[Forum Boarium] Ara Maxima

  • Die Aufgaben und Pflichten eines Praetor Urbanus nahmen seit der Kaiserzeit zu und umfassten auch kultische Bereiche. Das Hercules-Opfer am speziell für ihn geweihten Altar nahm eine zentrale Bedeutung ein und Menecrates - für seine Korrektheit bekannt, die manchmal sogar in Penibelheit ausartete - markierte sich diesen Tag besonders fett auf seiner Termintafel. Heute fanden keine Verhandlungen oder Anhörungen in der Basilca Ulpia statt und es gab auch keine öffentliche Sprechstunde.


    Heute, PRIDIE ID AUG DCCCLXVII A.U.C. (12.8.2017/114 n.Chr.), war der Festtag zu Ehren des Hercules Invictus - des Unbesiegten. Heute war der Tag des großen Staatsopfers.


    Die heilige Keule, eine überaus kunstvoll hergestellte Waffe, die das gesamte Jahr über im Bezirk aufbewahrt wurde, kam heute zum Vorschein. Ein weiterer irdischer Überrest des Gottes, ein Scyphus, ein aus Holz geschnitzter und mit Pech abgedichteter Becher, kam ebenfalls ans Licht. Ein Bogen und ein Löwenfell wurden neben dem großen Altar drapiert, weil sie symbolisch dem Hercules zugeordnet waren. Neben dem Ara Maxima stand eine Bronzestatue mit dem Beinamen triumphalis.


    Ein bunt zusammengesetzter Zug näherte sich dem vorbereiteten Altar, an dessen Spitze der Praetor Urbanus Herius Claudius Menecrates schritt. Weitere Staatsmänner, Liktoren, Klienten, unzählige Römer und Peregrini folgten ihm oder warteten bereits vor Ort. Ob der Kaiser hinzustoßen würde, wusste Menecrates nicht, aber falls ja, würde ihm ein Ehrenplatz zukommen, ebenso seiner Gemahlin. Kinder und Jugendliche sowie Sklaven umsprangen oder folgten dem Zug als Begleiter. Weihrauchträger, Musikanten und Handlanger warteten bereits vor Ort.
    Popae und Victimarii standen bereit. Die Organisation des Staatsopfers überließ Menecrates nicht dem Priester oder Tempelvorsteher, er organisierte selbst. Als Opfertiere standen ein junges Rind und ein Schwein bereit.

  • Auch Macer hatte sich dem Zug angeschlossen und lief in der Gruppe der ranghohen Senatoren relativ weit vorne mit. Angesichts der Tatsache, dass es in Rom zuletzt einige unschöne Ereignisse gegeben hatte, deren Wiederholung sich sicher niemand wünschte, erschien ihm ein Opfer an Hercules Invictus als Ausgleich äußerst passend. Außerdem trug er sich noch immer latent mit dem Gedanken, seine religiösen Aktivitäten eines Tages zu verstärken und da kam es sicher nie schlecht an, sich möglichst oft bei einem Staatsopfer blicken zu lassen. Und nicht zuletzt waren bald ja auch schon wieder Wahlen und das eine oder andere Gespräch am Rande der Zeremonie konnte daher ebenfalls spannend werden. Also gab es mehr als genug gute Gründe, aufs Forum Boarium zu ziehen und den Tag zu genießen, an dem es sonst keine offiziellen Geschäfte zu erledigen gab.

  • Natürlich verfolgte Sassia die Prozession ihres Großvaters. Endlich gab es mal wieder einen Grund befreit aufzuatmen. Die Tage während und nach dem Aufstand waren unschön gewesen. Sassia steckte der Schock immer noch in den Knochen. So war sie froh, heute hier zu sein und ihren Großvater zu beobachten, der den Zug anführte. Sassia selbst hielt die Hand ihrer Schwester, die während der Spiele im wahrsten Sinne des Wortes in der Scheiße gesessen hatte. Aber heute sah man ihr nichts mehr davon an. Wenn der Zug vorüber war, würden sie sich natürlich anschließen um als Zuschauer das Opfer zu verfolgen.

  • Die ihm zugewiesene Aufgabe am heutigen Tag des Staatsopfers beinhaltete die Unterstützung der Popae und Victimarii. Opferhelfer zu unterstützen, klang eher unwichtig, bedeutete in Wirklichkeit aber Verantwortung. In seinen Händen lagen die Absprachen im Vorfeld und leichte Hilfestellungen während der Opferzeremonie. Wegen seines stets grimmigen Aussehens wählte man den Makedoner nicht für das Halten des Rindes aus. Zwar glaubte niemand, dass ein Rind im Gesicht eines Menschen lesen könnte, aber ein Risiko wollte auch niemand eingehen.
    So kam es, dass Plato hinter den eigentlichen Opferhelfern bereitstand, um einzuspringen, wenn er gebraucht wurde.


    Insgesamt fünf Popae und Victimarii standen seitlich des Altars einer Perlenkette gleich aufgereiht. Sie trugen nichts außer einem aufwändig gesäumten Schurz, an dessen Gürtel ein Culter in der Scheide hing. Plato trug kein solches Opfermesser und ebenfalls andere Kleidung. Seine weiße Tunika symbolisierte Reinheit.

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    MAGISTER NAVIS - HERIUS CLAUDIUS MENECTRATES

    VILICUS - HERIUS CLAUDIUS MENECTRATES

  • Zusammen mit ihrer Nichte hatte sich auch Valentina der Prozession angeschlossen. Da sich in letzter Zeit die Ereignisse in ihrem privaten Umfeld ziemlich überschlagen hatten und sie im Moment nicht genau wusste wie sie mit ihren Gefühlen umgehen sollte, war so eine Prozession sicherlich nicht falsch. Sie konnte göttlichen Beistand in diesen Zeiten sehr gut gebrauchen.
    Wie immer hatte sie sich der Situation angepasst gekleidet. Nur eine Kette hatte sie angelegt und eine goldene Armspange. Die Haare waren hochgesteckt und von einem auf ihre Tunika farblich abgestimmten Band gehalten.
    Gemächlichen Schrittes ging sie neben Pina her, für ihre Nichte war dies die erste große Prozession, soweit Valentina wusste und es war wichtig, dass sie das auch kennen lernte.

  • Die Brüder Plato und Tachos unterschieden sich wie zwei Seiten einer Medaille. Während der eine handwerklich brillierte und sich dabei eher für das Grobe eignete, zeichneten den jüngeren Tachos das Musische, Künstlerische und Einfühlsame aus. Ihm kam am heutigen Staatsakt der wichtige Part des Opfertierhaltens zu. Es galt als schlechtes Omen, wenn das Opfertier Unruhe zeigte, also spielte Tachos bereits jetzt seine Fähigkeiten aus.


    Als sich der Zug näherte, hielt er bereits das junge Rind am Kopf. Er wusste, Tiere dachten in Bildern und so lenkte er den Kopf des Rindes weg von den sich nähernden Menschen, hin zum aufgebauten Altar. Die statische Ruhe sollte sich auf das Tier übertragen, wie sich auch Tachos' Gedanken übertragen sollten. Er atmete tief und langsam durch, während seiner Kehle ein leises Summen entfloh, das außer dem Rind vermutlich niemand hörte. Tiere empfanden auch Ängste, sie erschreckten vor Gerüchen, Geräuschen, dem plötzlichen Lichteinfall und der Dunkelheit. Auf all das musste Tachos im Vorfeld reagieren, sollte es drohen einzutreten.


    Ein weiterer Opferhelfer hielt das zweite Opfer, ein Schwein. Beide Tiere waren festlich geschmückt. Das Rind besaß weiße und scharlachrote Wollbinden um die Stirn, die an den Seiten herabhingen. Eine breite Wolldecke lag über seinem Rücken, während dem Schwein ein Band über den Rücken gelegt wurde.

  • Schön, sehr schön, dachte Pina, als sie neben ihrer Tante her schritt, Sie freute sich, erst einmal endlich mit ihrer Tante wieder etwas zusammen zu unternehmen und dann auch noch eine einen Tempel zu besuchen, dass hatte sie noch nie gemacht.
    Was für ein Anblick diese bunte Prozession und dazu noch zum Tempel eines Götterhelden. Dankbar ergriff sie die Hand der Tante und drückte diese. Gleichzeitig, schielte sie zu ihrer jungen schönen Tante. Wie hübsch sie war und wie sorgsam sie sich gekleidet hatte. Ob sie selber gut aussah wusste sie nicht, da fehlte ihr Sila zur Zeit besonders. Nicht nur da, wie gerne hätte sie diese bei sich gehabt um ihr von all dem Erlebten zu berichten. Jetzt wollte sie den Tempelbesuch aber erst einmal benutzen um für überstandene Gefahren zu danken.

  • Großmutter ging es endlich besser und ihre Pflege wurde nicht mehr benötigt. Geht ruhig hatte Großmutter mit einem Lächeln gesagt. Ja die alte Dame wusste, wie sehr sie ihre Schwester und auch ihre Tante vermisste. Ihre Schwester natürlich um so einiges mehr, schließlich war Pina ihr Gegenstück. Ohne sie fühlt sie sich irgendwie nur Halb. Und als sie auch noch von den Ereignissen in Rom gehört hatte, hätten sie keine zehn Pferde davon abbringen können, nach Rom zu reisen und sich selbst davon zu überzeugen, dass es ihrer kleinen Familie gut ging.Nun hatte sie Tante und Schwester überraschen wollen, was ich im Nachhinein als keine so gute Idee herausstellte. Da waren die Beiden doch tatsächlich ausgeflogen. Bei einem Opfer sollten sie sein. Na prima. Natürlich war das kein kleines Opfer – nein sie musste zu einem der größten Opfer rennen. Hampf. Sila wühlte sichnun schon gefühlt seit einer Ewigkeit durch die Massen – Halb Rom auch was rede ich ganz Rom war scheinbar hier. Immer wieder suchte sie sich mal einen Vorsprung oder eine Erhöhung um über die Köpfer der Massen zu blicken und endlich schaute sie in ihr Spiegelbild. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht nun musste sie nur noch hier und da jemanden entweder sanft oder auch unsanft bei Seite bugsieren und dann stand sie neben den beiden. Erst mal sagte sie nicht, doch dann hielt sie es nicht mehr aus. Mit einem grinsen und einem „Salve ein schöner Tag heute nicht wahr?“ Begrüßte sie die beiden und war gespannt auf ihre Reaktionen.

  • Schon recht früh hatte mich auf den Weg gemacht, um mich der Prozession anzuschließen. Als Aedituus durfte ich mir das natürlich nicht entgehen lassen und es würde mir eine Freude sein, bei diesem Opfer zu zu schauen. Nicht, dass man dabei immer wieder noch etwas lernen konnten… nein, auf diese Weise konnte man auch dafür danken, dass in Rom endlich wieder ein wenig Frieden eingekehrt war. Dafür hatte ich mich auch ein wenig heraus geputzt. Ich trug eines meiner besten Gewänder mit einem Umhang aus einem leichten Stoff, der in Safranfarbe gehalten war und ich hatte noch am Morgen Muckel angewiesen, mir meine ersten beiden ersten beiden grauen Haare aus dem Haupthaar zu zupfen. Zwar waren es nur wenige gewesen, aber den Anfängen sollte man doch immer wehren. Vielleicht würde ich auch noch der Tonstrina einen Besuch abstatten, denn Quix hatte doch dieses Wundermittel besorgt, mit dem man derartiges Unbill recht schnell loswerden konnte. Das war in letzter Zeit unser Verkaufsschlager, was mich sehr stolz machte. Während der Prozession schaute ich mich um, ob ich nicht einige bekannte Gesichter entdecken konnte, doch noch fiel mir niemand auf. Vielleicht würde ich ja Valentina oder Pina wieder treffen, was mir eine große Freude wäre, doch wenn sie dabei waren, wären sie in dem Zug eher hinten anzutreffen. Als der Altar erreicht wurde, suchte ich mir einen schönen Platz, von dem aus man eine gute Sicht hatte und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Mein Blick glitt auch über die Opfertiere, welche wirklich prächtig aussahen. Das würde ein gutes Opfer werden. Nur ungern erinnerte ich mich an jenes Opfer zurück, bei welchem ich selbst ein Helfer gewesen war. Damals hatte eine verrückte einen Korb mit Schlangen nach uns geworfen. Schnell verdrängte ich dieses Schauspiel wieder und setzte eine hofnugnsvolles Lächeln auf.

  • Zitat

    Original von Quintilia Sila
    Mit einem grinsen und einem „Salve ein schöner Tag heute nicht wahr?“ Begrüßte sie die beiden und war gespannt auf ihre Reaktionen.


    Mitten im Schritt hielt Pina inne einen Fuß noch angehoben, die Stimme ….. ein Schrei, Fuß auf die Erde setzen und umdrehen, geschah fast gleichzeitig, „SILA“. Schon umschlangen Pinas Arme ihre heiß geliebte Zwillingsschwester und zerdrückte sie fast.
    Als sie beide dann zu Atem gekommen waren schaute sie sich mit einem verlegenem Lächeln um. „Sie ist gerade unverhofft aus Mantua gekommen“, meinte sie entschuldigend. Wieder an ihre Schwester gewandt flüsterte sie, „Bin ich froh dich zu sehen, es gibt ja so vieles was ich dir erzählen muss, doch nun gehen wir drei zuerst in den Tempel“.

  • Ich hielt mich ein wenig im Hintergrund bei den Schaulustigen, die der Prozession folgten. Noch nie hatte ich einem öffentlichen Opfer beigewohnt und war ganz gespannt, was ich alles zu sehen bekommen würde. Bekannte Gesichter gab es für mich hier sowieso nicht und ich erwartete auch nicht, dass ich jemanden kennen lernen würde. Mit verschränkten Armen stand ich also da und verrenkte mir den Hals, um etwas sehen zu können.

  • Cara schritt im Heer der Claudischen Sklaven, sie hatte es geschafft jedem einen Auftrag zu geben. Ein Teil der männlichen Sklaven trug Gefäße mit Weihrauch, alle andere hatten die Aufgabe während der Prozession zu musizieren. Wer konnte spielte ein Instrument, sie selber spielte eine Art Hirtenflöte. Alt bewährte Weisen spielten sie. Die anderen Sklaven bekamen kleine Glöckchen, welche mit ihrem zarten Klingen zum Einsatz kamen, wenn die anderen Instrumente pausierten.
    So näherte sich die Prozession allmählich dem Tempel Ara Maxima

  • Den Händedruck ihrer Nichte erwiderte Valentina dankbar. War Pina doch im Moment die einzige Hand, die sie greifen konnte. Ihre andere blieb leider leer. Da war niemand mehr, an den auch sie sich hätte wenden können. Auch wenn ihre Gedanken schon wieder um eine ganz bestimmte Person kreisten, sprach sie das noch nicht aus. Sie wusste nicht ob das schon angebracht war. Machten doch erst die ersten Gerüchte um die Auflösung ihrer Verlobung die Runde durch die römischen Gassen. Ein Wunder, würde sie heute nicht darauf angesprochen werden, doch die junge Quintilia hatte sich vorgenommen all dem mit erhobenem Kopf zu begegnen.
    Im nächsten Moment geschah dann tatsächlich ein Wunder, denn vor ihnen stand Sila. Im Gegensatz zu Pina bekam Valentina kein Wort über die Lippen, ignorierte aber auch die pikierten Blicke der Mitlaufenden, die sie aufgrund Pinas Gefühlsausbruch bekamen. Nachdem die beiden Zwillinge sich wieder voneinander gelöst hatten, trat auch Valentina vor und umarmte ihre Nichte. "Was für eine Überraschung. Ich bin froh, dass du heil wieder hier in Rom angekommen bis. So ist es wahrlich ein schöner Tag heute."
    Danach ließ auch Valentina Sila wieder los und sie gingen langsam weiter um die Prozession nicht noch mehr zu stören. Eigentlich hätte sie noch sagen wollen, dass es besser gewesen wäre Sila hätte sich angekündigt, dann hätten sie natürlich auf sie gewartet und die junge Frau hätte nicht alleine durch die Straßen Roms gehen müssen. Aber das konnte sie später immer noch erwähnen. Es war nichts passiert, sodass sie nicht gleich wieder schimpfen wollte. Auch wenn es nur aus Sorge um sie gewesen wäre. Die Wiedersehensfreude der beiden Schwestern war wichtiger.

  • Jedes Staatsopfer spielte eine wichtige Rolle für das Leben aller und den Fortbestand des Reiches. Das heutige Opfer erhielt noch einmal umso mehr Bedeutung, weil es nur wenige Tage nach den schweren Unruhen in der Urbs Aeterna zelebriert wurde. Würde es ausbleiben, stellte das die Existenz der Götter in Frage. Würde es trotz guter Vorsätze nicht gelingen, könnte der Friede mit den Göttern nicht hergestellt werden und danken für den glimpflichen Ausgang der Unruhen könnte ebenfalls keiner.
    Menecrates spürte daher sehr wohl, wie viel Verantwortung bei dieser Opferdarreichung auf ihm lastete.


    Als die Menge zum Stehen kam, hob er die rechte Hand und bat um Aufmerksamkeit.


    "Bürger Roms und Zugereiste! Wir alle, ohne Unterschied, ob arm oder reich, ob von hohem Stand oder niederem, ob Magistrat, Priester, Verwaltungsangestellter, Feldarbeiter, Gehilfe oder dienendes Personal." Sein Blick schweifte über die erste Reihe der Anwesenden, um anschließend den Kontakt bis in die seitlichsten und hintersten Reihen herzustellen. "Wir alle wollen heute das Opfer an Hercules sowohl als Dank- als auch als Entsühnungsopfer verstehen. Entsühnen müssen wir, weil wir nur knapp einer staatlichen Krise entgangen sind und eine solche Krise droht nicht von ungefähr. Sie hat ihre Ursache, auch wenn wir sie nicht kennen. Danken sollten wir, weil diese Krise weitgehend glimpflich verlaufen und das schwelende Unheil dank des Einsatzes unserer römischen Soldaten bereits weitgehend erstickt ist."
    Der Praetor ließ den Anwesenden Zeit, um ein Gefühl der Dankbarkeit und Sühne zu entwickeln, bevor er weitersprach.


    "Unser Bestreben muss daher sein, die besten Voraussetzungen für die Annahme des Opfers zu schaffen. Hierzu möchte ich an frühere Zeiten erinnern. Einst wurde an diesem Altar dem phönizischen Gott Melkart gedacht. Zum Ritus gehörte der strikte Ausschluss der Frauen." Menecrates hob die Hand, um einem befürchteten Gemurmel oder gar Protest zuvorzukommen.
    "Später wurde Melkart mit Hercules gleichgesetzt, so werden die meisten von euch den Kult am Ara Maxima kennen. Kein Opferwilliger soll heute fortgeschickt werden, denn wir alle wollen unseren Dank und unsere Sühne zeigen. Aber um die früheren Riten zu respektieren und Hercules nicht zu erzürnen, mögen die Frauen bitte in die hinteren Reihen treten. Zutritt zum Tempel, wo das Voropfer dargeboten wird, dürfen heute nur die Männer erhalten.
    Das Hauptopfer findet - wie immer - auf dem Tempelvorplatz hier am großen Altar statt, dem alle beiwohnen dürfen."


    Menecrates verharrte am Ort und wartete geduldig, bis sich die Zuschauer neu platzierten.

  • Ein wenig aufgeregt war ich nun doch. Es war schon etwas anderes bei einer Opferzeremonie auf dem Lande tätig zu sein oder mitten in Rom. Schon einige Zeit bevor ich sie kommen sah, hörte ich sie sich nähern. Als ich einige Tage vorher auf dem Forum Boarium gewesen war um mir den Tempel an zu sehen und alles im Vorfeld ab zu klären. Was für meine Aufgabe wichtig war, konnte ich mir vorstellen wie es aussehen würde. Dieses hier jedoch übertraf all meine Fantasie um ein vielfaches.
    Jetzt standen wir hier in der dafür vorgesehen Kleidung, das Opfermesser welches ich in meiner Hand hielt, hatte ich sorgfältig geschärft und immer wieder überprüft.
    Jetzt jedoch galt meine Hauptsorge den Tieren, hoffentlich blieben sie ruhig. Für die Ruhe des Tieres, kurz bevor es zu dem entscheidenden Stich kam hatte ich vorgesorgt. Der Hammer stand bereit und kam wenn nötig zum Einsatz.
    Im Augenblick war die Lautstärke der Prozession meine Sorge. Hoffentlich wurde der Einsatz der Musikinstrumente in der Prozession bald gestoppt, einige klangen leider doch etwas disharmonisch.
    Wogegen die Musikanten hier geübt darin waren eher beruhigend auf die Tiere einzuwirken.
    Ich atmete tief durch, dieser Anblick würde Herkules bestimmt erfreuen, genau wie die gleich folgenden Zeremonien.

  • Das Rind schnaubte einmal, als sich der Zug auflöste und die Menschenmenge um den Altar verteilte. Tachos beugte sich zu dem Rind und sah ihm in die lang bewimperten Augen, während er weiter leise summte. Das Tier schüttelte ein wenig den Kopf, bevor es ausprustete und wieder ruhig stand. Das änderte sich auch nicht, als nach der Ansprache und Aufforderung des Praetors erneut Bewegung in die Menge kam. Frauen rückten nach hinten, später hinzugestoßene Männer traten nach vorn.


    Der seichte Wind spielte in den Wollbinden, die von der Stirn des Opfertieres herabhingen, während sich die innere Ruhe des Mannes auf das Opfertier übertrug. Sie bildeten eine Einheit und versuchten, das Treiben um sie herum auszublenden.

  • Was? Pina glaubte nicht richtig gehört zu haben. Frauen sind ausgeschlossen? Haben wir Frauen denn kein Recht zu den Göttern zu beten? Es gäb doch gar keine Männer wenn wir Frauen nicht da wären. Aber nein aus Dankbarkeit verwehren sie uns alles. Jetzt sogar den Zutritt in einen Tempel. Sind wir denn nicht mindestens genauso dankbar alles gut überstanden zu haben, wie die Männer? Außerdem sind wir keine Phönizier sondern Römer.
    Es war wie immer Pinas Geist rebellierte wie immer, wenn etwas ihrer Meinung nach nicht richtig lief. Die Worte des Opferausrichters, holte sie aber in das hier und jetzt zurück und jetzt war absolut nicht die Zeit um sich über dieses Thema wieder einmal mehr zu erregen.
    Nein ich bin hier um mit den Göttern ins Reine zu kommen. Auch wenn ich nicht wirklich weiß warum, so habe ich das Gefühl, dass gerade ich es brauche.
    Ein wenig versöhnlich dachte sie, gut dann treten wir wieder einmal in die hinteren Reihen und ich denke daran, dass wichtigste ist die Teilnahme an dem Hauptopfer und daran dürfen wir alle teilnehmen.
    Während ihr Verstand mit diesen Gedanken beschäftigt war, hatte ihre Tante und ihre Schwester sie zu dem Frauenbereich gesteuert.
    Gut das keiner meine Gedanken kennt, man würde mich nicht als richtige Frau betrachten oder gibt es noch mehr Frauen die ähnliche Gedanken haben. Doch eine gab es bestimmt, Varia. Auf dieses Thema weiter einzugehen verweigerte Pina jetzt und hier ihrem Geist.
    Voller Schrecken dachte sie dann, hoffentlich stören meine Gedanken nicht das Opfer, mögen mir die Götter dies verzeihen und ihr Augenmerk auf den Opferherrn richten.

  • Seit dem Vorfall fand Rufus keine Ruhe mehr. Die Nächte unter fremdem Dach waren nicht auszuhalten. Morpheus Arme waren nicht mehr die selben. Nach außen hin, merkte man ihm das kaum an. Narben waren nicht zurück geblieben. Nur der Umgang mit seinen Mitmenschen hatte sich um einige Nuancen abgekühlt. Was Modestus und hauptsächlich Sorana in mühevoller Kleinarbeit zurecht gerückt hatten, schien zu bröckeln und drohte langsam zu verfallen.
    „ Kann ich mal durch.“ sagte Rufus kühl und leicht gereizt zu einer der Quintilerinnen die seinen Weg kreuzten. Das er sich an ihnen seitlich vorbei schieben musste ärgerte ihn noch mehr. „ Man, breit wie ein Ochsenkarren.“ bemerkte er abfällig und drängte weiter nach vorn.

  • Auch Quintilia missfiel es, dass Frauen scheinbar nur zweite Wahl waren. Aber sie tröstete sich damit, dass die Götter sicherlich nicht der gleichen Meinung waren wie die Männer, die hier unten die Opferrituale vollzogen. Obwohl Valentina deren Arbeit sehr wohl respektierte, schon aus Furcht vor den Göttern, gefielen ihr die Worte dennoch nicht. Sie hielt Pinas Hand etwas fester. Sie kannte ihre Nichte und wollte verhindern, dass sie ihren Gefühlen wieder freien Lauf ließ. Sie liebte ihre Nichte, doch ab und zu musste man sie eben beschützen. Auch vor sich selbst. Mit einem vielsagenden Blick in ihre Richtung, trat sie in der Mitte der Zwillinge den Rückzug an.
    Bei den Plätzen angekommen, die man ihnen zugedacht hatte, strich sie Pina mit dem Daumen über den Handrücken. Sie war stolz auf die junge Frau, dass sie sich unter Kontrolle hatte.
    Gerade wollte sie sich wieder auf den weiteren Verlauf konzentrieren, als sie von einem Mann unsanft angerempelt wurde. Bei den folgenden Worten nahmen auch Valentinas Wangen eine dunkelrote Farbe an und sie hielt die Hände der beiden Zwillinge wieder etwas fester. Dieses Mal aber weniger um die Jüngeren im Zaum zu halten.
    "Bleibt ganz ruhig, hier scheint nur einer der Opferochsen frei herum zu laufen." Meinte sie zu ihren Nichten aber doch nicht ganz so leise wie es vielleicht besser gewesen wäre. Irgendwo musste Pina ja ihr Temperament herhaben.

  • Nicht viele der Anwesenden mussten sich umstellen und das auch nur in den hinteren Reihen. Vorn standen ohnehin die Würdenträger, Amtsinhaber, Senatoren und Magistrate. Menecrates machte eine für ihn unübliche Geste: Er legte die rechte Hand auf die Brust und deutete mit seinem Kopf ein Nicken an. Er dankte auf diese Weise für das Verständnis der Anwesenden und die ruhige Umsetzung.

    Als vollständige Ruhe einkehrte, erhob er die Stimme. "Um bestmöglich zu sühnen und mit reinem Herzen zu danken, nehmen wir jetzt die rituelle Reinigung vor." Der Praetor machte den Anfang, indem er seine Sandalen löste und die Stufen des Tempels erklomm, um sich in einem der Becken am Eingang die Hände zu waschen.


    "Möge dieses Wasser alle Unreinheit von meinem Körper waschen wie das Verwandeln von Blei in Gold. Reinige den Verstand. Reinige das Fleisch. Reinige den Geist. So ist es."



    Er tunkte seine Hände mehrfach in das Wasser, strich über den Handrücken und spülte ab. Anschließend trocknete er sich mit dem Mallium Latum, einem besonderen Tuch ab. Ein Blick und ein kaum merkliches Nicken forderten die claudischen Sklaven auf, ihm Weihrauch und Wein zu übergeben. Anschließend betrat er den Tempel. Bereits jetzt zog er ein Stück Stoff seiner Toga über das Haupt, um es zu bedecken.
    Ob ihm Senatoren folgen würden oder bei der Menge verblieben, war jedem freigestellt.

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