[Officium] Tribunus Aulus Iunius Avianus

  • Sim-Off:

    Ich habe mir erlaubt, ein wenig "vorzuspulen" ;)


    Avianus wollte seinen Kram bereits zusammenpacken. Senator hin oder her, ewig würde er auf den Mann trotzdem nicht warten, schließlich hatte er selbst genug zu tun, und sein Schreiber würde vermutlich auch bald gehen. Zumindest einen Brief hätte der Iulius schreiben können, wenn ein anderer Termin praktischer für ihn gewesen wäre.
    Ungeduldig tippte Avianus auf seinem Schreibtisch herum. Für heute war alles erledigt. Er hatte sogar noch seine Papiere und Tabulae sortiert, die Griffel fein säuberlich beiseite geräumt, bis auf einen, mit dem er aus purer Langeweile noch in den Fingern der anderen Hand herumspielte. So saß er mehr oder minder untätig da, als es an der Tür seines Officiums klopfte.
    Er blickte auf. "Ja?", fragte er nur. Vermutlich würde sein Schreiber ihm verkünden, dass er sogleich der letzte Mensch im Officium wäre.
    "Der Senator Iulius Dives ist hier, um dich zu sprechen, Tribunus", berichtete ihm sein Schreiber, der seinen Kopf vom Vorzimmer ins Officium steckte.
    Der Iunier war ein klein wenig überrascht, dass der Senator die Einladung doch annehmen wollte, wenn auch mit einiger Verspätung. Aber gut ... wenn sie nun beide hier waren, sollte es ihm recht sein.
    "Schicke ihn herein."

  • Vom Haupttor durch einen Soldaten bis zum Officium des Tribunus Iunius geführt, blieb der iulische Senator vor selbigem zunächst einen Augenblick stehen und wandte sich, während ein Schreiber des Tribuns den späten Besucher anmeldete, für einen kurzen Augenblick seinem eigenen Begleiter zu:
    "Ich möchte, dass du hier draußen auf mich wartest.", lud er den Sklaven ohne Umschweife aus und beauftragte ihn stattdessen mit einer anderen Aufgabe. "Der Tribun und ich, wir werden uns über einige familiäre Angelegenheiten unterhalten - nur er und ich. Ich möchte, dass du mein paar Augen auf dieser Seite der Tür bist, ebendies, eine vertrauliche Unterhaltung, sicherzustellen." Kaum hatte der Iulier dies erklärt, da stand er auch schon im Officium des Iuniers... und wartete zunächst, bis sich die Tür hinter ihm wieder geschlossen hatte.


    "Salve, Tribunus Iunius. Und vielen Dank, dass du mich zu dieser fortgeschrittenen Stunde noch empfängst.", lächelte Dives schmal. "Ich habe mir zugegebenermaßen extra ein wenig Zeit gelassen, da mir schien, dieses Gespräch sollte stattfinden nicht unbedingt in der gewöhnlichen Hektik des üblichen Tagesgeschäfts. Stattdessen wirkt dein Officium zu diesem Zeitpunkt angenehm ruhig - eine Atmosphäre, in der" zum Beispiel "ohne dringliche Unterbrechungen eines pflichtbewussten Offiziers" oder andere Eventualitäten "über angekündigtes Thema zu sprechen, mir sehr entgegenkommt.", hatte der Senator selbstredend sogleich eine Erklärung für seine Verspätung parat. Anschließend ließ er eine kleine Kunstpause, in welcher er hoffte, einen Platz angeboten zu bekommen.
    "Im Übrigen möchte ich es selbstverständlich nicht versäumen, dir zu deiner Standeserhebung und deinem Tribunat zu gratulieren sowie dir selbstverständlich für deinen mir geschickten Brief zu danken.", hielt er seine Einleitung letztlich kurz und kam doch recht früh bereits auf die Causa ihrer Unterhaltung zu sprechen.

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  • "Salve, Senator Iulius", grüßte Avianus und lächelte mindestens so dünn zurück. Wenn der Iulier ihn schon absichtlich warten ließ, hätte er ihn wenigstens informieren können. Doch es gab wichtigeres, als irgendwelche Verspätungen,
    "Nimm doch Platz", forderte er den verspäteten Besucher zusammen mit einer knappen Geste auf. "Ich danke dir. Wir werden sehen, ob ich den Ansprüchen auch gerecht werde. Noch ist es, muss ich zugeben, etwas ungewohnt", nahm er noch die Glückwünsche entgegen, bevor er endlich auf den eigentlichen Grund ihres Treffens zu sprechen kam.
    "Du jedoch solltest mir vermutlich erst danken, wenn wir über deine Tochter gesprochen haben, Senator Iulius." Vorausgesetzt dem war dann noch danach. Das Lächeln war aus Avianus' Gesicht gewichen. Er hatte ja nicht unbedingt gute Neuigkeiten auf Lager. "Wie du bereits weißt geht es mir um deine verstorbene Tochter. Es gibt einige Informationen, die ich bislang für mich behalten habe. Einerseits weil sie in Sackgassen geführt haben, andererseits um sie zu schützen, denn … ich kannte sie recht gut." – Was er wiederum verschwiegen hatte, um zusätzlich zu ihr noch sich selbst zu schützen. Zu schnell hätte es passieren können, dass jemand in ihm den Soldaten sieht, von dem in den Gerüchten die Rede war. "Noch einmal möchte ich dir mein Beileid aussprechen. Sie war ein außerordentlich großherziges Mädchen. Deshalb hatte ich damals auch Interesse daran, den Gerüchten nachzugehen, allerdings wollte ich nicht mit ihnen in Verbindung gebracht werden, sodass ich den Kontakt zu ihr verschwieg. Jetzt allerdings … ist sie tot und über die Gerüchte längst Gras gewachsen. Und ich halte es nur für richtig, wenn du erfährst, was es über sie zu wissen gibt. Die ganze Wahrheit kenne auch ich nicht, aber doch mehr, als die meisten anderen." Und keinesfalls hatte Avianus vergessen, dass dem Iulier womöglich gewisse private Dinge über ihn und seine Familie bekannt waren, sofern dieser sich noch an das Geständnis der damaligen Gefangenen und jetzigen Ehefrau erinnerte. Vielleicht ließ sich sogar ein Vorteil aus dem Gespräch ziehen. Manche Geheimnisse blieben eben besser Geheimnisse.
    Vorerst ließ er aber seine Worte sacken und wollte dem Iulier Zeit geben, etwas dazu zu sagen oder Fragen zu äußern, die sich ihm sicherlich stellten.

  • Dives ließ sich nicht anmerken, inwiefern seine vorherige Erklärung tatsächlich der kalkulierten Wahrheit entsprach oder inwieweit sie doch nur eine entschuldigende Ausrede war. Stattdessen nickte er nur einmal höflich, während er sich sodann auf den angebotenen Platz setzte und anschließend der Dinge harrte, die da seitens des Iuniers nun kommen mochten.


    Der Tribun begann seine Ausführungen zunächst mit einer indirekten Ankündigung, die den Iulier indes jedoch nicht allzu sehr überraschte. Ihm war bereits vor Beginn dieser Unterredung klar gewesen, dass ihm dieses Gespräch keine allzu große Freude bereiten würde. Denn welches 'Licht' schon könnte der Iunier in die Vorkommnisse und Gerüchte um Torquata bringen, das den Senator am Ende nicht auf die eine oder andere Weise nur unangenehm blendete? - Er würde wohl kaum herausgefunden haben, dass hinter dem einstigen Gerede nur heiße Luft steckte. Immerhin wusste Dives selbst aus erster Hand, dass dem nicht so war. Nie hätte seine Adoptivtochter andernfalls mit schuldbewusster Miene und selbstgebackenen Plätzchen im Gepäck um den heißen Brei redend einst den Rat ihres Adoptivvaters gesucht. So also fixierte der Iulier seinen Gegenüber mit ernstem Blick und atmete einmal tief ein, während er sich ganz langsam leicht zurücklehnte.


    ...er kannte sie recht gut?!? Hatte sich Dives bis zu diesem Punkt der iunischen Ausführungen noch gut unter Kontrolle gehabt und kaum nach außen dringen lassen, was er innerlich fühlte und dachte, konnte er nach diesen Worten nun nicht verhindern, dass ihm eine gewisse Überraschung ins Gesicht geschrieben stand - eine keineswegs und alles andere als positive Überraschung. Denn selbstredend interpretierte der Vater Torquatas, deren Verhältnis zu einem ihm unbekannten Soldaten einst so unrühmlich im Fokus der Öffentlichkeit gestanden hatte, in diese Aussage mehr als nur irgendeine unschuldige 'Bekanntschaft'. Er hörte - und war sprachlos, dass ihm dieser Iunier selbiges so unverhohlen ins Gesicht sagte - ein Geständnis. Fassungslos und erbost sah Dives seinem Gegenüber in die Augen, während ihn weder die neuerliche Beileidsbekundung noch Torquatas gelobte Großherzigkeit irgendwie zu beruhigen vermochten - eher im Gegenteil.


    "Du...", suchte Dives im Anschluss an diese vollkommen unerwartete Wendung verzweifelt nach Worten. Denn mit einigem hatte er gerechnet, ja. Dass er den Soldaten, der ihn und seine Familie in dieses Unglück gestürzt hatte, auch noch kennen würde, das jedoch hatte er nicht kommen sehen. "kanntest meine Tochter also 'recht gut', ja?", beendete er seinen Satz mit den Worten, die ihm soeben mehr als alle anderen im Kopf hängengeblieben waren. Womit, das fragte er sich dabei, hatte er sich ausgerechnet den Undank dieses Iunius zugezogen? "Und du bist bis heute nicht auf die Idee gekommen, dass ich nicht nur als ihr Vater ein Recht auf diese Kenntnis hatte und habe, sondern dass du darüber hinaus als mein damaliger Untergebener auch in der Pflicht standst, mich unverzüglich darüber zu informieren?!" Die Gedanken des Iuliers flogen wild durcheinander in seinem Kopf. Da waren die Vorwürfe gegen den Iunier aufgrund des langen Schweigens. Da waren die Vorwürfe gegen den Iunier, dass er überhaupt die Arroganz besessen hatte, sich hinter dem Rücken des Vater mit dessen Tochter zu verabreden und zu treffen - einer Frau, die nicht zuletzt auserwählt war, der heiligen Vesta zu dienen. Und auch die stechende Frage nach dem Warum kreuzte immer wieder die divitischen Gedanken. Irgendetwas musste er getan haben - mutmaßlich während seines eigenen Tribunats und in seiner Funktion als Tribun -, um diesen geballten Undank des Iuniers auf sich zu ziehen... Nur was, beim mächtigen Apoll, was war es?

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  • Die Reaktion des Iuliers hatte er längst kommen sehen, sie war zwar nicht die erhoffte, aber nur logisch, folglich verspürte Avianus wenig Überraschung. "Oh, darüber nachgedacht? Gewiss. Mehr als einmal. Aber den Grund, weshalb ich es nicht getan habe, habe ich gerade direkt vor mir, Senator", entgegnete er nüchtern und hatte dennoch einen Schimmer des Bedauerns in den Augen. Er hatte den Iulius nicht eingeladen, um sich einen Feind zu machen. Er hätte Schweigen können, denn mit Torquatas Tod war auch jeder Beweis für ihre Treffen gestorben, mal abgesehen von den Briefen, die er noch bei sich lagerte. Niemand hätte je davon erfahren müssen, was sich damals zugetragen hatte, oder besser, was er an Bruchstücken darüber wusste. Dennoch tat er es, weil er es für falsch gehalten hatte, den Vater im Dunkeln zu lassen, und würde jetzt wohl oder übel die Konsequenzen seiner Gutmütigkeit Dummheit tragen müssen. Unglücklich verzog er das Gesicht.
    "Denkst du, ich weiß nicht, welche voreiligen Schlüsse du gerade ziehst, Iulius? Welche Schlüsse auch jeder andere an deiner Stelle gezogen hätte? Ich würde wohl dasselbe tun", riet er einfach mal drauf los, was sich der Iulier womöglich dachte. Andererseits musste ihn der Senator für vollkommen bescheuert halten, wenn er glaubte, er hätte den Soldat vor sich, der sich heimlich mit Torquata getroffen hatte. Wäre besagter Soldat nämlich wirklich blöd genug, den Vater der Vestalin zu sich zu laden, um ihm davon zu erzählen, wo doch eigentlich längst Gras über die Geschichte gewachsen war? Zumindest Avianus wäre nicht so dumm gewesen. Hätte er tatsächlich etwas zu verbergen, würde er es auch verbergen. Dumm war nur, dass er gehofft hatte, er würde dazu kommen, die Situation zu erklären, bevor Iulius Dives die Fassung verlor.
    "Ja, ich kannte sie. Aber der Soldat aus den Gerüchten, der war ich nicht. Sie war eine Bekannte. Eine Freundin vielleicht. Wenn ich mit ihr gesprochen habe, dann nur weil sie mich aus freien Stücken aufgesucht hat. Und das passierte weder heimlich noch nachts. Wir führten lediglich harmlose Gespräche. Nichts davon schadete ihrem Ruf oder dem der iulischen Gens, das versichere ich dir. Nein, ich habe sogar versucht ihr zu helfen den Quell der gefährlichen Gerüchte zu finden, weil sie mich darum gebeten hat. Deshalb war ich damals so scharf darauf, dem Mord an dem Händler am Mercatus nachzugehen. Weil sie mich persönlich darum gebeten hat und meinte, jemand wolle ihr und den Iuliern damit schaden." Vielleicht würde der Senator nun etwas besser verstehen. Das war zumindest der Plan. Ein Zurück gab es ja nicht mehr, nur noch ein Vorwärts. "Ich habe es bisher verschwiegen, da ich nicht wollte, dass einer von uns in unnötige Schwierigkeiten gerät, und weil Torquata mich darum gebeten hat, Stillschweigen zu bewahren. Aber jetzt ist sie tot und endlich kann ich, was ich vermutlich längst hätte machen sollen, auch guten Gewissens tun. Sie hat mir nämlich gewisse ... Einzelheiten erzählt, die dich interessieren dürften. Denn es gab noch einen anderen Soldaten."

  • Sim-Off:

    Mea culpa.


    Na das wurde ja immer schöner! Jetzt war Dives also auch noch selbst Schuld daran, dass er so lange uninformiert geblieben war. Denn schließlich gehörte es ja zum guten Ton im Exercitus, dass man lieber schwieg, statt für den Vorgesetzten unerfreuliche Informationen pflichtbewusst und aller persönlicher Konsequenzen zum Trotz stante pede an selbigen weiterzuleiten. - Der Iulier erblickte vor seinem inneren Auge einen Späher, der auf ein großes Heer des Feindes stieß... und diese Informationen am Ende ebenfalls lieber für sich behielt, damit sich sein Vorgesetzter nicht unnötig (?) über diese Entdeckung aufregte.
    "Oh, ich verstehe.", antwortete Dives mit deutlichem Unterton auf die anschließenden Worte des Iuniers. "Jetzt kennst du also nicht nur meine Tochter 'recht gut', sondern weißt überdies auch, was _ich_ denke?!" Da hatte es der Senator wohl mit einem richtigen Iulier-Versteher zu tun, was? Fabelhaft! Denn als hätte Dives nicht bereits genug Feinde seiner Person - von den mutmaßlichen Iulier-Gegnern im Cultus Deorum und Senat, über manch peregrinen Iulier-Feind bis hin zu seiner eigenen Ehefrau - fehlte ihm selbstverständlich unbedingt noch eine persönliche Fehde mit einem Mitglied des Exercitus Romanus...


    Der Senator verspürte den dringenden Wunsch danach, an dieser Stelle nun einfach aufzustehen, sich umzudrehen und sodann wortlos diesen Raum zu verlassen. Doch er zögerte... und blieb letztlich für den Moment noch einfach sitzen. Diese Genugtuung nämlich gönnte er dem Iunius nicht auch noch - nein! Daher also holte der Iulier einmal tief Luft und versuchte sich im Aufbau einer zwar verärgerten doch lediglich stumm-verärgerten Maske, unter welcher er im Folgenden zunächst das Ende der iunischen Erklärungen abwarten würde... bevor er sich erst im Anschluss erheben und sodann wortlos diesen Raum verlassen würde.


    Die verärgerte Miene des Iulier blieb reglos während der weiteren Ausführungen des Eques, obgleich Dives innerlich doch leicht aufatmete, als er hörte, was der Tribun ihm weiter noch zu sagen hatte. So letztlich verwarf er dann auch seinen gefassten Entschluss, hier frühzeitig zu gehen, und setzte stattdessen zu einer - jedoch noch immer in einem recht unerfreuten Tonfall gesprochenen - Antwort an:
    "Das heißt, zu deinem Schutz, zu meinem Schutz und da dich meine Tochter darum gebeten hat, hast du mir damals diese wichtigen Informationen vorenthalten und mir dereinst folglich den Gehorsam verweigert. Ist das richtig?", fragte Dives rhetorisch und ließ eine kurze Kunstpause folgen. "Selbst wenn du ihr auf den Stein des Iuppiter dein Stillschweigen gelobt hast, hättest du deinem Treueeid als Soldat des Exercitus Romanus ein größeres Gewicht geben und Mittel und Wege finden müssen, mich damals schnellstmöglich zu informieren - mindestens inoffiziell.", sprach Dives mit ruhiger, ernster Stimme. "Im Übrigen denke ich, solltest du in deinem Versprechen des Stillschweigens nicht konkret diesbezüglich Einschränkungen formuliert haben, dass du heute nicht mehr und nicht weniger dein Wort ihr gegenüber brichst, als du es zu einem damaligen Zeitpunkt getan hättest.", bemerkte Dives beiläufig und nicht ohne einen kleinen Hauch Genugtuung. Denn am Ende würde sich der Geist der toten Torquata noch aus ihrem Grab heraus für seinen Verrat an dem Iunier zu rächen versuchen...
    "Aber ich will anerkennen, dass du immerhin jetzt nun das Gespräch mit mir gesucht hast, dein Gewissen zu erleichtern und mir alles zu erzählen, was du bisher vor mir zurückgehalten hast.", lieferte der Iulier seinem Gegenüber schlussendlich die Vorlage dafür, in seinen Ausführungen fortzufahren.

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  • Avianus ließ lautstark die Luft aus seinen Lungen entweichen. Den Gehorsam verweigert. Ja, das hatte er wohl irgendwie. Er suchte nach Gründen ... besseren als: Ich hab's Torquata versprochen. Natürlich. Es war schlicht und ergreifend der einfachste Weg gewesen, Probleme für alle Beteiligten zu vermeiden. Andererseits … wie wichtig war der Hadrianus für die Ermittlungen gewesen? Der Kerl hatte sich als absolute Sackgasse herausgestellt. Und mit Torquata verriet er nun auch die andere Seite. So konnte man die Sache natürlich auch sehen. Mag sein, dass er Fehler begangen hatte, aber seinen Eid verraten? Sich das einzugestehen, ließ erstens sein Stolz nicht zu, und zweitens war der Hadrianus im Grunde nichts gewesen, womit man einen vorgesetzten Tribunus hätte belästigen müssen. Und irgendwelche privaten Angelegenheiten seines Vorgesetzten waren den damaligen Centurio nichts angegangen.
    "Für den Mordfall, den wir damals untersucht haben, waren diese Informationen, von allerhöchstens geringer Bedeutung. Der Name des Soldaten: Hadrianus Fontinalis, Centurio der Legio I. Als ich die Möglichkeit bekam, dem Namen nachzugehen, erfuhr ich, dass er verstorben war. Nichts Auffälliges, was Ermittungen verlangt hätte, und ansonsten gab es über ihn auch nichts Nennenswertes zu berichten. Ein harmloser Kerl. Eine Sackgasse sozusagen. Und irgendwelche existenten oder nicht existenten Liebschaften deiner Tochter zu untersuchen war nicht meine Aufgabe", erklärte er, selbst wenn er befürchtete, dass nichts was er sagen könnte, den Senator milde stimmen würde, und versuchte über dessen Ärger vorerst schlicht hinwegzusehen, was nun wirklich nicht einfach war. Was musste er sich auch immer in jede erdenkliche Scheiße hineinreiten.
    "Sie hat mir die ganze Wahrheit versprochen, Senator. Doch niemand konnte sie mir liefern, weder sie oder der Hadrianus noch sonst wer. Und Schreiben von ihr habe ich auch keine weiteren erhalten nach diesem Brief …" Mit zerknirschter Miene nahm er eine der Tabulae auf seinem Schreibtisch zur Hand, nicht irgendeine allerdings, keine, die Notizen oder Korrespondenzen die Truppen betreffend enthielt. Er reichte sie dem Senator.



    Iulia Torquata Aulum suum salutat.


    Vielen Dank, dass du diese Aufgabe für mich übernimmst, denn du nimmst mir eine große Last von den Schultern.
    Bitte mache dir keine Sorgen - die Gerüchte haben nichts mit dir zu tun. Ich würde dir gerne berichten, was sich tatsächlich zugetragen hat, aber ich wage es nicht und ziehe es vor zu schweigen, solange ich es dir nicht selbst sagen kann.
    Ich kann dir leider kaum Anhaltspunkte liefern, da ich zur Zeit nur eine sehr begrenzte Bewegungsfreiheit habe. Aber ich kann dir Namen nennen, die dir helfen werden. Eine von ihnen ist meine Tante Fundania Agrippina, welche in Misenum wohnt. jedoch hat sie weitreichende Geschäftsbeziehungen überall nach Rom und wird bald durch Selenus eine weitere Quelle haben. Ich empfehle dir Selenus wärmstens, denn er ist ein kluger Mann, Sobald er hier ist, werde ich mich erneut mit dir in Verbindung setzen, um ein Treffen zwischen euch zu arrangieren, sofern du dies wünschst.
    Die andere Person ist allerdings weit weg. Sie kann dir jedoch, im Gegensatz zu mir, alles berichten, was tatsächlich geschehen ist und ich vertraue diesem Mann genauso wie dir.
    Sein Name ist Aulus Hadrianus Fontinalis und er dient als Centurio in der in Mantua stationierten Legion.
    Mantua mag weit weg sein, aber er hat sicherlich auch sein Interesse daran, dass dieser Fall aufgeklärt wird. Aber ich bitte dich, dafür zu sorgen, dass Hadrianus anonym bleibt, denn es liegt mir viel an seiner Sicherheit.
    Sei du jedoch auch stets vorsichtig!


    Vale bene
    Torquata


    "Ich bin davon überzeugt, dass es sich bei dem Soldaten der Gerüchte um den Hadrianus handelte, aber mehr als dieses Schreiben hatte ich nie in der Hand. Der Hadrianus schien ihr wichtig zu sein, mehr lässt sich aber nicht herauslesen. Wie die beiden konkret zu einander standen, das haben sie mit ins Grab genommen." Was so vermutlich auch besser war. Wäre ja noch schöner, wenn die Öffentlichkeit Bescheid wüsste. Die Gerüchte waren schlimm genug gewesen.

  • Dives schnaubte ärgerlich, als der Iunius im Folgenden nun erstmals den Namen Hadrianus erwähnte. Denn bei aller Schönheit und Weisheit des glänzenden Apoll, den Namen hörte der Iulier tatsächlich nicht zum ersten Mal, nein. Der Name war ihm im Gegenteil sogar noch durchaus lebhaft in negativer Erinnerung...


    Es lag heute bereits etliche Jahre in der Vergangenheit, dass Dives einst in der bedeutenden Hafenstadt Ostia seine damals noch lediglich lokal-politische Karriere begann. Er hatte sich zum Quaestor Ostiensis wählen lassen und als solcher eine Hafengebühr durch den städtischen Ältestenrat gedrückt, bevor er sich sodann intensiv um deren Durchsetzung gekümmert hatte - und damit nicht wenige Leute gegen sich aufgebracht hatte. Darunter fand sich ein gewisser Aurelier, mit dem der Iulier sich mittlerweile jedoch wieder auf neutralem Boden befand, genauso wie ein gewisser Hadrianus, genannt Subdolus (der Hinterlistige, der Heimtückische).
    Der Hadrianus war der letzte Magister der alten Socii Mercatorum Aurei gewesen. Dereinst hatte er im Konflikt um die Hafengebühr nicht nur einmal angekündigt, als Socii Mercatorum Aurei den Standort Ostia zu verlassen und hatte gar den Versuch unternommen, mit Soldaten der misenensischen Classis die ostiensischen Hafengebühren zu umgehen. Letztlich hatte der Iulier, wie auch im Konflikt mit dem Aurelius, als kleiner Lokalpolitiker einfach nachgegeben. Und dennoch hatte der Aurelier sich bei nächster Gelegenheit noch einmal allein für die bloße Forderung des Iuliers revanchiert und Dives im ausgehenden Bürgerkrieg noch einmal gefangennehmen lassen, während der ostiensische Honoratior vom Hadrianus seither nicht noch einmal etwas gehört hatte. Dabei hätte er wohl nach dem enormen Bedeutungsverlust der Socii Mercatorum Aurei - die wohl einzig durch ihre nicht länger Hadrianer-, sondern fortan Decimer-geführte Neugründung bis heute überlebt hatte - wohl den weitaus größeren Grund gehabt, noch einmal subdolisch-hinterlistig zur Rache auszuholen...


    Aus divitischer Sicht jedenfalls wurde nun doch so Einiges klarer: Dieser Hadrianus Subdolus, vermutlich kein besonders großer Verführungskünstler, sondern eher eine Schattengestalt, die im Hintergrund leise die Fäden zog, hatte mithilfe dieses Hadrianus Fontinalis, der vermutlich deutlich mehr hermachte, der jungen, unschuldigen und daher sicherlich auch etwas naiven Torquata eine Falle gestellt - in welche das arme Mädchen ahnungslos hineingetappt war.
    "Das wird noch Konsequenzen haben.", versprach Dives verbittert, während er die gelesene Tafel mit geringem Schwung wieder zurück auf den Schreibtisch des iunischen Tribuns beförderte. Denn es war die eine Sache, sich durch eine Inhaftierung übertrieben am Iulier selbst zu rächen. Das konnte er dem Aurelier mittlerweile verzeihen. Es hatte indes jedoch eine völlig andere Dimension, auch die divitische Familie in diesen Konflikt hineinzuziehen und sich an seiner wennauch nur adoptierten Tochter Torquata zu vergehen. - Da hörte jeder Spaß definitiv auf! Noch einen Moment lang starrte der Iulier ungehalten auf die Tabula, bevor er neuerlich zum iunischen Tribunus blickte.


    "Oh, wenn mich meine Vermutung nicht täuscht, dann kann ich dir auch so ganz genau beantworten, wie die beiden zueinander standen. Denn _Hadrianus_ sagtest du? Da kenne ich einen gewissen Hadrianus Subdolus von der Classis Misenensis, der nicht unwahrscheinlich glauben könnte, noch eine Rechnung mit mir offen zu haben. Und so er so heimtückisch ist, wie sein Name dies vermuten lässt, würde es mich alles andere als wundern, wenn dieser Hadrianus Fontinalis bewusst auf meine Tochter angesetzt war, ihre jugendliche Naivität und Verletzlichkeit auszunutzen, mir nach Kräften zu schaden.", war der Iulier vorübergehend nicht imstande, seine Gedanken gesittet für sich zu behalten und zu verschweigen. Stattdessen musste er seinen Ärger an dieser Stelle einfach laut aussprechen.
    "Ich kann dir dabei natürlich nicht sagen, ob es auch von hadrianischer Seite ausging, diese unsägliche Gerüchteküche anzufeuern." Dazu nämlich müsste man wohl herausfinden, inwiefern dieser peregrine Liebhaber Serapios nicht vielleicht auch den einen oder anderen heutigen oder vergangenen, direkten oder indirekten Kontakt zu diesem subdolischen Hadrianus hatte. "Aber was deine Frage angeht, wie die beiden zueinander standen... da gibt es für mich keinen Zweifel mehr - nicht wenn es sich um einen Hadrianus handelt.", war Dives in der Tat mehr als überzeugt von seiner Theorie. Kurz wandte er seinen Blick zur Seite ab.


    "Im Übrigen... und auch wenn ich es noch immer als groben Verstoß deiner Dienstpflicht betrachte, mich damals nicht umgehend informiert zu haben", der iulische Senator atmete einmal hörbar durch, bevor er den Blickkontakt zum Iunier wiederherstellte, "tut es mir Leid, in dir nach dem ersten Teil deiner Ausführungen sogleich und offenkundig vollkommen zu unrecht denjenigen Soldaten vermutet zu haben, der meine Tochter von ihrem Weg abzubringen versuchte und damit in letzter Konsequenz einen nicht unwesentlichen Anteil an ihrem viel zu frühen Ableben trägt. Stattdessen, wie gesagt, möchte ich es anerkennen, dass du zwar reichlich spät den Kontakt zu mir gesucht hast, jedoch letztlich aus freien Stücken dieses Gespräch mit mir gesucht hast, das in der Tat nicht wenig Licht in das Dunkel der damaligen Ereignisse bringt." Dives lächelte schmal, während er dem Mann in die Augen sah, den seine Tochter bei seinem reinen Praenomen Aulus angesprochen hatte... in dem Brief, der damit in mehr als nur einer Lesart trotz allem irgendwie zwischen ihnen beiden stand.

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  • Während Avianus mit dem Namen Hadrianus Fontinalis nie besonders viel anzufangen gewusst hatte schien dem Iulius zumindest das Gentilnomen durchaus ein Begriff zu sein. Avianus schwieg vorerst und wusste nicht recht was er von den überraschend schnell gezogenen Schlussfolgerungen des Senators halten sollte. Er nickte nur knapp und lächelte schmal zurück, als der Senator geendet hatte. Weshalb er nicht früher mit dem Iulius darüber gesprochen hatte und es jetzt dennoch tat, hatte er, so fand er, bereits zu genüge ausgeführt.
    "Ich bezweifle, dass eine Entschuldigung meinerseits das Geschehene wiedergutmacht, aber ich denke es ist dennoch auch an mir, mich zu entschuldigen. Ich habe die Lage falsch eingeschätzt, mich zu sehr auf das Wort anderer verlassen und werde Situationen wie diese zukünftig hoffentlich zu vermeiden wissen", gestand er sich schließlich ein.
    "Aber gut … bevor hier irgendwelche Vermutungen angestellt werden oder gar Konsequenzen folgen, sollte wohl erst einmal überprüft werden, ob diese beiden Hadriani etwas miteinander zu tun haben, Senator." Hadriani gabs doch sicherlich einige, und darunter bestimmt auch genügend, die nichts miteinander am Pilleus hatten. Und selbst wenn … mit Hadrianus Fontinalis und Torquata unter der Erde und der ansonsten recht dünnen Beweislage sah es eher schlecht aus, wenn es darum ging, irgendjemandem etwas nachzuweisen. Man würde ja sehen. Avianus würde den Fall natürlich am liebsten ad acta legen. Persönliche Streitigkeiten ohne Hand und Fuß gingen ihn ja eigentlich ohnehin nichts an.
    "Was die Gerüchteküche angeht, haben wir nie herausgefunden, wer sie angefacht hat … oder ob überhaupt jemand bestimmtes dahinter steckt. Aber die Tabula, die damals angeblich von Leichnam des ermordeten Händlers entwendet wurde, konnten wir ausfindig machen." Eine weitere Tabula landete auf dem Schreibtisch. Ein weiteres Beweisstück, welches er für das Gespräch mit seinem ehemaligen Tribunus ausgegraben hatte. Davon, dass der Senator eben jene Tabula schon einmal gesehen hatte, konnte Avianus nicht das geringste wissen.



    DER SYRER HAT SEINEN ZWECK ERFÜLLT. DAS GERÜCHT IST IM UMLAUF. JETZT LASS IHN SEINE BEZAHLUNG ERHALTEN UND BEREITE SEINEM LEBEN EIN ENDE. DANACH, WENN DIR DIE LEBEN DEINER FRAU UND KINDER DAS WERT SIND, BEENDE AUCH DEIN EIGENES LEBEN. SEI GRÜNDLICH UND LÖSCHE AUCH DIESE TABULA, BEVOR DU ZUR TAT SCHREITEST.


    MIT ERWARTUNGSVOLLEM GRUSS DEINES KLEINEN SOHNES



    "Und die brachte uns zu der Vermutung, dass jemand im Umfeld der Iulier für den Mord damals verantwortlich war." Ursprünglich hatte er ja gehofft, der Praefectus Urbi würde sich der Sache annehmen, den Decimus Serapio damals hinter der Bühne des Theaters in Trans Tiberim zu informieren versichert hatte. Er selbst, zur damaligen Zeit noch ein kleiner Optio, hatte sich einer derart heiklen Angelegenheit, die Familie des vorgesetzten Tribunus des Mordes am Händler zu beschuldigen, mit nichts als einer Tabula und der darauf lesbaren, vagen Botschaft, nicht annehmen wollen. Was am Ende daraus geworden war? Nicht viel. Um die Sergia, die laut dem Decimus hinter dem Mord steckte, war es ruhig geworden, und auch der Praefectus Urbi selbst hatte nie wieder ein Wort über den Fall verloren.

  • Dives, der wenigstens in dieser Situation nun kaum einen Zweifel daran hatte, dass mehr als bloß Zufall hinter der hadrianischen Namensgleichheit steckte, nickte ob der Entschuldigung seines Gegenübers und beschloss im selben Atemzug bereits unterbewusst, dem Iunier als dessen einstiger Vorgesetzter das Zurückhalten von Informationen nicht länger vorzuhalten. Zweifellos, als Vater Torquatas würde er indes wohl noch einige Zeit länger brauchen, zu 'verdauen', dass man(n) ihn erst heute, im Nachgang, über diese freundschaftliche, iunisch-iulische Bekanntschaft in Kenntnis gesetzt hatte.


    "Keine Sorge, Iunius.", schüttelte der Iulier anschließend verneinend den Kopf. "Wenn ich von Konsequenzen spreche, dann werde ich dir weder jetzt noch später unnötige Arbeit aufhalsen. Denn weder gehe ich davon aus, dass ein sicherlich nicht grundlos 'der Heimtückische' genannter Mann allzu viele Spuren hinterlässt, die über Ermittlungen zu einer belastbaren Anklage führen; noch werde ich selbst an dieser Stelle in irgendeiner Weise aktiv werden, die zu Ermittlungen durch dich oder jemand anderen führt.", stellte der Senator klar. "Stattdessen bin ich davon überzeugt, dass der Tag kommen wird, da sich mein Weg einmal mehr mit dem eines Hadrianus oder einer Hadriana kreuzt. Und so jener Tag gekommen ist, das versichere ich dir, werde ich mich nicht nur an den heutigen Tag und dieses Gespräch mit dir erinnern..." Ein leichtes Lächeln mit deutlichen Spuren der Verbitterung umspielte kurzzeitig die divitischen Lippen. Denn abgeschlossene Rechnungen verblassten und verwitterten auch beim Iulier im Laufe der Zeit. Offene Rechnungen indes - vollkommen egal, ob er dies wollte oder nicht - trug er stets präsent in seinem Kopf.


    Sodann sprach der iunische Tribun weiter und kam über die Gerüchteküche auf den Fall des dereinst ermordeten Händlers zu sprechen. Mittlerweile selbstredend war auch Dives insgeheim davon überzeugt, dass die Gerüchte über seine Tochter und die Ermordung des erwähnten Händlers einen gemeinsamen Nenner - seine Frau - hatten. Soviel hatte er aus den Andeutungen Faustas abgeleitet. Doch nicht nur aus Gründen des Selbstschutzes war er einmal mehr nicht gerade erfreut über die Leichtfertigkeit, mit welcher zwei nicht zwingend miteinander in Zusammenhang stehende Ereignisse betrachtet wurden, als würden sie ohne jeden Zweifel und ganz selbstverständlich unmittelbar miteinander in Zusammenhang stehen.
    "Ich sehe.", kommentierte der Senator nach kurzem Überfliegen des ihm nicht unbekannten Schriftstücks. Er legte die Tabula zurück auf den Schreibtisch. "Und sei versichert, dass ich als nicht länger den Cohortes Urbanae angehörender Senator ob der Gerüchte gegen meine verstorbene Tochter sogar verstehe, dass in diesem Fall unter anderem auch in das Umfeld meiner Familia ermittelt wird / ermittelt wurde." Eine kleine Kunstpause folgte. "Jedoch komme ich bei einer neutralen, objektiven und emotionslos-sachlichen Betrachtung auch nicht umhin, gewisse 'Schlussfolgerungen' kritisch zu hinterfragen.", sprach Dives betont ruhig. "Denn liegt es nicht nahe, dass ein Dieb, so er _einen_ Diebstahl begangen hat, auch für _weitere_ Diebstähle verantwortlich ist? Und liegt es nicht in der selben Weise ebenfalls nahe, dass ein Händler, der sich an der Verbreitung eines Gerüchts erlabt, auch für die Verbreitung weiterer Gerüchte Sorge trug und trägt?" Er zuckte kurz mit den Schultern. "Gehe ich davon aus - und mit meinem heutigen Wissen tue ich dies - dann ergibt es durchaus Sinn, im Umfeld meiner Familia zu ermitteln, wie es indes jedoch nicht weniger Sinn ergibt, auch im Umfeld der anderen Opfer der von diesem Händler verbreiteten Gerüchte zu ermitteln; zumal die Gerüchte über meine Tochter, bei aller ehrlichen Verärgerung darüber, gewiss nicht die schlimmsten oder heikelsten waren, die dereinst dort kursierten.", versuchte sich der iulische Quaestorier in emotionsarmer Sachlichkeit.


    "Und dabei habe ich noch weder an die damaligen Bekenner-Graffitis gedacht, noch habe ich mir überlegt, ob diese nach all der seit dem Mord vergangenen Zeit gefundene Tabula nicht mittlerweile in einer Weise verändert wurde, welche etwaige Ermittlungen bewusst in die falsche Richtung lenkt.", spekulierte Dives, ohne sich jedoch zu einer definitiven Aussage dazu hinreißen zu lassen, was genau er zum heutigen Zeitpunkt über die Todesumstände jenes Händlers dachte.

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    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Was der Iulius machte, wenn er privat einem Hadrianus begegnete, konnte ihm natürlich mehr als egal sein. Er wollte sich lediglich keine unnötigen Feinde machen und erst recht nicht in irgendwelche weiteren Geschichten zu dem Thema verwickelt werden. So nickte Avianus also knapp, selbst wenn ihm immer noch nicht ganz schmeckte, dass Iulius Dives sich, wofür auch immer, an den Hadriani rächen wollte - aber was wusste er schon darüber, was exakt zwischen den beiden Gentes vorgefallen war - und dachte sich, dass der Senator sicherlich wusste, was er tat. Sonst hätte er sich wohl kaum den Ordo Senatorius erarbeitet. Der Iunier beschloss jedenfalls sich rauszuhalten, was auch immer sich ergeben würde.
    Avianus nahm die Tabula, welche er zuvor hervorgeholt hatte, wieder entgegen.
    "Verständliche Bedenken, Senator. Deshalb sprach ich von einer Vermutung. Wer auch immer dahinter steckte, hat seine Spuren nicht über alle Maßen gut, aber immer noch gut genug verwischt. Und das einzige nützliche Beweisstück … ausgerechnet eine Wachstafel … wurde entwendet und erst Tage später wieder ausfindig gemacht." Natürlich hatte er sie im Besitz des ehemaligen Praefectus Praetorio wiedergefunden und nicht bei irgendwem. Dennoch konnte er die Worte des Iuliers keineswegs leugnen. Eine Änderung am Inhalt der Tabula hielt er für wenig wahrscheinlich – was ihn dazu gebracht hatte, den Graffitis wenig Beachtung zu schenken –, aber eben doch nicht auszuschließen. "Ich hege auch keineswegs die Hoffnung, den Verantwortlichen oder die Verantwortliche irgendwann noch zu finden. Ich wollte dir lediglich raten, möglichst ein Auge auf die Personen in deinem Umfeld zu haben. Aber einem Senator brauche ich das bestimmt nicht zu sagen." Avianus lächelte leicht. "Wie auch immer … ich denke, ich habe deine Zeit lange genug beansprucht", meinte er, um das Gespräch zu einem Ende zu bringen. Der Senator war reichlich spät in sein Officium gekommen und Avianus wollte eigentlich nur noch nach Hause, ebenso wie sein Schreiber sicherlich dem Feierabend entgegenfieberte, so er denn überhaupt noch im Vorzimmer saß und sich nicht längst heimlich davongestohlen hatte.
    "Vale, Senator Iulius. Ich hoffe, bei unserer nächsten Begegnung haben wir die Möglichkeit uns über erfreulichere Themen zu unterhalten", verabschiedete er sich. Alles in allem hatte er das Gefühl, dass ihr Gespräch recht gut verlaufen war, eigentlich weitaus besser als er es ursprünglich erwartet hatte. Vielleicht, so dachte er, würde sich daraus auch in Zukunft eine engere Zusammenarbeit ergeben. Es konnte jedenfalls nicht schaden, Kontakt zu einem Senator zu pflegen. Vorerst aber beließ er es dabei. Der Iulier hatte für heute sicherlich genug, worüber er sich den Kopf zerbrechen konnte.

  • Da der Iulier eine Vermutung definierte als etwas, das jemand vermutete, wie ihm wiederum 'etwas zu vermuten' nicht anderes war als 'etwas für glaubhaft oder wahrscheinlich zu halten', vermochte er die erneute Rede des Iunius von einer Vermutung nicht ganz nachvollziehen zu können. Denn noch immer betrachtete Dives diese Tabula, wie sie hier allein und nur für sich genommen lag, als ein Indiz, welches faktisch auf das Umfeld eines jeden Opfers der mercatorischen Gerüchteküche weisen konnte. Zu der vom Tribun geäußerten Vermutung, dass jemand im Umfeld ausgerechnet der Iulier für den Mord damals verantwortlich wäre, führte ihn allein dieses einzelne Indiz jedenfalls mitnichten. Indes war es wohl erheblich wahrscheinlicher, dass die Tabula nicht das einzige Indiz war, welches den Iunier auf ausgerechnet das iulische Umfeld sich fokussieren ließ, sodass der Senator nun seinerseits zu einer gefährlichen Vermutung kam...


    Der Tribunus hatte es bislang vermieden, zu erwähnen, woher er die Tabula erhalten hatte, während der Quaestorier jedoch wusste, dass es der neuste Gespiele Decimus Serapios war, der sie einst vom Tatort entwendet und wohl auf direktem Wege zu seinem Liebhaber gebracht hatte. So hatte es namentlicher Borkan dereinst erzählt. Die ebenfalls involvierte Quintilia Valentina nach ihrer unerwartet freundlichen Tempelbegegnung aus einem Bauchgefühl heraus ausschließend, richtete sich die divitische Vermutung in der Folge also recht eindeutig gegen den Decimer und seinen Bettgenossen. Sie mussten wohl die Tabula - welche der Senator heute tatsächlich zum ersten Mal erblickte, wenngleich ihm ihre Existenz selbstredend bereits zuvor alles andere als unbekannt war - an den Tribun gegeben haben. Sie mussten vermutlich auch den Namen der Quintilia aus dem Schriftstück gelöscht und selbiges folglich bewusst verändert - manipuliert - haben. Denn in der vorliegenden Fassung fehlte ihr Name, wie sie dereinst jedoch selbst berichtete, auf der Wachstafel erwähnt zu sein. Und nachdem das Schriftstück allein offenkundig wenig Aussagekraft besaß, mussten sie, der Decimer und sein neuer Gefährte, darüber hinaus wohl auch den iunischen Tribun derartig zu beeinflussen versucht haben, dass er hier und heute nun erklärte, den für den Händlermord Verantwortlichen im Umfeld des Iuliers und seiner Familia zu vermuten.


    Während der Iunier nachfolgend nun davon sprach und dem Senator dazu riet, ein Auge auf sein Umfeld zu haben, stahl sich ein enttäuschtes Lächeln auf die iulischen Lippen. Denn just in diesem Augenblick wurde ihm klar, dass er sich wohl einmal mehr hatte vom Decimer hintergehen lassen. Es läge ihm fern, Dives und den Seinen schaden zu wollen. Andernfalls auch hätte er nicht das Gespräch mit dem Quaestorier gesucht, sondern sich an eine höhere Stelle gewandt. Auf diese oder ähnliche Weise mochte sich Decimus Serapio wohl damals geäußert haben. Ob Dives dies bisher geglaubt hatte, wusste er augenblicklich selbst nicht genau zu sagen. Spätestens mit diesem Gespräch nun jedoch war der Glaube allerdings ohnehin einerlei und hinfällig geworden und machte Platz für die Gewissheit einer neuerlichen Enttäuschung.
    "Ich danke dir für deinen Rat, Iunius, und versichere dir, dass ich künftig noch acht- und sorgsamer mit meinem Vertrauen umgehen werde.", erklärte er nicht zuletzt auch sich selbst mit einem unglücklichen Lächeln, sich nicht noch einmal Hals über Kopf und voll jugendlich-naivem Vertrauen in etwas zu stürzen, das ihm am Ende nur solche Schmerzen bereitete. Der strahlend schöne Callistus war mutmaßlich ohnehin in die germanischen Provinzen zurückgekehrt und damit bereits von sich aus außerhalb der divitischen Reichweite, wie Dives sämtliche künftigen Bekanntschaften 'nur' distanziert genug auf Abstand halten müsste. Und dies, so sagte er sich, sollte wohl zu schaffen sein. "Ferner möchte ich dir für deine Einladung zu diesem Gespräch und deine Offenheit in selbigen danken, wie auch ich nur hoffe, bei unserer nächsten Begegnung über Erfreulicheres mit dir sprechen zu können.", erhob sich der Iulier letztlich, als die Verabschiedung eingeleitete wurde. "Vale, Tribunus Iunius.", erwiderte er anschließend höflich lächelnd den Abschiedsgruß, bevor er schweren Schrittes erst das tribunische Officium und hernach die Castra Praetoria verließ.

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Nach seinem Dienst am Tor machte sich Aulus direkt auf dem Weg zum Tribun. Er wusste ja, dass der Iunier ein bekannter der Zwillinge war, und vermutlich auch von Valentina, daher würde er vielleicht seinen Plan einwilligen. Aber erst einmal musste er am Schreiber des Tribun vorbeikommen, war es doch nicht gerade alltäglich dass ein Tiro den Tribun sprechen wollte.


    Er betrat also das Vorzimmer, entschlossene Miene und sprach den Schreiber an. "Salve, ich bin Quintilius Trogus und würde gerne den Tribun in einer privaten... naja auch irgendwie beruflichen, Angelegenheit sprechen."

  • Der Cornicularius sah etwas verwundert auf, als der junge Bursche ins Büro spazierte und mal eben einen Termin wollte, und nahm einfach mal an, dass der Kerl Teil der Truppen war, so wie der aussah. Das zu erwähnen hatte der Quintilier nämlich vergessen.
    "Salve", grüßte der Cornicularius knapp zurück, "Dienstgrad? Einheit?" Um gewisse Formalitäten kam man eben nicht herum, schon gar nicht, wenn es ums Berufliche ging. Sonst könnte er ja gleich einfach jeden durchschicken. Oder ging es doch um Privates? Ja was denn nun? Na wie auch immer. Fragend blickte der Schreiber dem Besucher entgegen.

  • "Cohors XII, Centuria III, ich selbst bin nur Tiro. Aber wenn ihr dem Tribun sagt es ginge um eine der beiden Zwillinge, Pina, wird er verstehen und mir sicher ein wenig seiner Zeit schenken." Mehr wollte er dem Schreiber auch gar nicht erst sagen, denn was ging einen einfachen Schreiber so etwas privates an? Nichts, er sollte es einfach nur weitergeben und Aulus würde beim Tribun vorsprechen können. Naja, hoffte er wenigstens.

  • "Sicher", kommentierte der Cornicularius und erhob sich von seinem Pult um den Tribunus zu informieren. Nur wenig später guckte er noch ein Stück verwunderter als zu Beginn, denn tatsächlich war der Tribunus bereit, den Rekruten ohne Termin zu empfangen. "Du kannst durch."
    Avianus erwartete den Tiro hinter seinem Schreibtisch, und sobald er eintrat, wies er Trogus an sich zu setzen. "Salve. Nimm Platz, Tiro."
    Er hatte nicht mehr das Gefühl, Pina und Sila etwas schuldig zu sein, und dennoch hatte er nicht gezögert seine Arbeit beiseite zu schieben und den Verwandten der beiden in sein Officium zu lassen. Er mochte die beiden Mädchen und so sorglos wie die beiden sich ständig an allen möglichen und unmöglichen Orten herumtrieben, konnte es alle möglichen Gründe haben, dass sich der Tiro wegen Pina bei ihm meldete. Dass es allerdings keine Selbstverständlichkeit war, dass er einen Tiro ganz einfach und spontan zu sich durchließ, begriff sein "Gast" allerdings mit Sicherheit.
    "Also, Quintilius ... erzähle. Wie geht es den Zwillingen? Was führt dich her?"

  • Ha, Triumph. Der Schreiber schaute als hätte man gerade den Tiro zum neuen Centurio gemacht und grinsend ging Trogus ins Officium des Tribuns hinein. "Salve Tribun Iunius. Ich glaube den Zwillingen ging es bis heute Nachmittag ausgezeichnet, nur leider glaube ich dass es meine Schuld ist dass es nun anders ist."
    Bei dem Gedanken daran was passiert war wurde er wieder traurig, aber er wollte seinen Tribun nicht mehr Zeit stehlen als nötig.
    "Aus irgendeinem Grund hat sich Pina heute den Wachen nachgeschlichen und stand plötzlich vor mir als ich Wache hatte. Sie wollte unbedingt die Castra von innen sehen und hat dabei eine etwas anzüchtige Bemerkung gemacht als ich das ablehnte. Dann tauchte auch noch Sila auf, ich wurde wütend dass meine 2 Cousinen einfach so die Casa verlassen hatten und sagte denn etwas sehr gemeines zu ihnen. Danach rannte Pina weg und Sila hinter ihr her." Dass er glaubte dass sie weinend wegrannte lies er nun mal weg, für Aulus war klar, dass junge Mädchen so etwas schnell taten. Er kannte es eben so.
    "Nun wollte ich mich bei beiden Entschuldigen und wollte fragen ob es OK wäre, wenn ich Pina auf einen Rundgang durch die Castra einlade, Sila sagte mir dass es ihr größter Traum wäre das zu erleben." So, es war raus und er war nervös wie der Tribun nun reagieren würde. Trogus senkte den Kopf, denn für einen kleinen Tiro war das ein großes Anliegen.

  • Avianus musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Da kam ein Tiro angestapft und erzählte ihm, dem Stabsoffizier, einfach mal so von seinen kleinen Streitereien mit den beiden Mädchen. Allerdings war es ja nicht das erste mal, dass Soldaten mit merkwürdigen persönlichen Angelegenheiten zu ihm kamen. Musste sich herumgesprochen haben.
    Was Trogus erzählte, hörte sich jedenfalls genau so an, wie er Pina von ihren früheren Begegnungen kannte. So gern er die beiden Mädchen auch hatte, wirklich begeistert war er von der Idee des Quintilius allerdings nicht.
    "Tiro, du weißt, eine Castra ist alles andere als ein geeigneter Ort für junge Mädchen? Es gibt Gründe, weshalb ihnen - von seltenen Ausnahmen abgesehen - der Zutritt verwehrt ist", erinnerte er sein Gegenüber, "Erkläre mir erst einmal, was du dir genau vorstellst ... willst du sie nach Dienstschluss allein durch die Castra führen?" Oder bei Wachdienst oder Ausbildung aussetzen? Zumal es sicher schiefe Blicke regnen würde, wenn ein kleiner Tiro mit einem noch viel kleineren Mädchen allein durch die Castra streunte.

  • Hm, so genau hatte sich das Trogus noch gar nicht überlegt. Natürlich war ihm bewusst dass es gute Gründe gab Frauen nicht in der Castra zu haben, alleine schon der Sicherheit der Frauen wegen, aber es war ja nun auch nicht so dass sie lange bleiben würde.
    "Natürlich nach Dienstschluss, sie herzubringen wenn noch Dienst wäre, das wäre natürlich nicht gut. Alleine weil es die Kameraden davon abhalten würde ihrem Dienst ordentlich nachzukommen und ich selbst muss ja auch meinen Dienst verrichten."
    Dann dachte er nach wie er denn das ganze gestalten würde. "Ich würde sie einfach einmal durch die Castra führen, ihr die Gebäude zeigen, natürlich nur von außen. Ich denke wenn sie sieht dass es hier nicht wirklich spannend ist, und jeder Markt in Rom mehr zu bieten hat, ist ihre Neugierde gestillt genug." Was nach Dienstschluss tatsächlich zutraf, denn dann war es hier eher leer und ruhig, viele gingen in die Stadt, andere kochten sich ihr Essen oder würfelten.

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