hortus | Ungewohnter Übermut

  • „Tausenderlei Stimmen umsurren dich, während du in der Menge aufgehst, zu einem Teil der Massen wirst. Dort gibt es keine Zeit mehr, nur noch Bewegung und Stillstand. Gehen. Nach links, nach rechts. Stehen bleiben. Nach Vorn. Zurück. Gesichter huschen an dir vorbei. Junge, alte. Engelsgleich, verhärmt, ernst und fröhlich. Ein Blick, ein Lidschlag und sie sind vorbei...Farben, Gerüche umwirbeln...
    Entschlossen strich Narcissa die letzten Worte, die sie so eben auf den Bogen Papyrus geschrieben hatte. Sie versuchte es zumindest. Die Feder war jedoch erschöpft, so tauchte sie sie ein weiteres Mal in das kleine Tintenfässchen, dass neben ihr auf einem kleinen Beistelltischchen stand und versuchte es erneut. Leider hatte sie jedoch dieses Mal zu viel Tinte erwischte und hässlicher, schwarzer Fleck saugte sich in den Papyrus ein. „Ach verdammt...“, murmelte sie ärgerlich – und sah sich im nächsten Moment vorsichtshalber um, um sich sicher zu gehen, dass niemand diesen Fluch gehört hatte. Schließlich schickte es sich nicht. Sie beobachtete wie der Tintenfleck heller wurde, als er trocknete und an Intensität verlor. Der schöne Papyrus!, ging es ihr bedauernd durch den Kopf. Schreibmaterialien waren teuer und dieser Fleck sah wirklich nicht gerade schön aus.
    Seufzend legte sie Bogen und Feder neben das Fass auf den Tisch und erhob sich aus dem Weidenkorb, in welchem sie gesessen hatte. Genüsslich reckte und streckte sie ihre Gliedmaßen, dehnte ihren Rücken und hob das Gesicht mit geschlossenen Augen der Sonne entgegen. Es war ein schöner Tag. Die Luft war frisch und klar, aber nicht kalt. Und die Sonne! Die Sonne! Narcissa atmete tief und sog die Wärme ganz und gar ein. Schon kurz nachdem sie aufgewacht war, was an diesem Morgen überraschenderweise reichlich früh gewesen war, hatte sie den hortus aufgesucht, um dort in aller Ruhe, jene Bilder niederzuschreiben, die seit einiger Zeit in ihren Gedanken herum gegeistert waren. Sie erhob sich auf die Zehenspitzen und tat anmutig ein paar tänzerischer Schritte zwischen die Beete, in denen sich die ersten kleinen scheuen Pflänzchen zeigten. Es waren Frühjahrsgewächse, die frisches Klima vertrugen. Narcissa selbst hatte recht wenig Ahnung von Pflanzen. Ihre Schwester hatte ihr da einiges voraus. Doch auch sie mochte die Natur, liebte es das Grün zu sehen und sich zu bewegen. Sie hielt in ihren Schritten inne und drehte sich um sich um sich selbst mit ausgebreiteten Armen. Wie schön es doch hier war! Sie fühlte sich vollkommen frei, so unbeobachtet. Noch nicht einmal ein Sklave war da, um sie zu überwachen. Abermals machte sie einige Tanzschritte vorwärts und begann gedankenverloren eines ihrer Lieblingsgedicht zu rezitieren. Nicht, weil es im Moment irgendeine tiefer Bedeutung für sie hatte, sondern einfach weil es ihr in den Sinn kam:


    Odi et amo Quare id faciam, fortasse requiris. Nescio, sed fieri sentio et excrucior*


    Die Sonne, die Ruhe, die Freiheit sie ganz selbst zu sein – konnte es nicht immer so weiter gehen?


    Sim-Off:

    *Ich hasse und ich liebe, Warum ich dies tue, fragst du vielleicht. Ich weiß es nicht, aber das es geschieht fühle ich und verzweifle [Catull] Wer möchte ist herzlich eingeladen dazu zu stoßen;)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!