[Fochskabuff] Witjons und Octavenas Schlafzimmer

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…a_schlafzimmer3_klein.pngEinige Zeit nach Camelias beziehungsweise Ildruns Geburt und nachdem die Villa Duccia vollständig fertiggestellt und eingerichtet worden war, befand Witjon, dass der Zeitpunkt gekommen war auch endlich mit seiner Familie in eines der großen Schlafzimmer der Villa einzuziehen.


    Die Räumlichkeiten, die Witjon auswählte, befanden sich im Obergeschoss des südlichen Wohnturms. Ein breites und mit gutem Leinen bezogenes Bett sorgte für bequeme nächtliche Stunden. Auf jeder Seite dieses Bettes waren Schaffelle für noch mehr Behaglichkeit ausgelegt. Am Fußende des Bettes stand eine übergroße Kleidertruhe, die im Innern durch ein befestiges senkrechtes Brett in zwei Ablagen gespalten war. In einer Ecke des Zimmers hatte Witjon des Weiteren einen Schminktisch aufstellen lassen, der eine Schublade für Kosmetika und einen blank polierten Spiegel bot. Die Tischbeine endeten in fein geschnitzten Füßen in der Form von Wolfspfoten, während die Spiegelhalterung mit stilisierten Blüten verziert war.
    Daneben fanden sich auf dem Boden Utensilien für die schnelle Morgentoilette. Die Wände waren bis auf einen erdenen Grundton noch ohne Bemalung. Auf der anderen Seite des Zimmers, gegenüber dem Schminktisch, war ein schmaler Schrank zu finden, in dem Witjon bereits einige Bücher in Papyrusrollenformat einsortiert hatte. Ansonsten befanden sich zwei gepolsterte Hocker (einer für den Schminktisch, einer ohne besondere Funktion auf Witjons Bettseite) im Raum.
    Zur Beleuchtung des Raumes dienten Tagsüber vier große Fenster, die mit Fensterläden (und im Winter zusätzlich mit schweren Vorhängen) geschlossen werden konnten. Bei Dunkelheit spendeten zwei Kandelaber mit Öllampen etwas Licht.


    Mit Octavena und Camelia im Schlepptau stapfte Witjon nun also die Holztreppe ins Obergeschoss hinauf, um vor der Tür zum Fochskabuff stehen zu bleiben, auf der eben dies in kunstvoller Schnitzerei verewigt war.
    "Willkommen in unserem neuen Schlafzimmer, dem Fochskabuff. Das heißt Fuchsbau. Ich hoffe es gefällt dir", kündigte Witjon erwartungsvoll an und öffnete die Türe, um Octavena hereinzuführen. "Schau, das Bett verspricht wunderbare Nächte", grinste er, als sie eingetreten waren. "Und ansonsten haben wir auch alles was wir brauchen, denke ich. Kleidertruhe, Schminktisch, ein Bücherschrank... willst du eigentlich eine Wiege für unsere Tochter, oder soll sie mit uns im Bett schlafen?"
    Was Witjon nicht erwähnte, war: In der Kleidertruhe hatte er bereits seine Klamotten untergebracht. Und zwar in einem völligen Durcheinander. Außerdem sprach er die kahlen Wände noch nicht an, das konnte notfalls warten. Jetzt wartete er lieber erstmal ab, ob seine Frau von sich aus Sonderwünsche vorbrachte, die es zu beachten galt.

  • Mit Camelia auf dem Arm und einer gehörigen Portion Neugier trat Octavena hinter Witjon her in ihr neues Schlafzimmer. Zuletzt hatte sie diesen Tag kaum noch erwarten können, gerade seit der Geburt ihrer Tochter war es ihr im Haus ihres Onkels viel zu beengt vorgekommen und Octavena hatte sich - auch wenn sie ja eigentlich selbst einmal in der Casa Petronia gelebt hatte - mehr und mehr wie ein Gast gefühlt und sich demnach danach gesehnt, wieder ein richtiges zu Hause zu haben.
    Der Raum, in den sie nun ihr Mann führte, ließ jedenfalls schon einmal Gutes hoffen. Ein breites Bett, Schminktisch, große Fenster, das alles machte trotz der noch kahlen Wände einen schönen Eindruck.
    "Na ja, eine Wiege wäre denke ich schon nicht schlecht", beantwortete Octavena, noch während sie ihren Blick umher schweifen ließ, Witjons Frage, wobei sie seine Anspielung auf das Bett bis auf ein kleines Lächeln und ein flüchtiges Augenrollen überging, "Jedenfalls fände ich das angenehmer."
    Octavena trat vor den Schminktisch und konnte sich einer gewissen Bewunderung nicht erwehren, während sie die kunstvollen Verzierungen betrachtete. Wer auch immer sie gestaltet hatte, hatte ein paar hübsche Details eingebaut. Zwar konnte sich Octavena auch im Rest des Raumes noch die eine oder andere kleine Dekoration vorstellen, aber das hatte ja noch Zeit. "Das Zimmer ist schön geworden."

  • 'Wiege besorgen', schrieb der Stilus auf der imaginären To-Do-Wachstafel in Witjons Kopf. Octavenas Lächeln und das Augenrollen erwiderte er mit einem schmalen Grinsen. "Wird erledigt", verkündete er noch und beobachtete dann äußerst zufrieden, wie seine Frau die Einrichtung bewunderte.


    "Nicht wahr? Finde ich auch", sagte er, als Octavena das Zimmer für schön befand und war doch ein bisschen stolz auf sich. Immerhin hatte er die Möbel allesamt ausgesucht, während seine Frau mit ihrer Schwangerschaft und der Erholung von der Geburt beschäftigt gewesen war. "Über die Wandbemalung können wir ja später noch befinden, das wollte ich nicht ohne dich entscheiden."


    Da fiel ihm noch etwas anderes ein, was sich auf die Einrichtung der Villa im Allgemeinen bezog: "Ach, sag mal: Ich hatte mich noch gefragt, ob du eigentlich ein Lararium im Atrium einrichten möchtest. Falls das dein Wunsch ist, werde ich dafür sorgen." Er selbst hatte bisher keinen Gebrauch von einem Hausaltar gemacht, sondern immer am Gebetsfelsen im Garten der Casa Duccia gebetet oder geopfert, was Octavena auch wusste. Witjon war sich jedoch bewusst, dass seine Frau womöglich andere Wünsche und Bedürfnisse in Bezug auf die Ehrung ihrer Ahnen und der Hausgeister hatte.

  • "Ein Lararium?"
    Überrascht wandte Octavena den Kopf. Fast war sie gar nicht mehr daran gewöhnt gewesen, einen Hausaltar zu haben und hatte dementsprechen auch nicht daran gedacht. Seit ihrer Hochzeit war sie zum Beten oder Opfern meistens eher in den Tempel gegangen, schließlich hatte sie in einer germanischen Familie mit ihrem römischen Bräuchen und Gepflogenheiten eher allein da gestanden und tat es ja auch genau genommen noch immer. Zugleich konnte sie aber auch nicht leugnen, dass ihr der Gedanke gefiel, diesen Teil ihrer eigenen Kultur wieder auf kurzem Wege pflegen zu können.
    "Ja, das wäre wunderbar." Sie lächelte Witjon breit an. "Danke."
    Die kleine Camelia gab scheinbar gelangweilt einen unwilligen Laut von sich und Octavena begann, sie inzwischen recht routiniert hin und her zu wiegen, um ihre Tochter wieder zu beruhigen
    "Und mit den Wänden sehe ich das genauso: Die haben noch Zeit." Das Lächeln auf ihren Lippen wurde ein wenig breiter, sodass es sich zu einem flüchtigen Grinsen wandelte. "Ich glaube soweiso, dass es ohnehin immer ein gewisses Grundmaß an Chaos braucht bis man einem Raum anmerkt, dass er bewohnt ist. Da ändern fürs erste auch die kahlen Wände nichts daran."

  • Liebevoll betrachtete Witjon seine Tochter, während Octavena sie hin und her wiegte. "Nicht der Rede wert", erwiderte er daraufhin auf den Dank seiner Frau. Ein Lararium schadetete ja niemandem in der Villa und wenn Octavena dadurch eine höhere Lebensqualität erreichen konnte, indem ihr die Wahrnehmung ihrer religiösen Pflichten gegenüber den Ahnen und Hausgeistern erleichtert wurde, war es Witjon nur recht.


    "Ein gewisses Grundmaß an Chaos?", echote Witjon dann überrascht. Er trat an seine Frau heran und legte einen Arm um ihre Hüfte. "Ich entdecke immer wieder äußerst positive Wesenszüge an dir. Ich glaube das ist es, was mein Vater meinte als er damals sagte: 'Wenn du die Frau erst geheiratet hast, kommt die Zuneigung schon ganz von alleine'." Witjon grinste beim Gedanken an diesen Moment, der schon Ewigkeiten zurücklag. Dass sein Vater damals freilich bloß von Zuneigung gesprochen hatte und das Wort 'Liebe' nicht einmal in den Mund genommen hatte, war für Witjon dabei selbstverständlich, hatte er doch nie daran gezweifelt, dass der Zweck einer Vermählung nichts anderes war als die Sicherung der Fortführung der Sippe und etwaiger politischer Vorteile.


    "Vielleicht hat unser Töchterchen ja schon ein paar schöne Ideen, welche Motive auf die Wände sollen?", witzelte er im Folgenden und streichelte mit dem Rücken seines Zeigefingers behutsam die Wange seiner Tochter. "Hast du darüber hinaus noch andere Wünsche für das Zimmer oder für die Villa an sich?", fragte er schließlich wieder Octavena.

  • Schmunzelnd ob des Kompliments legte Octavena den Kopf etwas schief. "Das freut mich natürlich."
    Dass sie etwas Vergleichbares wie Witjon gerade angedeutet hatte nie gesagt bekommen hatte, behielt sie dabei für sich. Solche Gespräche waren dem viel zu frühen Tod ihrer Mutter zum Opfer gefallen und ihr Vater war damit, sich nun allein um seine Tochter kümmern zu sollen, rückblickend wohl vor allem überfordert gewesen. Unterm Strich war es auch nicht von ungefähr gekommen, dass er sie irgendwann ausgerechnet nach Mogontiacum geschickt hatte. Dass das wohl die einzige tatsächlich gute Entscheidung gewesen war, die er während ihrer Streitereien getroffen hatte, hatte er wohl damals nicht geahnt.
    Octavenas Blick glitt dabei zu ihrer Tochter und wieder zuckten ihre Mundwinkel zu einem Lächeln. "Trotzdem glaube ich auch Glück gehabt zu haben. Als mein Vater mich nach Mogontiacum geschickt hat, damit mein Onkel mich hier verheiratet, hätte ich nicht gedacht, hier wirklich glücklich zu werden."
    Gut, sie war damals auch vor allem wütend auf ihren Vater gewesen, mit dem sie sich auch bis heute nicht ganz ausgesöhnt hatte, aber das stand auf einem anderen Blatt.


    "Oh, ich weiß noch nicht...", erwiderte Octavena dann auf Witjons nächste Frage, "Gib mir ein paar Tage, ich habe das Gefühl, noch überhaupt keinen richtigen Überblick über die Villa." Sie runzelte noch einmal überlegend die Stirn, schüttelte dann allerdings doch wieder den Kopf. Das, woran sie spontan gedacht hätte, waren Kleinigkeiten, um die sie sich irgendwann später noch selbst kümmern würde. "Jedenfalls würde mir da bisher nichts einfallen."
    Dabei ließ Octavena ihren Blick ein weiteres Mal durch den Raum wandern, doch zumindest hier schien alles da zu sein, was da sein musste. Abgesehen von der Wiege natürlich, aber darüber hatten sie ja schon gesprochen. "Wir werden wohl nur langfristig eine Möglichkeit brauchen, Spielzeug und Kleidung unserer Kleinen einfach zu verstauen... Es sei denn, wir bringen das mit in der Truhe unter. Das könnte nur auf die Dauer zu einem heillosen Durcheinander führen."

  • Octavena hätte nicht gedacht, hier wirklich glücklich zu werden? Diese Aussage deutete Witjon - wohl richtigerweise - so, dass sie nun entgegen ihrer Erwartungen glücklich war. Mit ihm. Mit Camelia. Witjon stellte irritiert fest, dass ihn diese Bemerkung doch glatt etwas rührte. Als Erwiderung auf Octavenas Worte lächelte er einfach und küsste sie. Dann fiel ihm doch etwas passendes zu sagen ein: "Ich bin deinem Vater wahrlich dankbar für seine Entscheidung."


    Dass seine Frau hinsichtlich der Inneneinrichtung und Wandgestaltung der Villa keine spontanen Einfälle hatte, quittierte Witjon einfach mit einem Schulterzucken. "Dann kommen wir einfach darauf zurück, wenn dir etwas auffällt", hakte er das Thema ab, war jedoch unmittelbar darauf ganz dankbar, dass Octavena neben der anzuschaffenden Kinderwiege noch etwas wichtiges einfiel.
    "Tatsache", schmunzelte er. "Ich werde noch eine weitere Truhe für Spielsachen in Auftrag geben. Ich habe keine große Lust zwischen meinen Tuniken ständig Puppen, Bälle oder Holzfiguren zu finden. Bleibt die Frage, ob du in der Kindertruhe dann auch gleich deren Klamotten unterbringen willst, oder ob die separat sein sollen." Es gab ja immer noch die Möglichkeit einen weiteren schmalen Schrank an einer freien Stelle der Wände aufzustellen.

  • Ein wenig überrumpelt von dem Kuss blinzelte Octavena zunächst ein paar Mal überrascht, erwiderte dann jedoch wenn auch schweigend Witjons Lächeln. Dass ihr Mann nicht der einzige war, der ihrem Vater für seine Entscheidung dankbar war, sprach sie dann zwar nicht mehr aus, aber sie vermutete, dass ihm nach ihrer Bemerkung zuvor das ohnehin klar sein dürfte.


    "Na ja, wenn ich mich hier so umschaue, können wir doch sicher auch noch ein geeignetes Plätzchen für eine zweite Truhe oder einen Schrank finden, oder?", kommentierte Octavena danach die Überlegungen ihres Mannes hinsichtlich der Kindertruhe und legte dazu etwas fragend den Kopf schief. "Dann hätten wir zumindest erst einmal eine grobe Ordnung und es fliegt nicht alles wild durcheinander."
    Zwar war sie auch realistisch genug, um damit zu rechnen, dass es ohnehin schier unmöglich werden würde, das vollkommen zu verhindern, aber so würden sie es wenigstens versuchen.

  • Witjon ließ einen Rundum-Blick über die Wände scheifen. "Ja", gab er zu. "Ich denke es gibt noch genügend Platz für eine Truhe und einen weiteren Schrank." Er schmunzelte und begann dann schon mit weiteren praktischen Ausführungen. "Hier könnte man die Truhe hinstellen und dort den Schrank." Dabei zeigte er auf die freien Stellen, wo bisher noch keine Möbel aufgestellt worden waren. "Allerdings müssen wir beziehungsweise der Maler dann wohl echt kreativ sein was die Wandbemalung angeht, wenn überall Möbel vor der Wand stehen", grinste er.


    Und weil ihm Möbel als Hauptthema langsam etwas dröge wurden, stellte Witjon seiner Frau eine ganz andere Frage, die ihn nun schon seit einigen Tagen beschäftigte: "Hast du die dich eigentlich schon mit Marga und Lanthilda absprechen können, wie in dieser neuen Umgebung zukünftig der Haushalt laufen wird? Die Villa ist ja doch um einiges größer als unsere alte Casa..."
    Die Wehmut über den Brand der alten Casa versuchte Witjon weitestgehend zu unterdrücken. Er war froh, dass sie nun in diesem Prachtbau wohnten und wollte erst recht seiner Frau gegenüber direkt bemitleidenswert erscheinen.

  • "Kreativität sollte dann wohl unser geringstes Problem sein." Zufrieden nickte Octavena und lächelte. Damit war das also wohl auch geklärt und sie beließ es erst einmal dabei.


    Ganz anders als das nächste Thema, das ihr Mann danach anschnitt. Ob er sich dessen bewusst war oder auch nicht: Damit verbunden war natürlich auch die Frage nach einer gewissen Hackordnung im Haus, die bisher noch nicht so richtig geklärt war. Zwar verspürte Octavena auch nicht das Bedürfnis, sich mit einer oder beiden anderen Frauen anzulegen, aber es war und blieb wie Witjon es gesagt hatte: Die Villa war ein ganzes Stück größer als die alte Casa Duccia und damit würden sie sich neu orientieren müssen und zusehen, dass sich die Tagesroutinen neu einpendeln konnten.
    Und auch wenn sie bei der Gelegenheit eigentlich vorgehabt hatte, ein wenig mehr das Ruder zu ergreifen als sie es zuvor in der Casa getan hatte, so ahnte Octavena doch zugleich auch, dass das nicht ganz diskussionfrei vonstatten gehen würde.
    "Nein, noch nicht richtig", gab sie also ein klein wenig widerwillig zu, "Darum wollte ich mich später noch kümmern... Bisher haben wir nur das Gröbste besprochen, aber da ist noch so einiges offen." Sie unterdrückte die Versuchung, eine Grimasse zu schneiden und schob stattdessen doch noch hinterher: "Aber das wird schon alles noch."

  • "Na dann", sagte Witjon unbestimmt und schien kurz zu überlegen, wie es nun weitergehen sollte. "Ich denke ich werde jetzt direkt mal die Möbel in Auftrag geben. Truhe, Schrank, Wiege", wiederholte er und zählte die drei Dinge zur Verdeutlichung für sich selbst an seinen Fingern ab.


    "Achja, und den Hausalter. Da ist dann bei mir also auch noch so einiges offen", lachte er und wandte sich zur Tür um. "Hast du schon eine Idee, was es zum Abendessen gibt?", fragte er schließlich mit vor Neugierde geweiteten Augen. Im selben Moment fiel ihm auf, dass dies vielleicht eine der Sachen war, die Octavena mit Marga und Lanthilda noch nicht besprochen haben könnte. Sei's drum, Hunger hatte er trotzdem.

  • Das Abendessen.
    Octavena fluchte innerlich. Darum hatte sie sich noch gar nicht richtig gekümmert, irgendwie war ihr heute dafür zu viel anderes durch den Kopf geschwirrt.
    "Lass dich überraschen", behauptete sie trotzdem an ihren Mann gewandt und warf einen prüfenden Blick auf ihre Tochter, die allerdings schläfrig die Augen bereits halb geschlossen hatte. "Aber ich sollte wohl mal in der Küche auftauchen. - Es sei denn, du hast noch irgendetwas, worüber wir vorher reden sollten?"

  • "Ich mag Überraschungsessen", grinste Witjon fröhlich angesichts der Feststellung, dass Octavena bereits eine gute Idee hatte, womit er in seiner Interpretation ihrer Aussage völlig daneben lag.


    "Nein, geh nur. Ich habe soweit alles geklärt", sagte Witjon anschließend. "Mach du mal das Essen, ich kümmere mich um die Möbel." Woraufhin er sich eine Wachstafel zur Hand nahm und lieber damit begann die verschiedenen zu erledigenden Posten auf einer Zu-Erledigen-Liste zusammenzufassen. Schlimmstenfalls vergaß er nämlich allerlei Wichtiges. Und das wollte er vermeiden, allein um gegenüber seiner Frau nicht wie ein Chaot dazustehen und sich lächerlich zu machen.

  • Es war eine warme Frühsommernacht. Witjon hatte sich vor dem Einschlafen bereits lange auf der Matratze hin und her gewälzt. Ihm war einfach zu warm, obwohl er komplett nackt und nur mit einem dünnen Laken bedeckt dalag. Neben ihm lag seine Frau, die recht schnell gleichmäßig zu atmen begonnen hatte. Witjon hatte sie in diesem Moment beneidet. Dann war er ebenfalls eingeschlafen.


    Mitten in der Nacht schreckte er vom Lager auf, schweißgebadet. Hatte er im Traum geschrien? Er wusste es nicht. Was er wusste war, dass er ein Gefühl der Angst aus dem Schlaf mitgenommen hatte. Einen Augenblick saß er orientierungslos da, starrte in die Dunkelheit. Von draußen schien schwach der Mondschein ins Zimmer, warf skurrile Schatten auf Wände und Boden. Witjon stand so leise wie möglich auf und trat an Camelias Wiege heran. Er betrachtete seine Tochter und ein wohliges Gefühl ergriff ihn. Die Angst rückte jetzt in den Hintergrund, war aber noch immer da. Witjon warf einen Blick aus dem Fenster, blickte dann wieder auf seine schlafende Tochter hinab. Leise gähnend fuhr er sich durch die Haare. Er vergötterte dieses kleine Geschöpf. Mehr noch als seine wunderbare Gattin. Und stets war da die Sorge, dass er Frau und Tochter verlieren könnte, so wie er schon viele Verwandte und Freunde zuvor verloren hatte.

  • Octavena hätte nicht genau bestimmen können, was es gewesen war, das sie geweckt hatte - vielleicht ein Knarzen des Bettes oder das Schnarchen ihres Mannes - aber sie erwachte aus einem eigentlich trotz der warmen Temperaturen ruhigen Schlaf. Sie brauchte ein paar Sekunden, die sie in die Dunkelheit blinzelte, um festzustellen, dass das letztere der möglichen Weckgeräusche, das Schnarchen, eindeutig nicht der Grund für ihr Erwachen war. Es war schlicht nicht vorhanden.
    Auch das ihr eigentlich sehr vertraute Gegengewicht eines zweiten Körpers auf der Matraze fehlte und es dauerte einen Moment des Schlaftrunkenen Umsehens im Raum bis sie Witjon vor der Wiege ihrer Tochter registrierte. War Camelia auch aufgewacht und hatte ihn vor Octavena geweckt?
    Gähnend stand Octavena schließlich ebenfalls auf und trat barfuß auf Mann und Tochter zu.
    "Alles in Ordnung?", murmelte sie dabei leise, um zu verhindern, im Zweifelsfall spätestens jetzt die Kleine zu wecken, "Ist sie wach geworden?"

  • Witjon sah über seine Schulter nach hinten. Er lächelte müde. "Alles gut", sagte er ebenso leise wie Octavena. "Sie schläft ganz friedlich." Sein Blick fiel erneut auf ihre schlafende Tochter. Dort ruhte er, bis Witjon erkannte, dass er seiner Frau vielleicht erzählen sollte, was los war, wenn es nicht um Camelia ging.


    "Ich bin von selbst aufgewacht. Schlecht geträumt." Er wandte sich wieder Octavena zu und zuckte mit den Schultern. "Ich... hm..." Witjon stockte. Er brachte nicht über die Lippen, dass er einfach nur Angst gehabt hatte. Statt dessen betrachtete er seine verschlafen dreinblickende Frau. Dabei brachte er ein schiefes Lächeln zustande.

  • Octavena zog nur ganz kurz etwas irritiert die Brauen zusammen, als Witjon seinen Satz direkt wieder abbrach, aber sie war noch zu schlaftrunken, um da mehr als er sagte hinein zu interpretieren.
    "Schlecht geträumt?", echote sie trotzdem instinktiv und gähnte, wenn auch noch immer so leise wie möglich. Noch während sie das sagte, trat sie ebenso leise neben ihn und griff beiläufig nach seiner Hand, nachdem sie sich mit einem Blick auf das Kind in der Wiege vergewissert hatte, dass Camelia im Gegensatz zu ihren Eltern ruhig schlief. Dabei erschien trotz aller Müdigkeit ein kleines, stolzes Lächeln auf ihren Lippen, während sie ihre Tochter ansah. Dieses Lächeln ruhte auch noch auf Octavenas Gesicht, als sie kurz darauf den Kopf wieder ihrem Mann zuwandte, nur um festzustellen, dass er sie ebenfalls mit einem Lächeln bedacht hatte.

  • Witjon fühlte sich bei der Berührung seiner Frau gleich besser. Trotzdem flackerte sein Lächeln angesichts ihrer Nachfrage. "Ach...naja", druckste er herum, bevor er die richtigen Worte fand: "Manchmal habe ich das dumpfe Gefühl, ich könnte das alles ganz abrupt verlieren." Er warf Octavena einen sanften Blick zu. "Alles, was ich liebe."


    Witjon war zwar in langjähriger harter Arbeit in seine Rolle als Sippenoberhaupt hineingewachsen. Das hatte ihn einige Kraft gekostet und seine Familie auch einige Geduld. Gut erinnerte er sich noch an Elfledas ständige Moralpredigten, wenn er sich lieber dem Met hingegeben hatte als Verantwortung für seine Sippe zu übernehmen. Letztlich hatte er es geschafft und erfolgreich die Führung über die Seinen übernommen.
    Aber tief im Inneren nagte besonders in den ruhigen Zeiten, in denen viel Zeit zum Nachdenken blieb, dennoch die Furcht an ihm. Die Furcht war da und sie war berechtigt. Diese Furcht vor dem Verlust geliebter Menschen. Aber konnte er das seiner Frau erzählen? Konnte er seine Ängste vor ihr ausbreiten?


    "Ich hatte einen Traum, den ich immer wieder habe", versuchte er schließlich seine Worte näher zu erklären. "Weißt du, wer Tiberius Duccius Lando war?"

  • Etwas an der Sanftheit seines Blicks ließ Octavenas Herz sich ein wenig verkrampfen. Sie hatte nicht erwartet, dass Witjon sein Traum solche Sorgen bereitet hatte, dass er ganz offensichtlich, das Bedürfnis verspürte, ihr davon zu erzählen und es nicht einfach auf sich beruhen zu lassen. Noch weniger, dass ihn die Furcht wurmen könnte, das zu verlieren, was ihm wichtig war. Schließlich gab es doch keinen Grund dazu. Den Ducciern ging es gut, sie hatten den Brand der Casa gut überstanden, ihre gemeinsame Tochter war wohlauf und inzwischen ging doch alles in geregelten Bahnen...


    Noch mehr verwirrte Octavena dann allerdings, wie Witjon sie plötzlich nach Duccius Lando fragte. Der Name sagte ihr eher dunkel etwas, obwohl sie ihn nicht zum ersten Mal hörte. Sie hatte aus Geschichten, die innerhalb der Familie manchmal erzählt wurden, ein paar Fragmente und Anekdoten aufgeschnappt, wusste aber auch, dass dieser Mann schon eine ganze Weile bevor Octavena in die Familie eingeheiratet hatte, gestorben war.
    Trotzdem nickte sie zur Antwort, wenn auch etwas zögerlich. "Er war vor dir das Familienoberhaupt, oder?"

  • "Das war er", bejahte Witjon. "Er wurde während eines Zweikampfes, den er gewonnen hatte, von einem Verwandten des Besiegten aufs Hinterhältigste erschlagen." Sein Lächeln nahm einen traurigen Zug an. "Wir hatten natürlich alle damit gerechnet, dass er im Zweikampf verwundet oder gar getötet werden könnte. Aber so... das hat uns geschockt. Und mir hat es gezeigt, wie schnell ein Leben unerwartet vorbei sein kann."
    Witjon machte hier eine kurze Pause, weil er kurz nachdenken musste, wie er überhaupt darauf gekommen war. Richtig, der Traum.
    "Also jedenfalls träume ich manchmal noch immer von diesem Tag. Und dann erinnere ich mich, wie viele liebe Menschen schon gestorben sind, seit ich in Mogontiacum lebe. Und... naja..."
    Er lächelte entschuldigend. Irgendwie klang das alles ziemlich albern, jetzt wo er es aussprach. Witjon hörte sich schon an wie eine alte Frau, die überall Unheil sah.

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