräne Figur zu machen. Deandra erfüllte selbst beim Essen dieser kleinen Früchte den Raum mit Eleganz und Stil. Er hingegen hatte Datteln noch nie in dieser Form serviert bekommen. Bislang hielt er es mit Datteln wie mit Oliven. "In die Schale greifen, 3-5 in den Mund stecken, und abschließend die Steine entsorgen". Etwas befremdlich war es schon für ihn, nun eine Einzelne mit spitzen Fingern zu essen. In seiner großen Hand wirkte die kleine Dattel eher mitleiderregend. Doch der Geschmack war vorzüglich. Ungewohnt, aber aüßerst schmackhaft. Am liebsten hätte er eine handvoll genommen, aber er ließ es bleiben ;)


    Es würde ein sehr angenehmer Abend werden, er fühlte sich rundum wohl und lächelte seine Gastgeberin an.


    Oh ja, mit den Göttern und unserer Geschichte kenne ich mich aus. Als Kind bin ich mit meinem Vater und meinem Bruder Aulus weit rumgekommen. Wir lebten mal bei einem alten Freund meines Vaters, der Schafe hielt. Und wenn er tagsüber auf der Weide war, da saßen wir oft unter einer riesigen Zypresse und er erzählte mir die spannendsten Geschichten. Von Romulus und Hannibal, aber auch von den Göttern und den alten Traditionen. Dieser Hirte hatte immer eine kleine Götterstatuette aus Blei in einem Beutel bei sich. Und eines Tages erzählte er mir, das es sich bei ihr um Laetitia handeln würde, die Göttin, die stets für eine freudige Haltung bei den Menschen sorgt. Das gefiel mir. Als wir ihn dann verließen, da hat er sie mir geschenkt.....und ich habe sie noch heute.


    Metellus schnappte sich eine weitere Dattel, und er versuchte ebenso würdevoll, wie Deandra beim Essen zu wirken. Leider fiel etwas von der Füllung zu Boden. Er rollte die Augen und griente Deandra an.


    Ich glaube, die Füllung hat etwas dagegen, in meinem Magen zu verschwinden. Schnell, bevor eine sklavin sich bemühen musste, fingerte er das Stückchen auf und legte es dezent an den Rand eines Tellers.

  • Ich bemerkte Metellus' Missgeschick nicht. Schweigend wies ich auf eine Dattel, bei der die Kerne nicht ordnungsgemäß entfernt waren. Mit gesenkten Augen nahm die Sklavin die Frucht zurück, hauchte eine Entschuldigung und überreichte mir hastig eine neue.


    „Wo waren wir noch stehen geblieben?“ Kurz zeigte mein Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck, dann jedoch kam die Erleuchtung. „Richtig, eine bleierne Götterstatue. Ein schönes Andenken.“


    Was habe ich Göttergeschichten geliebt. Heute war mir danach, Metellus davon zu berichten.
    „Immer, wenn mir jemand Geschichten über unsere Götter erzählt hat, habe ich fasziniert zugehört. Ich habe damit manch schöne Stunde, vor allem in Gemeinschaft mit Sophus verbracht. Es ist noch nicht lange her, da versprach er mir weitere solcher Erzählstunden. Nach seiner Beförderung wollte er einige Tage bei seiner Familie verbringen. Leider ist daraus nichts geworden, denn er ist derzeit unabkömmlich. Ich verstehe das, aber ich vermisse ihn und seine Gesellschaft sehr. Du solltest ihn auch kennen lernen. Er ist das Familienoberhaupt und im Grunde ist er dein Patron.“


    Für Momente vergas ich die Anwesenheit meines Besuchers. Ich versank in Erinnerungen. Es war alles andere als leicht, einem Mann, der mit Leib und Seele Soldat war, versprochen zu sein. Was hatte ich bereits für Zugeständnisse gemacht … Ich seufzte und versuchte ein Lächeln.


    „So lange Sophus nicht für seine Familienmitglieder da sein kann, werde ich mich um alles kümmern. Hast du Wünsche, Metellus? Wie kann ich dir behilflich sein?“

  • Es war leicht zu erkennen, das die Hausherrin an ferne Gedanken hing, die sich vor ihrem geisitigen Auge zu realen Bildern türmten und sorgenvoll auf sie herabdrückten.

    Deandra,.....ist alles in Ordnung mit Dir? ....Du hast eben abwesend, ...so weit fern gewirkt?


    Metellus war beunruhigt, und seine Wünsche könnten warten. Es schien ihm vielmehr , als müsse der Klient sich eher seiner Patronin widmen. Er erhob sich und ergriff das Glas der Deandra, um es ihr zu reichen. Er hockte sich neben ihre Liege, und besorgt schaute er sie an.

  • Groß wurden meine Augen, eine solche Handlungsweise war ich nicht gewohnt. Ich bedankte mich mit einem Lächeln.


    „Bei allen unerfreulichen Entwicklungen der Vergangenheit kann ich mich glücklich schätzen, von sehr lieben Menschen umgeben zu sein. Was mich gerade erstaunt, ist die Tatsache, wie extrem unterschiedlich Männer sein können. Zugegeben – ihr seid Angehörige verschiedener Stände – Sophus, Assindius und du, aber das allein kann es nicht sein. Assindius, mein Sklave, ist ein harter Kerl, Sophus ist ernst, zurückgezogen, mitunter von fast schneidender Kälte, du strahlst eine gewisse Güte, mehr Wärme als die anderen aus. Auf euch alle drei ist aber Verlass.“


    Gut, Sophus hatte die Familie annähernd aufgegeben, als die furchtbaren Ereignisse passiert sind. Er zog sich zurück, lebte fast nur noch für die Legion. Ich hörte viele Versprechungen, wenige, sehr wenige hat er umgesetzt. Ich riss mich aus den Gedanken los und blickte auf.


    „Wie geht das? Wieso können Männer so unterschiedlich sein?“

  • Ich glaube, es liegt an uns Männern selbst....und den Umständen. Keiner ist von Natur aus böse, oder kalltherzig. Wir werden es durch unsere Erfahrungen...aber auch durch unsere Ängste. Wenn wir einmal verletzt werden, dann wandeln wir uns meist. Ziehen uns zurück, klammern uns an meist nur noch EINES, was uns noch Halt im Leben gibt....oder so tut. Mag es die Legion sein oder Bücher. Manche ziehen sich zurück und verzweifeln, und so mancher stellt sich stolz gegenan.


    Metellus hockte noch immer neben ihr und schaute ihr intensiv in die Augen.


    Aber, wenn ich eines gelernt habe, dann, das die Götter dem Gerechten stets beistehen. Mag man es manchmal auch nicht erkennen, mag es manchmal lange auf sich warten. Ich glaube, sie prüfen uns und wollen sehen, ob wir würdig sind, von ihnen geschützt zu werden.

  • Das Gepäck war entladen und verstaut, der Kutscher hatte für das Fahren und das Plaudern seine Belohnung bekommen und war fort. Da ich jetzt nichts mehr zu tun hatte, kümmerte ich mich um meine Leibwächter Aufgaben und stellte mich an eine Wand eines Nebenzimmers nahe der Tür.

  • Gespannt hörte ich zu, war ich doch der Hoffnung, etwas lernen zu können. Was Metellus sagte, traf aber auf jeden Menschen zu. Sicher, Verletzungen und schlechte Erfahrungen prägten einen Menschen mitunter für alle Zeit. Das wusste ich und doch ... Sophus war schon immer ein sehr ernster Typ. Wie Assindius vor seiner Versklavung war, wusste ich nicht zu sagen. Eines jedoch fand ich höchst interessant ...


    „Verletzungen, Erfahrungen - das ist mir klar. Du sagt ein Mann verändert sich auch durch seine Ängste? Was meinst du damit? Vor was fürchtet sich ein Mann und wieso ändert ihn das?“


    Das war ein Rätsel, was ich nie würde lösen können. Es war mitunter sehr schwer, Handlungs- und Denkweisen der Männer zu verstehen. Nachvollziehen konnte ich vor allem eines nicht:


    „Ist ein Mann dann aufgrund seiner Verletzungen so blind, dass er nicht bemerkt, dass neben ihm Menschen existieren, die – wie er selbst – schwer an denselben Verletzungen tragen und die er nun durch seine Rückzugs-Reaktion doppelt straft? Ist ihm das alles völlig egal? Wo bleibt in dieser Sache sein Verantwortungsgefühl? ...“


    Mitten in den Überlegungen stockte ich. Mir wurde bewusst, dass meine Worte Vorwürfe gegen Sophus’ Handlungsweise waren. Monatelang hatte ich diese Gedanken zurückgehalten. Heute verließen sie erstmalig meinen Mund. Ich erschrak darüber, legte meine Finger auf die Lippen und sah mich mit großen Augen um. Was tun? Wie die Situation wenden? ... Ich griff nach der erstbesten Ablenkung. Da waren Geräusche.


    „Das wird mein Leibsklave sein. Ich habe ihn kurz nach dem Bruch meiner Gens erworben. Er ist um mich wie ein Schatten, was sehr beruhigend ist.
    Assindius? Du kannst reinkommen.“

  • Metellus hatte seiner neuen Patronin sehr genau zugehört und hoffte, die richtigen Worte zu treffen. So genau kannte er Deandra nicht, er wollte mit seiner Offenheit nicht in Verlegenheit geraten. langsam stand er auf und legte sich wieder auf die Liege...welche eindeutig bequemer war.


    Du sprachst eben von fehlendem Verantwortungsgefühl. Ich glaube, gerade darin irrst Du. Eben aufgrund des Verantwortungsbewusstseins scheitern so viele von uns. Eben, weil wir fürsorglich und Verantwortungsbewusst sein wollen, geraten wir in schicksalhafte Abgründe, geprägt durch Angst und Verzweiflung. Wenn wir sehen, das alles um uns scheinbbar zusammenbricht, da richten wir uns auf, wie der vom Speer getroffene Löwe. Wir sind blind, was um uns herum geschieht, und wir wollen nur noch retten, was uns lieb ist. Doch eben diese Blindheit lässt uns manchmal falsche Entschlüsse treffen....und später, wenn wir dann erkennen, was geschehen ist, was alles verkehrt lief, dann finden wir nicht mehr zurück. Wir sind in einer Grube gefangen, die wir mit unserem Geist selbst gegraben haben. Dabei verletzen wir dann andere, obwohl wir nur uns selbst verletzen wollen. Ich glaube manchmal, ihr Frauen seid da ganz anders. Stärker und standhafter.


    Betroffen stockte Metellus. Noch nie hatte er über solche Gedanken gesprochen.


    Als Deandra nach Assindius rief, da wurde Metellus neugierig. Von diesem Germanen hatte er schon so einiges gehört. Er war gespannt.

  • Zitat

    Original von Assindius
    Ich trat ein. Das mit dem unauffällig musste ich wohl noch üben. Ich grüßter erst die Herrin dann denn Gast und stellte mich abseits der beiden in eine Ecke.


    Metellus musterte den Germanen interessiert und musste leicht schmunzeln über das, was er an diesem Hühnen entdeckte.
    Die Augen des Metellus verrieten aber, das es ein freundliches Lächeln war und nichts mit Überheblichkeit zu tun hatte. Denn zum Thema Sklaven hatte er eine gefestigte Meinung. Er war kein Freund der Sklaverei, doch hielt er sich, zumal im Hause einer Patrizierin, damit zurück.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!