[Templum Magnae Matris] Götterspeisung der Magna Mater – Megalesia DCCCLX A.U.C.

  • Eines vorweg. Niemals war die Götterspeisung der Magna Mater jemals vergleichbar mit dem des Epulum Iovis. Schließlich ging es hierbei nicht um die Bespeisung der wichtigsten Götter des Imperiums, sondern nur um der der Magna Mater. „Nur“ in Anführungszeichen sollte amn sagen, denn Magna Mater, auch Cybele genannt, war mitnichten eine unbedeutende Gottheit, wenn auch keine römische. Ihr Ursprung war Orientalisch, phrygisch, so sagte man es sich, und sie war vor mehr als 300 Jahren nach Rom gebracht worden. Sie war eine Erdgottheit, eine Muttergöttin, die Göttin der Berge. Ihr Fest war die Megalesia.
    Der Pöbel kannte die Megalesia, weil es dort immer wieder Wagenrennen und Gladiatorenspiele gab. Doch die Megalesia war mehr als dies. Die Megalesia beinhaltete auch Opfer und dann und wann, wenn man Magna Mater seine ultimative Verehrung beweisen wollte, eine recht spektakuläre Götterbewirtung – hier zu sehen.
    3 Septemviri würden die Götterspeisung durchziehen – nicht mehr, schließlich war dies nur die Speisung einer Göttin. Zudem waren die restlichen 7 verhindert.
    Der erste war Aemilius Atimetus. Er war ein alter Freund des Aedilen, der die Spiele ausrichtete, und hatte sich somit auch bereit erklärt, die Megalesia zu übernehmen.
    Der zweite war Fulvius Frugi. Jenem war versichert worden, dass er nicht viel zu tun hätte, woraufhin er sich gemeldet hatte, um den Anschein zu rwecken, er täte etwas.
    Der dritte war Flavius Piso. Er leitete die Priesterschaft für diese religiösen Aktionen. Schließlich war der Aedil auf ihn zugekommen. Zudem war es wohl eine Art Bewährungsprobe für den noch relativ neuen Septemvir. Er führte die Prozession an diesem Tag; Opimius Naso konnte nicht, denn er hatte sich einen lästigen Spieß im Fuß eingefangen.


    Sim-Off:

    Ich hoffe, niemand hat etwas dagegen, dass ich das religiöse Drumherum zur Megalesia gleich hierher poste, ohne das ganze durch den Eingang zu lotsen. Schließlich ist die Megalesia das Fest der Magna Mater, und ich denke, keine Stadtwache wäre so dreist, sich diesem Zug entgegenzustellen und somit göttliche Unbill auf sich zu ziehen. :D
    Ach ja – die Sache spielt vor dem Debakel bei den Aureliern.

  • Die Göttin war der Prozession wohl wahrlich hold, wenn man dem Umstand, dass die Sonne freundlich vom Himmel lachte, Bedeutung zumessen wollte. Doch Magna Mater war keine Sonnengöttin, sie war eine Erdgottheit, also hatte sie wohl nicht soviel mit der Sonne zu tun, dachte sich Piso, als er, bekleidet mit strahlend weißen langen Gewändern, bei der die wallende Toga in der Sonne blitzte wie Metall schon fast, einherschritt, auf den Palatin hinauf. Vor ihm war niemand, hinter ihm aber, das wusste er, war ein enormer Haufen von Leuten. Zuerst einmal die beiden anderen Septemviri, die Piso in seiner nächsten Nähe wusste – denn insbesondere Fulvius schnaufte, als es darum ging, bergauf zu steigen.
    Dahinter eine lärmende Entourage. Es waren frohlockende, juchzende und auf ihren Zimbeln herumschlagende Priester der Magna Mater. Halbnackt waren sie, von einem grässlichen Geschmack ihre Kleider, und Piso drehte es eigentlich innerlich den Magen um, wenn er daran dachte, dass sie sich alle selber entmannt hatten. Für ihn war dies superstitio. Aber, jeder nach seinem eigenen Geschmack, dachte er sich, auch wenn er Fanatiker wie die Cybelepriester insgeheim verabscheute.
    In ihrer Mitte führten die Cybelepriester auf einer Bahre eine Statue der Magna Mater mit sich, die majestätisch auf ihrem Transportmittel thronte und für alle Zuseher weithin sichtbar war. So wusste man sofort, was denn los war. Diese Statue, die in ihrem Sessel saß, würde später im Tempel der Magna Mater bewirtet werden. Natürlich saß diese Statue auf ziemlich prächtigen Polstern oben, wie es sich für eine Götterspeisung gehörte.
    Ein paar weitere Cybelepriester führten eine Kuh mit sich. Piso hatte eine ordentliche Abscheu vor Kühen entwickelt, insbesondere als Opfertiere, doch da musste er nun durch, war es doch Tradition, eine Kuh vor einer Götterspeisung zu opfern.
    Die Kuh war ein enormes Tier, aber dankenswerterweise still. Sie kam aus Etrurien und hatte jetzt ein hübsches Deckchen an. Um ihren Kopf waren infulae gebunden, und die Hörner waren vergoldet. Wahrhaft ein treffliches Opfer. Doch Piso würde es zu seinem Leidwesen durchziehen müssen, schließlich war er hier an der Stelle des Magisters.
    Eine weitere Gruppe trug Speisen, vielfältige Speisen. Vorspeisen, Hauptspeisen, Nachspeisen, und nicht zuletzt Getränke. All diese würden der Magna Mater vorgesetzt werden.
    Der Rest der Cybelepriester war damit beschäftigt, Blumenblätter in die Menge zu werfen und dabei wild herumzuschreien. Piso hoffte selber, ihre Kehlen würden ihnen platzen. Hoherufe erschallten auch von den Zugbegleitern.
    Denn dero gab es einige. Solch ein Spektakel ließen sich viele ungerne entgehen, und außerdem war dies eine gute Gelegenheit, den kaiserlichen Palast aus der Nähe zu beobachten. Allerdings würde man dort nicht hineingehen, vielmehr würde sich der Zug zu dem großen Tempel der Magna Mater am Palatin begeben.

  • Welch in Krach hier herrschte! Dort wurde gejohlt, hier gesungen, anderenorts geklatscht. Tamburine schellten und Flötenmusik vermischte sich mit allerlei Klängen zu einem bunten Potpourri, das der Cybele seine Aufwartung machte. Vor meiner Frau und mir schritten die septemviri einher, hinter uns der Rest der Meute mit all ihren Gaben, Instrumenten und was sie sonst noch so mit sich herumtrugen. Ich vermutete, dass man Fulvius Frugi aufgrund seiner Erfahrung ausgewählt hatte, denn schon zu meiner Zeit war er bei Götterspeisungen gern dabei gewesen. Eine prächtige, geschmückte Kuh wurde mitgeführt, und eine pompöse und geschmückte Statue der Göttin, zu deren Ehren hier heute gefeiert wurde, ruhte aufrecht und auf Hochglanz poliert auf einem Tragegestell. Man hatte sie gesalbt und eingegeölt, und anschließend war sie in besonders teure und edle Gewänder gekleidet worden In regelmäßigen Abständen regnete es bunte Blütenblätter.


    Als wir den Eingang zum Kaiserpalast passierten und daran vorbei schritten, blickten nicht wenige dorthin, um die Sicht auf das prächtige Gebäude zu erhaschen, das sich dort - leider kaiserlos - erhob. Viele Menschen standen rechts und links der Prozession zum Tempel der Göttin, nicht minder viele hatten sich uns inzwischen angeschlossen. Und bald schon kam der weiße Vorbau des Tempels in Sicht.

  • Der Zug war schon fast zu Ende. Den Göttern sei Dank, dachte sich Piso, der ein wenig nun zurückgefallen war und nun zwischem dem Fulvius und dem Aemilius ging. Der Tempel der Magna Mater erstreckte sich vor ihnen, es würde gleich soweit sein. Der Flavier hatte das Gefühl, in der letzten Minute war das Schlagend er Trommeln leiser geworden, und die Flöten lauter geworden, fast so, als hätten die Trommelschläger ihr Pulver verschossen und die Flötenspieler würden jetzt noch einmal richtig aufgeigen. Die drei Septemviri hielten vor dem Tempel, des Umstandes gewahr, dass nun die Ladung der Götter kommen würde.
    Es war an Fulvius Frugi, das Zeichen an die Cybelepriester zu geben, ihnen in den Tempel zu folgen. Würdevollen Schrittes stiegen die Epulonen die Stiegen hinauf, in den Tempel hinein. Die Galli, wie man die Cybelepriester nannte, folgten ihnen mit der zu bewirtenden Statue und den Opfergaben. Die Kuh musste draußen bleiben. Der Rest der Kultisten blieb draußen stehen, dudelte fröhlich weiter und sprang als Pausenclown für die Zuschauer, die in der frischen Luft warten mussten, ein, und bewarfen diese mit Narzissenblüten.
    Drinnen im Tempel war es ein wenig kühler als gerade vorhin, was Piso als angenehm empfand. Zusammen mit seinen zwei Mitepulonen nahm er die rituelle Waschung vor, und zupfte sich die Toga über den Kopf, bevor er sich zu dem Opferbecken begab, welches vor dem schwarzen Stein der Magna Mater stand, welcher diese Gottheit symbolisierte. Andächtig blickte der flavische Septemvir kurz auf den Steinblock, bevor er nach links griff, zu bereits dort auf einem Schemel platzierten Weihrauchstücken, und sie ins Feuer warf. Dann erhob er seine Hände.
    “Magna Mater, Cybele, Herrin von Ida! Dieses Mahl dir zu deinen Ehren. Gewähre uns die Gunst deiner Anwesenheit, Göttliche, sei unser Gast und lasse dich bewirten, wie es dir zu deinem Fest zusteht!"
    Er warf noch einige Stücke Weihrauch in die Opferpfanne, bevor er sich, im mittlerweile entstandenen Qualm, nach rechts drehte.
    Er nickte den beiden anderen zu, woraufhin alle 3 wieder in eilenden Schritten zur Tür hinschritten und hinaus traten, wieder ins Freie. Mit einigem an Zufriedenheit stellte Piso fest, dass einige Diener der Cybele bereits die Kuh am Altar festgebunden hatten. Auch die Dekorationen waren weg – das Opfer konnte beginnen!
    “Zur Seite!“, rief einer der Priester halblaut zu den anderen, als die drei Septemviri aus dem Tempel traten, und die Menge der Priester aus den Weg trat, um ihnen Platz zu machen. Nch einmal holte Piso tief Luft, bevor er es unternehmen würde, nach vorne zu schreiten, um die Kuh zu opfern, zu Beginn der Götterspeisung.

  • So, jetzt war es soweit – Piso würde das Opfer vollziehen. Mit zielstrebigen Schritten ging er auf die Kuh zu, deren eingeschmiertes Fell im Sonnenlicht erstrahlte. Ein "Favete Linguis" war inmitten der anschwellenden Musik zu vernehmen. Piso blieb vor dem Tier stehen und erhob seine Stimme.
    “Magna Mater, wenn du mir gnädig bist, nimm diese Kuh als das Deine an! Sie sei dir geweiht! Auf dass es dir gefalle!“ Der Flavier vollzog die rituelle Reinigung noch einmal, indem er in die ihm hergereichte Wasserschüssel seine Hände symbolisch hineintauchte und dann an einem Mallum Latum abwischte. Er war nun bereit und nickte einem Popa zu. Dieser begann, aus einer verzierten Schüssel mola salsa herauszuschaufeln und auf den Rücken der Kuh zu schmieren. Die Kuh muhte leise. Welch unästhetisches Tier, dachte sich Piso und dachte mit gewisser Befriedigung dran, dass es schon bald nicht mehr seine Kreise stören würde.
    Als der Murkser damit fertig war, bekam Piso vom Victimarius, dem Opferstecher, das Messer ausgehändigt. Er zog es in einer schneidigen Geste über den Rücken des Tieres, und reichte es an den Opferstecher zurück. Dann erhob er seine Hände.
    “Magna Mater! Dir zu Ehren! Cybele! Dir zu Ehren! Herrin von Ida! Dir zu Ehren! Nimm an dieses Opfer zu deinem Fest, zur Megalesia! Schenke uns die Ehre, bei dem Lectisternium zu Gast zu sein! Reichlich sollst du bewirtet werden heute, zu deinem Ehrentag, wie auch an allen weiteren Megalesiae!“ Er drehte sich nach rechts, schnappte einen Weinbecher aus den Händen eines Popa und brachte noch ein fixes Trankopfer dar, welches er halb auf den Boden schüttete, und halb das Tier traf.
    Dann trat Piso eilig einen Schritt zurück. Das war das Zeichen für den Schlächter.
    “Agone?“
    “Age!“
    Das Messer stach, das Blut floss, die Kuh hauchte ihre Seele aus. Unberührt stand Piso davor und wartete. Er wartete, bis der Opferstecher fertig sein würde damit, die Kuh auszuweiden, und ihm die Organe vorsetzte, damit er sie examinieren würde – was wohl der schwerste Teil an dieser Sache sein würde.

  • Piso musste auch nicht besonders lange schauen, zog ihn an der Eingeweidenschau doch wenig an. Litatio!, verkündete er, froh, dass das Ganze jetzt aus seiner Hand ging. Er überreichte das Tablett Fulvius Frugi, der den Inhalt des Tablettes in einen Kochkessel, den man hastig herbeigeschafft hatte, hineinschüttete, während Aemilius Atimetus vortrat.
    “Civites! Danken wir Aurelius Corvinus, dem Aedilis Curulis, der Mgna Mater diese Spende angedeihen hat lassen! Durch ihn wird die große Mutter uns auch im nächsten Jahr gewogen sein! Lassen wir ihn danken für seine Spende an Magna Mater!“ Derweil brodelten schon weitere Kessel im Hintergrund. Der Victimarius schnitt die essbaren Stücke des Tieres raus und schmiss sie ebenfalls nacheinander in Kochkessel hinein. Derweil holte Fulvius die Vitalia wieder aus dem ersten Kessel hervor, und legte sie ins Opferfeuer der Cybele, wo es fröhlich verbrannte. Es war gewisseermaßen der Gruß aus der Küche vor der eigentlichen Götterspeisung, die die 3 Septemviri jetzt noch zügig abzuwickeln vorhatten. Piso blickte ein bisschen um sich, um etwas spannendes zu erspähen, aber da war Fehlanzeige. Es geschah nur, dass die Popae die Felischstücke, nun gekocht, aus den Kesseln hervorzogen und in Sportulae legten. Die Sportulae wurden ausgeteilt an das gemeine Volk, und Piso konnte es sich dann doch nicht verkneifen, im Publikum nach der einen oder anderen hübschen Frau zu linsen. Wie wenig er darüber wusste, dass ihm schon bald das Begehren nach einer einzigen Frau die Seele verzehren würde!
    Die Sportulae wurden verteilt, und der Aemilier, der Fulvier und der Flavier marschierten in einer Dreierreihe wieder in den Tempel, wo ja schon die Statue der Magna Mater aufgestellt worden war, samt Tisch, und mit Essen daneben, welches die Septemviri der Cybele servieren würden,w ie Sklaven einem Herren servierten. Gleich würde die Götterspeisung beginnen!

  • Es strömten die drei Septemviri, so gut, wie halt 3 Septemviri strömen konnten, in den Tempel hinein. In der Ecke hatte man eine Lyraspielerin platziert, deren Lyra den ganzen Schoss okkupierte. Mit sphärischer Musik wusste sie der Zeremonie die passende Musik beizusteuern. Piso blickte kurz auf sie. Sie musste eine Sklavin sein. Sie sah auch nicht sooo besonders aus. Aber ihr Spiel war doch gut – nicht zu anspruchslos auf jeden Fall. Er als Schöngeist konnte das sofort feststellen, sofort.
    Mit einer dramatischen Bewegung wandte er sich zu Cybele hin, zu der Statue, die man vor einem Tisch aufgestellt hatte. Frugis Blick wanderte begierig über die Teller, fehlte nur noch, dass sein Magen krachte. Aber nein, er konnte sich beherrschen.
    Die Götterspeisung würde in drei Gängen erfolgen, die die nur drei anwesenden Septemviri, jene Spezialisten in Lecisterniae, welche Cybele an ihrem Ehrentag ein Mahl gönnen würden, durchführen würden.
    Nur die Septemviri und die Göttin, welche, schon vorher durch die Stadt getragen, nun vor einem massiven, breiten Tisch saß und fast schon begierig auf ihr Essen auf ihn starren zu schien, nahmen also am Ritual teil. Piso, als Mann der Ästhetik, begutachtete die Göttin kurz. Beziehungsweise ihre Statue. Nicht schlecht, Herr Specht, dachte er sich, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Göttin einst mit einem Penis in der Welt herumgelaufen ist (bevor der abgeschnitten wurde und Cybele Frau ward). Respektabel. Die überzeugensten Transvestiten fand man doch nur bei den Göttern, dachte sich Piso mit einem anerkennenden Blick auf den für sich sprechenden Vorbau der Statue.
    “Flavius, wir beginnen“ Atimetus blickte ihn tadelnd an. Piso schreckte auf. “Oh ja. Ja. Ja. Äh, sicher, ja. Nun.“ Er räusperte sich und streckte seine Hände nach oben aus. “Magna Mater, sieh mit Wohlgefallen auf deine Vorspeise!“
    Allerlei köstliche Sachen hatten die drei Priester nun aufzudecken. Atimetus stellte einen riesigen, ganz und gar gewaltigen Teller vor Cybele hin, und Piso und Frugi machten sich daran, Speisen in den Teller zu drapieren. Es war natürlich die Vorspeise. Frugi lud Eier auf, so schnell, als ob er damit einen Preis gewinnen könnte, während Piso bedächtig ein Eieromlett mit Gewürzen und Pilzen drinnen mit einer Schaufel auflupfte und auf den Teller platzierte. Ein zweites und ein drittes folgte, bevor Piso etwas Erbsenpüree nachschaufelte. Atimetus derweil hatte schon den Käse übernommen, den er sorgfältig zwischen die Essensstücke, welche Piso und Frugi schon hinaufgehieft hatten, hineinsteckte. Der Teller war kredenzt – oder halt, Frugi legte noch ein paar lukanische Würste und Schinken als Abrundung hinzu. Jetzt aber! Piso füllte etwas Wein ein und schob den Becher zu Cybele – der Becher war wohlweislich so groß, dass ein normaler Mensch, hätte er ihn ausgetrunken, danach ziemlich weg gewesen wäre. So aber blieb den drei Septemviri nichts mehr anderes, als treuherzig die Göttin anzusehen, um an irgendeinem Anzeichen sehen zu können, ob das Essen auch mundete. Hmm, der Schinken war dubios. Mochte Magna Mater Schinken? Sicher mochte sie Schinken. Wenn ein Septemvir sagte, sie mochte Schinken, dann hatte sie Schinken zu mögen. Es war ja nicht so, als ob man nicht althergebrachten Traditionen folgte – auch wenn man beim Collegium Septemvirorum erst seit vielleicht 100 Jahren andere Götter bediente als Iuppiter, der noch immer eine so überragende Bedeutung für das Collegium hatte, dass es sich fast schon als Iuppiter-Priesterschaft bezeichnen konnte. Aber wie gut, dass man über den Tellerrand schaute – wenn auch nur gezwungenermaßen, wenn einem die Götter und die Pontifices dazu drangen.
    Am Ende war die Vorspeise auf jeden Fall doch perfekt, und stolz blickten sich die Männer an, als sie um den Tisch standen. Magna Mater sah ja ganz glücklich aus. Zumindest hatte sie kein Wort der Beschwerde eingelegt. Piso war sich nämlich sicher, dass es schon längst Hagel geregnet hätte hier im Tempel, wenn etwas falsch gemacht worden wäre.
    Tempeldiener räumten die Vorspeisen weg, sodass die braven Septemviri sie später noch verspeisen konnten. So als Medium der Gottheit, die man gespeist hatte.

  • Als Nächstes war die Hauptspeise dran. Die Sklaven hatten schon dafür gesorgt, dass alles bereit stand, denn die Epulonen hatten schon ein ganz besonderes Gustoschmankerl bereit gestellt. Es war dieses Mal Atimetus, der betete. “Magna Mater! Sieh mit Wohlgefallen auf deine Hauptspeise.“ Dann nickte er Piso und Frugi zu, und die beiden hoben mit einem lauten, dreistimmigen Hau-Ruck den Teller an. Eine ganze gefüllte Wildsau. Entborstet, entweidet. Durchgegart. Perfekt gewürzt. Hmm, wie das roch! In jedem der drei Septemviri rumpelte es im Magen. Die drei machten sich noch schnell daran, ein paar Beilagen dazu zu geben – geröstetes Gemüse vor allem, welches in die Bratensoße fiel. Andächtig blieben sie dann davor stehen. Halt so andächtig, wie man vor Fleisch an Bratensoße nur stehen kann.
    Einige Zeit verstrich. “Ich glaube, ihr schmeckt es.“ “Darauf kannst du Gift geben, Flavius“, grummelte Frugi. Wieder ein bisschen Ruhe. Dann: “Sollen wir abtischen?“ Piso und Atimetus nickten. Der Flavier pfiff diverse Tempeldiener herbei, die das schwere Tier beiseite schafften. Unterdessen brachten Sklaven schon den Nachtisch herbei. Obst, und Brot... nun ja, soweit zu den gesunden Bestandteilen. Was es aber sonst noch gab, war Nachtigallenzungenmarmelade. Viel davon. Hmm, lecker, dachte sich Piso, der sich ins Gedächtnis rief, dass er wieder einmal nächstens eine Marmeldaen-auf-Brot-Orgie machen sollte. Außerdem Honig, eingelegte Beeren, Rohrzuckersaft, und sonst noch einige süße Sachen, was auch immer die Natur so hergab. Dieses Mal war es an Frugi zu sprechen. “Magna Mater, sieh mit Wohlgefallen auf deinen Nachtisch.“ Dann konnte man ja auch schon beginnen. Frommen Gesichtsausdruckes legten der Flavier, der Aemilier und der Fulvier die Nachspeisen auf den Tisch. Nachschlag gefällig? Eh klar, dachte sich der Flavier in einem Anflug von Großzügigkeit, und somit patzte Piso auch gleich noch eine viel reichhaltigere Portion auf den Teller – eine noch viel reichhaltigere Portion wovon denn eigentlich? Hmm. Zwetschgenkompott. Piso könnte sterben für Zwetschgenkompott, besser war wohl nur Marillenkompott.
    Am Ende musste Magna Mater doch schließlich wohl satt sein. Obwohl, satt. Galten für Götter nicht andere Kategorien als Sattheit und Hunger? Aber gut, Cybele würde zufrieden sein.
    Tempeldiener stellten den Nachttisch herab, um ihn dorthin zu bringen, wo schon die anderen Speisen standen – in einem durchaus nicht armseligen Nebenraum, wo komfortablerweise und ganz und gar aus reinstem Zufall schon Klinen standen. Frugi grinste. “Mein Magen knurrt.“ Piso grinste. “Klar. Und meiner erst. Wie gut, dass die Essenz des Essens schon Magna Mater gehört, wir müssen es auf uns nehmen, traurig die weltlichen Überbleibsel zu essen.“ Atimetus seufzte. “Flavius, red nicht so viel, komm mit.“ Piso widersprach nicht, nein, er empfing den Befehl gerne.
    Und so verfraßen die drei Septemviri hochlobenswerterweise im Nebenzimmer des Tempels das Geld des Aurelius Corvinus. Lecker war besonders der Wildschweinbraten... Piso, Feinschmecker, würde diesen Tag noch lang gut im Gedächtnis behalten.

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