[Civitas Vangionum] Überfall in der Nacht

  • Es war eine kalte Nacht, wie es die Menschen im dunklen, wilden Teil des römischen Germaniens schon immer gewohnt waren. Der Vollmond warf seinen matten Schein auf die kargen Herbstwälder, welche beinahe alle Blätter verloren haben. Ein kalter, schauernder Herbstwind durchzog die Gegend, wirbelte die gelben und roten Blätter auf und ließ sie regelmäßig knistern. Eine gespenstische Stimmung herrschte hier, welche noch selbst den mutigsten aller Männer einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Hinter den unzähligen Bäumen, oder zu dieser Zeit auch Holzstümpfen auf einem Feld stand ein kleiner, harmonisch wirkender Gutshof, welcher von einem alten Soldatenveteranen und seiner Familie bewohnt wurde.


    "Schnell, kommt schon, beeilt euch!", holte Richwin, der hinter einem Baum in Richtung Bauernhaus spähte, laut flüsternd seine Komplizen herbei. Schnell rückten mehrere, bewaffnete Männer nach. Sie waren haarig, unrasiert und nicht einmal die Götter wussten, wann sie sich letztes Mal gewaschen haben. "Also, ihr kennt den Plan... schnappt euch alles, was ihr euch unter dem Nagel reißen könnt!". Die Männer gaben ein Nicken von sich und schlichen sich mit langsamen, leichten Schritten zum Haus. "Mann, diese arschkälte haut mich um...", murmelte einer der Schleichenden auf dem Weg. "Halt´s Maul, du weißt, dass wir überraschend kommen wollen.", kam zurück geflüstert.
    Bald schon standen sie vor der Türe. Der schlafende Gutsherr ahnte überhaupt nicht, was vor seinem Haus geschah. "Wer will?", fragte Richwin. "Ich.", antwortete ein Kamerad, der eine Axt mit sich trug. Schnell schlug er die Axt in die Tür, zog sie raus, schlug noch einmal ein... bis die Tür aufgebrochen war. Hastig stürmten die gewalttätigen Männer in das Haus, schrien und gaben primitive Laute von sich. Eine Plünderung für die Räuber, wie sie im Buche stand. Bald schon kamen erste Sklavinnen durch ihre Zimmertüren angerannt und wollten sich auflehnen. Mit Kreischen warfen sie sich auf die Männer, doch es war ein hoffnungsloses Unterfangen. Schwerter und Speere bohrten sich durch die verschiedenen Körperteile und Blut ausspuckend gingen die dem Tode geweihten Sklavinnen zu Boden. Die Räuber gingen nicht zimperlich mit den Widerständen um. So war es abgesprochen mit Richwin. Und was er sagte, war Gesetz. Und so Habgierig, wie diese Männer waren, ließen sie wenig zurück. Alles wurde mitgenommen, was ein Bauer überhaupt zu Besitzen in der Lage war. Nur noch Schreie und das Stechen und Schlagen in lebendes Fleisch war zu hören. Grausamkeiten überall in der doch vorher so schönen Idylle...
    Während sich die anderen in dem Moment durch das Haus arbeiteten, stürmte der Anführer der Bande in das Schlafgemach des Gutsherren und seiner Frau. Der Gutsherr schaute ihn mit glänzenden, angsterfüllten Augen an. Doch der bewaffnete Räuber hatte dafür nichts übrig. "Na, ihr zwei Hübschen?", sprach er spöttisch. "Bitte, verschone uns, verschone unser Haus!", rief der Mann panisch. Wortlos holte Richwin mit seinem Langschwert aus. Der Bauer sah keine Chance, keine Hoffnung auf Flucht. Sein letztes Sekündchen schlug, das wusste er auch selbst. Das Schwert bohrte sich in seinen Brustkorb. Er schrie, von Schmerzen erfüllt, dem Tode nahe. Doch schnell erstarb der Schrei und das Leben verließ den Körper des Mannes, als hätte es sich von ihm losgesagt. Seine Frau schrie schockiert und stolperte zu ihrem halb toten Mann. "Marcus, oh Marcus!! Nein!!". Doch der Kopf des früher stolzen Soldaten Roms kippte zur Seite. Er starb mit leblosen, offenen Augen.
    Zögerlich wandte sich der Räuberanführer an seine Frau und wollte schon mit seiner Waffe ausholen. Plötzlich hielt er inne. "Obwohl... dich könnten wir noch gebrauchen.“, bemerkte er und senkte seine Waffe. Sofort ahnte die Frau, was ihr drohte. "Nein!! Nein!!", kreischte sie, doch half es nicht, denn sie konnte sich ohnehin nicht von der Gewalt des Räubers befreien. "Komm!", rief der Räuber, packte sie am Arm und nahm sie mit. Schockiert ließ sie sich trotzdem mitschleifen. Sie konnte nicht glauben, was um sie geschah. Und ihr Sohn? Was war mit ihm?
    Dieser lag in seiner Pritsche, von der Furcht übermannt. Die Lage für ihn war aussichtslos. Er wusste, bald würden die Räuber durch die Tür stürmen und ihn mitnehmen oder umbringen. Auch als die Tür aufgestoßen wurde und bewaffnete Männer eindrangen, passierte nichts. Eine Fackel wurde dem Jungen vors Gesicht gehalten. Völlig geblendet konnte Tacitus Minor nicht erkennen, wer da zu seinem Gefährten meinte „Der taugt war. Nehm’n wir ihn mit.“ Und schon griffen kräftige Hände nach dem vom Schrei des Vaters erstarrten Jüngling und rissen ihn aus seinem Bett.


    Währenddessen machten die Räuber große Beute. Einige Sklaven, denen ihr Leben lieb war, nahmen sie in ihren Besitz und schleppten sie raus. Auch der Anführer wartete draußen, in der Kälte auf seinen Berichterstatter. Dieser kam gleich, mit einigen Habseligkeiten in der Hand. "Was machen wir mit dem Haus? Alles ist abgeräumt.", fragte er. "Abfackeln, was sonst?!", rief der Anführer darauf launisch, mit einem hämischen Grinsen auf den Wangen. Die Sklaven zuckten erschreckt auf, und die Ehefrau der verstorbenen Gutsherren kreischte erneut, als wäre sie in einem Alptraum, aus dem sie nicht mehr hinaus kam. "Nein!!". Doch sie erntete nur eine Ohrfeige eines Räubers. "Klappe, du störrisches Weib!".
    Sogleich warf ein Mann seine Fackel in das Haus, kurz darauf zwei weitere. "Das reicht, verschwinden wir!", befahl Richwin. Die anderen ließen nicht auf sich warten und schleppten alle Wertgegenstände und Sklaven weg. Die Frau blickte ungläubig zurück, auf das Haus, welches bald vollständig brennen würde. Noch konnte sie nicht glauben, was geschehen war.


    Schnell breitete sich auch das gelegte Feuer aus. Der matte Schein des Mondes war durch das helle Licht des Feuers übertrumpft worden. Rauchschwaden stiegen empor und verbargen den Vollmond. Die ruhige Nacht wurde nun durch das rauschen und knistern des Feuers in eine Horrorvision von Nacht umgetauft worden. In eine Horrorvision von Nacht, in welcher eine Familie zur Hälfte zerstört wurde, beraubt und gequält wurde...

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