Officium des Sacerdos

Sacerdos Titus Iulius Imperiosus saß an seinem Schreibtisch und bearbeitete die vielen Papyrusrollen.

Imperiosus erhob sich sofort und lächelte.

"Salve, Sacerdos Decima. Titus Iulius Imperiosus mein Name. Was verschafft mir denn die Ehre eures Besuches?"

Sie war bezaubernd und Imperiosus musste sich zusammenreissen, um nicht in einem fortwährenden Grinsen zu verweilen.

Von Quirlig schien da nicht die Rede zu sein. Ein Schüler, der nicht kam und die neue Discipula hatte nicht mal die erste Lectio durch.
Schon wollte er seufzen, unterlies es jedoch rechtzeitig und lächelte weiter.
Er bedeutete ihr sich setzen zu dürfen.

"Nein, nicht doch, ihr stört nicht Sacerdos. Ich habe euren Aushang erst vor Kurzem von einem Tempeldiener gebracht bekommen und hatte noch nicht die rechte Zeit mir über die Vorgehensweise Gedanken zu machen."

Flaminca Minervae, ach, diese Frau brachte ihn immer an die Grenzen zur Wut, doch noch konnte er sich immer zügeln.

"Um den Tempel des Mercurius kümmere ich mich natürlich persönlich, ich habe eine Schülerin, die dem Gotte Neptun dienen möchte. Darum werden wir wohl auch den Schrein am Circus Maximus übernehmen und den Tempel des Neptun Equester. Welche Tempel bleiben denn noch übrig?"

Imperiosus musste lachen.

"Dein Rat kommt leider zu spät. Du musst wissen, dass mich die Unterbesetzung des Cultus Deorum sehr zu denken gibt, darum kam ich auch zu der Flaminca. Und nun muss ich in der Anmeldung sitzen und kümmere mich auch um die Eheregistratur."

Er nahm ein Papyrus hervor.

"Es erfüllt mich mit Sorge zu sehen wie sich die Menschen immer mehr den Göttern abwenden. Darum habe ich die Initiative gefasst und dieses Werbeschreiben in Rom und den umliegenden Gebieten anbringen lassen.

Die Rolle wurde von ihm zurechtgelegt, damit sie das Werbeschreiben sehen konnte.

"Der Cultus Deorum braucht mehr Priester, das ist Fakt und ich bin nicht gewillt über dies hinweg zu sehen."

Imperiosus lächelt.

"Ich wollte die Menschen nicht zwingen, es war eher eine Anregung sich Gedanken über die Götter zu machen, vielleicht zu erkennen, dass man ihnen dienen will."

Als sie geendet hatte stand er auf und schenkte ihr in einen Becher ein, natürlich verdünnten Vinum, und begann dabei weiter zu reden.

"Gut, ihr seht es vielleicht nicht dramatisch, doch da bin ich anderer Meinung."

Er setzte sich wieder.

"Bevor ich Sacerdos wurde lebte ich in Ostia, Decima. Eine wundervolle Stadt, schöne Gässchen, ein Portus, eigentlich alles friedlich und normal. Doch als ich immer wieder in den Tempelbezirk ging, mir die Tempel anzuschauen musste ich vor Entsetzen feststellen wie verkommen diese doch waren. Stellt euch vor, Sacerdos, ein Mercuriustempel wurde wegen Einsturzgefahr gesperrt und dann abgerissen. Ihr könnt euch denken was in mir, als Sacerdos Mercuris, vorging. Gut, die Curie sammelte sogleich Spendengelder um einen neuen Tempel zu errichten, ich stellte mich bereit die Tempelweihung komplett zu organisieren. Doch Fakt ist, der Tempel ist so verkommen, weil sich keiner um ihn gekümmert hat. Und bei den Göttern, Sacerdos, die anderen Tempel sind in keinem besseren Zustand! Dies Beispiel sollte man nicht verallgemeiner, doch ist Ostia eine Stadt von Vielen und ich befürchte, dass es in anderen Städten genau so ist. Gut, hier in Roma sind die Tempel wohl nicht so verkommen, allein schon da Rom das Herz des Cultus Deorum ist, doch gehe ich derzeit vom Schlimmsten aus. Ich fürchte, dass die Götter vergessen werden, sie erzürnen."

Von seinem Gerede bekam er Durst und nahm einen Schluck.

Imperiosus überlegte, sagte aber dann mit einem gewissen ernsten Unterton ganz leise.

"An den Saturnalien war ich in Hispania."

Doch dann wandte er sich, aus seiner kleinen Versenkung hinaus, wieder an Aemilia.

"Gut, ihr sagt, dass die Menschen die Götter im Privaten ehren sollten. Doch ihr wisst selbst, dass man genaue Richtlinien einzuhalten hat bei einem Opfer. Wenn diese Richtlinien falsch verstanden oder nicht eingehalten werden, dann kann man das Opfer gleich wiederholen da es der Gott sowieso nicht annimmt. Darum ist es vonnöten, dass es Priester gibt, die den Menschen zeigen wie solch ein Opfer zu vollziehen ist. Darum brauchen wir mehr Priester. Aber auch die Hausaltäre werden, wie ihr wisst, von Priestern geweiht und in letzter Zeit wurde ich darauf hin nicht ein einziges Mal angesprochen. Wobei ja Mercurius mitunter für den Handel zuständig ist und es in Rom sicherlich viele Händler gibt."

Er wunderte sich warum sie nun auf seine Dienstzeit anspielte. Ihm war es klar, dass er nicht lange Sacerdos war, doch hatte er sich vorher schon mit der Lage auseinandergesetzt.
Ein wenig stolz antwortete er nun.

"Etwa ein halbes Jahr. Aber du willst doch nicht darauf anspielen, dass ich aufgrund meiner Dienstzeit nicht die nötige Erfahrung im Cultus Deorum und im Umgang mit Menschen habe?"

Fragend sah er sie an.

Verwundert sah er zu Aemilia.

"Ich glaube nicht, dass ich im Verlaufe dieses Gesprächs euch jemals irgendwas erklärte oder eure Kompetenzen in Frage stellte. Ich würde dies niemals behaupten, glaubt mir."

Doch schien sie wohl etwas verärgert zu sein.

"Eigentlich hätte ich zwei Discipuli, doch meldet sich einr von ihnen schon seit Tagen nicht mehr. Ich fürchte, dass ihm etwas zugestoßen ist. Aber ich hätte noch eine Discipula, welche den Neptuntempel übernehmen könnte, wie ich erwähnte. Habt ihr noch Tempel, die ihr mir gerne abgeben wollen würdet?"

Und er nahm einen Schluck.

Nein, Imperiosus wollte die Sache als geklärt wissen und sprach nochmal das Thema an. Irgendwie schienen ihn alle in letzter Zeit zu missverstehen.

"Ich belehre euch nicht, ich wollte lediglich Nachduck verleihen warum viele Priester vonnöten sind. Dies war nicht gegen euch gerichtet, noch belehrte ich."

Mit einer theatralischen Handbewegung schob er das Theme beiseite.

"Natürlich übernehme ich jene Tempel. Wenn ihr Hilfe braucht, so zögert nicht mich zu fragen, Sacerdos."

Nun ließ er doch ein Lächeln auf seine Gesichtszüge zaubern.