• Als die Senatssitzung zu Ende ging, in der unter anderem über die Anrechnung der Kurse des Museions abgestimmt wurde, hatte Macer dem Aedil Annaeus Modestus einen Wink gegeben, dass er ihn zeitnah sprechen wollte. Im Gedränge des sich leerenden Senatssaals war das allerdings schwer möglich, also wartete Macer draußen auf seinen Klienten.

  • Da er gesehen hatte, dass Macer ihm am Ende der derzeitigen Senatssitzung zugewinkt hatte, blieb Modestus noch vor der Curia Iulia stehen, als die Sitzung schon vorbei war. Recht schnell sah er Macer und ging zu ihm herüber und machte so seine Gedanken warum Macer ihn sprechen wollte. War es wegen der Inquisitio Senatus? Oder war Macer mit einem Abstimmungsergebnis unzufrieden? Er würde es sicherlich gleich erfahren.


    "Salve Patron. Du wolltest mich noch sprechen?"

  • "Nun entweder du warst mit meiner Wahl bei der Abstimmung unzufrieden, oder du möchtest über die Inquisitio reden. Ist es so?"


    fragte Modestus, der langsam eher an Ersteres dachte. Bisher hatte Macer ihm nie deutlich gemacht, dass sich bei Abstimmungen immer nach ihm zu richten hatte, weshalb er erwartet hatte, dass Macer ihn davon unterrichten würde, wenn er dies erwartete.

  • "Unzufrieden ist das falsche Wort", teilte Macer mit und stellte damit auch klar, um welches Thema es gehen sollte. "Sagen wir eher, dass ich überrascht war. Ich hatte in der Debatte nicht den Eindruck, als wenn du mit dem Vorschlag des Consuls unzufrieden gewesen wärst. Aus welchen Gründen hast du gegen seinen Vorschlag und damit auch meine Unterstützung seines Vorschlags gestimmt?"

  • "Nun der Vorschlag findet auch generell meine Zustimmung. Andernfalls hätte ich mich dahingehend auch geäußert. Allerdings bin ich mit der vom Consul vorgeschlagenen Formulierung für den Zusatz nicht zufrieden. Doch da er die Diskussion mit der Verlautbarung des Zusatzes beendete, wäre ein Einwand gegen die Formulierung doch sehr respektlos gewesen. Daher habe ich es vorgezogen dagegen zu stimmen. Aber auch erst als klar war, dass meine Stimme den Antrag nicht zu Fall bringen würde."

  • Macer schüttelte den Kopf. "So hat keiner etwas davon. Jetzt wissen alle, die zugeschaut haben, dass du dagegen gestimmt hast und keiner weiss warum. Und erst recht weiß keiner, dass du der Stossrichtung zustimmen kannst, der konkreten Ausformulierung jedoch nicht." Bevor er aber auf weitere solche Feinheiten eingehen wollte, interessierten ihn erst einmal die Inhalte. "Was stört dich denn an der Formulierung?", fragte er daher nach.

  • Er war ein äußerst aufmerksamer Mensch. Vorallem dann wenn es darum ging die wenigen römischen Stimmen durchzuzählen, denen noch etwas am Erfolg des Staates lag. Nach der Sitzung verfolgte Avarus einen Weg ganz besonders. Er wußte nicht warum der Annaeus gegen den Antrag gestimmt hatte, aber er sah das Donnerwetter schon am Horrizont erscheinen, als dieser Senator in die Fänge seines Patrons geriet. So unscheinbar wie möglich gesellte er sich dazu.


    "Salve Senatores Macer, Modestus..."


    Avarus lächelte nicht.


    "Ist es der Vorwurf Roms Vormachtstellung zu katapultieren oder die Gewissheit das unsere Consuln nur das Beste für Volk und Vaterland vereinen können... ich finde beide Anregungen bedürfen eines Nachdenkens bevor man seine Stimme abgibt. Doch letztlich danke ich deinem Klienten für sein ehrliches Herz für Roms Ideale. Selbst Romulus Zöglinge haben sich von ihm abgewand, um seine Pranke zu schwächen. Auch du Macer warst lange dagegen, ich möchte fragen was dein Sinneswandel bewirkt hat?"

  • Macer blickte zunächst überrascht, als sich Avarus zu ihnen gesellte, denn das tat er nicht oft, und dann verständnislos, denn er entdeckte nicht allzu viel Sinn hinter den Worten des Senatskollegen. Ihm war zwar schon häufiger aufgefallen, dass Avarus besonders dann zu völlig verknoteten Formulierungen neigte, wenn er sich um eine besonders hochtrabende Ausdrucksweise bemühte, aber da es hier um keine Rede vor dem Senat ging, bestand zu solchen unverständlichen Kunststücken in Macers Augen zumindest kein Anlass.


    "Du sprichst in Rätseln", antwortete er daher auch. "Roms Vormachtstellung katapultieren? Romulus' Pranke schwächen? Ich verstehe nicht ganz", zählte er die Formulierungen auf, mit denen er am wenigsten anfangen konnte.

  • Vorallem wenn er innerlich brodelte, verknotete sich häufig seine Zunge, dann war es ihm nie recht vergönnt wie ein Plebejer zu sein. Nachdem er sich durch die frische Dezemberluft etwas abgekühlt hatte, konkretisierte Avarus seinen Vorwurf an all jene, die nach seiner Meinung Rom irgendwann vernichten konnten, führten sie ihr böses Spiel voller Weltoffenheit zur Perfektion.


    "Mit jeder dieser Abstimmungen geben wir immer ein kleines Stückchen unserer Macht ab. Wir schwächen nicht nur Rom wir verkaufen es Stück um Stück. Heute ein paar Zugeständnisse nach dem Osten, Morgen neue Rechte hier in der Stadt für all jene, die dem Glanz bisher nur wenig abgewinnen können. Wir zerbröseln damit die Machtbasis auf der die Säulen des Imperiums stehen. Irgendwann wird man sich vielleicht erinnern was Roms Vormachtstellung ausmachte, doch dann ist es zu spät, dann hat das Geschwür bereits Herz und Lunge erreicht. Es ist verdammt nochmal völlig unverständlich wie die Elite Roms so leichtsinnig, aber zielstrebig das Imperium angreifbar macht."

  • Nun da Germanicus Avarus hinzutrat und ihn anscheinend zu verteidigen suchte, schwieg Modestus ersteinmal. Der Germanicus verteidigte ihn wohl in der Annahme einen weiteren Gegner des Antrags vor sich zu haben, was nicht wirklich der Fall war. Doch dies wollte er jetzt nicht ausbreiten, sondern ersteinmal im Privaten weiter mit Macer besprechen.

  • Bei den theatralischen Worten, die Avarus wählte, konnte Macer erneut nur den Kopf schütteln. "Du scheinst mir im Senat nicht zugehört zu haben. Die Entscheidung über würdige Kandidaten im Cursus Honorum hat einzig und alleine beim Senat zu liegen. Ob jemand in Alexandria die Medizin, in Rom die Architektur oder in Gallien die Rosenzucht studiert hat, soll uns doch in erster Linie egal sein, solange wir als Senat das letzte Wort haben." Macer konnte wirklich nicht sehen, wo das Reich dadurch angreifbarer wurde.

  • "Exakt. Aber der Antrag gestattet es keiner Schule in Gallia einen Cursus Continuum abzuhalten. Nur der Schola Atheniensis und dem Museion."


    meldete Modestus nun zu Wort und kam damit genau auf den Punkt zu sprechen, nachdem Macer gefragt hatte.

  • "Ohho das ist also der Grund, warum wir uns immer weiter vom Machtzentrum entfernen, ihr wollt die Globalisierung. Es ist gefährlich zu viele Zügel aus der straffen, zentralen Hand zu geben. Zwar sagt ihr es möge der Senat am Ende entscheiden, wer zur Wahl zugelassen wird und wer nicht, aber wann hat der Senat denn überhaupt schonmal in den letzten Perioden einen Kandidaten verwehrt? Und wie wollt ihr es eigentlich überprüfen, ob die Vorbildung ausreichend ist? Diese meist viel zu kurzen Befragungen in der Curia Iulia werden es wohl nicht sein, die euch die Möglichkeit gewährt zu partitionieren."


    Nicht ohne Grund sprach er von Ihnen und nicht von Uns, denn Avarus hatte natürlich dagegen gestimmt. Soviel ging in letzter Zeit den Tiber hinunter. Fraglich ob der vernünftige Senator Avatar noch existierte, so wie das in letzter Zeit alles rigeros vernichtet wurde.

  • Was abgelehnte Kandidaten betraf, fielen Macer spontan die diversen Klienten des Aelius Quarto ein, die zuletzt zur Wahl standen und keine Magistratur erringen konnten. "Schau in die Wahlergebnisse, dann weisst du es", empfahl er Avarus daher nur, ohne in seinem Gedächtnis selber nach Namen zu suchen. "Und wie soll ich die Vorbildung schon überprüfen? Indem ich den Kandidaten frage, wo er was studiert hat. Macht es einen Unterschied, ob dies ein Kanzleibeamter macht und den Kandidaten dann ablehnt, weil ein Kurs des Museions dem Senat einst nicht ausreichend erschien oder ob ich es in der Befragung tue und der Senat den Kandidaten dann ablehnt, wenn ihm Kurse des Museions immer noch nicht ausreichend erscheinen?" Macer konnte hier wirklich keinen Unterschied sehen.


    Auf den Einwand seines Klienten ging er zunächst nicht weiter ein, da er ihm in seiner Argumentation gegen Avarus nicht weiter hilfreich war.

  • "Mir sind das zuviele Wenns und Abers. Ich hatte einfach gehofft Rom bleibt sich seinem Führungsanspruch treu. Heute ist es das Museion, Morgen wie Senator Annaeus Modestus einwarf eine Hintertuxer Waldschule in Gallien. Und überhaupt seit wann geht es im Senat eigentlich um Brauchbarkeit, Herkunft oder Vernunft. Es entscheidet sich doch alles über das Machtverhältnis. Wenn jemand nicht gewählt wird, dann doch weil sein Gesicht dem gegnerischen Block nicht passt oder er den falschen Patron hat."


    Avarus schüttelte den Kopf.


    "Aber all das ist nun eh zu spät. Bleibt für mich nur zu hoffen, das man in Alexandria weiter nur heiße Luft produziert. Viel mehr hört man aus dieser 'Bildungsschmiede' nämlich nicht. Sie wollen zwar Gleichstellung mit Rom's Schola haben, aber besitzen nichtmal ansatzweise rührige Praeceptoren."

  • Macer lachte leicht auf. "Jetzt legst du dich aber selber auf's Kreuz, Avarus!", grinste er. "Dass Rom angeblich einen Machtanspruch vergibt, wenn es die Bildung des Museions akzeptiert, das prangerst du an, aber dass der Senat sich nicht um Brauchbarkeit, Herkunft oder Vernunft kümmert, sondern nur noch billige Machtpolitik macht, das scheint dir wohl gelegen zu kommen. Nein, so kannst du mir nicht kommen!" Macer schüttelte energisch den Kopf. "Wenn du schon von Roms Machtanspruch sprichst, dann muss es auch der Anspruch der Senatoren sein, dass eben genau sie sich auch dieser Macht bewusst sind und nach Vernunft und Wissen handeln und entscheiden." Für Macer war längst klar, dass Avarus hier offenbar vor allem seinen eigenen Einfluss auf die Wahl der Magistrate verteidigte, weshalb sein Interesse an einer ausführlichen Debatte nicht sonderlich groß war. Die hatte ihren Platz ohnehin im Senat gehabt.

  • Die Senatssitung hatte mal wieder recht viel Zeit verschlungen. Während sich die mächtigsten Männer Roms gegenseitig Worte an den Kopf warfen, saßen ihre Liktoren gelangweilt herum und warteten auf das Ende des Palavers. Sermo hatte sich in den Wochen seit Beginn der Praetur mit einem der anderen Liktoren, Decimus Mettius Serranus, angefreundet. Sie beide liebten den Wein, die Würfel und die Frauen und hatten somit schnell einen guten Draht zueinander gehabt. Und sie waren beide Liktoren des Purgitius Macer, dem sie höchsten Respekt entgegenbrachten. Heute hatten sie einfach etwas abseits auf den Stufen der Curia Iulia herumgelungert, im Kreise ihrer Mitliktoren, und sich hübsche junge Damen angesehen. Alle sprangen eilig auf, als die ersten Senatoren das Gebäude verließen und damit vom Ende der Sitzung kündeten. Ein Glück! Sie wollten sich bereits ihrem Patron anschließen, als dieser sich mit einem seiner wichtigeren Klienten auseinandersetzte. Annaeus Modestus hatte offenbar Mist gebaut. Vorsichtig und möglichst desinteressiert wirkend schoben die Liktoren sich auf die Redenden zu, als auch noch Germanicus Avarus hinzutrat. Dieser Mann weckte indes in Sermo wenig Sympathie. Er hatte ihn des öfteren vor oder nach Senatssitzungen gesehen und stets war er mit irgendwem in Clinch gewesen. Hatte der Mann eigentlich Freunde? Die Reden, die der Germanicer schwang, überzeugten Sermo überdies nicht sonderlich. Nicht, dass er eine Ahnung hätte was die Senatoren drinnen alles verzapften, aber sonderlich schlüssig hörte sich das Gesagte nicht an. Und dieser Annaeus schien seinem Patron ebenfalls keine große Hilfe zu sein. Bona dea, gut dass der Purgitius nicht auf den Kopf gefallen war und relativ schnell klar stellte was er von Avarus' Worten hielt. Erwartungsvoll beobachtete er die Szene, die Fasces gemütlich vor sich abgestellt.

  • Nach den ersten Anhörungen einiger Kandidaten der kommenden Wahlen strömten die Senatoren, meist in Gespräche und Diskussionen vertieft, aus der Curia. Livianus stand etwas abseits und hielt Ausschau nach Aelius Quarto, den er um ein Gespräch bitte wollte. Vor den Sitzungen hatte er die Gelegenheit verpasst, doch nun erhoffte er sich mehr Erfolg bei seinem Vorhaben.


    Es dauerte nicht lange, da erblickte er auch schon den mehrfachen Consular, umgeben von einer stattlichen Anzahl an Klienten und Senatskollegen. Kein ungewöhnlicher Anblick in diesen Zeiten, wo der Stern der Aelier ihren bisherigen Zenit erreicht hatte. Ohne Zeit zu verlieren bahnte sich der Decimer seinen Weg in Richtung Quarto und versuchte sein Glück.


    "Senator Aelius!"

  • Trotz der jahreszeitlich bedingt eher frischen Temperaturen verliefen sich die Senatoren nach dem Ende der Senatssitzung nicht sofort. Man stand noch beisammen und hielt das eine oder andere Schwätzchen. Teilweise ging es dabei sogar um durchaus gewichtige Dinge.


    Als Decimus Livianus ihn ansprach drehte sich Aelius Quarto zu ihm um. “Senator Marcus Decimus.“

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