Auf dem Weg zum neuen Heim

  • Vom Tor zurück zum Haus war es zwar nicht weit, aber weit genug, dass Axilla ein Gespräch anfing. Sie konnte ja nicht einfach so neben ihrem neuen Sklaven hergehen und überhaupt nichts sagen. Das lag ihr nicht im Blut. Sie betrachtete den Mann etwas unauffällig von der Seite. Sie wollte ihn ja nicht anglotzen. Auch wenn er Sklave war, Axilla fand, das gehörte sich einfach nicht. Sie machte in puncto Höflichkeit keine Unterschiede bei ihren Gesprächspartnern. Zwar war sie meistens so diplomatisch wie ein Ziegelquader, aber das wenigstens gleichermaßen zu allen.
    “Ich heiße Axilla. Iunia Axilla. Wie ist dein Name?“ fing sie also ein kleines Gespräch an. Mit irgendwas musste man ja schließlich anfangen, und Namen waren da ein guter Start.

  • Perisanders Haltung war tadellos - er vermittelte den Eindruck, er könne jederzeit zu einem Vortrag ansetzen...oder auch zu einem Stadionlauf. Er betrachtete interessant die edle Bauweise der Gebäude - so schöne hatte er noch nicht gesehen.


    Als Axilla ihren Namen nannte, richtete sich seine Aufmerksamkeit auf die junge Frau. "Mein Name ist Perisander, Herrin." antwortete er in seinem üblichen ruhigen Ton.

    C. Aelii Archias propr.


    Cogitatio hominem animalis distinguit

  • “Perisander, hmhm...“ Axilla kaute sich mal wieder etwas auf der Unterlippe, wie sie es meistens tat, wenn sie überlegte. War ein griechischer Name. Sie würde ihn sich wohl merken können, das war nicht das Problem. Und sie hatte ja auch schon vermutet, dass er Grieche war, zumindest sprach er 2 Dialekte. Aber ihr schlechtes Gewissen nagte unaufhörlich an ihr, und das konnte sie einfach nicht abstellen. Nach dem Überfall waren einige Dinge einfach nicht mehr so einfach wie zuvor.
    Axilla ging ein paar Schritte schweigend neben ihm her. Sie wusste, sie sollte mehr fragen und mehr Interesse zeigen, aber es war ein so seltsames Gefühl. Als würde sie Leander verraten. Es war albern und töricht, aber sie konnte es einfach nicht abstellen. Wenngleich sie sich nach außen hin nichts anmerken ließ – abgesehen davon, dass sie ihre Lippe malträtierte.
    “Und woher kommst du? Und wie alt bist du?“ fragte sie schließlich noch weiter. Ein bisschen was sollte sie ja über ihn erfahren. Der Sklavenhändler hatte sicher nicht die ganze Wahrheit gesagt, sofern er überhaupt etwas Wahres gesagt hatte.

  • Perisander nahm sich einen Augenblick Zeit mit der Antwort; die Iunierin wirkte verunsichert auf ihn - hatte sie Angst in irgendeiner Form? Oder verursachte er selbst diese Unsicherheit? Es wäre nicht völlig abwegig: Gelehrte neigten dazu, andere Menschen nervös zu machen. Er blickte sie mit seinen dunklen Augen unter kräftigen Brauen her an, als läse er in einem Buch.


    Die Zurückhaltung, die er zu erspüren meinte, schob er auf das Verhältnis von Herrin und Sklave, oder alternativ darauf, dass diese Dame einfach so war. Er würde sie aber weiter beobachten: Wenn er sich eine stabile Position sichern wollte, musste er über seine Umwelt informiert zu sein - ganz abgesehen davon, dass das scharfe Beobachten zum Gelehrten im Geiste Aristoteles' einfach dazugehörte.


    "Ich wurde in Tarentum geboren und bin dort aufgewachsen. Ich bin XIV Jahre alt." erklärte er schließlich.

    C. Aelii Archias propr.


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  • Hm, besonders viel erzählte er ja nicht von sich aus. Eigentlich beantwortete er nur ganz genau ihre Fragen. Aber andererseits, so gehörte es sich ja eigentlich auch. Trotzdem machte es die Sache nicht unbedingt leichter für Axilla, die jetzt schon mit der Situation emotional überfordert war. Dass der arme Tropf neben ihr gar nichts dafür konnte, war noch das Schlimmste an dem Ganzen.
    “Hm, also, ich bin jetzt achtzehn, und Caius... also, Aelius Archias, der dich ersteigert hat, ist 33..“ Damit konnte er vermutlich nicht so viel anfangen, aber irgendwie musste Axilla das Gespräch ja vorantreiben. Und sie war sich grade nicht so sicher, wo Tarentum lag. Irgendwo in Italia, aber wo? Sie stammte ursprünglich aus Tarraco, und selbst dort hatte sie keine Ahnung, wo welche Stadt genau lag. Die Stationen des Alexanderfeldzuges hätte sie runterbeten können und auf der Karte sofort zeigen, ohne zögern, aber das hier... Also blieb nur das Alter als Gesprächsgrundlage. Das war allerdings nicht gerade ergiebig.
    Die arme Lippe musste weiter leiden, während sie auf den Palast zuschritten. “Da, das große Haus, dort wohnen wir. Also, eigentlich nicht nur wir, gehört ja der kaiserlichen Familie irgendwie. Also den Aeliern. Ähm... ja, da vorne ist jedenfalls die Porta.“ Axilla kam sich im Moment ziemlich dämlich vor und ungefähr so eloquent sie ein Stück Treibholz. Nikolaos würde wahrscheinlich die Augen verdrehen, wenn er sehen konnte, wie sie hier so vor sich herstammelte.

  • Perisander nickte auf die Ausführungen der jungen Frau - was sollte er auch sagen? Erst kurz bevor sie die Tür erreichten, bemerkte er: "Ein prächtiges Haus, Herrin."


    Achtzehn. Hmhm. Er hatte sie etwas älter geschätzt, aber er hatte schon früher bemerkt, dass er beim Alter von Frauen üblicherweise danebenlag - er hatte einfach noch nicht mit sehr vielen verschiedenen Frauen zu tun gehabt. Nun, Archias war nach ihrer Angabe längst kein Jüngling mehr, sondern ein vir, noch weit entfernt vom senex.


    Er trat hinter Iunia ein - in sein neues Heim, wie er annahm, seine Wirkungsstätte, wie er hoffte...

    C. Aelii Archias propr.


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