• 'Jeder sollte, wenn er zuhause ist, Diana mit einem Opfer gedenken', hatte der Haruspex empfohlen, als es um die Versöhnung mit den Göttern ging, um die Schändung des heiligen Hains der Diana zu sühnen. Diesen Rat wollte Macer natürlich gerne befolgen, zumal er als Consul bei Ärger mit den Göttern die Hände nicht einfach in den Schoß legen konnte. Diana gehörte allerdings nicht zu den Göttinnen, die bisher in seinem Haushalt einen Stammplatz hatten, so dass er sich erst einmal eine passende kleine Statue aus dem Bestand seiner Ehefrau hatte ausleihen müssen.


    Danach ging aber alles recht zügig. Im Atrium herrschte Stille, die Sklaven wussten Bescheid, der Hausverwalter diente als Opferhelfer und der Türhüter hatte Anweisung, während er Zeremonie niemanden von der Straße hereinzulassen. Kohle glimmte in einer Schale und war bereit, Weihrauch aufzunehmen. Macer zog sich seine Toga über den Kopf, trat vor den Altar, legte Weihrauch auf und sprach ein kurzes Gebet. Viel war ihm nicht eingefallen, da Diana in seinem Leben bislang keine große Rolle gespielt hatte, aber ein paar nicht zu allgemeine Formeln fanden sich für jeden Gott und jede Göttin. Außerdem hatte er sich ein paar Tips von Albina geben lassen, die das Opfer natürlich begleitete, denn immerhin war Diana Schutzgöttin der Frauen. Und der Geburten, aber eine solche stand in der Casa Purgitia in naher Zukunft ganz offensichtlich nicht auf dem Plan. An das Gebet schloß sich ein Weinopfer an, bevor Macer noch einmal ein Körnchen Weihrauch auflegte und die Zeremonie dann beendete. Es würden wohl viele Leute in vielen Häusern viele kleine Opfer darbringen müssen, um die Göttin zu besänftigen, vermutete er. Aber zumindest seinen Teil hatte er getan.

  • Der tägliche Gang zum Hausaltar gehörte für Macer zum Tagesablauf, wie das Vogelgezwitscher zum Sonnenaufgang. An den meisten Tagen gingen die kleinen Opfer und Gebet sehr routiniert von sich, denn Macer nahm den Dienst an den Götter zwar ernst, zeigte aber keine besonders übermütige Inbrunst dabei. Aber trotzdem war der Gang zum Altar an manchen Tagen doch ein besonderer - so wie heute, als er für den gerade verstorbenen Kaiser opferte.


    Eilig hatte Macer den Altar noch ein wenig abstauben und schmücken lassen, während er selber Trauerkleidung anlegte. Anders als bei den täglichen Opfern kamen dann auch nur die besten Opfergaben zum Einsatz, die er gerade im Haus hatte und selbstverständlich legte er auch den besseren Weihrauch auf, der normalerweise nur an wichtigen Feiertagen und privaten Anlässen zum Einsatz kam. Still murmelte Macer ein Gebet vor sich hin, während hinter ihm die Hausgemeinschaft mit ihm gemeinsam trauerte. Auch Macers Tochter hatte man schnell passend gekleidet und auch wenn sie die genauen Umstrände und die Bedeutung noch nicht ganz erfasst, war es doch auch für sie spürbar, dass etwas sehr wichtiges passiert war.

  • Es war wohl einerseits Zufall und andererseits durchaus passend, dass Macers Gedanken gerade beim täglichen Dienst am Hausaltar auf den kaiserlichen Aushang kamen, in dem um Redner für die Eröffnung des Ulpianum geworben wurde. Abgesehen davon, dass er die Art der Einwerbung von Rednern als etwas ungewöhnlich empfunden hatte, schien ihm das Anliegen doch mehr als gerecht. Und daher beschäftigte ihn der Gedanke, ob er sich als Redner melden sollte. Immerhin hatte er - abgesehen von seiner Tätigkeit im Senat - zuletzt ohnehin sehr wenige öffentliche Auftritte gehabt, so dass etwas mehr Aktivität sicher nicht schaden konnte. Und eine Lobrede zu so einem Anlass war auch weitgehend unverfänglich und machte sich in seiner Vita als Redner zweifellos auch gut. Und nicht zuletzt würde es dem Ansehen des Ulpianum und dem der Aufgenommenen sicher auch nicht schaden, wenn ein Consular mindestens eine der Reden hielt. Wobei Macer davon ausging, dass sich noch mehr verdiente Senatoren melden würden.


    Nachdem Macer sich dann eine Weile wirklich ernsthaft dem Altar und dem Gebet gewidment hatte, waren seine Gedanke schon wieder zurück beim Ulpianum. Von den ausgeschriebenen Namen würde er wohl am ehesten etwas zu Annaeus Florus sagen können, der immerhin sein Stellvertreter in der Academia Militaris gewesen war. Aber er würde wohl ein wenig in seinen Erinnerungen kramen müssen und seinen Sekretär ein wenig recherchieren lassen, bevor er genug Material zusammen hatte, um sich guten Gewissens zu melden.

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