In gute Hände abzugeben

  • In gute Hände abzugeben | Casca & Nelia


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    Ihr Vater übergab sie einem Sklavenhändler? Nelia konnte es nicht glauben. Wegen ein paar lächerlichen Kröten die er einem Tavernenwirt schuldete, verkaufte er seine Tochter. Es war ja nicht so, dass Nel sehr an ihrem Vater hing. Doch das tat weh. Ein recht großer, fies aussehender Kerl kam hinzu und packte Nelia am Arm, während ihr Vater mit dem Händler um sie feilschte. Aus ihrer Enttäuschung wurde Wut. "Vater, das kannst du nicht machen." Nelia glaubte vergehen zu müssen, so ein Zorn bemächtigte sich ihrer. Und jetzt war es doch eh schon gleichgültig was sie sagte. "Du verschacherst mich wie eine vertrocknete Kuh. Vater!? Verflucht lass mich los." Sie versuchte sich loszureißen. Doch der Handlanger hielt sie gnadenlos an Ort und Stelle. Ihr Vater sah zu ihr rüber und grinste. 'nein viel wert ist sie nicht, aber das was reicht mir vollkommen' er warf ein paar Geldstücke in die Luft und fing sie wieder auf. Nelia´s Augen sprühten Funken. "Du warzengesichtiges Schleimmonster. Ich bin nie wieder deine Tochter. Nie mehr."


    Es nutzte alles zetern nichts. Ihr Vater zog von Dannen und Nelia wurde in einen Käfig gestopft, den man mit einer schweren Kette sicherte. "Ich bin doch kein Raubtier." langsam beruhigte sie sich. Wobei ihr das nicht leicht fiel. Aber die Leute blieben schon stehen und sahen sie an, als sei sie verrückt. Der Sklavenhändler ging vor dem Käfig in die Hocke. "Sieht übel aus für dich, Kleine. Aber mal sehen was man aus dir noch machen kann." Nelia blickte den dreckigen Mann an. "Aus dir könnte man was machen." ihre Stimme klang sogar ziemlich freundlich. "Wasch dich und geh zu einem Barbier. Dein Haar sieht aus wie ein Rattennest und lass dich rasieren. Gepflegte Menschen machen die besseren Geschäfte."


    Der Händler stutzte, kratzte sich an seinem bärtigen Kinn und grinste dann. "Du könntest sogar Recht haben. Dumm bist du schon mal nicht." Der Händler kam etwas näher und sah sie genauer an. "Hübsch bist du auch. Für deinen Rat hast du was gut bei mir. Ich bin ja kein Unmensch. Was hast du also außer keifen und deinem Geschäftssinn noch zu bieten?" Nelia´s blaue Augen wurden groß. "Ich keife nicht. Ich... ach er hat es doch verdient. Ich bin eigentlich ganz nett." Sie zuckte mit den Schultern. "Kochen, putzen, waschen, eine Ziege melken... etwas Krankenpflege. Ha. Ein bisschen nähen. Aber nicht sehr gut." Der Händler lauschte, nickte dann und entfernte sich. "Und? Was passiert jetzt?" rief Nel ihm nach. Doch er war schon wieder beschäftigt.

  • [..]


    “Das hätte auch wirklich noch bis morgen Zeit gehabt!“, brachte Muckel hervor, der mich ein wenig stütze. “Und ich glaube nicht, dass das die richtigen Umstände sind, um ein Konzept auszuarbeiten! Und du hast den Laden ja noch nicht einmal gesehen!“


    Mein Gang hatte in strammer Voreiligkeit begonnen, doch bald hatte mein Knie mich wieder bezwungen und vermeldete überdeutlich, dass ich meine Schritte mit Bedacht setzen musste. So verzögerte sich alles doch ein wenig und ich hatte beschlossen eine Abkürzung über den Mercatus Urbis zu nehmen, wo wohl demnächst eine Sklavenauktion stattfinden sollte.


    “Nein Muckel, das ist irrelevant!“, erklärte ich forsch unter den eigenen gedanklichen Höhenflügen gefangen und hielt mich dann an einem der Sklavengatter fest, um eine winzige Rast zu machen. Mit der Hand wischte ich mir über die rechte Gesichtshälfte und schöpfte nach Luft. “Schau her... Ich meine, es kann doch nicht sein, bei tausenden von Menschen in einer Stadt, dass sie sich abgesprochen hätten um meine Tonstrina zu meiden! Das muss doch Gründe haben und ich werde es nicht auf die Götter schieben!“


    Muckel rollte mit den Augen.


    “Jedes Produkt braucht eine passende Vermarktung...“, sinnierte ich weiter und überlegte kurz. “Tonstrina Hispania... trotz Rasur ganz ungeschoren.... oder... Tonstrina Hispania...zarte Rasur für harte Männer...“ Mit der Hand fuhr ich untermalend durch die Luft, als könne ich diese Worte bereits in güldenen Lettern über dem Geschäft sehen, welches ich in der Tat noch nie mit den eigenen Augen erblickt hatte. Dabei sah ich nicht, dass sich Muckels Kinn etwas vor schob. “Wie wäre es mit...mit neuen Locken frohlocken ... oder... gestutztes Haar alles klar...“ Ich wedelte ein wenig mit der Hand herum, doch es half meinen Überlegungen nicht auf die Sprünge. Doch dann hörte ich eine Stimme, die sich plötzlich für mich deutlich von den anderen absetzte.


    “Gepflegte Menschen machen die besseren Geschäfte!“ So! Oder so ähnlich! Ich fuhr herum und suchte nach dem Ursprungsort dieser Worte. Und da sah ich ihn auch schon. Es war eine 'sie' und sie saß in einem der kleinen, gedrungenen Sklavenkäfige. In meine Augen stahl sich ein Funkeln und ich gab meinem Sklaven einen Wink.


    “Muckel komm! Das ist es!“ stellte ich in den Raum und humpelte auf die Sklavin zu, vor der der Händler gerade in die Hocke ging. Ich unterdessen straffte meine Haltung noch beim Gehen ein wenig, mit voller Aufmerksamkeit auf dem Geschehen vor meinen Augen. “Kochen, putzen, waschen, eine Ziege melken... etwas Krankenpflege. Ha. Ein bisschen nähen...“ Ich merkte, dass in mir spontan etwas Feuer gefangen hatte. “Und? Was passiert jetzt?“


    “Casca!“, gab Muckel verzweifelt von sich, doch es war zu spät. Ich war neben den Käfig getreten und setzte meinen Blick hinein. Ein hübsches Mädchen war es. Nicht groß, nicht dick, mit einem harmonischen, hübschen Gesicht, das jedoch einen recht fragenden Ausdruck trug.


    “Sag' das noch einmal!“, sagte ich dann und schenkte ihr ein freundliches, aber forderndes Lächeln. “Das mit den gepflegten Menschen und den Geschäften! Das war gut!“ Ich stützte mich mit einer Hand an das Gitter und neigte mich ein wenig vor.

  • Nelia sah den Sklavenhändler an. Okay, er war schon ein wenig älter aber nicht so hässlich, wie sein Handlanger. An dem würde auch waschen und rasieren nichts mehr schöner werden lassen. Doch Nel hatte ganz andere Sorgen, als Rasuren und Aussehen. Sie wollte hier raus und das möglichst plötzlich. Daher fragte sie den Händler war er denn nun vor hätte. Wie es hier weiter gehen sollte. Doch der blieb ihr die Antwort schuldig. Ging zu seinem Versteigerungsstand und plapperte augenscheinlich mit sich selbst.
    Vielleicht dachte er doch drüber nach erst mal ein Bad zu nehmen und sich etwas herrichten zu lassen. Für Nelia gab es nichts schlimmeres als ungepflegte Leute. Egal ob vom Land oder aus der Stadt. Wasser, Seife und ein bisschen Zeit dafür hatte noch nie jemanden geschadet.


    Dass sich ein Mann mit seinem Begleiter an ihren Käfige herangeschoben hatte, bemerkte das Mädchen erst als er sein Schatten auf sie fiel. Oha, der schien doch nicht Interesse an ihr zu haben. Sie wollte doch gar nicht verkauft werden. Aber das war wohl ihre Zukunft. Ihr Schicksal. Sie wandte den Kopf als der Mann sie ansprach. Er sah gut und und wirkte sehr gepflegt. Zuerst wollte sie ihn noch ignorieren, doch so unhöflich war Nelia nicht.


    "Was...? Was soll ich wiederholen, mein Herr?"
    Was hatte sie in ihrem Eifer gesagt. Ach so ja.
    "Ähm. Ich sagte: 'gepflegte Menschen machen die besseren Geschäfte'."
    Sie hob den Kopf etwas mehr an und ihre blauen Augen funkelten den Fremden leicht belustigt an.
    "Das war allerdings auf den Händler hier bezogen, mein Herr. Darf ich denn fragen warum, das so wichtig für Euch ist?"
    Hoffentlich glaubte er jetzt nicht sie wollte damit jemanden beleidigen. Denn das lag nicht in ihrem Sinn.

  • Noch immer lag mein Augenmerk lauernd auf dem gefangenen Geschöpf, doch dann nickte ich. Ja, sie sollte wiederholen.


    “Casca!“, sagte Muckel nun eindringlicher. Er war mir sehr nah gerückt und hauchte die Mahnung geradezu in mein Ohr.


    Ich allerdings wischte sie mit einer Handbewegung beiseite, als wolle ich eine lästige Fliege verscheuchen. Die Schöne hob ihr Haupt ein wenig und das schimmernde Blau ihrer Augen zeigte ihre Belustigung. Nun gut, Belustigung war nicht gerade das, was ich provozieren wollte, doch darum ging es mir auch gar nicht. Die sollte diesen Satz noch einmal sagen. Lange allerdings brauchte ich nicht zu warten.


    “Gepflegte Menschen machen die besseren Geschäfte!“, wiederholte ich ihre Aussage und ließ mir jedes Wort auf der Zunge zergehen. Das war wirklich gut und ein Spruch, den man durchaus über einem Ladenlokal anbringen konnte. Doch gleich darauf versuchte sie, meine etwaigen Zweifel zu zerstreuen. Hatte sie etwa geglaubt, ich würde mich als ungepflegt und... “Neeeeein....“, wies ich ihre besorgten Worte, mich beleidigt zu haben mit einer ausladenden Handbewegung von mir und wagte einen Blick zu dem Händler, der nun aufmerksam geworden schien. Er blickte zu dem Käfig hinüber und legte die Tabula, die er in der Hand gehalten hatte fort.


    “Casca, bitte!“, flehte Muckel nun eindringlicher. “Lass' uns gehen!“


    Neuerlich beachtete ich meinen Sklaven nicht nur nicht, sondern ich schob ihn auch mit einer bestimmenden Handbewegung von mir. Warum mir dieser Ausspruch so wichtig war?


    “Gutes Kind!“, sprach ich die Sklavin an, auch wenn sie höchstens
    drei oder vier Jahre jünger war als ich. “Einem Geschäftsmann darf einfach nichts entgehen und ich war gerade auf der Suche nach einer passenden....“


    Weiter kam ich nicht, denn der Sklavenhändler war hinzu getreten. “Auf der Suche nach einer passenden Sklavin? Ich habe da ein paar gute im Angebot.“ Er deutete auf das Mädchen im Käfig. “Die da zum Beispiel... jung, gesund, kann kochen, putzen, waschen....“


    “Ja, ja!“, wiegelte ich mit einer eindeutigen Handbewegung ab und schaute wieder auf die Sklavin. “Ich besitze eine Tonstrina und nun bin ich auf der Suche nach einem passenden.... Motto, wenn man es so will,“, zischte ich der Sklavin zu.


    “Mein Herr wünscht keine Sklavin zu kaufen!“, erklärte Muckel plötzlich bestimmt und ich schaute wieder auf.


    “MUCKEL!“, herrschte ich ihn an. “Was ich wünsche, bestimme immer noch ich!“ Ich schaute von einem zum anderen und wendete mich wieder an die Sklavin. “Ich suche Ideen, wenn man so will...“

  • Nelia versuchte sich etwas aufzurichten, doch der Käfig gab einfach den Platz nicht her. Sie fühlte sich wie wie ein Vogel den man in eine Schatulle gequetscht hatte. Zudem achtete sie darauf, dass das einfache, beige Leinenkleid nicht über ihre Beine nach oben rutschte. In ihrem Dorf war so etwas egal gewesen. Doch hier befand sie sich in der Stadt. Es liefen viele feine Damen durch die Straßen und über den Markt und Nelia konnte sich nur schäbig fühlen in ihrem Bauerngewand.


    Sie blickte den Mann vor ihr, erst belustigt und dann etwas nachdenklich an. Dann wiederholte sie brav ihren Satz. Wenn das ein Herr war und sein Begleiter sein Sklave, nahm dieser sich aber ziemlich viel raus. Er versuchte seinen Herren zum weitergehen zu bewegen. Was Nelia schade fände, denn der Mann hatte etwas das sie neugierig werden lies. Daher war auch gerade in diesem Moment der Umstand vergessen, dass sie verkauft werden sollte. Seine Verneinung gegenüber ihrer Sorge ihn beleidigt zu haben, kam mehr als deutlich bei Nelia an und sie schenkte ihm daraufhin ein strahlendes Lächeln.


    Der Händler eilte herbei. Wollte wissen ob der Mann eine Sklavin suchte und pries sie gleich an wie einen Gaul auf dem Viehmarkt. Naja, der Vergleich lag auch sehr nahe. Nelia´s Blick wanderte von dem feinen Herren auf den grobschlächtigen Händler. Sie zog leicht die Nase kraus.
    "Du weißt gar nicht ob ich gesund bin. Du hast mich nicht mal richtig angesehen. Und meine Frage steht auch noch im Raum. Das ist nicht nur sehr unhöflich, sondern auch grob fahrlässig deinen Kunden gegenüber. Ich könnte durchaus etwas ansteckendes haben."


    Sie wandte ihre Augen wieder auf den Mann.
    "Verzeiht, natürlich bin ich gesund. Aber das konnte er nicht wissen. Weil er unaufmerksam ist."
    Sie deute mit dem Kinn auf den Händler. Der sie verdutzt ansah und sich wieder das Kinn rieb, dass es nur so knisterte.
    "Reiben macht es nicht besser." warf sie ein. "Hier der nette Mann hat eine Tonstrina. Du solltest gleich einen Termin vereinbaren."
    Nela ließ den Händler Händler sein und blickte viel lieber den netten Mann an.


    "Ihr seid also ein Geschäftsmann auf der Suche nach Ideen!?"
    Das war mehr eine Frage als eine Feststellung.
    "Da gibt es viele Möglichkeiten, die man in sein Geschäft einbringen kann, Mein Herr."
    Aber verraten würde sie natürlich hier nichts. Darüber müsste sich Nelia erst mal Gedanken machen. Und das konnte sie nicht, wenn ein Händler sie anstarrte als sei sie eine seltene Hühnerrasse.
    "Wo wir schon einmal dabei sind, Geschäftsideen auszutauschen. Dein Sklavenstand hier könnte auch etwas einladender wirken."
    Die Augen des Händlers wanderten über sein Versteigerungspodium und hafteten sich dann wieder an Nel fest.


    "Herr nehmt das Mädchen mit. Bitte. Gekauft wie gesehen. Sie macht mich jetzt schon ganz kirre."
    Fast flehend kam diese Aussage und er raufte sich dabei sein Rattennest.
    Nela wollte schon protestieren. Das klang als wolle er sie verschenken, nur damit sie nicht nervte. Aber sie schwieg schmunzelnd und schüttelte nur sachte den Kopf.

  • Gefangen von meiner Idee, aus der Tonstrina Hispania ein glänzendes Vorzeigestück zu machen war ich sogar bereit, den Vorschlägen einer Sklavin zu lauschen. Wie verwegen! Doch ich war derart in Taumel versetzt, dass mir dieser Umstand gar nicht bewusst wurde. Nun, Muckel war diesbezüglich schon weiter als ich, doch das kam mir gar nicht erst in den Sinn. Im Gegenteil. Ich war derartig in planerischen Launen, dass mir sogar das Geschwätz des Händler als störend an mein Ohr drang. Die Tatsache, dass die Sklavin sich befleißigt sah, dem Tunichtgut auch noch zu antworten, störte mein Vorhaben noch mehr. Ich schaute zu dem Händler hin, als die junge Frau meinte er könne nicht wissen, ob sie gesund sei, da er sie gar nicht recht beschaut habe.


    Der Händler zuckte zurück und machte ein überraschtes Gesicht. Dann meinte ich, dass seine Miene sich ein wenig verdunkelte, als würden grobe Gewitterwolken aufziehen. Als die Sklavin meinte, dass sie natürlich gesund wäre, richtete ich mein Augenmerk wieder auf sie. Kaum angekommen schwenkte mein Blick ob ihrer Worte auch schon wieder zurück. Er war unaufmerksam? Als sie meinte, ich besäße eine Tonstrina, nickte ich ein wenig perplex. Die Sklavin schien wirklich geschäftstüchtig zu sein, da sie für den guten Mann sogleich einen Termin vereinbaren wollte. Ich schwieg dazu besser und blickte zu Muckel, der noch immer zurecht gewiesen da stand und mir aus bittenden Augen heraus etwas mitteilen wollte. Wahrscheinlich das, dass ich auf dem Absatz kehrt machen sollte, doch danach stand mit noch nicht der Sinn. Vielleicht ritten mich die Furien, oder andere Wesen, ich vermochte es nicht zu sagen, denn die Frage wurde mir seitens der Sklavin gestellt, ob ich ein Geschäftsmann auf der Suche nach Ideen sei.


    “Sicher,“, entkam es mir und schaute auf das Mädchen zurück. Im Augenblick dürstete es mich nach guten Ideen und wie immer, wenn der Sturm aufbrauste war es mir selbst nicht bewusst, wie sehr ich mich in etwas hinein ritt, was später schlecht zu überschauen war. Muckel wusste das. Vielleicht, doch im Augenblick interessierte mich das weniger. Die Worte um den Zustand des Verkaufsstandes des Händlers rasten an mir vorbei, genauso wie seine Bitte, gekauft wie gesehen, den Einschlag zu geben. Sie machte ihn kirre? So kirre, dass er sich die Haare raufte? Ich war inzwischen kirre genug und hob meine Hände.


    “Einhalt!“, gebot ich, noch immer unter den Lasten des Gehörten. “Ich benötige nicht unbedingt einer Sklavin!“ Meine Worte waren mir ernst. “Ich benötige...Inspiration!“ Das Gesagte kam nicht so fest über meine Lippen, wie es gerne gewollt hätte und Muckel war mir schon wieder recht nah zu Leibe gerückt.


    “Denk nach!“, flüsterte er mir zu. “Keine Sklavin!“


    Wieder schon ich meinen Leibsklaven von mir. Dann wendete ich mich wieder an das Mädchen im Käfig. “Woran könnte es liegen, dass ein Mann es unterlässt, eine gute Tonstrina aufzusuchen?“, frage ich sie dann selbstbewusst und richtete mich ein wenig dabei auf, während ich einer Antwort harrte.

  • Irgendwie ging es hier hin und her. Nelia wusste nicht mehr, ob der Mann nun eine Sklavin suchte oder doch nicht. Wollte er nur hier stehen, sich ihre Ideen anhören und dann davon ziehen um sein Geschäft auf Vordermann zu bringen? Nein. Damit war sie mal gar nicht einverstanden. Dann würde sie ja noch bis zum Sankt Nimmerleinstag hier verharren und diesen mies rasierten Händler ertragen müssen. Sie sah den Sklavenhändler an und machte eine kleine Handbewegung die sowas wie 'hopp hopp' ausdrücken sollte. Der konnte sich schon etwas mehr ins Zeug legen.


    Die kleine Diskussion wurde beendet, als der Herr Einhalt gebot. Der Händler sah ihn an, als wolle er so gleich auf die Knie gehen und ihn anflehen sie doch mitzunehmen. Oha, der gute Herr benötigte Inspiration. Keine Sklavin. Dachte sie es sich doch. Nun lag Nelia´s ganze Aufmerksamkeit bei ihm.
    "Vergebt mir Herr. Aber ihr lasst mich hier dursten um Euch meine Meinung anzuhören? Mit dieser in der Tasche eilt ihr zu Eurem Laden um mehr Profit zu machen?"
    Sie zuckte mit den Schultern.
    "Was hab ich dann davon?"


    Sie wartete einen Augenblick, ob der Händler wieder dazwischenfunken würde, doch der schwieg und... grinste er? Irgendwie schien er sehr amüsiert.
    "Ich sehe schon, ich muss mich hier selbst verkaufen, wie es scheint. Gebt dem Händler seine paar As, die er für mich ausgegeben hat. Dann stehe ich Euch gerne zu Diensten."
    Sie blickte den Händler an, der tief nach Luft schnappte.
    "Keine Widerrede. Du hast mich billig bekommen, und weißt nicht mal ob ich gesund bin... eigentlich weißt du nichts von mir." Sie hob die Hand und der Händler stieß zaudernd den Atem wieder aus.


    "Also gut, Herr. Einen winzigen Tipp gebe ich Euch. Die Öffnungszeiten."
    Warf sie ihm einen Knochen hin. Den Laden selbst hatte sie ja noch nicht gesehen, wie konnte er da ein Urteil oder einen Rat erwarten. Doch meist hatten Läden zu Zeiten offen, an denen die Männer - die sich ein kleines Verwöhnprogramm leisten konnten, selbst ihren Geschäften nachgingen. Sie hatten einfach keine Zeit übrig. Und wenn der Abend rief, dann hatte die Läden auch geschlossen.

  • Was sie davon hatte? Meine Augenbrauen hoben sich an und einen Moment lang wusste ich nicht, ob ich empört sein sollte. Was nahm sich dieses Mädchen nur heraus? Ich blickte zum Händler hin, doch dieser schien keine Anstalten zu machen, irgendetwas unternehmen zu wollen. Außerdem konnte von 'mehr Profit' kein Rede sein, denn alles in meinen Geschäften mulitplizierte sich mit Null, egal welche Informationen ich hier über die Verkaufsstrategie erbeuten konnte. Doch es reichte, dass allein ich über dieses Wissen verfügte. Einen Moment lang legte sich ein unwürdiges Schweigen über die Szenerie, in der ich mich mehr und mehr unwohl fühlte.


    Muckel tippte mich an die Schulter, doch wieder strich ich mit der Rechten diesen Fingerzeig davon. Wollte sich dieses Mädchen etwa selbst verkaufen? Ich benötigte keine Sklavin und in meinem Geiste war ich auch heute keineswegs davon ausgegangen, mir eine zu beschaffen. Wieder lauschte ich ihren Worten. Dieses 'Verkaufsgespräch' lief keineswegs wie erwartet, oder entfernt auch nur wie gewohnt. Dabei konnte man auf jedem Markt die Händler sehen, wie sie ihre menschlichen Waren feil boten und sich sogar noch überschlugen mit ihren Angeboten. Peitschenschwingend und voller Selbstvertrauen. Doch dieser Händler schien aus einem viel leichteren Holz geschnitzt. Vielleicht war er ja noch nicht lange im Geschäft? Ich wunderte mich noch, ehe mich die Worte über die Öffnungszeiten erreichten.


    Ein wenig irritiert blickte ich drein. Ach ja! Meine Frage. Sollten die Öffnungszeiten Schuld daran sein, dass niemand meine Tonstrina aufsuchte? “Hmmm,“, gab ich von mir, denn ich konnte mich nicht mehr so recht auf diese Fragestellung konzentrieren. Erwartung schlug mir seitens des Sklavenhändlers entgegen.


    “Nur dreihundert Sesterzen!“, brachte er heraus und deutete auf seine Ware in diesem engen Behältnis.


    Muckel wirkte irgendwie unruhig und seine Lippen regen sich stumm. Seine Augen jedoch rollten noch immer, doch er wagte es anscheinend nicht mehr, noch irgend etwas zu sagen.


    “Ich brauche eigentlich keine Sklavin!“, stellte ich noch einmal klar, auch wenn mir noch immer nicht die Tragweite des jetzigen Geschehens bewusst war. “Dreihundert Sesterzen?“


    “Du wirst es nicht bereuen! Sie kennt sich im Haushalt aus und... wird dir sicherlich auch sonst recht dienlich sein!“, meinte der Händler unter einem scheelen Augenzwinkern.


    “Auch sonst?“, fragte ich mich leise, ehe ich wieder zur Sklavin hinunter sah.


    Ich brauchte kein 'auch sonst'. Ich war ein glücklicher Mensch. Und überhaupt brauchte ich eigentlich nichts. Bis auf sofortige Ideen natürlich, die einem überschwänglichen Augenblick geschuldet waren. “Gut, dreihundert,“, gab ich dann zu meiner eigenen Überraschung von mir.


    Muckel schloss einen Moment die Augen, seufzte tief und legte seinen Kopf in den Nacken. Es machte den Anschein, als würde er Zwiesprache mit irgendeinem Gott halten, während der Händler mir die Hand entgegen streckte. Etwas unsicher schlug ich ein und lächelte abwesend dazu. Hatte ich wirklich gerade ohne zu handeln eine Sklavin erworben? Ich war mir selbst nicht sicher. Das kam alles so überraschend.

  • Nachdem Nelia ihren Hinweis auf die Öffnungszeiten angebracht hatte, wurde sie nicht mehr gefragt. Ja geradezu ignoriert. Hatte sie etwas falsches gesagt? Wenn dem so war, musste sich sich selbst einräumen, konnte es ihr ja auch gleichgültig sein. Irgendwer würde schon kommen und sie kaufen. Oder sie redete solange den Händler in Grund und Boden bis der sie laufen ließ.


    Doch dann äußerte genau dieser einen Preis. Nun war es an Nelia die Luft anzuhalten. Er hatte nicht mal ein Drittel davon für sie ausgegeben. War das jetzt Betrug? Sicher nicht. Wie gesagt, sie war gesund, konnte einen Haushalt führen und besaß ein ziemliches Temperament. Aber das wusste bisher noch niemand. Und diesen Herren würde die Erkenntnis wohl eher abschrecken. Das dieser nun nicht mehr ganz so überzeugt preisgab, keine Sklavin zu brauchen nutze der Händler aus, seine Ware abermals feil zu bieten. Und als hätte er keinen eigenen Willen mehr, stimmte der Herr darauf hin zu.


    Sein Sklave schien kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen, so rollte er die Augen. Nelia blickte von einem zum Anderen und war sich nun selbst nicht mehr so sicher, ob hier alles mit rechten Dingen zu ging. Doch der Sklavenhändler streckte schon die Hand aus – mehr eine Pranke wohlgemerkt, um den Kauf zu besiegeln.
    "Dreihundert also. Sie gehört Euch."
    So schnell ging das hier. Wenn sie etwas kaufte, drehte sie die Ware zehnmal hin und her um ihre Qualität mit ihrem Wert zu vergleichen. Zu überlegen ob sie wirklich gut war und entschloss sich dann zu kaufen, oder eben nicht. Doch der Herr wollte weder ihre Haare fühlen, noch ihre Zähne sehen... das machte man doch so, oder nicht? Noch wollte er sonst etwas wissen.


    Der Händler öffnete mit einer Hand den Käfig, die andere streckte er zeitgleich aus um sein Geld im Empfang zu nehmen. Nelia mühte sich mit den Kleid aus dem Verschlag zu klettern und richtete sich davor zu ihrer vollen Größe auf. Wenn man von Größe reden konnte. Sie fuhr sich durch die lange Mähne und streckte sich genüsslich.
    "Müsst Ihr mir jetzt Fesseln anlegen, Herr?"
    Sie hatte keine Ahnung. Nelia hatte ja noch nie einen Sklaven gekauft. Sie war bisher noch nicht mal auf dem Markt. Sie kannte nur einen winzigen Teil von Rom. Als die Dorfälteste und Hebamme sie mal mitgenommen hatte um bei einer Frau bestimmt Kräuter zu kaufen. Schon damals hatte die kleine Nelia die Stadt bewundert. Die Herrschaftlichen Häuser, die bunten Gewänder. Aber sie hatte auch Abscheu empfunden. Ratten waren aus einem Loch gekrochen auf der Suche nach Nahrung. Unrat hatte im Hinterhof des Hauses vor sich hin gestunken. Und die Sonne brannte gnadenlos. Da war Nelia ihr Dorf mit der frischen Luft doch viel lieber gewesen.


    Tja und nun sollte sie hier leben. Als Eigentum eines Mannes, der zwar sehr freundlich und nett schien, aber den sie überhaupt nicht kannte. Sie wusste nicht was er erwartete und was er von ihr verlangen würde. Vielleicht hätte sie doch weniger forsch sein sollen. Doch sie trug ihr Herz auf der Zunge und konnte schlecht über ihren Schatten springen. Jetzt stand sie vor dem Mann, der ein Stück größer als sie war und sah ihn erwartungsvoll an.

  • Einen Augenblick lang beäugte ich die schwielige Tatze, die mir der Händler zum Einschlag hin streckte, doch ich zögerte noch. Etwas zaghaft hob ich dann meine Hand, doch es schien kein Zurück mehr zu geben. Vorsichtig schüttelte ich die Hand des anderen, der sogleich meinte, dass die Sklavin mir gehöre. Gekauft wie gesehen? Ich blickte wieder zur Sklavin hinüber und schürzte meine Lippen. Gut, sie war wirklich nett anzuschauen, entbehrte bei genauerer Betrachtung nicht einer gewissen Niedlichkeit in ihren Gesichtszügen. Eigentlich mochte ich das sehr. Doch sie schien auch recht vorlaut zu sein, was noch das ein oder andere Problem in sich bergen könnte. Immerhin war ich nicht der Mensch, der seine Sklaven gerne knechtete, wie man an Muckel sehen konnte.


    Ich ließ die Hand des Händlers los und dieser machte sich daran, den Verschlag zu öffnen. Ich unterdessen wischte mit der Hand über der Nacken.


    “Das ist völlig unnötig, Casca!“, wisperte mit Muckel ins Ohr. “Gekauft wie gesehen? Du bist verrückt!“


    “DAS habe ich überhört!“, knurrte ich zurück. “Bei dir wusste ich auch nicht, worauf ich mich einlasse!“ Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und betrachtete das Mädchen, wie es aus dem Käfig heraus kam. “Geld!“, wies ich dann meinen Sklaven an und nickte mit dem Kopf gen Händler.
    “Kein Geld dabei!“, gab Muckel eingeschnappt zu bedenken.


    Ich knurrte neuerlich und betrachtete die Sklavin, sie sich nur vor mir zu ihrer vollen Größe aufrichtet hatte. Sie reichte mir bis vielleicht an die Nase und war somit doch kleiner als ich. Ich überlegte kurz, als sie mich nach Fesseln frage, doch dann trat der Händler wieder auf mich zu.


    “Die Sesterzen!“, forderte er dann.
    “Kaufvertrag!“, forderte ich im Gegenzug und löste meine Arme. Schließlich musste auch alles Spontane seinen rechtmäßigen Gang gehen und ich wollte mich nicht über das Ohr hauen lassen. “Und schick nachher jemanden in die Casa Decima Mercator....“ Ich bedeutete ihm, ein wenig zur Seite zu treten und die Formalitäten zu erledigen. Muckel wies ich mit einem Fingerzeig an, sich so lange um meinen Neuerwerb zu kümmern.


    Ich sah nicht, dass er die Sklavin kritisch von Kopf bis Fuß musterte und sich Fragen zurecht legte, die ich bisher nicht gestellt hatte. “Bist du wirklich gesund?“, wollte er dann wissen und machte sich daran, das Mädchen einmal zu umrunden. “Wie ist dein Name? Woher kommst du? Wie alt bist du? Wie lange bist du schon Sklavin und bist du wirklich so gut im Haushalt?“

  • Jetzt war der Händler auf einmal ganz bei der Sache. Ja wenn es ums Geld ging waren alles schnell. Nelia kletterte aus ihrem engen Gefängnis und musste erst mal ihre Glieder sortieren. Dann flüsterte dieser seinem Besitzer etwas ins Ohr. Statt gleich zu bezahlen forderte der Herr erst mal einen Vertrag. Wie es Nelia vorkam hatte er nicht so viel Geld in der Tasche. Was sein Sklave auch gleich drauf bestätigte. Nelia verhielt sich still. Mit den Formalitäten hatte sie nichts zu tun. Sie trat etwas zur Seite und der Sklave - den der Herr mit Muckel ansprach, folgte ihr und trat dicht zu ihr heran. Muckel was für ein Name. So würde sie einen Hasen nennen.


    Der Dunkelhäutige umrundete sie und Nelia drehte langsam den Kopf mit. Ließ ihn nicht aus den Augen.
    Und dann kamen auch schon ganz viele Fragen auf einen Schlag.
    "Ich komme aus einem kleinen Dorf nicht unweit von hier und ja ich bin gesund. Ich war bis auf einen Schnupfen noch niemals krank."
    Wenn er schon so fragte konnte er das auch ruhig wissen.
    "Mein Name ist Nelia und ich bin sechzehn Jahre alt."
    Was der alles wissen wollte.
    "Sklavin? Seit..."
    Nelia sah zum Himmel um den Stand der Sonne auszumachen. Es ging auf die Mittagszeit zu.
    "… etwa drei Stunden."
    sie musste sich ein Grinsen verkneifen. Es wäre ärgerlich – nein es war ärgerlich, weil sie ihr Dorf und die Menschen dort liebte. Zumindest die, die nett zu ihr waren. Dazu gehörte ihr Vater allerdings nicht. Irgendwie war sie traurig und froh zugleich diesem Tyrannen entkommen zu sein.


    Kurz hatte Nelia den Faden verloren. Jedoch fand sie ihn schnell wieder und zuckte leicht mit einer Schulter.
    "Kommt drauf an wie man das sieht. Ich habe den Haushalt meine Vaters geführt. Da dieser aber nur aus einer sehr einfachen Hütte bestand..."
    Sie winkte ab.
    "Waschen und putzen ist doch überall gleich, oder nicht? Mal mehr mal weniger. Also würde ich deine Frage mit ja beantworten." Nelia war sehr ordentlich und gewissenhaft in den was sie tat. Und wenn sie nicht alleine einen Palast sauber halten musste, würde sie das hinbekommen. Wobei man wusste ja nicht wie und wo der Herr lebte.
    "Und wie heißt du?"
    wollte sie dann wissen.
    "Und Wie lange bist du schon Sklave?"

  • Muckel hörte der Sklavin gut zu und neigte seinen Kopf dabei ein wenig. Man sah ihm an, dass er darüber nachdachte, ob er dem Mädchen glauben konnte. Andererseits: Warum sollte sie lügen? Als sie in den Himmel schaute, folgte er mit seinen Blicken ebenfalls dieser Regung und spähte ins Firmament. Dann schnaubte er ein wenig, was bei ihm aber nur selten Ablehnung zu bedeuten hatte.


    “Die ersten drei Stunden vom Rest deines Lebens,“, sagte er dann ein wenig schicksalsergeben und beschloss sogleich, etwas über sich und ihren neuen Herrn preis zu geben. “Nelia also. Ich heiße Nepomuk und bin schon mein ganzes Leben lang Sklave. Und das ist für mich gefühlt eine wahre Ewigkeit. Seit achtzehn Jahren bin der Sklave von...“


    “CNAEUS DECIMUS CASCA!“, donnerte ich dem Händler nachdrücklich meinen Namen entgegen. “IUNO!“, echauffierte ich mich weiter über seine Borniertheit. Dass ich absolut nichts dabei hatte, womit ich mich ausweisen konnte, war meinem überstürzten Aufbruch geschuldet. “Du kannst es glauben! Ich bin zahlungsfähiger Kunde..."
    “...Der gerade kein Geld dabei hat...“
    “...und wenn du einen Boten in die Casa Decima Mercator schickst dann..."
    “...bist du mit der Sklavin schon über alle Berge.“
    Ich schnappte nach Luft und raufte mir flüchtig das Haar. Sah ich aus wie ein Strauchdieb?
    “Bar und jetzt oder sie bleibt da...“
    Ich breitete die Hände aus und ließ sie unverrichteter Dinge wieder sacken.
    “Ich bin ein bisschen verwandt mit dem Praefectus Urbi... Decimus Livianus?“, versuchte ich es dann.
    “Ist der da? Zahlt der bar?“
    “Äh... Nein, aber...“
    “Also!“
    Der Händler zuckte mit den Schultern und gab einem seiner körperlich recht massiv erscheinenden Aufseher ein Zeichen, mit dem er auf die Sklavin deutete. Der Kerl setzte sich auch sogleich in Bewegung, um sie wieder in den Käfig zu setzen.
    “In Ordnung!“, gab ich schließlich diesem bohrenden Kleingeist nach. “Einen Moment nur!“ Ich hob meinen Zeigefinger vor sein Gesicht.


    Dann drehte ich mich hastig herum und stakste auf Muckel und die Sklavin zu. Plötzlich empfand ich es als ärgerlich, mir selbst noch keinen Namen gemacht zu haben, doch was sollte ich schon erwarten? Dass man einem kleinen, vollkommen unbekannten Decimer den Teppich ausrollte, nur weil er sich mit zuverlässiger Leichtigkeit auf das Atmen verstand und gerne auch einmal seinen Hintern vergaß, während der Rest des Leibes schon auf und davon war?


    “Lauf nach Hause und hol das Geld. Kleines Regal links, dritte Schatulle von rechts, raunte ich Muckel entgegen. "Ich werde... wir WERDEN HIER SO LANGE WARTEN!“, tönte ich dann und drehte mich dabei halb zu dem Händler herum, nur um sicher zu gehen, dass er mit seinem knallharten Standpunkt noch lange nicht gewonnen hatte. Vielleicht mochte es provokant sein, doch es war mir ein Bedürfnis. Muckel zuckte mit den Schultern, ließ seinen Kopf kurz hängen und seufzte ein weiteres Mal. Aufmunternd patschte ich ihm auf die Schulter, ehe er davon eilte.
    Meine Blicke suchten zunächst den Sklavenhändler und dann seinen Aufseher. Beide schienen gegen meinen Entschluss samt Sklavin hier ausharren zu wollen nichts Ernsthaftes zu unternehmen.


    “Nun gut, also dann...,“ lächelte ich ein wenig angestrengt der hübschen Sklavin entgegen. “Keine Sorge, du gelangst in die besten Hände,“ versuchte ich sie dann ein wenig zu beschwichtigen, während ich besagte Hände in die Hüften stemmte. “Ich habe schon ganz andere Sachen... also... das wird....“ Ich nickte unbestimmt und schaute dann einen Moment lang in den Himmel. Wie war es bloß so weit gekommen? Es war eine Frage, die plötzlich auftauchte. Ach ja! “Um noch einmal auf diesen Spruch zurück zu kommen... du scheinst mir sehr geschäftstüchtig zu sein... ahm...“ Meine Blicke hefteten sich fragend auf ihr Gesicht. “Name?“, wollte ich dann wissen.

  • Nelia redete einen Moment abseits mit dem Sklaven.
    "Bis zum Ende meines Lebens? Mag sein, aber so weit plane ich nicht."
    Es klang tatsächlich nicht sehr ermutigend, doch Nelia war kein Mensch der alles schwarz und negativ sah.
    Ihr Blick wanderte vom Himmel wieder zu dem jungen Mann. Nepomuk hieß er. Daher diese lustige Abkürzung die der Herr verwendete.
    "Schön dich kennen zu lernen. Nepomuk."
    Nelia wuschelte ihre Haare und nickte.
    "Das ist eine lange Zeit. Wenn man es realistisch betrachtet, war ich auch eine Art Sklavin. Die meines Vaters... obwohl ich ein freier Mensch war, hat er doch immer alles bestimmt. Meine Mutter ist gestorben als..."


    Weiter kam sie nicht, denn die Beiden wurden von Herren unterbrochen, der lautstark seinen Namen äußerte. Somit wusste Nelia nun auch wie ER hieß. Wobei bei ihr nur Casca hängen blieb. Solch komplizierte Namen waren ihr fremd. In ihrem Dorf hatte man sich nur mit dem Vornamen angesprochen. Nelia wusste die meisten Zunamen der Bewohner nicht einmal. Sie blieb neben Muckel stehen und musste nicht mal lauschen, denn der Herr und der Händler waren nicht gerade leise in ihrem Gespräch. So stellte sich heraus, dass Casca wohl ohne Geld sein Haus verlassen hatte. Und der Händler wollte ihm nicht glaube, dass er ein ehrlicher Mann war. Nelia seufzte. Ihr Traum, dem Sklavenmarkt zu entkommen, schien sich in Luft auflösen zu wollen. Und als der Riese, auf einen Wink des Händlers hin, seinen massigen Körper in Bewegung setzte schob sich Nelia hinter Muckel.


    Doch ihre Angst verflüchtigte sich, als der Herr scheinen Sklaven nach Hause schickte um Geld zu holen.
    Sie würde mit dem Herren hier warten und alles war gut. Nelia schenkte Casca ein herzliches Lächeln. "Danke Herr."
    In gute Hände... das klang schön.
    "Mein Name ist Nelia, Herr. Und geschäftstüchtig mag übertrieben sein. Ich habe im Dorf manchmal geholfen unsere Erzeugnisse an Reisende, oder fahrende Händler zu verkaufen." Sie war einfach ein logisch denkender Mensch und sah, wenn es an etwas haperte. Das war alles.

  • Muckel war ein trefflicher Läufer und das ganze Problem hier würde sich schon bald in Luft aufgelöst haben. Vorausgesetzt natürlich er fand das Geld, welches einen Teil meiner eisernen Vorräte darstellte in den tiefen des Chaos meines Cubiculums wieder. Ein Unding eigentlich, dass ich es für eine mir vollkommen fremde Sklavin ausgab, doch ihr liebliches Lächeln ließ mich auf diesen Gedanken gar nicht erst kommen.


    “Oh...“, entkam es mir auf ihren Dank hin und ich winkte ein wenig mit der Hand wedelnd ab.


    Sie hatte wirklich ein entzückendes Gesicht mit herrlichen blauen Augen. Die Nymphe Erato hätte kein erfreulicherer Anblick sein können. Das stellte ich natürlich fest, denn ich hatte meine Nase nahe genug vor die ihre geschoben, um darüber eine genaue Aussage machen zu können.


    “Nelia...Neeeeliaaa...“, wiederholte ich leise und voller Zustimmung nickend, während ich noch auf den Rest ihrer Worte lauschte.


    Offenbar entsprangen ihre geschäftlichen Kenntnisse dem Umstand, das sie vom Dorfe stammte, wo sie helfend tätig war die Erzeugnisse an den Mann zu bringen. Keine leichte Aufgabe, für ein Mädchen vom Land, mutmaßte ich für mich selbst als eingefleischter Stadtmensch. Ich zog meinen Kopf wieder ein wenig zurück.


    “Um welche Art von Erzeugnissen hatte es sich denn gehandelt?“, wollte ich dann wissen. “Und wie genau... hast du geholfen sie zu verkaufen? Ich meine... gab es da eine gewisse Strategie oder Taktik, die angewendet wurde? Ich meine... auf welche Erfahrungen kannst du da zurück greifen, du bist ja gewiss kaum älter als... “ Noch einmal betrachtete ich die Sklavin musternd. “Fünfzehn?“, mutmaßte ich dann.

  • Nelia sah Muckel nach wie er davon spurtete. Gleich, sobald er zurück war würde sie diesen Platz hier verlassen können. Doch zuerst galt ihre ganze Aufmerksamkeit ihrem Herren, der nun dicht vor ihr stand und sie betrachtete. Er war etwas größer als sie selbst. Und wenn er so nahe war, musste Nel leicht nach oben blicken um den Augenkontakt zu halten. Ihren Dank wiegelte er ab. Und dennoch war sie froh darüber, dass er sie aus den Händen dieser schmutzigen Männer befreit hatte. Casca wieder hole ihren Namen. Gefiel er ihm? Wollte er seinen klang testen? Dann fragte er nach, was in ihrem Dorf so verkauft wurde.


    "Fast alles mein Herr." Fing sie an.
    "Obst und Gemüse, das wir angebaut haben. Brot und Wein. Dinge aus Holz. Becher, Teller, Wagenräder." zählte sie weiter auf. "Medizin, die unsere Hebamme aus Kräutern hergestellt hat. Manchmal sogar Kleidung, die die Frauen nähten und färbten. Alles was man so brauchte und was uns ein bisschen Geld brachte. Viele haben einen eigenen Marktstand. Die Frau die Seifen und Öle herstellt. Unser Schmied, der sich auf Waffen spezialisiert hat und ein alter Mann der Körbe flechtet."


    Sie überlegte was sie dabei getan hatte. Viel war es nicht, aber sie hatte ein Talent den Leuten etwas zu verkaufen. Ob sie es nun brauchten oder nicht.
    "Auf den Markt durfte ich nie mit. Aber wenn Reisende im Dorf eine Rast machten, wurde sie bewirtet und ich hab sie einfach angesprochen, ihnen nahegelegt etwas von unseren Erzeugnissen zu kaufen. Oder fahrende Händler, denen ich klarmachte, dass sie unbedingt eine Auswahl unserer Dinge haben müssen. Die Qualität war dabei entscheidend."


    Nelia zuckte die Schultern. "Ich bin sechzehn Herr, und vielleicht lag er genau daran. Sie konnten mir kaum etwas abschlagen, wenn ich so geschaut habe." Sie machte es Casca vor und setzte einen Blick auf
    der einer kleinen Katze glich, die man am liebsten sofort mitnehmen würde.

  • Meine Blicke hingen an ihren Lippen, während sie sprach. Dann und wann nickte ich verstehend und untermalte das Gesagte mit einem “Aha... hmhm...“. Offenbar bot ein dörfliches Umfeld eine große Menge an den verschiedensten Dingen, deren Spanne vom Apfel bis hin zu einem Wagenrad reichte. Von Ölen bis geflochtenen Körben war alles dabei. In einer eher nachdenklichen Geste fasste ich an mein Kinn und strich ein wenig darüber, bis sich ein neuerlich Satz in meinem Kopf festsetzte. Die Qualität ist entscheidend.“


    “Wunderbar!“, entfuhr es mir spontan und ich hörte mit ernstem Ausdruck im Gesicht weiter zu.


    Selbst wenn Nelia nicht über einen tiefgreifenden Erfahrungsschatz verfügte, so schien sie doch die Fähigkeit zu haben, einen Nagel auf den Kopf zu treffen. Offenbar lag ich mit meiner Einschätzung ihres Alters nicht völlig daneben. Sechzehn, das war akzeptabel und wollte auch schon nach Atem schöpfen, um diesbezüglich etwas zu äußern, als sie mir auch schon ihre Vermarktungsstrategie näher brachte. Sie machte ein Gesicht, das entfernt an einen jungen Welpen erinnerte, der unbedingt einen liebevollen Arm suchte, auf dem es sich gut zurecht schmiegen ließ.


    “Ach...,“ seufzte ich, zugegebenermaßen ein wenig ein verzückt und ich neigte meinen Kopf. Ich war schon immer zugänglich für diese Art Reize gewesen.


    Ein zartes Lächeln trat auf meine Lippen und ich hatte das unbedingte Bedürfnis, ihr schützend meine Hand auf die Schulter zu setzen. Doch ich hielt mich zurück und wischte mir mit den Fingern über die Augen. Ich durfte meinen kurz entschlossen Impulsen einfach nicht stattgeben. Immerhin ging es hier um Geschäfte, wenn auch nur im entferntesten Sinne. Vielleicht sollte ich ihr Gesicht in Stein meißeln lassen, und es vor meiner Tonstrina ausstellen. An einer solchen Miene konnte einfach niemand vorbei gehen, ohne sie zu beachten.


    “Das ist eine...hinreißende Technik, die du da angewendet hast,“ gestand ich. “Wie du ja weißt, bin ich Besitzer einer Tonstri...naaahh...“, stöhnte ich dann unter einem perfiden Schmerz. Ich hatte mich bewegt und mein Gewicht in falscher Weise auf mein defizitäres Knie gesetzt. “Min..er...va...,“ ächtzte ich hinterher und lehnte meinen Arm ein wenig auf die Schulter der Sklavin. Dabei versuchte ich das Bein ein wenig zu regen. “Ich bin auf der Suche nach.... Inspiration und nach einer... Geschäftsidee...“, erklärte ich dann weiter. “Du hast eine... gute Art mir genau das zu...geben was ich...ui...suche... weil... ach... lass uns doch....“ Ich deutete auf einen behauenen Stein, der dem Stand des Sklavenhändlers gegenüber lag. “...ein wenig dort hinüber...“ Ein wenig hinkte ich schon in besagte Richtung.

  • Es war angenehm und interessant sich mit ihrem neuen Herren zu unterhalten. Er war leise und sehr zuvorkommend. Er schenkte ihr Aufmerksamkeit und schien wichtig zu nehmen was sie sagte. So ganz anders als ihr Vater. Der eine raue, dröhnende Stimme besaß, sie ständig als Rotznase bezeichnete die von nichts eine Ahnung hatte und ihr nie wirklich zugehört hatte. Das hier war so anders. Schön und völlig neu für das Mädchen.


    "Ihr heißt … ähm. Der Name war ihr schon wieder entfallen. Darf ich Casca sagen, Herr?"
    Fragte Nelia vorsichtig nach. Ihn immer nur mit Herr anzureden fand Nela langweilig und unpersönlich.
    "Ihr könnte auch einfach Nela oder Nel sagen. Ganz wie ihr es möchtet."
    Dann zeigte sie ihn ihrem berühmten Katzenblick und es klappte auch bei ihm. Sein Gesicht veränderte sich zu einem kleinen Lächeln das ihm bis in die Augen stieg.


    Casca wollte gerade etwas sagen als er plötzlich aufstöhnte. Es sah aus als würde er zusammensacken. Sofort war Nel neben ihm, packte seinen Arm - den er über ihre Schulter gelegt hatte und hielt ihn fest so gut es ging. Sorge trat in ihre großen, blauen Augen. "Herr? Geht es Euch nicht gut?" er hatte Schmerzen das sah man sofort. "Ja Kommt!" Sie half ihm zu dem Stein und wartete bis er saß. "Atmet einen Augenblick durch, Herr." Nel ging vor ihm in die Hocke und sah ihn fragend an. "Geht’s es?" er war noch so jung. Was konnte er denn haben?


    Was er hatte sagen wollen verstand Nelia nicht ganz. Sie hörte aber auch nicht zu, weil die Sorge in deinem Moment überwog. "Ich habe eine Tronstrina. Das habt ihr schon erwähnt, Herr. Um die kümmern wir uns auch, sobald ihr wieder wohlauf seid." Verdammt wo blieb Muckel denn? War das Haus so weit weg, oder schlenderte der Sklave? Der Herr musste sich dringend ausruhen.

  • Ob des infamen Knieleides überhörte ich ihre Frage, ob sie mich denn Casca nennen dürfe wohl. Auch ihr Vorschlag, sie mit 'Nel' anzureden glitt an mir ohne Kommentar meinerseits vorüber. Im Augenblick war der Schmerz ein wenig akut, wenn auch nicht ungewohnt für mich. Dennoch bemerkte ich die Sorge, die der Sklavin plötzlich ins Gesicht geschrieben stand.


    “Ja, es geht... es geht...“, verkündete ich mehr oder weniger auf einem Bein hüpfend und ich stützte mich noch ein wenig mehr auf sie, während ich versuchte, mich auf dem Stein nieder zu lassen. Ihren Vorschlag, doch ein wenig durchzuatmen bedachte ich mit einem dankbaren Blick. Vielleicht war es wirklich angemessen, das Gespräch über mein Geschäft noch um eine Minute zu verschieben.


    Schon war die augenscheinlich sehr tüchtige Sklavin vor mir in der Hocke und ich streckte an ihr vorbei mein Bein aus und rieb mein Knie ein wenig. Dabei versuchte ich tatsächlich wie geheißen mehr Luft als nötig in meine Lungen zu schöpfen. Wie dumm von mir, derartig misslich mein Bein belastet zu haben. Ich winkte über mich selbst verärgert ab.


    “Das geht vorbei!“, brachte ich nach dem letzten tiefen Atemzug heraus. “Ist ein altes Leid... aus einer Zeit, in der ich noch ein aufstrebender Reitersmann war...“ Ich seufzte ein wenig gespielt theatralisch. “Aber das ist lange her... ich war sechs.“ Ein schelmisches Grinsen stahl sich auf meine Lippen. “Mein Reitlehrer hat mein Pony ein wenig zu sehr befeuert und es sprang über einen Zaun. Das war ein unglücklicher Umstand. Unmittelbar vor dem Sprung saß ich noch oben auf...“


    Der Schmerz ließ ein wenig nach, doch ich kraulte mein Knie noch ein wenig, während ich weiter erzählte. “...Nun, im Folgenden fiel ich kräftig in den Zaun, der dann splitterte. Ein Stück davon trieb sich recht unglücklich in mein Knie...“ Eigentlich erinnerte ich mich nicht gerne daran, denn ich musste lange das Bett hüten. “...und schon war der Traum von einem Leben als Feldherr dahin!“ Und das war der Punkt, der mich am meisten mitgenommen hatte. Ich presste meine Lippen aufeinander und stieß ein “Hm,“ aus. “Aber das muss dich nicht bekümmern. Mich selbst belastet es auch nur noch in Momenten wie diesen.“ Was eine Lüge war, denn im Grunde hatte ich meinen folgenschweren Unfall nie wirklich ganz überwunden.


    “He da!“, schallte die Stimme des Händlers nun zu uns hinüber. “Nicht weiter weg gehen! Schön in der Nähe bleiben!“


    Meine Miene verfinsterte sich ein wenig. “Für den mache ich noch einen Spurt von hier bis Ostia,“ knurrte ich vor mich hin, doch ich erwiderte dem Händler nichts. Stattdessen bewegte ich ein wenig mein Bein. Es war schon viel besser und ich schaute mich ein wenig nach Muckel um, was müßig war, denn so schnell konnte er nun auch wieder nicht rennen.

  • Nelia half ihrem Herren auf den Stein. Dann hockte sie einen Augenblick vor ihm und besah sich ihn genau. Es schien kein organisches Leiden zu sein, sondern sein Bein. Er steckte es neben ihr aus und rieb sich das Knie. Nelia wechselte von ihrer hockenden Position in eine kniende. Dann packte sie den Fuß ihres Herren und legte ihn auf ihrem Oberschenkel ab. So konnte das Blut besser zirkulieren. Als er anfing ihr zu erklären, was sein Problem war, sah sie zu ihm auf.


    "Oh ein sechsjähriger Reitersmann also." Sie musste bei dem Bericht leicht schmunzeln. Doch dann wurde sie wieder ernst und nickte. "Das klingt übel, Herr." Sie glaubte ihm, dass er darüber nicht gerne sprach. Doch jetzt musste es einfach sein. Er sah wirklich gut aus und hatte gerade so einen niedlichen Gesichtsausdruck, dass sie ihn am liebsten in die Arme geschlossen und getröstet hätte. Das durfte Nel natürlich nicht. Aber sie war eben ein herzlicher Mensch, der seine Gefühle zeigen konnte. "Es soll mich nicht bekümmern? Das tut es aber, Herr." Sie fing an seine Wade etwas zu massieren um seine Muskeln zu entspannen. "Hat sich ein Heiler gekümmert, dass da kein Stück Holz drinnen geblieben ist?" erkundigte sie sich. Denn das war in so einem Fall naheliegend. Wie die winzige Scherbe die sie aus dem Fuß ihres Vater´s hatte schneiden müssen.


    "Wie fühlt es sich an Herr? Wird es besser?" Der Händler rief zu ihnen rüber, dass sie bloß nicht weglaufen sollten. Nelia machte eine unwirsche Handbewegung in dessen Richtung und sah über ihre Schulter.
    "Ach halt die Klappe. Niemand läuft dir weg." so ein Esel. Nel konnte es nicht lassen ihrem Unmut preis zu geben. Dann lächelte sie wieder zu Casca empor, der etwas finster dreinblickte und nach Ostia laufen wollte. "Dass lasst Ihr mal schön. Das ist der Kerl nicht wert." Sie hielt sein Bein weiterhin etwas hoch gelagert und hoffte sehr, dass sie diesen Ort bald verlassen konnten. Muckel konnte Casca auch besser stützen, ihr fehlte dafür die Kraft. Der Mann war schwerer als er aussah.

  • Die junge Sklavin kniete nun vor mir und hatte mein Bein auf ihre Oberschenkel ablegt. Ich nahm es dankbar hin und genoss diese Zuwendung insgeheim. Muckel war niemals so aufmerksam zu mir. Seine Fürsorge bestand eher in Sätzen wie 'Stell dich nicht so an' oder 'Barbaren kennen keinen Schmerz'. Es hatte etwas für sich, wie dieses Mädchen mich nun anblickte und sollte ich wirklich Bedenken gehabt haben sie zu erwerben, so schmolzen diese nun butterzart dahin. Ja, ja, ich war ein sechsjähriger Reitersmann. Ich begegnete ihrem Schmunzeln mit einem bekräftigenden Nicken. Und ein 'Ja' auch zu dem Punkt, an dem es übel klang. Übler als übel, denn es war ein Elend für den Rest seines - im Augenblick noch jungen Lebens - lahmen zu müssen wie ein alterndes Ross.


    Aber ich gehörte auch nicht zu der Sorte Menschen, die ihr eigenes Wehklagen gerne hörten oder sich in einem Leiden so bereitwillig suhlten wie ein junges Ferkel in einer Kuhle Schlamm. Im Gegenteil. Ich schaute insgesamt doch gerne nach vorne und überging das Leid mit stets neuen anregenden Gedanken. Vielleicht stürzte ich mich deshalb auch wie ein Geier auf meine Tonstrina. Seit dem jüngsten Studium der Bilanzen lag sie mir doch schwer im Magen. Die Worte meiner neuen Sklavin ließen sich da schon viel leichter verdauen. Mein Befinden bekümmerte sie wirklich?


    “Pfuhhh...“, seufzte ich heraus, als ihre grazilen Finger meine Wade massierten. Es tat doch ungemein wohl. Neuerlich kein Vergleich zu Muckels Künsten, der eigentlich nur wenig feinfühlig war und wenn er einen schon massierte, gleich loswalkte wie ein Gerber. “Nein, bis auf ein paar Einschränkungen in der Tauglichkeit ist nichts in meinem Knie zurück geblieben,“ sagte ich dann in einem milden, zufriedenen Tonfall. “Ich hatte die besten Heiler“ Den Händlersmann beachtete ich gar nicht mehr, denn Nelia hatte recht. Der Sklavenhökerer war es gar nicht wert.


    Ein wenig neigte ich meinen Kopf in den Nacken und beschaute mir genussvoll den Himmel, während die schlanken Hände noch meine Wade bearbeiteten. Und ich denke, das war auch der Faktor, der mir die Zunge noch ein wenig mehr löste. “Wie war das doch gleich?“ begann ich nachdenklich. “Du verstehst dich auch ein wenig auf Krankenpflege?“ Zumindest meinte ich das noch mitbekommen zu haben. “Das machst du wirklich gut. Weißt du... mein Muckel ist dafür so schlecht geeignet. Er pflegt mich immer zu kneten als sei ich nicht mehr als eine Ladung Teig...“ Unter diesen Worten grinste ich wieder. “Ich hoffe, ihr werdet euch gut verstehen. Ich habe ihn schon seit dem Reitunfall, weshalb er auch ein wenig... nun sagen wir... nassforsch... daher kommt.“ Ja, ich glaubte, das umriss es doch sehr gut. “Aber du bist doch hoffentlich anders, nicht wahr? Dir muss man nicht mit Tod und Furien drohen oder gar mühselig die Peitsche schwingen?“ Gut, das tat ich bei Muckel auch nicht. Zumindest nicht soweit ich mich zurückerinnern konnte.

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