• Der Abordnung von Soldaten unter dem Optio Septimius Palaemon war ein Arbeitsraum zur Verfügung gestellt worden. Von dort aus konnten sie in unmittelbarer Nähe zu den Würdenträgern der Stadt Informationen zu dem Mordfall auswerten und den weiteren Ablauf koordinieren.

  • "... und im Anschluss daran sind wir pünktlich nach Nikopolis zurückgekehrt, wo wir uns ordnungsgemäß zurückgemeldet haben. Wir waren am nächsten Tag wieder vollkommen einsatzbe..." "Schon gut!" unterbrach der Optio die ausführlichen Erzählungen des jungen Soldaten. "Du kannst gehen."
    Palaemon strich auch den letzten Namen von seiner Liste. Dabei verspürte der Optio sowohl Erleichterung als auch Frustration.
    Erleichtert war er, da die Vorwürfe gegenüber den aktiven römischen Soldaten nun seiner Meinung nach entkräftet schienen. Frustriert, weil sie jetzt wieder komplett von vorne anfangen mussten. Alle möglichen Beteiligten konnten glaubhaft versichern, mit den Ereignissen in der unheilvollen Nacht nichts zu tun gehabt zu haben. Es wurde Zeit, die Ermittlungen in andere Reichtungen auszuweiten.
    "Legionär Graeceius!" rief er nach dem Soldaten, den er in den vergangenen Tagen als einen der zuverlässigsten seiner Leute kennen gelernt hatte.

  • Dass nun endlich ein vorübergehender Sitz innerhalb der Stadt bereitgestellt wurde, kam den Männern der Legio zugute. So musste die Distanz zwischen Nikopolis und Alexandria nicht andauernd, sondern nur noch vereinzelt zurückgelegt werden. Zudem würden die Ermittlungen sicherlich schneller von statten gehen, wenn man direkt vor Ort Informationen sammeln und auswerten konnte.
    Graeceius war gerade vor dem Büro zur Wache eingeteilt und war nicht allzu überrascht, als sein ehemaliger Ausbilder ihn in den Raum rief. Immerhin hatte sich der Eprier in den letzten Tagen zu einer Art persönlicher Sekretär für Palaemon entwickelt. Eine Tatsache, der der ehrgeizige Legionarius nicht unbedingt negativ gegenüberstand. Es würde sicherlich nützlich sein sich mit zukünftigen Führungsoffizieren gut zu stellen, um eines Tages selbst in deren Reihen aufgenommen zu werden.


    "Ja, Optio?", waren die Worte des Legionärs, nachdem er eingetreten war.

  • "Ich habe einen Auftrag für dich, Soldat! Da ich heute beim Statthalter antanzen muss, kann ich das nicht selbst übernehmen."
    Er vergewisserte sich kurz, dass außer ihnen niemand mithören konnte. Man konnte nie wissen, wo überall Spitzel der Prytanen herum schlichen.
    "Nimm dir zwei unserer Männer mit und suche einen gewissen Bagaeos im Süden der Stadt auf. Er hat eine große Geldsumme von der Iunierin erhalten und ich wüsste zu gerne, wofür. Erwähne aber den Namen Urgulania vorerst nicht. Ich will vor allem wissen, was dieser Mensch macht und wie er auf unseren Besuch reagiert.“
    Der Optio hatte so langsam das Gefühl, je länger sie brauchten, umso unwahrscheinlicher würde eine erfolgreiche Aufklärung werden.

  • "Ich verstehe", entgegnete Gaius diskret. Der Art und Weise nach zu urteilen, wie der Optio gestikulierte, war der Auftrag nicht unbedingt für jedermanns Ohr bestimmt. Allgemein war Graeceius sowieso noch etwas misstrauisch gegenüber den heimischen Ägyptern. Die Griechen waren ihm so gesehen doch lieber. "Ich werde mich darum kümmern, Optio. Sobald ich neue Informationen gesammelt habe, wende ich mich wieder an dich." Dass Palaemon ihm solcherlei Dinge anvertraute, sprach wohl für die Kompetenz des Eprius. Graeceius wartete ab, ob der Septimius noch etwas zu sagen hatte, ansonsten würde er sich direkt in den Südteil der Stadt aufmachen.

  • Nach der unerwarteten Verfolgungsjagd durch das Bürgerviertel hatten die Legionäre den Perser festnehmen und zum Büro des Optios führen können. Nun würde sich herausstellen, ob Bagaeos im Mordfall Urgulania Informationen liefern konnte oder gar selbst darin verwickelt war. Auf jeden Fall handelte es sich hierbei um einen kleinen Teilerfolg, der die römische Abordnung in Alexandria vielleicht weiterbringen würde.

  • Schweigsam war Demetrios Bagaeos gewesen, während ihn die Romäer zur Agora 'begleitet' hatten. Er hatte keine Gedanken an einen weiteren Fluchtversuch verschwendet, sondern fieberhaft überlegt, wie er aus der ganzen Geschichte noch möglichst schadlos würde entkommen können.


    Als sie die Bürostube erreichten, die für die Romäer offensichtlich erst kürzlich eingerichtet worden war, hob Bagaeos zum ersten Mal seit langen Minuten wieder seinen Kopf. In seinem Blick lag nun nichts Resignierendes mehr, sein Kampfgeist und seine Lebensgeister waren wieder geweckt.

  • Der Optio ließ sich von den Legionären über das, was vorgefallen war, ins Bild setzen, ehe er sich an den fremden Mann wandte: "Nun, Bagaeos, es würde mich doch sehr interessieren, was dich dazu bewogen haben könnte, sich einfach so davon zu machen."
    Palaemon dachte nicht daran, dem Perser einen Stuhl anzubieten. Er selbst stand hinter dem provisorischen Schreibtisch und behielt den Mann, der vielleicht ein paar Jahre jünger als er selbst sein mochte, genau im Auge. "Wie du sicher weißt, genießen die römischen Truppen einen offiziellen Status als Schutztruppe. Sich einer Befragung durch unsere Männer zu entziehen, ist allein schon ein schwerer Verstoß gegen die Gesetze der Stadt."
    Ob das so im Detail stimmte, was Palaemon da von sich gab, war für ihn im Moment unerheblich.

  • Bagaeos zwang sich zu dem strahlendsten Lächeln, das er in dieser Situation zuwege bringen konnte. Zudem wurden die folgenden Erklärungen von weit ausholenden Gesten begleitet, und sei es nur, weil er nicht so recht wusste, wohin mit seinen Händen.
    "Ihr wisst doch, wie das ist. Eben noch lag man geruhsam in seinem Bett, und auf einmal stehen bewaffnete, kampferprobte Männer vor einem. Da können dir vor lauter Schrecken schon einmal die Gäule durchgehen; zumal deine Männer" - er wies mit der Hand auf Eprius Graeceius - "ja zudem in ziviler Kleidung unterwegs sind."
    Diese Tatsache hatte er als ersten Ansatzpunkt ausgemacht, anhand dessen er seine weiteren apologetischen Reden orientieren wollte.

  • Der Septimier notierte etwas auf einer Tafel, winkte einen weiteren Soldaten herbei, der kurz darauf mit der Tafel unter dem Arm die Dienststelle Richtung Regia verließ. Dann erst ging der Optio auf die Worte des Persers ein: "Das überzeugt mich überhaupt nicht. Wir haben die Aussagen eines ... eines Bewohners der Domus Iunia, einer der angesehensten Familien Roms, der bezeugt, dir von der ehrenwerten Iunia Urgulania kurz vor deren Tod eine Nachricht sowie eine Menge Geld überbracht zu haben." Vielleicht beging der Optio in diesem Moment einen Fehler, als er Bagaeos mit dieser Begebenheit konfrontierte, doch er war nun einmal ein Soldat, außerdem einer, der sich vor allem auf Kriegsschiffen gut auskannte. Mit verworrenen Kriminalfällen hatte er bisher nicht viel zu tun gehabt.

  • Wo war er da nur hineingeraten. Bagaeos konnte nicht fassen, dass er die Fallstricke dieser Geschichte nicht gleich zu Beginn erkannt hatte. Seine Gier und Kurzsichtigkeit hatten ihn in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht.
    "Ich vermittle oft zwischen Geschäftspartnern", begann er stockend, "und vielleicht hatte ich irgendwann auch mal mit besagter Person zu tun, doch..."
    Er brach ab. Erst jetzt glaubte er zu verstehen, was der Optio eigentlich gesagt hatte. "Du meinst", begann er erneut und klang dabei beinahe triumphierend, "ihr beruft euch auf die Aussagen eines Sklaven?!"
    Demetrios Bagaeos spürte förmlich, wie sich der Wind drehte, wie sich eine Hintertür für ihn geöffnet hatte, die seine Aussichten von einem Schlag auf den anderen deutlich verbessern konnten.

  • "Das reicht jetzt!" fuhr der Optio den Mann vor ihm an. Er wandte sich an die Legionäre um den jungen Eprius: "Begleitet unseren Gast nach Nikopolis. Ich bin mir sicher, er wird seine Meinung bald ändern."
    Sonst gab es auch nichts, was Palaemon hier noch zu sagen oder zu tun wusste.

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