Cubiculum Pina

  • Pina fegte ohne auf was und jemanden zu achten durch die Casa und gleich weiter in ihr Cubiculum und knallte die Türe zu. Bestimmt hatte dieses Haus noch nie soch einen Türschlag vernommen.
    Jetzt hier hinter verschlossenen Wänden war es um ihre Fassung geschehen. Sie warf sich bäuchlings auf ihr Bett, schnappte sich ein Kissen und zog es sich über den Kopf. Gedämpft drang ihr schluchzen nach draußen.

  • Tatsächlich war der Knall nicht ungehört geblieben. Valentina, die gerade im Garten war um mal wieder nach ihren geliebten Rosen zu sehen, hob verwundert den Kopf.
    Als sie in die Casa kam, deutete ihr stummer Diener die Treppe nach oben und die Hausherrin folgte dem Wink. Vor Pinas Zimmertüre blieb sie dann stehen. Valentina klopfte an und als sie die weinenden Laute hörte, trat die besorgte Tante ein, bevor sie dafür Erlaubnis bekam. Leise schloss sie die Türe wieder, trat ans Bett heran und setzte sich an die Kante. Mit einer Hand begann sie Pina über die Haare zu streichen. "Pina, was ist denn passiert?"

  • „Verschwinde, ich will dich nicht sehen“, schrie Pina, ihren Kopf unter dem Kissen, in der Annahme es wäre ihre Schwester Sila. Erst als sie die die Stimme ihrer Tante hörte, kam sie ein wenig zu sich. Schmiss dann das Kissen von sich und warf sich ihrer Tante an den Hals. Immer wieder von Schluchzen unterbrochen brach es dann aus ihr heraus. „Du muss mir glauben, ich bin nicht so eine, nein ganz bestimmt nicht. Ich wollte doch nur ein einziges Mal eine von innen sehen. Mach dir keine Sorgen, noch Morgen gehe ich zurück nach Mantua. Dann brauchst du dich nicht zu schämen. Aber das hätte ich nie gedacht, das auch Sila so etwas glaubt. DIE will ich nicht mehr sehen, sie kann hier glücklich werden, ich gehe.“
    Noch immer von einzelnen Schluchzern geschüttelt, wühlte eine Hand von ihr im Bett herum, sie wusste sie hatte hier irgendwo ein Tuch liegen.

  • „Pinchen?“ Sila betrat das Zimmer und fand Pina und ihre Tanten vor. Mit zwei schnellen Schritten war sie bei Pina, deren letzten Worte sie gerade noch gehört hatte. „Ich glaube gar nichts. Ich weiß... ich weiß, dass ich die BESTE Schwester der Welt habe und ich weiß, dass ich todunglücklich wäre, wenn sie in Mantua und ich hier in Rom wäre. Bitte Pinchen... ich war nur.. ich mein.. du bist doch sonst so … schüchtern? Also das gerade du... Du willst in so eine Castra wirklich gern mal rein oder?“ Sie streichelte ihrer Schwester über den Kopf. Nein sie hatte wirklich keinen Moment lang angenommen, das Pina ihren Vorschlag Ernst gemeint hatte. Aber derartige Sachen von ihrer kleinen schüchternen Schwester zu hören hatte sie einfach erschüttert. Auch in Silas Augen glänzten die Tränen.

  • Überrascht über die plötzliche Umarmung legte Valentina ihre Arme um den zierlichen Körper ihrer Nichte und ließ sie erzählen. Auch wenn das was sie sagte für sie keinen Sinn machte. Doch die kleine Dame so traurig zu sehen brach Valentina das Herz. Sie wollte für sie da sein.
    Es dauerte nicht lange, da öffnete sich die Türe erneut und ihre Zwillingsschwester kam herein. Valentina sah zu Sila und wurde auch aus ihren Worten nicht wirklich schlau. Auch wenn das, was sie da hörte ihr nicht wirklich gefiel. Aber jetzt war kein guter Zeitpunkt um jemanden auszuschimpfen. Vor allem weil sie die Sache nicht noch schlimmer machen wollte.
    "Will mir jemand von euch beiden erzählen was passiert ist?" Abwechselnd sah sie zwischen den beiden Schwestern hin und her und zauberte dann wie aus dem Nichts ein Tuch unter ihrem Gewand hervor, welches sie Pina hinhielt damit diese sich die Tränen trocknen konnte. "Ich will nicht, dass du weggehst."

  • Pina wichte sich unter schniefen die Tränen weg und putzte ihre Nase. "Danke", sagte sie zu ihrer Tante ehe sie Sila anschaute, ihr Blick wanderte zurück zu ihrer Tante. "Aber du musst doch froh sein wenn ich weg bin. Ich zerstöre dein Ansehen und auch, dass deines Bräutigams. Ganz Rom denkt ich würde so eine sein, du weißt schon."
    Erneut traten Tränen hervor, die aber schnell verärgert wegwischte. Ich hab ja nur gedacht oder wie ihr sicher denkt eben nicht gedacht. Das ist jetzt die letzte Gelegenheit, ehe mich keiner mehr als Kind ansiehte. So viele Gesprächsfetzen habe ich in Mantua mitbekommen, da wollte ich nur wissen ob es wirklich so ist wie ich es mir vorstellte."
    Völlig ratlos schaute sie abwechselnd zu den beiden. "Ihr könnt es sicher nicht verstehen. Etwas in mir sagt eine Zeit geht zu Ende, schließe sie ab."
    Verlegen lächelnd fragte Pina, "ich bin jetzt albern oder?"
    Einem plötzlichen Impuls folgend, sprang sie auf und umarmte ihre Schwester, "ach Sila wenn ich doch nur ein wenig von deiner Zuversicht hätte."
    Ihre Tante anschauend kam leise, "bite entschuldige, dass ich dir Kummer mache."

  • Sila schüttelte den Kopf. „Du bist ganz und gar nicht albern.“ Sie drückte ihre Schwester an sich. „Weißt du mir geht es ähnlich. Das hängt wohl damit zusammen, dass wir keine Kinder mehr sind.“ Ja wenn sie ihre Schwester ansah, war es ja so als schaute sie in einen Spielgel und dieser Spiegel sagte ihr mehr als deutlich, dass sie den Kinderschuhen wohl endgültigen entwachsen waren und zu jungen Frauen herangewachsen sind. Ja Sila kam es fast so vor als sei dies über Nach passiert. Waren sie nicht gestern noch wie Kinder durchs Haus, den Garten oder die Straßen gefegt? Dies konnten sie wohl nun nicht mehr. Inzwischen sah man die Beiden wohl mit anderen Augen. Das wurde nun auch Sila bewusst. „Ich gebe dir gern was von der Zuversicht ab.“ Sagte Sila nun schon wieder lächelnd zu ihrer Schwester.

  • "Ihr werdet beide erwachsen, das kann man nicht leugnen." Meinte Valentina dann nach einer Weile, als die beiden Schwestern sich in den Armen lagen. Sie versuchte zu lächeln. "Ihr seid jetzt noch gar nicht so lange hier und selbst ich kann erkennen, dass aus den verängstigten Mädchen, die vor meiner Tür standen nun schöne, junge Frauen geworden sind. Und glaubt mir ich weiß wie ihr euch fühlen müsst. Meine Mutter starb sehr früh und auch meinen Vater habe ich früh verloren. Valerian, mein Bruder hat für mich gesorgt und ich musste früh lernen erwachsen zu werden. Und auch ich hatte meine wilde Zeit, das könnt ihr mir glauben. Ich trieb es sogar so weit, dass ich mit meinem Bruder brach."
    Valentina war wahrlich nicht stolz auf diesen Lebensabschnitt. "Nun war ich lange Familienoberhaupt und ja es stimmt, es geht eine Zeit zu Ende. Da hast du nicht unrecht Pina. Aber das ist nichts was schlecht ist. Eine Frau hat viel mehr Möglichkeiten als ein Kind. Und hör auf dir Sorgen über das Gerede zu machen. Hier in Rom wird immer geredet. Ob du nun schlecht gekleidet bist oder dein Haar nicht richtig sitzt. Aber auch damit werden wir klar kommen. Ich war nie so eine, die auf dieses Gerede viel gab." Sie lächelte ihre beiden Nichten zuversichtlich an.
    "Und gerade wegen meinem zukünftigen Mann wirst du doch sicherlich noch Gelegenheiten bekommen Soldaten kennen zu lernen. Wenn du möchtest sage ich ihm er soll mal alle heiratsfähigen Soldaten zusammen trommeln die eine gute Partie sind und die laden wir dann zu uns ein." Es klang lustig aber so im Spaß meinte Valentina das gar nicht. Für ihre Nichte würde sie alles machen.
    "Aber natürlich nur, wenn du hier bleibst."

  • Aus einer Mischung von heulen und lachen, kam von Pina, „ach wenn ich euch beide nicht hätte“. Sie versuchte beide gleichzeitig zu umarmen.
    „Doch wegen meines zukünftigen Mannes, da bin ich mir nicht sicher ob das einer von Militär sein muss. Überhaupt kann ich mir noch gar nicht vorstellen an der Seite eines Mannes zu leben.“ Versonnen fügte sie hinzu. "Was für mich wichtig wäre, wenn der Mann ein guter Freund wäre, der alles mit mir teilen würde, mich an seinem Leben teilhaben ließe. Die Krönung wäre, wenn wir zusammen reisen könnte, gemeinsam fremde Länder kennen lernen würden.
    Wäre mein Mann beim Militär, so würde er vielleicht ab und an reisen, mich aber bestimmt oft alleine lassen müssen und dann wäre ich einsam. Keine Sila und keine Tante wäre da. Die Frage ist nur gibt es so einen Mann?“ Pina lächelte schief.

  • Das ganze Gerede über Männer machte Valentina nur wieder schmerzlich darauf aufmerksam, dass ihr Zukünftiger nicht bei ihr verweilen konnte. Die Hochzeit würde sich weiterhin verzögern und um es mal in Pinas Worte zu fassen, sie konnte das Gerede jetzt schon auf den Straßen hören. So viel Zeit war seit der Verlobungsfeier bereits ins Land gezogen und noch immer war sie nicht die Frau von Serapio. Hatte sie sich damals doch falsch entschieden? Ein Stich im Herzen machte ihr klar, dass sie darüber lieber nicht nachdenken sollte. Doch das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ihren Gedanken nachzuhängen. Jetzt musste Pina aufgemuntert werden. Die Umarmung hatte sie natürlich herzlich erwidert. Die Worte wie Pina sich einen Mann vorstellte, ließen ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen entstehen. Genau so ähnlich hatte sie immer gedacht. Bei ihr war dann noch der egoistische Wunsch dabei, dass dieser Mann auch Geld haben sollte. Vielleicht deswegen weil ihre Familie nie genügend davon hatte.
    "So einen Mann gibt es hier irgendwo. Ich weiß nicht ob er beim Militär ist, er kann auch in der Verwaltung sein oder ein Lehrer oder er besitzt ein großes Landgut außerhalb der Stadt. Ich bin sicherlich die Letzte die dir in dieser Hinsicht irgend einen Rat geben sollte, denn sieh mich an, ich bin immer noch unverheiratet." Sie lachte traurig. "Aber hör auf dein Herz und lass dich nicht vom Offensichtlichen täuschen. Wenn du auch auf den ersten Blick denkst er entspricht nicht deinen Vorstellungen, schau noch ein zweites Mal hin."

  • Dankbar lächelte Pina ihre Tante an und versprach ihr, immer an ihren Rat zu denken. Sie wusste diese machte sich zur Zeit sorgen um ihr eigene Hochzeit und brauchte selber dringend Trost.
    Mit viel Vertrauen in der Stimme versicherte sie ihr, "dein Verlobter wird sich sicher bald melden". Dies wünschte und hoffte sie von Herzen

  • Pina hatte sich alles lange und sorgfälltig überlegt. Sie wollte weder ihre Zwillingsschwester Sila, nocht ihre Tante Valentina in Gefahr bringen. Genauso wenig wollte sie sich von den beiden von ihrem Vorhaben abbringen lassen. Sie hatte sich am Abend hingesetzt und eine kurze Nachricht auf einer Tabula geschrieben.


    Liebe Tante und geliebte Schwester.


    Bitte sucht nicht nach mir! Macht euch bitte keine Sorgen, da wo ich bin geht es mir sehr gut.
    Wenn ihr nach mir sucht, bringt ihr euch selber, aber auch alles was ihr besitzt, in Gefahr.
    Denkt immer daran, ich bin gegangen um euch zu beschützen, wenn ihr jetzt nach mir sucht, war alles umsonst.


    In großer Liebe
    eure Pina.


    Einfache zweckmäßige Kleidung, packte sie auf eine Decke und verschnürte alles zu einem Bündel, so dass sie am Nächsten Morgen in aller frühe gleich reisefertig war.


    Pina legte sich ihren Umhang um, unter dem sich ihr Reisebündel befand, schaute sich kurz im zimmer um, nickte zufrieden, die Tabula lag gut sichtbar auf ihrem kleinen Tisch. Noch einmal schluckte sie und wichte sich die letzte Tränen aus ihren Augen.
    Leicht viel ihr das Weggehen aus der Casa Quintilia nicht und ob sie jemals zurückkommen würde wusste nur der allmächtige Gott. Leise schloß sie die Türe und verließ das Haus in Richtung Tiber.

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