• Nach einigen mittäglichen Schauern war wieder die Sonne herausgekommen. Das lockte Plautus in den Garten der Casa Sergia, obwohl dessen sommerliche Blütenpracht schon im Herbst und Frühwinter dahingegangen war. Es gefiel ihm, dass jetzt die kleinen eleganten Mauerfarne in den Fugen der Platten, die Schneerosen und ein vor Nässe tropfender Hirschzungenfarn sich frei dem Auge aufdrängen konnten. Er freute sich schon darauf, dass sich über die dunkelgrünen Blätter des Hirschzungenfarns bald neue hellgrüne Blätter schieben würden. Wohlgemerkt, falls der überhaupt die nächsten Wochen überleben würde. Denn sicher würde man im Frühjahr den Hortus wieder in den Zustand eines Vorzeigegartens versetzen. Unvermeidlich wie der tägliche Sonnenaufgang.


    Er ging zurück in die Exedra, wo er ein mitgebrachtes Buch, einige Tabulae deponierte und seine Sklavin Orsabaris rief, um sich ein paar Happen und ein Getränk aus der Culina bringen zu lassen.


    Versehen mit dem Nötigsten für die nächsten Stunden, machte sich Plautus dann über das Buch her.

  • Mit Bestürzung las ich den Brief von Fausta, der mir Makitros überreichte. Galeo Plautus hat auf mich einen sehr guten Eindruck gemacht und war mir sehr sympathisch... Was könnte bloß passiert sein, dass er die liebe Cousine so verärgerte? ...


    Obwohl ich mich gerade ausruhen wollte, machte ich mich trotzdem gleich auf den Weg, um den jungen Mann zu suchen. Nach einer Weile fand ich ihm in der Exedra, wo er sich mit einem Buch gemütlich gemacht hat.


    "Salve Galeo, entschuldige, wenn ich Dich störe, wollte nur fragen, ob Du inzwischen unsere liebe Cousine Fausta besucht hast? ..." dabei setzte ich ein unschuldiges Lächeln auf. ...


    Den Brief habe ich nicht mitgebracht, wollte nur von ihm hören, was er mir über den Besuch bei Sergia so alles erzählen wird ...

  • Als Severa die Exedra betrat, wusste Plautus sofort, dass die innersergische Buschtrommel gearbeitet hatte. Auch wenn Severa sich bloß danach erkundigte, ob er überhaupt bei Fausta gewesen sei, war ihm klar, dass bei Severa schon längst ein ganzer Sack voll Beschwerden eingetroffen war, über welche er jetzt penibelst Auskunft zu geben hatte. Er setzte also ein freundliches Lächeln auf, um dann gleich in medias res zu gehen.


    "Salve Severa, ja natürlich war ich bei der lieben Fausta und es hat dort ganz hübsch geknallt. Du weißt ja, als ich zum ersten Mal mit Dir gesprochen habe, da habe ich ja auch nicht damit hinter dem Berg gehalten, dass ich aus einem etwas unedlen Familienzweig stamme. Als ich nun das gleiche bei Fausta tat, da hat sie uns Nachkommen von Sergius Asina, gelinde gesagt, mit einem leisen Hauch von Arroganz zu den Underdogs der Gens abgestempelt. Mit anderen Worten: der asinische Familienzweig widert sie schlichtweg an und hat gefälligst in seiner Schmuddelecke zu bleiben. Nun haben aber auch Underdogs ihren Stolz und so entschloss ich mich, mein weiteres Fortkommen zuallererst mal auf meinen eigenen Fähigkeiten aufzubauen, anstatt die edle Fausta zu bitten, für mich widerlichen Dreckskerl den Fürsprech zu spielen. Meinst Du nicht auch, dass ein solches Ansinnen unter diesen Umständen ziemlich aberwitzig und herzlos gewesen wäre?"

  • Plautus ahnte vermutlich, warum ich ihm diese Frage stellte und, ohne mit den Wimpern zu zucken, legte er sofort los! Ich ließ ihn ausreden und fand diese ganze Geschichte, milde gesagt, kindisch...


    "Nun, es tut mir leid, dass es so gelaufen ist... Ehrlich gesagt kenne ich mich nicht so genau mit edlen oder unedlen Familienzweigen. Habe mich nie damit beschäftigt... Die allgemeine Geschichte unserer Familie mit ihren Höhen und Tiefen ist mir natürlich bekannt und mehr brauche ich nicht zu wissen ...", sagte ich dann gelassen. Damit wollte ich auch Plautus zu verstehen gegeben, dass ich über Gens Sergia keine Diskussion führen werde. Sein Stolz war aber verletzt und meine Stimme wurde weich,


    "... Ach, Galeo, Du bist kein "widerlicher Dreckskerl" und es freut mich, dass Du Dein weiteres Fortkommen auf Deinen eigenen Fähigkeiten aufzubauen möchtest", wiederholte ich seine Worte mit einem netten Lächeln....


    Auf keinen Fall wollte ich zwischen den beiden stehen oder vermitteln. Die sind ja keine Kinder mehr und sollen selbst mit ihren Einstellungen und Streitereien zurecht kommen.


    "Und was hast Du jetzt vor?"

  • Plautus blickte in den Garten, während er Severa zuhörte. Ein paar Regentropfen glitzerten noch im letzten Sonnenlicht. Er versuchte sich vorzustellen, wie ein Zusammentreffen der lieben Severa mit der lieben Fausta ablaufen würde, wischte den Gedanken aber gleich wieder beiseite.


    "Reg' Dich nicht auf, Severa, ich hab Fausta gesagt, dass ich es dämlich finde, wenn man die eh schon kleine Gens Sergia in noch kleinere Stückchen zerhackt und ich bleibe auch, bockig wie ich bin, bei dem Standpunkt. Die Sergier sollten zusammenhalten, denn sie sind sowieso ein buntscheckiger Haufen. Das brauchen wir wirklich nicht weiter vertiefen. Ich sag dazu: einfach ignorieren."


    Dass Severa in ihrer grenzenlosen Güte widersprach, als Plautus sich ironischerweise die Zuordnung 'widerlicher Dreckskerl' verpasste, brachte ein Lächeln auf sein Gesicht.


    "Nee, nee, Severa, noch ist längst nicht bewiesen, dass ich kein widerlicher Dreckskerl bin. Du solltest nicht so gutgläubig sein. Aber ich tu, was ich kann. Ich hab in den letzten Tagen ausdauernd Klinken geputzt und dann endlich konnte ich eine Anstellung als Aquarius abstauben. Obwohl der Curator Aquarum leicht mit den Augenlidern geflattert hat, als er meinen Namen hörte. Mit dem Geld werd ich mir einen Laden zusammensparen. Der soll dann eine kleine zusätzliche Gehaltserhöhung abwerfen."

  • Diese alle Auseinandersetzungen in der Familie gingen mir auf die Nerven. Ich holte meinen Fächer aus dem Beutel an meinem Gürtel und wedelte mit dem hin- und her...


    "Du hast natürlich recht, lieber Galeo, die Sergier sollen zusammenhalten, manchmal ist es aber schwer ... warum auch immer ..." , seufzte ich bitter, das war mir in der Tat ein Rätsel! Und das machte mich nachdenklich, ich schwieg eine kleine Weile, dann lächelte ich Plautus sanft an,


    "Aber, es freut mich sehr zu hören, dass Du nun eine Anstellung hast und ich bin schon auf Deinen Laden gespannt ... An was hast Du denn so gedacht?"

  • Es war klar, Severa hätte zu gerne die große, lauschige Harmonie in der Gens Sergia. Aber die große, lauschige Harmonie scheint ein eher selten vorkommender Unfall des üblichen familiären Zusammenlebens zu sein. Man schaue sich mal bei den großen Familien in Roma um. Kaum sind die Türen zu, fliegt einem schon die Terra sigillata um die Ohren. Im trauten Kreis, sozusagen. Plautus zuckte mit den Achseln.


    "Lass gut sein, Severa, Krach in der Familie reinigt die Herzen. Man kann auch zusammenhalten, ohne dass man sich ständig in den Armen liegt."


    Dann war noch das Geschäftliche. Dass Plautus sich endlich eine Einkommensquelle eingefangen hatte, wurde gleich von Severas Neugierde auf das Weitere in den Hintergrund gedrängt. Plautus hatte jedoch gar keine Lust, die paar Kröten, die ihm jetzt zustanden, in irgendein Geschäft mit hundert Heredia Wind hinterm Haus zu investieren. Er musste Umsicht walten lassen.


    "Nö, soweit hab ich noch nicht gedacht, dass ich Dir jetzt schon sagen könnte, was ich da aufmachen will. Das braucht noch ein bißchen Geduld."


    Anderes Thema. Plautus zeigte auf die Buchrolle, die neben ihm lag.


    "Da bin ich vorhin auf den Wahlspruch der Sergier gestoßen: Ruinam praecedit superbia*. Ein merkwürdiger Spruch. Er findet sich in den alten Schriften der Iudäer, aber in ähnlicher Weise äußern sich einige griechische Philosophen und, wie sollte es anders sein, auch der gute, alte Cicero. Wie kam es dazu, dass die Gens sich diesen Spruch auswählte?"


    Sim-Off:

    * Hochmut kommt vor dem Fall

  • Sim-Off:

    Original von Galeo Sergius Plautus:
    "Lass gut sein, Severa, Krach in der Familie reinigt die Herzen. Man kann auch zusammenhalten, ohne dass man sich ständig in den Armen liegt."


    "Ich mag keinen Krach... bin für Harmonie ...", seufzte ich leicht und sah Plautus an,


    "Also, lass mich dann bitte wissen, wenn Du einen Laden aufmachen wirst ... Ich bin sehr geduldig ...." dabei nickte ich verständnisvoll.


    Dann wechselte Plautus plötzlich das Thema und fragte mich über den Wahlspruch der Sergier, was mich wiederum langweilte. Ich zuckte unwillkürlich mit den Schultern,


    "Nun, Du bist auch ein Sergier ... Finde es heraus, wie es zu diesem Spruch kam, das Archiv der Familie steht Dir zur Verfügung, lieber Galeo"... lächelte ich Plautus etwas skeptisch an...

  • Es würde noch ein bißchen dauern, bis Plautus so weit war, Konkreteres über seinen künftigen Laden sagen zu können. Vieles war noch zu bedenken und zu klären. Aber er brauchte sich nicht abzuhetzen, denn erst musste das nötige Geld beieinander sein, da konnte schon noch einige Zeit vergehen.


    Severas Neigung zur Harmonie überging er, zumal sie in dieser Fakultät das genaue Gegenteil von Fausta zu sein schien. Denn in seinem Kopf ging der Wahlspruch der Sergier herum und beanspruchte alle Aufmerksamkeit.


    "Ja, ich hab schon ein bißchen dort herumgeblättert. Es war Marcus Sergius Stephanus, der den Wahlspruch zum ersten Mal niedergeschrieben hat. Das beantwortet aber nicht meine Frage, warum er diesen Spruch ausgewählt hat. Ich vermute, dass die Verschwörung des Catilina und der anschließende tiefe Fall der Sergia der Auslöser war. Aber das liegt schon lange zurück und ich begreife nicht, weshalb jeder Sergier diese Mahnung heute noch wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf mit sich herumschleifen muss und er sich deswegen der Bescheidenheit einer Weinbergschnecke befleißigen sollte. Also ich finde, der Spruch hat sich überholt, oder kennst Du jemand in der Sergia, der ein Mehr an Bescheidenheit nötig hätte?"

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