Im Sumpf des Verbrechens - die Ermittlungen im Mordfall Octavius Cato

  • Am hellichten Tag und auf offener Strasse war er niedergestochen worden, und in der Gosse verblutet, Octavius Cato, ehemals Praefectus Castrorum der Vigiles und angehender Politiker mit einem verschlungenen Werdegang. Ermordet nach einer verlorenen Wahl, wahrscheinlich auf dem Nachhauseweg, soviel war leicht herauszufinden gewesen. Ob es 'nur' ein Raubmord gewesen war, bei dem die Täter zu früh das Weite suchen mussten, als dass sie ihn vollständig hätten ausrauben können, oder ob da mehr dahinter steckte, diese Frage stellte sich natürlich. Sein Vater hatte angegeben, Octavius Cato habe keine Feinde gehabt, und auch sonst war bei den ersten Ermittlungen nichts zündendes herausgekommen. Wahrscheinlich waren die Mörder längst wieder in den gesichtslosen Massen der Hauptstadt untergetaucht... - gingen mit frechem Schritte, durch der Römer Mitte, genossen ihres Frevels Frucht, während sie die Rache sucht... - und diese Bluttat würde sich einreihen zu den unzähligen, die hier in dieser Stadt, im diesem Sumpf des Verbrechens, ungesühnt blieben. Manchmal begann ich zu verstehen, warum viele von den älteren Kollegen so einen resignierten Eindruck machten. Es war ein täglicher Kampf, mit ungleichen Mitteln...


    Jedoch - eine Spur gab es noch, und um diese zu verfolgen, waren wir hier, standen heute, an diesem kalten Herbstnachmittag, an dem es ausserdem schon viel zu früh dunkel wurde, mitten in der Subura vor einer heruntergekommenen Insula. Vielleicht war es nur das trübe Wetter, aber mir schien das Gebäude heute besonders trostlos: die fleckige Fassade, von der die rote Farbe abblätterte, brüchige Steine, beschmiert mit Kritzeleien, die Fensterhöhlen klaffende Löcher, die mich an starre Augen erinnerten, oder an weit aufgerissene Münder, die allesamt das selbe sagten: Urbaner, verpisst euch!
    Aber hinter manchen dieser Löcher brannte Licht. Ich legte den Kopf zurück, zählte die Stockwerke ab, und tatsächlich, da wo - soweit ich mich erinnerte - die Wohnung lag, der wir einen Besucht abstatten wollten, drang durch Vorhänge gedämpftes Licht hervor, und vor dem Fenster standen bunt angemalte Blumentöpfe, wie ein vergeblicher Versuch die überwältigende Tristesse dieses Ortes zu überwinden.
    "Da oben ist es, da wo die Blumentöpfe stehen", teilte ich den anderen mit gedämpfter Stimme mit. Ich hatte, um nicht unnötig für Aufsehen zu sorgen, nur vier weitere Soldaten mitgenommen, ausserdem Anweisung gegeben die Helme wegzulassen und die Paenulae über den Rüstungen zu tragen. Das mit den Mänteln war sowieso ganz gut bei der Kälte, und so konnte man uns wenigstens nicht schon von weitem erkennen. Silio, Rupus und Macro waren dabei, alte Kameraden denen ich absolut vertraute, und Redivivus, der ja den Wettschein gefunden hatte. Hoffentlich würden wir nicht mit einer der örtlichen Banden zusammenstossen, die hier in der Gegend galten als ziemlich rabiat.
    "Der Mann ist ein Gauner, ich denke aber nur ein kleiner Fisch, er nennt sich Decius, und beschäftigt sich auch mit Wetten. Bestimmt kann er uns weiterhelfen, mit dem Wettschein... er hat auch eine Frau, die heisst Fabula. Wir versuchen es erst mal im Guten, aber wenn er uns keine Auskunft geben will, ziehen wir andere Seiten auf, und machen ihm klar, dass wir ihn ohne weiteres gleich mitnehmen können. Ich bin sicher er hat genug Dreck am Stecken. Rupus, Macro, ihr postiert euch hier unten am Eingang, Silio, Du oben im Flur." (Meine beiden - ehemaligen - Contubernales waren alle beide ziemlich reizbar, und ich wollte nicht, dass es sofort auf Möbel zertrümmern, rumprügeln und Frauen belästigen hinauslief. Wir waren ja nicht mehr in Parthien.)
    Ich nickte den vieren zu. "Agite."


    Der Eingang der Insula war eng und düster. Rupus und Macro blieben dort zurück, wir anderen stiegen die Treppen hinauf. Ich ging zuerst, und gab acht leise aufzutreten, nicht wie das Sturmkommando persönlich die Stufen hochzutrampeln und alle aufzuschrecken. Hier... das musste der richtige Treppenabsatz sein. Hoffentlich wohnte Decius überhaupt noch da, und hoffentlich war er zu Hause. Auch Silio bezog seinen 'Posten', von wo er die Treppe und die nächsten Wohnungen im Augen behalten konnte. Vielleicht war es übertrieben, aber hier in dem Viertel, als Urbaner, war ich lieber zu vorsichtig als zu sorglos.
    "Redivivus." Ich wandte mich zu dem Miles, wies auf die Türe zu Decius' Behausung und bestimmte ganz zuversichtlich: "Für's erste übernimmst Du das Reden. Du machst das schon."
    Decius hatte mich nie gemocht. Ich ihn auch nicht. Jemand anderes würde bestimmt bessere Chancen haben, im Guten eine Auskunft von ihm zu erlangen. So liess ich Redivus den Vortritt.





    edit: Macro dazugeschrieben

  • Tychicus konnte nicht leugnen, dass ihm diese Gegend unheimlich war. Er begrüßte es, das der Decimer sie langsam und ruhig, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, vorgehen ließ. Denn er hatte das Gefühl, dass wahrscheinlich allein die Bewohner dieses Schuppens hier ausreichen würden, um selbst vier so kräftige Urbaner wie sie es waren zu Hackfleisch zu verarbeiten... oder etwas änlichem.
    Obwohl es helllichter Tag war, wirkte alles in der Subura dunkler, gefährlicher, als anderswo. Ein kalter Wind pfiff durch die offenen oder mit Brettern vernagelten Fensterlöcher und ließ Tychicus erschaudern. Obwohl es wahrscheinlich nicht nur der Wind war, der ihm diese Gänsehaut brachte.
    Schließlich hatten sie sich dank Rupus und Silio abgesichert, und der Centurio und der Miles standen vor der dreckigen, aber relativ stabil wirkenden Tür. Der Rediviver konnte es verstehen, wenn die Leute besonders in einer Gegend wie diesen ihre Behausung, so sie denn eine hatten, wie eine Festung verteidigten. Denn - ebenfalls besonders in dieser Gegend - war es den Cohortes Urbanae nie gelungen die Bandenkämpfe, Überfälle, Einbrüche und - wie man am aktuellen Beispiel sah - Morde zu unterbinden, und das würde sich wahrscheinlich auch nie ändern.


    Die eine Hand fest am Griff seines unter dem Mantel verborgenen Gladius trat Tychicus jetzt vor, da der Decimer ihm überrschend das Wort übertragen hatte, und klopfte energisch gegen die Tür.

  • " Komm' schon, Decius, Du musst das Zeug nehmen, es ist ganz heiße Ware und ich kenne niemanden, der das so gut verticken kann wie Du in der Stadt, Du bekommst auch die Hälfte Anteil, statt einem Drittel wie bisher. " Gestatten vorzustellen, Caius Culter, Mörder, Dieb, Gelegenheitsschmuggler, ein Mann der nicht feinen Sorte, der schnell mit seinem Messer war. Ihm gegenüber an einem großen und runden Holztisch Decius, aus der Familie der Lenia, seine Frau, Lenia Fabula, war immerhin nicht zu Hause, worüber Decius ganz froh war als er in das narbige Gesicht des Verbrechers sah. Vor ihm ausgebreitet lag kostbarer Schmuck und eine kleine Larenstatue aus Onyx gefertigt. Der schwarze Glanz war hypnotisch und Decius seufzte. Das würde ihm bestimmt gut Geld bringen. " Also gut, aber ich nehme sieben von zehn Anteilen. "" Sieben? Ich bitte Dich Decius, über fünf ist nichts zu machen. " " Nicht unter sechs! " "Also gut... " Decius lehnte sich zufrieden zurück und dachte bereits über die möglichen Abnehmer nach, die er auf dem Schwarzmarkt von Rom ansprechen würde. " Können wir dann endlich zu den eigentlichen Geschäften kommen? " Ah, werter Leser, man möge es verzeihen, es war noch jemand Drittes im Raum, Lucius Drubius Cleptus, ein Ganove durch und durch, der sich ab und an auch Heiratsschwindler betätigte, aber sonst gerne jede krumme Tour veranstaltete, die ihm aussichtsreich erschien. Gerade vor vier Tagen aus dem Carcer ausgebrochen und auf der Flucht vor dem Gesetz, die ihm eine empfindliche Strafe auf gebrummt hätte.


    Doch noch ehe die Drei zu ihrer Besprechung kamen, klopfte es energisch gegen die Tür. Und mal ehrlich zu sein und unter uns, das Klopfen eines Urbaners und eines Gesetzeshüters hatte immer eine bestimmte Art, eine Nuance, die jeder Verbrecher, jeder Dieb und Mörder sofort witterte. Natürlich die Drei auch, sie wechselten wissende Blicke. Caius Culter, als Dieb geschult, sprang als erstes auf und hechtete zum nächsten Fenster, um mit einem Satz nach draußen zu verschwinden. Ein Blumentopf polterte und fiel mit einem lauten Krachen in den Innenhof herunter, was mit Sicherheit auch bis zu der Tür zu vernehmen war. Lucius Cleptus wiederum erhob sich mehr gemächlich, sah sich in dem Raum und und eilte zu einem Schrank, um sich dort hinein zu verkriechen. Decius wischte eilig den Schmuck vom Tisch in einen Leinensack, wobei ein kleiner goldener Anhänger unter den Tisch kullerte. Den Sack in eine Kiste geworfen, wandte sich Decius erst dann der Tür zu. Mit missmutigem Gesicht öffnete er die Tür einen Spalt und starrte in den düsteren Gang. " Ja? ", fragte er unwirsch.

  • Tychicus' Hand am Knauf seines unter dem Mantel verborgenen Gladius entspannte sich ein wenig, als man ihn wenigstens nicht direkt mit einer Klinge in der Hand begrüßte.
    Ihm war aufgefallen, dass nach seinem Klopfen im Zimmer ein gewisser Tumult entstanden war, aber der Rediviver konnte sich nicht vorstellen, woher dieser gekommen war. Von dem Raum, der hinter der Türe lag, konnte der Miles außerdem auch noch nicht viel erkennen, da der kleine Türspalt von einem Mann ausgefüllt war, bei dem es sich vermutlich um Decius handelte.
    Trotzdem sagte er, nur um sicherzugehen: "Salve, wir suchen einen Mann namens Decius."
    Dann fügte er noch hinzu: "Wir ermitteln bezüglich eines Mordes an einem Senator und ihr könntet uns in dieser Hinsicht vielleicht weiterhelfen."
    Er war gespannt, wie der Mann reagieren würde, denn aus der ersten Reaktion aus eines Menschen auf ein so unangenehmes Thema wie einen Mord kann man oft schon schließen, ob das Gegenüber sich schuldig fühlt und über die Sache bescheitweiß, oder völlig ahnungslos ist. Allerdings, und das war Tychicus auch klar, viele Menschen, die in einem solchen "Geschäft" tätig waren, konnten sich meisterhaft verstellen. Also interpretierte er vielleicht lieber nicht zu viel in die Reaktion seines Gegenüber hinein, bevor er sich noch eine Fehleinschätzung leistete.

  • Es rumpelte und polterte, da drin... Ich lauschte. Leise drangen jetzt auch Schritte von unten, vom Eingang her an mein Ohr, die sich rasch entfernten, dazu ein gedämpfter Ruf... Ich wandte mich zurück, sah Silio die Treppe hinunterspähen, dann bedeutete er mir mit einem Schulterzucken, dass er auch nichts weiter sah. Angespannt wartete ich, bis sich tatsächlich die Türe öffnete. Auch im Halbdunkel, in dem schmalen Spalt, war Decius unverkennbar, mit seinem Doppelkinn und dem zurückweichenden Kraushaar. Ich hegte ja die leise Hoffnung, er würde mich seinerseits nicht wiedererkennen, aber das war wohl ziemlich unwahrscheinlich. Jedenfalls mit mehr Licht. Vielleicht hätte ich doch besser den Helm aufgesetzt. (Ich hasse ja so Leute, die selber krumme Dinger drehen, und dafür bei anderen gross einen auf Moralapostel machen. Das ist doch heuchlerisch.)
    Ich hielt mich zurück, verlagerte nur ein bisschen das Gewicht, während ich Decius genau beobachtete, um, falls er uns jetzt gleich die Türe wieder vor der Nase zuschlagen wollte, schnell Fuss und Knie dazwischen zu stemmen.

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  • Es fielen da einige sehr ungute Schlagwörter, die Decius sofort aufhorchen liessen. Das war natürlich 'Mord' in Kombination mit 'Senator'. Zudem in einem Atemzug mit seinem Namen genannt. Augenblicklich brach der kalte Schweiß aus allen Poren von Decius hervor. Nur mit Mühe unterdrückte der Mann aus der Subura einen entsetzen Ausdruck. Sicherlich. Er hatte viel in seinem Leben auf dem Kerbholz. Aber so einen Mord, oder gar Auftragsmord hatte er selber noch nie ausgeführt. Und das eine Mal, wo es beinahe dazu gekommen wäre, hatte Fortuna es verhindert. Indem das Opfer zuvor abgereist und dann sang und klanglos in Hispania verstorben war. Decius war einen schnellen Blick über seine Schulter und schien zu erwägen, es Caius Culter gleich zu machen und hinter ihm her zu springen. Seine Hand an der Tür zitterte bereits und wollte die Tür wirklich zuschlagen. Aber das war sein Heim und seine Frau nur auf dem Markt. Decius seuftzte leise und verwarf die Fluchtpläne sofort wieder. Er setzte ein augenscheinlich ahnungsloses, freundliches Lächeln auf. Als Hochstapler konnte er das binnen kurzer Zeit natürlich glaubwürdig imitieren. Er war schließlich Profi. "Decius? Oh, da habt ihr ihn aber gerade verpasst. Das tut mir aber leid. Er ist auf den Markt gegangen. Zum Bäcker Frusius, vielleicht probiert ihr es dort?" Er zuckte mit der Schulter. "Ausserdem glaube ich nicht, dass er euch in dieser Hinsicht wirklich behilflich sein kann."

  • Das zurzeit wahrscheinlich populärste Thema innerhalb der CU war ohne Frage der hinterhältige Mord an dem Praefectus Castrorum der Vigiles, Caius Octavius Cato. Nicht ganz ohne eine gewisse innere Aufregung, aber auch etwas wie Stolz war Macro heute zusammen mit Serapio, seinem jetzigen Centurio und drei Kameraden unterwegs. Sie steuerten, möglichst unauffällig gekleidet, wofür Macro durchaus dankbar war, auf eine Insula zu, die viel heruntergekommener wohl nicht hätte sein können. Die brüchige Fassade, die düstere Umgebung war nur wenig einladend und stand in starken Kontrast zu den Blumentöpfen in deren Richtung der junge Centurio jetzt nickte. Das war also das Stockwerk welches sie interessierte. Macro nickte stumm, als er angewiesen wurde am Eingang der Insula zu warten, zusammen mit Rupus, einem Miles, der urprünglich aus Serapios Contubernium kam und von riesiger Gestalt war.


    Ein wenig unwillig postierte der Caecilier sich hier unten, denn er hatte das Gefühl so den spannensten Teil zu verpassen. Als die anderen drei verschwunden waren sah Macro auf, um Rupus anzusehen, wobei er allein schon beinahe eine Genickstarre erlitt. Er kannte den anderen Miles nicht besonders gut, auch wenn er ihn in Parthien das eine oder ander Mal gesehen hatte, aber allein schon das verband sie und Macro empfand für den Kameraden mindestens so viel Zuneigung wie Ehrfurcht. Es war das erste Mal, seit sie beide Teil der CU waren, dass sie gemeinsam unterwegs waren. Weil er es unangenehm fand einfach schweigend neben ihm zu stehen, versuchte Macro so etwas wie ein Gespräch anzufangen.
    "Wie ist es dir seit Parthien so ergangen mein Freund? Es lässt einen niemals ganz los, nicht wahr?"
    Rupus sah auf ihn herab und lächelte zustimmend, wodurch sein Gegenüber sich gleich noch etwas kleienr vorkam. Seine Stimme war so tief, wie zu erwarten war, wie ein fernes Donnergrollen, aber freundlich.
    "Naja, weißt du..."


    Weiter kam der Hüne nicht, denn in diesem Moment zerschmetterte etwas am Boden der anderen Hausseite, Ton oder Keramik. Schlagartig wandten sich beide Soldaten um, nickten sich in unausgesprochenem Einverständnis um und rannten die wenigen Schritte um die Ecke der Insula, wo sie nur noch, wie einen Schatten, eine Person zu Boden stürzen, sich hastig aufrichten und wegrennen sahen.
    "Verdammt!" Ohne zu überlegen rannte Macro hinterher, sah zuerst nicht einmal über seine Schulter, um zu sehen, ob Rupus es ihm gleich tat. Als er es tat jedoch, sah er, dass der Miles hinter ihm zurückblieb, schwer atmete und langsamer wurde. Nur einen Moment zögernd sah er sich um, bevor er ihm in einer spontanen Entscheidung entgegenschrie: "Rupus- vielleicht bleibsz du lieber am Insulaeingang, für den Fall, dass da noch mehr Typen rausspringen, ich mach das schon."


    Macro sah nicht mehr, ob Rupus, der sich nicht undankbar umdrehte und kehrtmachte, seinem Vorschlag nachkam, sondern rannte einfach weiter, um den Schatten vor sich nicht zu verlieren, der durch sein kurzes Zögern schon genug an Abstand zwischen sie gebracht hatte.
    Erst jetzt kam ihm die Idee, dass ein muskelbepackter Soldat in seiner Begleitung nicht unbedingt von Nachteil gewesen wäre, wer wusste denn ob der Fliehende nicht ein Messer bei sich hatte? War er denn lebensmüde?
    Warum bei allen Göttern hatte er Rupus zurückgeschickt? Um als Nächster wie der arme Octavier zu enden?
    Wie mechanisch rannte er dennoch, von einem heimlichen Ehrgeiz getrieben weiter, dicht auf den Fersen des Gauners.

  • Leichte Verwirrung bemächtigte sich Tychicus', als der Mann in der Tür ihn so einfach abzuspeisen versuchte. Er war sich sicher gewesen, Decius vor sich zu haben.
    Ein kurzer Blick zu Serapio hinüber genügte allerdings, um dem Rediviver seine Fassung zurückzugeben. Die Miene des Centurio sprach Bände.


    "So einfach wirst du uns wohl nicht los, werter Herr...", sagte Tychicus also mit einer Miene die - wie er hoffte - Ruhe ausstrahlte. "Du brauchst dir außerdem vorerst gar keine Sorgen zu machen - Wir ermitteln nicht GEGEN dich, im Gegenteil, wir brauchen lediglich deine Hilfe."


    Da der Mann keine Anstalten machte, den Türspalt freizugeben, versuchte der Miles es jetzt einfach mit einem Überraschungsangriff, vielleicht konnte er so wenigstens eine Blick nach drinne erhaschen.
    Er machte einen kleinen, aber schnellen Schritt in Richting Tür, sodass er über den etwas kleineren Decius hinwegsehen konnte.
    "Wenn du uns also vielleicht hereinlassen würdest... Es ist hier draußen nicht gerade gemütlich.", unterlegte er seine Aktion noch mit Worten.
    Gleichzeitig spähte er in den Raum hinter der Tür hinein.
    Er erhaschte einen Blick auf einen Tisch mit mehreren Stühlen, wobei einer davon umgestürzt schien. Außerdem sah er in der gegenüberliegenden Ecke einen großen Holzschrank.
    das war allerdings auch schon alles, denn der Mann hatte die Tür einfach nicht weit genug geöffnet.

  • Hätte ich es nicht besser gewusst, ich hätte Decius diese faustdicke Lüge glatt abgekauft. So unverfroren, so 'freundlich-harmlos' blickte er drein, dass ich unwillkürlich noch mal genauer hinsah, ob ich mich nicht vielleicht auf den ersten Blick getäuscht hatte und doch jemand anderes vor uns stand. Er war wirklich ein Meister. Ich halte mich ja, was das Schwindeln angeht, für recht talentiert, aber von Decius hätte ich noch eine ganze Menge lernen können. Redivivus blieb so ausnehmend höflich, dass mir die Idee kam, wir könnten vielleicht das 'guter Urbaner, böser Urbaner'-Spiel spielen. Ausserdem war ich ungeduldig und etwas nervös, wegen dem Rumpeln und den Geräuschen von unten.
    So lehnte ich mich gegen die Türe, um sie ein Stück weiter aufzuschieben, als Redivivus nach vorne trat. Ich zog eine finstere Miene und meinte in diesem typischen ruppigen Urbaner-Tonfall:
    "Vorerst nicht, aber wenn du uns nochmal so anlügst könnten wir glatt auf die Idee kommen dass du unsere Ermittlungen behindern willst. Mach jetzt sofort die Tür auf, Decius, wir haben ein paar Fragen."

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  • Der flüchtige Verbrecher und Macro:


    Es war kein ungefährlicher Sprung, den Caius Culter durch das Fenster getätigt hatte, denn Decius wohnte nicht praktischer Weise im Erdgeschoss, sondern ein wenig oberhalb der als Fluchtweg nutzbaren Straße. Mit einem Hechtsprung hatte er die waghalsige Flucht angefangen, er segelte zwei Meter durch die Luft und prallte hart auf einem leicht abschüssigen Ziegeldach, einem Schuppen unterhalb des Fensters. Schindeln lösten sich und polterten auf den Boden, zersprangen und zerplatzten auf den Pflastersteinen. Caius Culter rollte herum und landete hart auf dem Boden. "Aieee!", gab er schmerzerfüllt von sich. Verdammt noch mal, vor zwanzig Jahren ging sowas doch eindeutig leichter, da war er leichtfüßig vor Soldaten geflohen und hatte ihnen gezeigt, was ein wahrer Verbrecher aus der Subura für Hasenhaken schlagen konnte. Keuchend erhob er sich und betastete vorsichtig seine schmerzende Schulter, sah dabei hoch zum Fenster. Uh, uh. Sein Fuß schmerzte auch ein wenig. Aber zum Laufen ging es durchaus noch gut. Ein Blick darauf zeigte ihm, daß die Haut lediglich abgeschürft war und Blut am Knöchel entlang ran. Waren da nicht Schritte zu hören? Caius Culter fluchte leise und lief die Straße entlang, doch da kamen schon Soldaten ihm entgegen. Culter drehte sich eilig um und rannte in die andere Richtung, sich dabei schmerzende Schulter haltend und nach seinem Messer tastend.


    Er war zwar mittlerweile älter geworden, aber noch würde er den CUlern zeigen, was in einem Suburamann steckte. Culter nahm die Beine in die Hand und rannte los. Zack. In die nächste Gasse, an einige hohen Fässer vorbei, die von einem Wagen geladen wurden und zur Hintertür einer Taberna getragen wurden und über ein kleines Mäuerchen gesprungen. Sein Tuch bis zur Nase gezogen warf er mal einen schnellen Blick über seine Schulter. Einen schien er schon abgehängt zu haben, ab ein Anderer klebte wie eine Klette an seinen Fersen. Durch enge und verschlungene Gassen sprintete Culter und sah sich hektisch immer wieder nach einem Versteck um. Denn das Keuchen in seiner Brust, verbunden mit dem Pfeifen aus seiner Lunge verriet: Er hielt nicht mehr lange durch. Ausserdem war der junge Soldat wohl fitter als er. Er holte auf und war ihm einfach zu dicht auf den Fersen.


    Doch da tat sich die Rettung auf. Eine große Gerberei aus der es bereits bis zu ihm stank. Der große Handwerksladen war nach vorne hin offen. Große Bottiche standen am Weg, wo sich die Passanten erleichtern konnte und was dem Gerber half. Culter lief schneller und sprang in die sehr großen Werkstatträumlichkeiten. "Lucius, Dicker!" , rief Culter einem dickbäuchigen Hühnen zu. "Rindviehalarm!" , schrie er, um das laute Schwatzen und die Arbeitsgeräusch der Sklaven und Angestellten zu übertönen. "Nach hinten durch, Kleener!" Culter nickte und schlängelte sich an einem Holzbottich vorbei und durch einen Durchgang. Besagter 'Dicker' wandte sich in die Richtung, wo der Soldat folgte, packte einen Eimer mit schmierigem und öligem Wasser, womit er eigentlich das Leder bestrich, und goß es der Länge nach in die Laufrichtung des Mannes.


    Culter war im nächsten Raum gelandet. Hastig sah er sich um, spähte zu einem verschlossenen Fenster und lief darauf zu. Er riss es auf. Dann drehte er sich um, sprang hinter eine große Kiste und versteckte sich im Schatten davon.


    Zurück zur Insula und Decius:


    Unweigerlich wurde Decius einen Schritt zurück gedrängt, als beide Soldaten verhinderten, dass er ihnen die Tür vor der Nase zuschlagen konnte. Was Decius in der Form gar nicht vor hatte. Das weckte schließlich nur noch mehr Misstrauen. Etwas, was in Decius natürlich vorherrschte und womit er Tychicus bedachte. Nicht gegen ihn? Den CUlern helfen? Das waren ja mal neue Seiten. Decius dicke Augenbrauen zogen sich zusammen und er runzelte die Stirn. Mit denen wollte er sicherlich nicht zusammen arbeiten und ihnen helfen. Es sei denn natürlich, es ging gegen Aventinleute. Die hasste Decius wie die Pest. Seitdem sie im Equus October vor drei Jahren der Subura die Show gestohlen und ihnen den Pferdeschweif abgeluchst hatten. Na ja gut, eigentlich bestand die Haßfeindschaft schon deutlich länger und beruhte auf Gegenseitigkeit.


    Ungemütlich. Pff. Decius presste die Lippen aufeinander und sah dann zu dem anderen Mann, der noch gut durch den Schatten des Flurs für ihn schlecht sichtbar war. Hm, kannte Decius den? Der wiederum schien Decius genau zu kennen, meinte er daraus zu hören. Er öffnete bei dem weiteren Gewicht, dass der Tür entgegen stemmte, diese und trat einen Schritt zurück.


    "Meinetwegen!" , grummelte Decius und hoffte, dass sich Drubius Cleptus gut versteckt hatte. Decius stapfte zum Tisch und lehnte sich gegen die Platte, die Arme abweisend vor der breiten Brust verschränkt, knapp oberhalb seines sich gut nach vorne wölbenden Bauches, der die Tunika etwas spannen ließ. "Also, womit soll ich helfen?", sprach Decius und in dem Helfen schwang durchaus eine Nuance von Spott und auch Abneigung mit. Er taxierte die beiden Männer. Doch, den einen kannte Decius. Woher nur? Serapio starrte er darum etwas länger an, blinzelte, grübelte und dann...kam es ihm. Sein Gesicht hellte sich auf bei der Erkenntnis und ein Grinsen trat auf sein Gesicht. "Ach nein, Flosculus! Ich hätte Dich ja fast nicht erkannt. In dieser Uniform. Haha!" Decius lachte leise. "Bei der CU bist Du also gelandet!" Decius' Schultern zuckten und dann lachte er heftiger als er der Absurdität gewahr wurde, was in einem trockenem Husten endete.

  • Verdammt. Ich hasse es wenn man über mich lacht, es gibt kaum etwas was ich so sehr hasse wie wenn man über mich lacht. Und das ganze auch noch vor einem mir unterstellten Soldaten. Ich hasste den blöden Spitznamen, der klebrig war wie Pech. Ich hasste Decius grinsende Lippen, die sich wie fleischige Schnecken wölbten, als er lachte, und ich hasste seinen auf und nieder wackelnden Bauch.
    Ruhig Blut, Soldat. Bleib kühl. Ganz kühl. Ich verbiss mir mit Mühe das Aufbrausen, ertrug verkniffen das Lachen. Dann, als er fertig gelacht und gehustet hatte, fasste ich Decius kalt, eisig kalt, ins Auge, und erwiderte ihm schroff:
    "Ganz recht. Bei den CU. Du kannst Centurio Decimus zu mir sagen."
    Darauf sah ich mich in dem Raum um, betont unbeteiligt, auch wenn ich innerlich brodelte. Ich hoffte, irgendwas zu finden, um Decius mit Recht Ärger zu machen. Wenn man über mich lacht, dann werde ich sehr nachtragend. Kurz sah ich auch zu Redivivus, ich wollte sehen wie er reagierte, und fürchtete er könnte jetzt auch grinsen...
    "Miles, zeig dem Mann unser Fundstück", befahl ich, "und befrag ihn dazu."
    Ich selbst trat derweil zum Fenster. Ein kühler Luftzug kam herein, die Flügel der Fensterläden standen sperrangelweit offen. Und irgendwas kam mir komisch vor. Ich meinte, ich hätte doch lauter Blumentöpfe gesehen, als ich zu der Wohnung hoch geblickt hatte. Jetzt klaffte da eine Lücke. Ich beugte mich hinaus, blickte auf das Dach eines Schuppens hinab, und auf den Hof. Da lagen lauter kaputte Schindeln, und mittendrin die Überreste einer kleinen Malvenstaude. Es war ein Bild des Jammers. Die blasslila Blüten, die dem Herbst bis jetzt getrotzt hatten, lagen zerstreut und zerdrückt inmitten der Scherben... Mein erster Gedanke: Arme Fabula!

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  • Macro hörte seinen eigenen Atem, der stoßweise seine Brust hob und senkte. Er hatte keine Ahnung, ob er jemals aus diesem Gassengewirr wieder herausfinden würde, aber im jetzigen moment überwiegten Ehrgeiz und Stolz. Jetzt hatte er -ganz eventuell, wenn der Fliehende denn überhaupt von Bedeutung und kein kleiner Gauner war- die Gelegenheit sich einmal hervorzuheben, einen richtigen Auftrag zu erledigen, der nicht nur darin bestand nachts Roms Straßen abzulaufen, kleinen Jungen auf die Hand zu schlagen, wenn sie von einem Obststand etwas klauen wollten oder älteren Damen den Weg zu erklären. Jetzt war seine Chance zu zeigen, dass er auch Größeres vollbringen konnte... oder so.
    Er war dicht, sehr dicht an dem Kerl dran, der sichtlich nachließ und erst als der junge Soldat zwei unliebsamen Kerlen, die Fässer durch die Gegend trugen, ausweichen musste, gewann der andere wieder etwas Abstand, wenn auch nicht genug, um aus Macros Sichtfeld zu geraten.


    Gleichzeitig mit dem Gestank, der in seine Nase jagde, sah der Caecilier auch die Gerberei, in die der Fliehende rannte. Der Mistkerl kannte darin sicher irgendwen, dessen Hilfe er sich nun erhoffte. Macro fluchte im Rennen, weil die Karten, die er in der Hand hielt, mit einem Mal nicht mehr ganz so stark nach Sieg aussahen. Mit seinem linken Fuß stoppte Macro ab und bog einen Moment nach dem Halunken in die Werkstatträume ein. Angewidert von Umgebung und Bottichen (inklusive Inhalt) versuchte er unwillkürlich nicht öfter als nötig Luft zu holen und sah sich im Rennen in dem düsteren Laden um. Noch bevor er sich auch nur annähernd einen Überblick über Sklaven und Angestellte machen konnte, kam ihm mit einem lauten Klatschen der Inhalt eines ganzen Holzbottich entgegen. Die Beine mit einem Schlag nass und die Füße im nächsten Moment auf der öligen Schmiere, verlor Macro das Gleichgewicht, versuchte noch nach etwas Haltspendendem zu greifen, ging aber in die Knie. Er keuchte, richtete sich schnellstmöglich auf. Ohne zu überlegen und inzwischen wirklich wütend, packte er den Kerl, dem er die Sauerei zu verdanken hatte am Kragen.


    "WO IST ER?" Eigentlich bereit ihn noch lauter anzuschreien und motiviert genug auch noch handgreiflich zu werden, ließ er den Dicken im nächsten Augenblick wieder los. Es hatte ja doch keinen Sinn. Mit einem verächtlichen Zischen rannte er den Hauptdurchgang gerade weiter, sah sich um, stieß einige Kisten an und landete schließlich in einem weiteren, kleineren Raum. Eines der Fenster war offen, aber so klein, dass Macro sich kurz wunderte, wie der Fliehende so schnell hindurch gepasst hatte. Beide Hände aufstützend, stürzte er sich selbst zuerst mit dem Oberkörper hindurch, sah sich um, bevor er sich zur anderen Seite hindurchschon. In gleich drei verschiedene Gassen führte der Hinterhof und in keiner von ihnen hallten Schritte wieder.
    Verflucht. Bei allen Göttern, wie hatte der Kerl so schnell sein können?

  • Tychicus lachte nicht.
    Erst lachte er nicht, weil er nicht wusste, was Decius plötzlich so erheitert hatte, und nachdem der Rediviver die Worte des Mannes vernommen hatte, lachte er ebensowenig.
    Er war eher ein wenig verblüfft und überrumpelt.
    Decimus Serapio... Centurio Decimus Serapio, der Veteran von Parthien, sein Vorgesetzter seit den ersten Tagen bei den CU, sollte tatsächlich eine nicht ganz saubere Vergangeheit haben? Eine Vergangenheit, die mit Leuten wie Decius zu tun hatte?
    Warum sonst sollte sich dieser amüsiert darüber zeigen, dass der Decimer jetzt bei den CU war? Oder ihm einen so seltsamen Spitznamen geben?
    Tychicus hatte sich Serapios Lebenslauf immer wie den eigenen Vorgestellt: als junger Mann zum Miltär, die Karriereleiter hoch - und schon war man Centurio. Darauf, dass davor noch etwas gewesen war, war der Miles nie gekommen.


    Er schaffte es, sich relativ schnell wieder zu fassen und holte den kleinen Pergamentfetzen hervor, den er damals in dem Geldbeutel gefunden hatte, den wahrscheinlich wiederum einer der Täter dort verloren hatte.
    Er streckte Decius den Zettel entgegen und sagte:
    "Seht euch das einmal an. Sagt euch das etwas?"


    II.Kampf
    Cerberus vs. Ultor
    Quote III zu V
    VIII Sesterzen u. II Asse auf Ultor
    gez. DD

  • Es klapperte, es rumpelte, es lärmte in dem Handwerksbetrieb des dicken Lucius, der Macro entgegen grinste, selbst als dieser ihn packte. Mit einem betont unschuldigen Blick, der verschlagener jedoch kaum sein konnte hob Lucius den Arm, den leeren Eimer immer noch in der rechten Hand haltend. "Wer?", gab er von sich und zuckte mit der Schulter. Seine Augen verengten sich, sobald Macro von ihm ab ließ und weiter lief. Lucius wandte sich bereits um als Macro nach hinten verschwand und arbeitete weiter. Culper hingegen hielt sich weiter hin bedeckt hinter der Kiste, aus der es nach gegerbten Leder roch. Große Stücke vom Rind, die darauf warteten zu Schuhen oder Gürteln verarbeitet zu werden, um von Römern, Sklaven oder Peregrini durch die Stadt getragen zu werden. Culper kauerte sich im Schatten zusammen und harrte geduldig, den Atem anhaltend, als er die Schritte hörte, die in den Raum hinein führten. Sein Instinkt als Verbrecher schrie danach, auf zu springen und weiter zu fliehen.


    Doch Culper hielt still, denn er wollte ja, dass sein Plan funktionierte. Da. Der Soldat schob sich durch das Fenster und schien seinem vermeintlichen Fluchtweg folgen zu wollen. Culpers Lippen zogen sich zufrieden auseinander als er leicht grinste. Er biss sich auf die Lippe und wagte nicht zu atmen. Staubkörner tanzten vor seinen Augen. Dort, wo ein kleiner Lichtstrahl durch die Ritzen der Kiste fielen. Doch vom Fenster konnte er nichts sehen. Auch nicht, wie weit weg der CUler schon war. Vorsichtig atmete er wieder ein und dann kitzelte der Staub in seiner Nase. Culper verzog die Nase nach rechts, dann nach links, kratzte sich vorsichtig am Nasenrücken, hielt sie dann mit zwei Fingern zu. Puh! Weg war der Niesreiz. Schon ließ Culper die Hand sinken als es mit einer Explosion aus ihm heraus brach. "Haaatschieee!" Culper zuckte und rührte sich nicht, wobei seine Hand nach seinem Ellbogen langen Messer griff. Falls der Soldat doch noch nicht weit genug weg war.


    Wieder zurück in der Insula:


    Es gluckste noch einige Male aus dem dicken Hals von Decius, der grinsend nickte. "So, so. Centurio Decimus...?" Decius konnte das Feixen nicht von seinen Lippen verbannen, auch wenn er sich redlich darum bemühte, es zu verbannen. Aber Decius befand es auch als zu komisch, sogar etwas befremdlich, wenn er bedachte, was dieser 'Centurio Decimus' einst mal getrieben hatte. Doch er zuckte mit der Schulter und wandte sich dem anderen Soldaten zu, der ihn befragen sollte. Die Arme erneut vor der Brust verschränkt wartete Decius, was die CUler denn nun von ihm wollten. Misstrauisch nahm Decius den Pergamentfetzen entgegen und sah darauf. Es gelang ihm dabei recht gut, keine Regung zu zeigen, selbst als Decius den Zettel sofort wieder erkannte. Wie sollte er auch nicht? Es war seine eigene Handschrift. Scheinbar gleichmütig sah Decius auf und nickte ganz langsam, während seine Gedanken rotierten. Hatte der Senator den Wettschein bei sich gehabt? Decius war sich sicher, dass er keinen Senator in letzter Zeit als Kunden gehabt hatte. Obwohl, doch...? Der war doch nicht etwa? Auch ein Mann der Subura, nur durch seine Gönner so weit hoch gekommen. Decius überlegte kurz, welche Ausflüchte er in dem Fall bringen sollte. "Ja, das sagt mir durchaus etwas. Das ist ein Wettschein. Für das nächste Rattenbeißen heute Abend. Der letzte Wettkampf für diese Saison."

  • Macro stand noch immer unentschlossen vor dem Fenster, sah sich um und hatte das Gefühl, egal in welche der drei Gassen er nun laufen würde, den Mistkerl verloren zu haben und damit versagt. Unruhig kaute er auf seiner Lippe herum und beschloss schließlich den mittleren Weg zu wählen, da er in diesem Fall größere Chancen hatte, dass dieser mit einem der anderen zusammenführen würde. Vermutlich würde er aus diesem Teil der Stadt sowieso nie wieder zurück finden. Gerade als er einen eiligen Schritt nach vorne tat, langsam wieder beschleunigen wollte, hörte der junge Miles ein Geräusch hinter sich, das verdächtig an ein Niesen erinnerte. War es möglich, dass der Gauner noch in dem Hinterraum der Gerberei war? Sich dort versteckt hatte, um ihn auszudricksen? Macro ging in die Knie, so leise wie möglich, die Hand am Knauf seines Gladius und spähte zurück in die kleine Kammer, in der sich alle möglichen Materialien, ein Teil widerlicher als das nächste, aufeinander türmten. Es dauerte wieder einen Moment bis sich seine Augen geschärft hatten, um in der düsteren Umgebung etwas zu erkennen un seine Nase zeigte sich nicht dankbar wieder aus dieser Richtung Luft aufnehmen zu müssen. Aber der Caecilier verschaffte sich einen guten Überblick.


    Möglich war es durchaus, dass sich hier, hinter den Kisten jemand versteckt hielt und angesichts der augenscheinlichen Geschwindigkeit, die Culper an den Tag gelegt hätte, wäre er tatsächlich, wie zuerst angenommen, durch das Fenster geflohen, vor dem Macro nun in Angrissstellung kniete, sogar sehr wahrscheinlich. Andererseits, war es nicht besonders schlau, sich selbst in diese Falle zu begeben, aber Macro unterstellte dem Halunken mal eine gewisse Dummheit. Er überlegte, noch länger abzuwarten, bis Culper selbst aus seinem VErsteck kommen würde, weil er sich in Sicherheit wähnte, entschied sich dann aber dagegen, weil er in diesem Fall schlechtere Karten gehabt hatte, schließlich musste er selbst noch zurück durch das Fenster, ehe er angreifen oder weiterjagen konnte.
    Also ließ er sich langsam zurück in das Innere des Hinterraums, indem er erst sein Schwert zog und sich dann auf dieses und seine Linke gestützt auf seine Füße gleiten ließ. Sein Atem ging flach und er spürte, dass sein herz, durchaus etwas aufgeregt, sehr viel schneller gegen seinen Brustkorb zu schlagen begann, als er erwartet hätte.


    "Meinst du nicht, du solltest rauskommen? Wir unterhalten uns nur ein bisschen du und ich und es passiert dir nichts, nicht, wenn du dich einfach zeigst."
    Es gab zwei Kistenürme die groß genug waren, um einen Menschen vor den Augen anderer abzuschirmen. In diese Richtung drehte er sich nun, den Gladius nach vorne streckend und tat langsam einen Schritt vor.

  • "Heute Abend?"
    ...was für ein Zufall, ergänzte Tychicus in Gedanken. Da könnte es sich ja vielleicht lohnen, einmal beim Rattenbeißen vorbeizuschauen...
    "Ihr wisst nicht zufällig, wem dieser Wettschein gehört hat, oder wer solche Wettscheine ausstellt?", fragte der junge Miles dann, nichtsahnend, dass er die betreffende Person bereits vor sich hatte.
    Die Spur schien auf jeden Fall immer heißer zu werden. Offensichtlich hatte einer der Mörder eine Wette auf das Rattenbeißen an diesem Abend abgegeben, seinen Schein dann jedoch während der Tat verloren. Oder sollte der Octavier das Stück Pergament bei sich gehabt haben? Das schloss Tychicus eher aus, zum einen, weil sich das Ding in einem so schlichten und relativ leeren Geldbeutel befunden hatte, und zum anderen, weil es einfach nicth zu einer so hohen Persönlichkeit passte, aus ein Rattenbeißen in der Subura zu wetten.
    Trotzdem, warum hatte der Senator sich überhaupt in diesem Viertel aufgehalten?
    Fragen über Fragen - und ihre Hoffnung auf deren Beantwortung stelllte ausgerechnet der Mann dar, der gerade vor Tychicus stand und versuchte, sich aus der Sache herauszuwinden.

  • Mein zweiter Gedanke: Da ist jemand getürmt!
    Ich verrenkte mir den Hals und spähte rüber zu dem Durchgang, wo ich Macro und Rupus, unsere 'Reservetruppen', postiert hatte. Da stand keiner mehr, also vermutete ich, dass sie der Sache auf den Grund gegangen waren. Hoffentlich ging das gut, hier auf dem heissen Subura-Pflaster.
    Aber eins nach dem anderen. Natürlich horchte ich währenddessen auf die Befragung. Nachdem der Dicke endlich mal aufgehört hatte zu feixen. Ich war erleichtert, dass Redivivus ganz gelassen blieb, aber verdammt, der blöde Name war gefallen. Vielleicht sollte ich den Miles bestechen, damit er die Sache hier für sich behielt... das war ja sehr einfach in meiner Position. Ja, das musste ich unbedingt machen.
    Ich merkte auf, als Decius vom Rattenbeissen sprach. Gespannt erwartete ich seine Antwort auf die entscheidenden Fragen. Um ihn derweil ein bisschen nervös zu machen, ihn vielleicht etwas aus dem Konzept zu bringen, oder etwas zu finden womit man ihn drankriegen konnte, begann ich mich intensiver umzuschauen.
    "Hm...", machte ich, und hob den Deckel eines Korbes - sah nach Nähzeug aus - spähte in die Ecken, strich die Vorhänge beiseite, und hob mit der Caliga-Spitze die Ecke des Flickenteppichs auf dem Boden ein Stück an. Da... da blitzte doch etwas auf dem Fussboden! Ich beugte mich runter, kniete mich dann hin und kroch halb unter den Tisch. Ach was, da lag ja ein Schmuckstück, ein Anhänger der golden glänzte. Ich hob ihn auf, und kam wieder unter dem Tisch hervor.
    "Hmm..." machte ich wieder, trat zum Fenster, und betrachtete mir das Ding genauer, drehte es hin und her, bemerkte auch, dass es sich aufklappen liess, und tat dies. "So ein Zufall", meinte ich dann in nachdenklichem Tonfall, so als würde ich nur mit mir selbst sprechen "das Ding sieht ja haargenau so aus, wie man uns das Medaillon von dieser Patrizierin beschrieben hat, das man kürzlich bei uns als gestohlen gemeldet hat... Ja wirklich, passt genau... also das ist ja seltsam!"
    Das war nur Theater, aber ich wollte Decius in die Enge treiben - gewiss war er nicht auf saubere Weise an so eine Kostbarkeit gekommen.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Gepresst atmete Culper ein und aus und versuchte dieses Mal kein Geräusch von sich zu geben, während er ganz langsam das Messer aus der Lederscheide zog und dabei lauschte. Verdammt. Scheinbar wollten sich die Schritte von dem Soldaten nicht entfernen. Hatte er ihn gehört? Oder war er doch fort? Hören konnte Culper erstmal nichts. Und sehen leider auch nicht, denn sein Versteck bot ihm zwar guten Schutz, verbarg aber auch jegliche Sicht vor seinen Augen. Culper legte den Kopf zur Seite und hielt den Atem an. Da. War da nicht ein Geräusch? Nein, sicher war sich Culper nicht. Er stützte eine Hand auf den Boden, hielt sein gezücktes Messer hinter dem Rücken und kroch vorsichtig ein wenig von den Kisten weg, um mit seinen Augen um die Kante zu spähen. Mist! Gerade in dem Augenblick fiel der lange Schatten des Soldaten auf den Boden und Culper hörte dessen Stimme. Miteinander reden? Culpers Schultern zuckten unter einem lautlosen Lachen. Culper schätzte die Lage ab. Das Fenster war versperrt. Aber auch der Weg zur Tür war ziemlich gut von dem Soldaten blockiert, so dass Culper auch darin keinen sicheren Ausweg suchen konnte. Culper presste seine Kiefer fest aufeinander und gab einen unzufriedenen Laut von sich. Ehe er eine Entscheidung traf.


    Ganz langsam erhob er sich hinter den Kisten. Das Messer hielt er jetzt an seine Seite gepresst, so dass der Blick des Soldaten nicht gleich darauf fallen konnte. "Reden? " Culper lachte trocken und kurz auf. "Nun ja, Soldat, wenn Du reden willst, können wir uns gerne mal in einer Taverne treffen. Ich bin momentan etwas in Eile. ", erwiderte Culper mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Selbst wenn ihm danach nicht zu mute war, sondern mehr nach ausgiebigen und herzhaften Fluchen. Was für ein Pechtag aber auch. Vielleicht konnte er den Soldaten vom Eingang weg locken und sich doch noch dadurch verdünnisieren.


    In der Insula:
    Angestrengt starrte Decius auf den kleinen Schein. Natürlich könnte er die eine Hälfte von der Frage gut beantworten. Doch noch wollte er sich nicht sofort zu erkennen geben. Erst einmal wollte er selber wissen, was es mit der Sache auf sich hatte. Er hatte schließlich nicht vor, sich um Kopf und Kragen zu reden. Und Vorsicht war die Mutter des Porzellanladens. Decius runzelte die Stirn. "Ich würde mal sagen, ein Wettmacher hat den Schein ausgestellt. Und dieser wird sicherlich zahlreiche Kunden haben. Manche führen jedoch genau Buch darüber, wer ihre Kunden sind. Andere nicht. " Selbst wenn Decius ein Buchmacher war, so pflegte er doch nichts aufzuschreiben. Er merkte es sich meistens. Er wollte seine Kunden nicht in Schwierigkeiten bringen. Und umgekehrt wollte er auch keine Beweise bei sich horten. "Hatte der Tote den Schein bei sich? ", fragte Decius beiläufig. "Ist der Wettmacher vielleicht der Mörder? " Wenn der Soldat ihm antworten würde, war Decius natürlich schlauer, ob er unter Verdacht stand.


    Just als Culpers Schmuckstück entdeckt wurde. Decius atmete ruhig ein. Obwohl ihm der Schweiß auf dem Rücken ausbrach, doch als Trickbetrücker war er schon öfters in brenzlige Situationen gekommen, die er sich niemals anmerken lassen durfte. Er drehte nur ein wenig sein Kinn in Richtung von Serapio und streifte das Schmuckstück mit den Augen. "Ah, das. ", murmelte er ungerührt (scheinbar ungerührt). "Du weiß ja, die Hälfte aller Dinge in der Subura sind irgenwann mal gestohlen worden. ", gab Decius von sich. "Das vermaledeite Ding hat mir eine Eifersuchtsszene meiner Frau eingebracht. Dabei wollte ich ihr lediglich eine Freude machen. " Decius zuckte mit der Schulter. Die Eifersucht von Fabula war ja in der ganzen Straße legendär. Da Decius sich nicht zu schade war, seinen eigenen Schopf, selbst wenn er dürftig bestückt war, mit miesen Tricks auf dem Misthaufen zu ziehen, fügte er mit einem süffisanten Grinsen an: "Ein Freund hat ihn mir mitgebracht. Ich glaube, Du kennst ihn, Centurio Decimus. Hannibal ist sein Name. Ich denke nicht, dass er vom Diebstahl wusste. Er oder seine Freundin." Natürlich wusste er um einige Dinge von früher. Decius war immer recht gut informiert über Klatsch und Tratsch. Dafür sorgte nicht nur Fabula, sondern die zahlreichen Freunde, die er in dem Viertel hatte. Decius wandte sich wieder dem Soldaten zu und wartete. Während immer mehr Schweiß aus seinen Poren drang und sein Herz schließlich stockte, als ein leises Pochen in dem Schrank zu hören war. Verflucht noch mal! Genau aus diesem Grund wollte sich Decius aus dem krummen Geschäft zurück ziehen. Er war zu alt für solche Aufregung.

  • Tychicus wägte kurz in Gedanken ab, ob er Decius diese Fragen beantworten sollte. Er vermutete, dass der Mann die Gefahr abwägen wollte, die ihm selbst drohte. Da aber noch kein direkter Verdacht gegen Decius selbst bestand, antwortete Tychicus:


    "Der Schein wurde am Tatort gefunden, und wir vermuten, dass der Mörder oder einer Mörder diesen Schein bei sich hatte. Ich glaube aber nicht, dass der Wettmacher selbst der Mörder ist.", er runzelte die Stirn, "Der Wettmacher stellt sich ja nicht selbst einen Schein aus, nur um ihn dann zu verlieren. Und so wie das Gekritzel da drauf aussieht, wurde der Schein nicht vorgeschrieben, sondern bei Bedarf von Hand ausgestellt."


    Dass der Schein vielleicht doch dem Senator, dem Opfer des Mordes gehört hatte, schloss Tychicus zumindest fürs Erste einmal aus. Es kam ihm irgendwie absurd vor.

  • Noch immer hatte Macro die Hand fest um den Griff seines Gladius geschlossen, die Klinge nach vorne gestreckt. Sein Atem ging flach und gerade als er dachte, er hätte mich geirrt, sich das Niesen nur eingebildet, bewegte sich ein Schatten hinter den Kisten. Ganz langsam erhob sich hinter den Kisten ein Mann und der Soldat sah jetzt zum ersten Mal, wen er da eigentlich verfolgt hatte. Der Kerl war von mittlerer Statur, besaß aber ein auslandenden Bäuchelein: Sein Gesicht war das eines Windhundes, sein Blick fuhr unruhig, bis sie schließlich an Macros Augen hängen blieb. Dieser versuchte ruhig zu bleiben und gleichzeitig aufmerksam, auch wenn er kein Messer oder eine ähnliche Waffe sehen konnte von seiner Position aus.
    Holzauge sei wachsam. Der andere lachte trocken, aber offenbar hatte Macros kurze Rede genügt, um ihn aus der Reserve zu locken. Sein schiefes Grinsen gefiel dem jüngeren nicht, ganz einfach, weil es dreckig und verschlagen war. Macro versuchte es auch mit einem Lächeln.


    "Dass du in Eile bist hab ich allerdings gemerkt." Er machte eine Pause, um noch einen Schritt auf den Halunken zuzugehen und bedrühlich mit der Spitze des gladius auf und ab zu wippen.
    "Ich bedaure, dass ich darauf keine Rücksicht nehmen kann, ich fürchte unser Anliegen ist mindestens genauso eilig, aber wenn du brav mit zu meinem Centurio kommst, haben wir die Sache sicher ganz schnell geklärt."


    Die Augen des jungen Mannes verengten sich und er stellte noch einmal sicher, dass es keine Fluchtwege mehr für Culper gab, denn auf einen weiteren Marathon hatte er wahrlich keine Lust. Auch, wenn sie wieder durch die Gerberei gehen würden, würde er alle Konzentration beibehalten müssen, wer konnte schon sagen, ob die Typen dort noch einmal dem Geflohenen helfen würden?
    Macro versuchte nicht dem Gefühl der Unsicherheit nachzugeben, sondern blieb ganz ruhig und setzte seinen "bösen Blick" auf. Früher hatte der immer ganz gut gewirkt.


    "So und jetzt sieh zu, dass du rauskommst, ganz langsam, da an die Wand."
    Mit dem Gladius deutete er nur einen Meter weiter, wo neben den Kisten ein Stückchen freie Wand war, hier würde er besser gucken können, ob Culper etwas bei sich trug.

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