• Bei allen Göttern, es war wirklich nicht einfach, Merkur in Ägypten ein Opfer darzubringen, wie ich es vor meiner Abreise aus Rom gelobt hatte. Nicht einmal die Palastangestellten konnten mir sagen, wo ich dem Götterboten meine Dankbarkeit zeigen konnte, also entschloss ich mich, ein wenig anders an die Sache heranzugehen. Wenn ich nicht zum Gott kam, musste der Gott eben zu mir kommen :]
    Glücklicherweise war das bei Merkur recht einfach. Als Gott der Reisen war er schließlich auf jeder Straße beheimatet. So musste ich nicht lange nach einem geeigneten Platz für die Steinsäule suchen, welche ich vor einiger Zeit bei einem griechischen Steinmetz in Auftrag gegeben hatte. Eine Herme. Was könnte ein besseres "Opfer" sein, als die Gegenwart des Gottes ein wenig sichtbarer zu machen?
    Ohja, ich war äußerst zufrieden mit mir selbst, als einige Sklaven die schwere Säule von einem Karren hievten.
    "Hier hin.", ordnete ich an und deutete an den Rand der Wegkreuzung.
    Gesagt, getan. Unter unterdrücktem Ächzen und Stöhnen wurde das Abbild Merkurs (genauer gesagt, seines Kopfes) an besagte Stelle geschoben.
    Erleichterung machte sich breit, als ich nach einigem Hin- und Herrücken endlich zufrieden nickte. Ich entließ die Sklaven und hatte endlich zum ersten Mal Zeit, die Arbeit genauer zu betrachten.
    Die Darstellung wich ein wenig von den üblichen Abbildungen des Gottes ab. Strubbeliges Haar, mehr eine Art Helm als ein Hut auf dem Kopf, die gesamte Erscheinung eher jugendlich und der Bart war auch nicht so üppig, wie es bei Hermen üblich war. Doch ich fand, es passte irgendwie.


    Trotz der Tatsache, dass eine Herme als Dank vielleicht schon genug gewesen wäre, hatte ich natürlich auch noch einen Opferkuchen mitgebracht. Und Wein, in Rom hatte mir ein Priester gesagt, Merkur wäre für Wein sehr empfänglich.
    So stellte ich beides an der Herme ab und richtete meinen Blick auf das steinerne Gesicht.


    "Oh Mercurius, Herr des Handels, Führer der Seelen, Bote der Götter, Gott der List und Redekunst, Schützer der Reisenden und Diebe. Ich danke dir, Mercurius, für die sichere Geleitung von Rom nach Alexandria.
    Mercurius, erhöre mein Gebet, denn auch weiterhin werde ich dir huldigend Opfer darbringen, so dass du die Wege meiner Familie behüten mögest.
    Nimm diese bescheidenen Gaben und unterstütze und schütze jene, die deine Werke ehren."


    Einen Moment wartete ich noch ab und betrachtete still lächelnd mein "Werk".

  • Mercurius war etwas überrascht über sein jugendliches Abbild. Es erinnerte ihn an frühere Zeiten, damals, als er noch zusammen mit Apollo in den Wäldern lustige Spiele spielte und Schabernack trieb. Nur die Haare... naja, gut, die waren damals Mode. Und während er noch über vergangene Zeiten sinnierte, nahm er quasi nebenbei das Opfer an.

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