Der Bau des Amphitheaters

  • Es war schon eine ganze Zeit her, dass Priscus mit einigen Männern als Vermessungstrupp für Mantua abkommandiert worden war, aber erst jetzt hatte man ihm den zu vermessenden Platz gezeigt. Ausgestattet mit Messlatten, Markierungsstäben, zwei Gromae und einem Nivelliergerät liessen sich die Männern von einem städtischen Beamten auf die Wiese führen.


    "Nun gut, hier soll es also hin, das neue Amphitheater? Ziemlich uneben - spart Substruktion, erschwert die Vermessung", stellte er trocken fest und blickte mit zusammengekniffenen Augen umher.


    "Immerhin können wir die Straße da vorne als Grundlinie nehmen, die sieht gerade aus. Lasst uns das mal prüfen."


    Sie gingen zurück zum Rand des Feldes und steckten die erste dünne Markierungsstange an den Rand der Straße. "Zehn mal ein Actus", ordnete Priscus an und einer der Soldaten stiefelte los, um zehn weitere Stangen in einer geraden Linie entlang der Straße und im Abstand von je 120 Fuß in den Boden zu stecken.

  • Bei seinem Spaziergang lenkte Corvius Ingeniosus seine Schritte zu dem Ort, an dem bald das neue Amphitheater Mantuas stehen würde.
    Interessiert schaute er dem Treiben auf dem noch unbebauten Platz zu. Ein Schauder überkam ihn, wenn er daran dachte was für Menschen später an diesem Ort zusammenkommen würden.
    Ihm war als könne er schon die gespannte Aufregung der Zuschauer, die da kommen werden, spüren. Doch noch war es nicht so weit.

  • Priscus war mit dem Ausmessen der Straße zufrieden, sie war tatsächlich ziemlich gerade und durch denen ebenerdigen Verlauf war die Messung einfach.


    "Eine Groma hier hin und eine hinten ans Ende, damit ziehen wir uns zwei Linien entlang der Seiten des Bauplatzes."


    Je zwei Soldaten brachten eine Groma zum gewünschten Punkt, steckten sie in die Erde und richteten das Mittellot auf den Fußpunkt der Messung aus. Dann peilten sie über die eine Achse die Markierungsstangen entlang der Straße an. Die andere Achse zeigte ihnen dann die Richtung für die Seitenlinien an. Ein Soldat lief mit einer weiteren Stange los und der andere dirigierte ihn in die richtige Richtung.
    Da jede Groma zu Abweichungen in der Messung führen kann, selbst wenn sie noch so präzise gearbeitet ist, wurde eine Gegenmessung durchgeführt. Das Kreuz auf der Groma wurde um 90° gedreht und noch einmal auf die Gerade entlang der Straße ausgerichtet. Eine erneute Einmessung der Seitenlinie brachte zwar nun ein leicht anderes Ergebnis, aber das endgültige korrekte Ergebnis war nun einfach zu bestimmen: der Mittelpunkt zwischen den beiden Messungen ist der gesuchte Punkt.


    Während die Soldaten die Messungen durchführten, bereitete Priscus einen größeren Papyrusbogen vor, um die Ergebnisse der Messungen einzutragen und somit eine genaue Abzeichnung des Bauplatzes zu erreichen.

  • Mein Ziel war heute der Bauplatz des Amphitheaters. Mir fehlten für meine Arbeit wichtige Informationen, die ich mir umgehend beschaffen wollte. Ohne zu zögern sprach ich den die Arbeiten leitenden Unteroffizier an.


    „Salve Optio, ich soll für dieses Objekt die erforderlichen Bauzeichnungen und Berechnungen durchführen, brauche dazu die genauen Angaben über die Beschaffenheit des Bodengrundes. Ich nehme an, dass ich diese Auskünfte weniger in der Curia beim Magistratus als vielmehr hier beim Fachmann erhalten kann. Lässt sich diesbezüglich schon eine Aussage treffen oder kann ich damit rechnen, dass mir nach Abschluss der Arbeiten Informationen zukommen?“

  • Verdutzt blickte Priscus den Soldaten an, der ihn ansprach. Niemand hatte ihm gesagt, dass noch andere Soldaten mit Teilen der Bauarbeiten beauftragt waren. Auf dem Dienstplan hatte er auch nichts dementsprechendes gelesen.


    "Salve! Wer bist Du denn überhaupt? Wir sind erstmal nur zur Vermessung hier - über mehr bin ich nicht informiert."

  • „Herius Vesuvius Claudius mein Name. Über mehr kannst du auch nicht informiert sein, denn ich habe den Auftrag aus freien Stücken und völlig unentgeltlich übernommen. Eine Verwandte von mir hatte mich in der Curia angepriesen. Ich erledige die Arbeiten in meiner dienstfreien Zeit.“


    Ich grinste. Eigentlich kannte ich sie gar nicht, sie aber offenbar mich und meine Ausbildung als Architekt.

    „Hm, dann muss ich mich wohl doch an den Magistratus wenden.“


    Ich sah mich kurz um. Als Baugrund war offenbar einfacher gewachsener Boden zu berücksichtigen. Die genaue Beschaffenheit wäre noch interessant zu wissen.

  • Priscus war einigermaßen verblüfft. Einen Soldaten, der in seiner dienstfreien Zeit Baupläne für ein Amphitheater zeichnet, kam ihm doch etwas suspekt vor.


    Er wandte sich kurz wieder an die Soldaten, die ihm durch Handzeichen zu verstehen gaben, dass sie die beiden seitlichen Begrenzungslinien des Bauplatzes eingemessen hatten. "Dann macht mal eine Kontrollmessung der Abstände da hinten. Wir müssen wieder 10 Acti rausbekommen."


    Im hinteren Bereich des Geländes machten die Unebenheiten schon mehr Probleme, so dass die Soldaten nicht einfach die 10 Fuß langen Messlatten auf den Boden legen konnten, um den Abstand festzustellen. Sorgfälltig setzten sie Hilfsstangen als Markierung und stellten für jede Messung zuerst die waagerechte Lage der Messlatte fest.
    Das Ergebnis der Messung war sehr zufriedenstellend, die Abweichung bei der Messung war minimal.


    Zufrieden zog Priscus die letzte Linie des Vierecks auf seinem Papyrus und trug die Maße ein. "Dann messt mir jetzt mal die Höhen an den Ecken aus" wies er die Soldaten an, bevor er sich wieder an den einzelnen Soldaten wandte. "Bist Du ausgebildeter Architekt?"

  • „Ausgebildeter Architekt mit ausländischem Diplom und ohne jedes Interesse, meine Kenntnisse – außer bei diesem einmaligen Projekt – weiterhin anzubieten. Es war eine Zusage, basierend auf Gefälligkeit und nur deswegen, weil das neue Objekt ja nicht zuletzt auch den Soldaten zugute kommt und die Stadtkasse Mantuas offenbar nicht überfüllt zu sein scheint.


    Ansonsten bin ich mit Herz und Seele Soldat, was keinen Raum für anderweitige Betätigungen lässt.“



    Interessiert verfolgte ich die Anweisungen des Optios. Mit Vermessungen hatte ich mich bisher noch nie beschäftigt. Mir wurden fertige Pläne vorgelegt, damit ich mit meiner Arbeit beginnen konnte.


    „Tja, neben den Plänen, die du gerade erstellst, brauchte ich für meine Tätigkeit eben noch Angaben über die Beschaffenheit des Bodengrundes und ebenso den Stand des Grundwasserspiegels.“


    Das wurde einem Architekten geliefert, darum musste er sich nicht selbst kümmern. Die Frage war jetzt nur, von wem ich diese Informationen bekam.

  • Zufällig kam ich bei dem Bauplatz vorbei. Ich wollte sehen, wie weit die Vermessungsarbeiten waren.


    „Salvete! Hier tut sich ja schon einiges.“


    Ich nickte freundlich den Soldaten zu, die emsig den Messungen nachgingen und diese auf Papyrus übertrugen. Anschließend wandte ich mich an Claudius.


    „Nun, wie weit bist du denn mit deinen Arbeiten bereits gekommen?“

  • Ich grüßte zurück.


    "Erste Entwürfe habe ich bereits gemacht, aber es sind nur Entwürfe. Natürlich brauche ich die Lagepläne bevor ich endgültige Zeichnungen erstellen kann.


    Auch mit den Berechnungen kann ich erst beginnen, wenn ich alle nötigen Angaben habe. Mir fehlen noch Hinweise über die Beschaffenheit des Bodengrundes und ebenso den Stand des Grundwasserspiegels. Derzeit ist ungeklärt, woher oder besser von wem ich diese Angaben erhalte.“

  • „Meines Wissens, bzw. was ich aus den Aufzeichnungen in der Curia herauslesen konnte, besteht der Boden hier aus Lockersedimenten, also Sand und Kies. Ein guter tragfähiger Boden, bei dem der Grundwasserspiegel nicht höher als üblich in dieser Gegend ist. Durch die hohen Temperaturen wird im Gegenteil die Neuansammlung von Grundwasser gebremst. Ich würde dennoch sicherheitshalber für eine Probebohrung plädieren.


    Wäre das im Rahmen der Möglichkeiten, die die Techniker der Legion haben?“


    Fragend sah ich den Vermessungsoffizier an.

  • Priscus begrüßte den Magistratus auf dem Bauplatz und unterrichtete ihn kurz vom Stand der Vermessung. Währenddessen hantierten im Hintergrund die Soldaten sorgfältig mit Messlatten und Visiergeräten, um die Höhenunterschiede an den Eckpunkte festzustellen. Das Gelände war aber zum Teil so uneben, dass Zwischenmessungen gemacht werden mussten. Immer wieder stellten die Soldaten an ausgemessenen Punkten die Chorobates auf, einen langen Balken mit einer Wasserrinne, über den man auch auf größere Entfernungen eine waagerechte Linie peilen konnte. Stand das Wasser an beiden Enden der Rinne gleich hoch, lag der Balken in der Waagerechten und man konnte über zwei Markierungen an seinen beiden Enden eine messtange anpeilen. Auf dieser konnte man dann anhand von Markierungen die Höhenunterschiede messen und festhalten.


    Priscus sprach derweil mit den Gästen: "Ja, eine Probebohrung zum Boden können wir sicher durchführen. Aber ich teile deine Einschätzung, dass wir es hier mit Sand und Kies zu tun haben. Vom Grundwasser haben wir hier noch nichts bemerkt, aber wir liegen ja auch einige Meter höher als der Fluß. Was sagt denn unser Freizeitarchitekt, wie tief seine Fundamente werden sollen? Vielleicht begegnen wir da unten ja dem Wasser."


    Ein Soldat kam hinzu und reichte ien Wachstafel mit einigen Messergebnissen, die Priscus in die Zeichnung auf seinem Tisch übertrug.

  • „Grundwasser hat nicht unbedingt etwas mit der Höhenlage zu tun. Es handelt sich einfach um die Versickerung von Regenwasser, das sich auf der ersten undurchlässigen Erdschicht sammelt. Lockergesteine wie Schotter, Kies oder Sand führt in der Regel gerade einiges an Grundwasser, weswegen ich auf eine Probebohrung bestehen muss. Als Baugrund eignet sich allerdings dieser tatsächlich hervorragend.


    Tja und die Tiefe der Fundamente? Frostfrei, auch wenn hier nicht mit allzu kalten Wintern gerechnet werden muss. Das Amphitheater soll schließlich unsere Urenkel noch überdauern.“

  • Nachdem ich die bewaldeten Hänge hinter unserer Villa erklommen hatte, bot sich mir ein fantastischer Anblick. Mantua war schöner als ich es bisher vermutet hatte. Vor allem gab es Hügel und nicht nur flaches Land wie in Ostia. Ich lächelte versonnen. Es würde mir nicht schwer fallen, Ostia für immer zu vergessen.


    Auf einem nahe gelegenen Hügelkamm machten sich ein paar Menschen zu schaffen, die von hier wie Spielzeuggestalten wirkten. Ich beschloss, zu ihnen zu wandern. Heute verspürte ich erstmals wieder den Wunsch, anderen Menschen zu begegnen, mit ihnen in Kontakt zu treten.


    Nach einem langen und für mich auch ungewohnten Marsch, gelangte ich zu besagter Stelle. Abwartend blieb ich am Rand dieses ungewöhnlich geformten Platzes stehen und beobachtete interessiert die Soldaten bei ihrer Tätigkeit. Von weitem erkannte ich Cadior. Er war in ein Gespräch mit ihnen vertieft.

  • Im Augenwinkel sah ich eine Gestalt und bei näherer Betrachtung erkannte ich Deandra. Da sich die beiden Soldaten über fachliche Dinge unterhielten, winkte ich ihr zu.


    "Ah, Deandra. Wir haben uns lange nicht gesehen. Komm doch her. Das neue Amphitheater. Hast du schon davon gehört?"

  • „Salve Cadior!“ Ich war froh, dass er es war, dem ich bei meinem ersten Gang unter die Menschen begegnete. In seiner Anwesenheit fühlte ich mich wohl, wusste ich doch, dass aus seinem Mund stets die Aufrichtigkeit sprach.


    „Amphitheater? Ja, ich erinnere mich, es scheint nur so lange her zu sein. Hier also soll es entstehen. Gehen die Arbeiten gut voran?“

  • „Es läuft alles planmäßig. Derzeit werden die Vermessungsarbeiten durchgeführt, anschließend das Gelände erschlossen und wenn die Bauzeichnungen und Berechnungen erstellt wurden, kann der Bau in seine erste Phase gehen.“

  • "Das freut mich. Das Amphitheater - ist es einmal fertiggestellt - bietet eine wirklich schöne Abwechslung im Leben der Bevölkerung und der Soldaten. Na, ich möchte nicht weiter stören. Salvete die Herren und gleichzeitig Valete", rief ich den Soldaten zu. Anschließend wandte ich mich zum Gehen.

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