Gegenüber des Circus Maximus

  • Der Tempel des Mercurius liegt gegenüber den südlichen Kolonnaden des Circus Maximus. Von den duodecim portae kommend, durch welchen bei den Wagenrennen die Gespanne einfahren, biegt man vor dem Tempel der Flora in die breite Straße, welche den Circus umrundet, lässt einige Geschäfts- und Wohnhäuser hinter sich, geht vorbei am Tempel des Dispater und kommt kurz darauf an den Tempel der Iuventus, welcher gleich neben dem Tempel des Mercurius liegt. Obgleich die Geschäftsmäßigkeit dieser Gegend zweifelsohne vergleichbar ist mit jener an den Kaiserforen, so ist sie doch von einer anderen Art. Unter den Kolonnaden des Circus haben sich viele fremdländische Händler, Scharlatane und Bauernfänger eingenistet, dazwischen selbstredend allerlei Arten von Garküchen und Tandverkäufern, bei welchen man Andenken an vergangene oder kommende Wagenrennen erwerben kann. An jenen Tagen, an welche keine regulären oder Trainingsrennen stattfinden, ist die Straße um den Circus durchaus belebt, an Tagen indes, an welchen offizielle Rennen abgehalten werden, gibt es beinahe kein Durchkommen mehr.
    Obgleich er einer der Haupt-Tempel des Mercurius in Rom ist, ist dieser Tempel eher von der kleineren Sorte, wenn auch nicht ganz so klein wie jener der Iuventus daneben, und besteht nur aus einer einzigen Cella ohne Säulenumgang. Er wurde bereits an den Iden des Maius im Jahre 259 a.u.c (495 v. Chr) errichtet, und neben Mercurius wird hier auch dessen Mutter Maia verehrt.

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  • Am vereinbarten Tage erreichte eine schmucklose, flavische Sänfte den Vorplatz des Templum Mercuri, welcher zumindest in der Theorie existierte, in der Praxis indes schlichtweg ein Teil der regulären Straße war. Gracchus war ein wenig zu früh, verließ indessen dennoch seine Sänfte und betrachtete ein wenig das Angebot unter den steinernen Bögen vor dem Circus. Er konnte nicht verstehen, weshalb jemand ein Stück von jenem Zügel mochte erwerben wollen, mit welchem der berühmte Patroklos der Factio Aurata in einem siegreichen Rennen hatte sein Gespann gelenkt, noch weshalb man seine Sesterzen in Veneta-blaue Kelche oder Praesina-grüne Teller investierte, welche jeglicher Ästhetik entbehrten - doch dies mochte wohl einzig und alleine daran liegen, dass er dem gesamten Konzept des Wagenrennens im Generellen nicht das geringste konnte abgewinnen. Um so erfreulicher war es darob als vom Bogen des Vespasianus und Titus herkommend der Quindecimvir Renius sich näherte, ob dessen auch Gracchus sich zurück zum Tempel des Mercurius begab, gefolgt von seinen kultischen Liktoren.

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  • “Dazu gäbe es für einen kleinen Aufpreis von sagen wir 10 Sesterzen noch dieses Tüchlein mit dem Schweiß des Carbo dazu!“, erklärte mir der dickliche Verkäufer, der sich hinter einer kleinen Armee von Pferdefiguren auf dem Auslagentisch verschanzt hatte. Er streckte mir besagtes Tüchlein entgegen.


    “Carbo?“ Ich wendete prüfend die hölzerne und Gold verzierte Quadriga in meinen Händen. Eigentlich hatte ich vor dem recht unspektakulären Mercuriustempel ausharren wollen, doch meine Leidenschaft für die Factio Aurata und Pferdefiguretten hatte mich doch an einen der Stände getrieben. Auch um einen Ausgleich für meinen Caesar zu finden, den ich den Fortuna geopfert hatte. Außerdem war ich wirklich früh dran gewesen und vom flavischen Pontifex hatte noch jede Spur gefehlt.


    “Er läuft links. Sotions bester Hengst! Ein wahrer Ausbund an Kraft und Klugheit!“


    “Uh!“, erklärte ich nachdem mir der Händler nun mit dem Tuch entgegen wedelte und ich ein wenig in den Genuss des beißenden Odeurs gekommen war, der diesem entströmte. “Ich weiß nicht!“ Ich war ja nicht hier, um Glücksbringer oder dergleichen zu kaufen. Außerdem würde man an derartige Artikel immer wieder dran kommen, denn schließlich wohnte ich ja mit dem Princeps Factionis unter einem Dach.


    “Nein, ich nehme nur dieses hier…,“ erklärte ich dann, stellte die kleine Quadriga ab und fummelte einige Münzen aus meinem Geldbeutel, um sie dem Händler zu überreichen.


    “Ouh! Ouh!“ Muckel, der noch immer auf der Fischpastete kaute, die er sich an einem Stand unter den Kolonnaden gekauft hatte, knuffte mich in die Seite und deutete kauend mit dem Kopf in Richtung des kleinen Tempels hinüber. “If blaub er pommt,“ Seine Hand deutete auf eine relativ schmucklose Sänfte, der auch in der Tat der Pontifex pro magistro entstieg.


    “Sagen wir fünfzig Sesterzen!“, meinte der Händler nun zu mir und forderte wieder meine Aufmerksamkeit ein. “Aurata!!! Das ist vergoldet!“


    “Fagen wir dreifig!“ Muckel kaute noch.


    Ich seufzte innerlich und schaute immer wieder zu Flavius Gracchus hinüber, während sich die folgende Verhandlung über den Preis noch ein wenig hinzog. Endlich aber war es so weit und ich konnte meinem Sklaven die frisch erworbene Statuette in die Hand drücken und hinüber eilen. Dabei navigierte ich mich an einigen anderen Kaufwilligen und Interessierten vorbei und passierte zum Schluss einen der kultischen Liktoren, welche der Pontifex im Gefolge hatte. “Salve Pontifex Flavius!“, begrüßte ich ihn dann in der Hoffnung nicht von einem der Männer beiseite gedrängt zu werden. “Wir hatten ja einen Termin!“, sagte ich noch schnell aus dem gleichen Grund. Muckel war mir gefolgt, ging aber nun ein wenig auf Abstand.

  • “Salve Decimus Casca!“
    grüßte Gracchus zurück und führte mit einem etwas pikaresken Lächeln an:
    “Selbstredend haben wir einen Termin.“
    Dass Casca sich sorgte, die Liktoren können ihn abweisen, kam dem Flavier nicht in den Sinn, war er es schlichtweg doch längstens nicht mehr gewohnt, von irgendwelchen Liktoren abgewiesen zu werden.
    “Dort kommt auch bereits Renius“
    , wies er auf den Quindecimvir, welcher mit hastigem Schritte herbeieilte.


    [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/nsc/Renius.jpg]Quintus Renius Buteo
    "Salve Pontifex Flavius!" grüßte er ein wenig außer Atem. "Ich hoffe, du wartest noch nicht allzu lange!"
    Renius Buteo war ein wenig jünger als der Flavier, für einen Römer recht groß wachsen und schmal. Er stammte aus einer plebeischen Familie, welch sich schon seit der lex Ogulnia immer wieder in den kultischen Collegien engagierte, hinsichtlich der politischen Bedeutsamkeit jedoch nie über einige Aedilate hinausgekommen war.


    "Sei gegrüßt Quindecimviri Renius! Ni'ht lange, und nicht der Rede wert.“
    Sodann wies er auf Casca.
    “Renius, dies ist Decimus Casca, ein Neffe des Senators Decimus Livianus. Er be..gleitet mich, um ein wenig mehr über die Arbeit der Collegien zu erfahren.“
    Und zu Casca hingewandt:
    “Decimus, dies ist Quindecimviri Renius Buteo. Er ist auch derjenige, welcher uns mehr über die Ange..legenheit erzählen kann, derentwegen wir heute hier sind.“
    Daraufhin wandte sich Gracchus‘ Blick wieder Renius zu.


    "Salve, Decimus Casca, es freut mich, dich kennen zu lernen"
    , tat auch der Quindecimvir der Formalitäten genüge.
    “Folgendermaßen“
    , fuhr er sodann mit einem etwas dozierenden Tonfall fort, als hätte er nur auf eine solche Gelegenheit gewartet. Tatsächlich war es so, dass Renius sich durchaus sehr gerne selbst reden hörte.
    “Wir haben ein Problem mit dem örtlichen Aedituus, Gaius Tantasius Crixus. Er stammt aus Augustonemetum in der Provinz Aquitania und verwaltet den Tempel seit etwa einem Jahr. Seit einigen Monaten erhalten wir immer wieder Beschwerden, dass Tantasius die Opfernden belehre, dass dieser Tempel des Mercurius einzig und allein dem Mercurius Avernus geweiht sei. Was natürlich völliger Unsinn ist, denn dieser Tempel stand immerhin schon lange bevor die Aquitanier überhaupt je etwas von Mercurius gehört hatten“
    , erklärte er kopfschüttelnd.
    “Wir haben Tantasius geben, dies zu unterlassen. In den letzten Wochen jedoch ist er laut Zeugenaussagen dazu übergegangen, den Tempel nur noch als Haus des Avernus zu bezeichnen und sogar jene abzuweisen, die Mercurius und seiner Mutter Maia ein Opfer bringen wollen!“


    Die Angelegenheit war, insbesondere in Anbetracht der Bedeutsamkeit dieses Mercurius-Tempels schlichtweg eine Impertinenz. Gracchus war darob durchaus geneigt, den Aedituus schlichtweg aus seiner Verpflichtung zu entlassen. Andererseits war gutes Kultpersonal schwer zu finden, eingekaufte Sklaven durchdrangen den römischen Kult oftmals gar nicht - und obgleich dies für die Hausmeisteraufgaben des Aedituus allfällig nicht notwendig war, so kam es doch immer wieder zu unerquicklichen Zwischenfällen mit diesen. Gerade für die großen stadtrömischen Tempel wurden darob freie Bürger bevorzugt, doch augenscheinlich war auch dies nicht immer die beste Wahl.
    “Für die meisten Römer sind die lokalen Beinamen unserer Götter schli'htweg Fremdkulte, tatsächlich aber ist Avernus nur ein Name, mit dem die keltischen Eingeborenen Mercurius benannten"
    , erläuterte Gracchus die Problematik für Casca eingehender, erwartete er doch nicht, dass jener zuvor diesen Namen jemals vernommen hatte. Selbst die Pontifices kannten nicht alle Beinamen, mit welchen die Götter in den entlegenen Provinzen betitelt wurden.
    "Es ist als würde ein Hispanier in Rom daran festhalten, seinen Tisch als mesa zu bezei'hnen - jeder Stadtrömer würde diesen Manne schlichtweg als provinziell erachten und darüber hinwegsehen, was dieser in seinem eigenen Hause tut. Im öffentlichen Falle, ins..besondere in Hinblick auf die Götter ist dies indes nicht tolerierbar.“

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  • Nachdem der Pontifex den Termin und somit meine rechtmäßige Anwesenheit bestätigt hatte, dauerte es auch nicht lange, bis der Quindecemvir Renius eiligen Schritts und leicht außer Atem auf der Bildfläche erschien. Sein Äußeres hatte schon ein paar aristokratisch- markante Züge und er war auch recht groß, sodass ich zu ihm aufsehen musste. Meine eigene Körperlänge war - im Gegensatz zum Verwandtschaftsverhältnis mit Senator Decimus Livianus - immerhin nichts, womit man angeben konnte. Aber dessen vollkommen ungeachtet, war mir dieser Mensch, dem ich auch sogleich vorgestellt wurde, in der Tat gänzlich unbekannt. “Es ist mir eine Ehre!“, antwortete ich nach seinem Gruß, wobei ich ein wenig auf dem Fußballen nach vorn wippte, mein Haupt andeutungsweise neigte und mich darüber diebisch freute, dass ich in der Angelegenheit, in der wir heute hier waren, inkludiert war. Sogleich begann Renius Buteo aber unter schulmeisterlichem Unterton auch die Umstände zu benennen, die eines Pontifex bedurften. Ich lauschte stumm und musste für mich feststellen, dass ich noch nie von einem Mercurius Avernus gehört hatte. Averner, die unter Vercingetorix den Aufstand probten? Ja! Anscheinend tat dies auch besagter Aedituus Tantasius aus Aquitanien insgeheim, der Opferwilligen die Tür wies, wenn sie diesem Avernus allein nichts zukommen lassen wollten. Zwar hatte ich keine Ahnung, wie der Aeditus auf diese Idee kam, noch wusste ich recht, was das zu bedeuten hatte. Nur Renius hatte gewiss recht, wenn er behauptete, dass der Tempel nun schon so lange stand. Kurz spähte ich zu dessen säulenloser Cella hinüber, die bestimmt schon stand, als Prometheus dem ersten menschlichen Erdenklumpen den Atem in die Nase blies.


    Ich nickte, als Flavius Gracchus mir erklärte, dass es sich bei Avernus um einen keltischen Beinamen handelte und dass es nicht tolerierbar sei, dass man aus dem großen Mercurius einen Fremdländer aus der Provinz machte und seine ehrenwerte Mutter verleugnete. Das ging doch zu weit! Das war infam! Und selbst in mir der ich immer noch nicht recht wusste, wie ich das alles einzuordnen hatte, wallte ein wenig spontane Zornigkeit über diesen Umstand auf. Schließlich war ich – selbst wenn ich in Griechenland aufgewachsen war – voll und ganz ein Römer in diesen Belangen. Ja, Mercurius selbst würde es gewiss nicht anders ergehen. “Ich verstehe!“, sagte ich dann und schaute dem Pontifex entgegen. Avernus – Averner – Aquitanien! “Ja, ich verstehe,“ gab ich noch einmal bekannt. “Dann nutzt der Aedituus Tantasius also seine Stellung aus… um… um… keltische Fremdkultur in den Tempel einziehen zu lassen?“ Es war nur eine Mutmaßung von mir und im Nachhinein wurde mir auch klar, dass ich dem guten Mann auch gar nichts unterstellen wollte. Erst recht nicht vor einem Pontifex. Eigentlich hatte ich gar nichts sagen wollen! Aber dennoch kam mir dieser Verdachtsmoment, der intuitiv meinem Munde entfleucht war.

  • “Möglicherweise“
    , entgegnete Gracchus bedächtig.
    “Indes wäre diese Vorgehensweise überaus unüberlegt, da nicht eben unauffällig.“
    Davon abgesehen, dass dem Flavier die keltische Kultur nicht als Kultur mochte gelten, würde er vermuten, dass eine solche Infiltration in kleineren Tempeln würde stattfinden, ganz davon abgesehen, dass der Sinn eines solchen Vorhabens ihm ohnehin gänzlich fern war, schlussendlich war Gallia Aquitana nicht erst seit gestern Teil des römischen Imperiums.


    "In der Tat! Seine Beweggründe sind mir schleierhaft“
    , warf nun auch Renius Buteo ein.
    “Bei meinem letzten Besuch hat er die Vorwürfe bestritten und davon gesprochen, dass man ihn wegen seiner Herkunft verleumden würde. Allerdings kommen die Beschwerden mittlerweile von zu vielen unterschiedlichen Seiten. Ich hoffe durch die erneute Konfrontation und im Beisein eines Pontifex wird er etwas gesprächiger sein. Sollen wir hinein gehen?“
    Noch ehedem er seine Frage beendet hatte, schickte sich der Quindecemvir bereits an, den Weg anzutreten.


    Der Flavier indes hob seine Hand und hielt ihn zurück.
    “Warte.“
    Einige Herzschläge lang blickte er nachdenklich zu den steinernen Treppen des Tempels hin, dann fokussierte er Casca.
    “Decimus, wärst du bereit, dem Mercurius und seiner Mutter ein kleines Opfer darzubringen? Eine Konfrontation mit einer gegebenen Tatsa'he wird uns zweifelsohne weit dienlicher sein als schlichtweg neuerliche Anklagen.“
    Renius selbst war dem Aedituus immerhin bereits bekannt und der Flavier in seiner amtlichen toga praetexta allfällig ein wenig auffällig.

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  • Vielleicht war meine Vermutung ja doch nicht gänzlich unberechtigt, aber wie es der Pontifex schon sagte wäre es sehr unbedacht von besagtem Aedituus seine Stellung auszunutzen, um den Kulturkreis, dem er entstammte auch in einem Mercurtempel ein wenig auszuweiten. Aber nun, sollte es wirklich so sein, so würde er es gewiss nicht freiwillig zugeben. So hatte wohl Renius Buteo ebenfalls recht. Wahrscheinlich war es wirklich das Beste, den Mann gleich sofort mit dem Flavius zu konfrontieren, um ihm ein Geständnis zu entlocken. Immerhin ging es hier um einen guten, durch und durch römischen Gott, wie ich meinte. Dieser bewachte den Handel und das Gewerbe, Reichtum und Gewinn und es wäre eine Schande, ihn durch irgendwelche Zusätze aus peregrinen Gedankenwelten zu verunreinigen. Und seine Mutter auch! Er musste wirklich zur Rede gestellt werden!


    Ich war auch drauf und dran mich in Bewegung zu setzen, nachdem der Quindecemvir sich schon aufmachen wollte, um den kurzen Weg hinüber zum Tempel zu bestreiten, doch ich hielt inne, als Pontifex Flavius nun gebot noch einen Moment zu warten und zur Cella hinüber blickte, als stünde dort die Antwort auf das Geheimnis von Tantasius Crixus in Stein gemeißelt. Ich runzelte meine Stirn ein wenig und wartete ab, zu welchen Schlüssen der Flavier kam. Die Frage, die er nach seinem kurzen Nachsinnen allerdings an mich richtete, überraschte mich doch sehr. “Ich…“ wusste einen Moment gar nicht was ich sagen sollte. Ich sollte dem Mercurius jetzt und gleich und hier ein Opfer darbringen? Ich warf Muckel einen Seitenblick zu, der im Ansatz vielleicht ein wenig panisch wirkte. Was sollte ich denn opfern? Ich hatte doch gar nichts mitgenommen. Mein Blick zuckte der güldenen Quadriga entgegen, dann schaute ich wieder den Flavier an. “Ja, natürlich!“, entkam es mir, ehe mir dämmerte, was diese Sache denn bezwecken sollte. Immerhin konnte es ja sein, dass ich mit dem Vorhaben Bitten an Mercurius und seine Mutter richten zu wollen, schon im Vorfeld vom aquitanischen Tempelvorsteher abgewiesen wurde. Das wiederum würde die Tatsache schaffen, von der der Pontifex gesprochen hatte. “Ich bin gerne bereit zu opfern und zur Erhellung der Sache beizutragen,“ brachte ich dann noch an und atmete einmal tief durch. “Ich werde hinüber gehen und mich für meine Bitten eindeutig auf Mercurius und seine Mutter berufen...“ Und dann? “Und wenn ich abgewiesen werde, dann komme ich hier her zurück und erstatte Bericht?“ Denn immerhin war das wohl der Berichtslage sehr wahrscheinlich.

  • Gracchus nickte, noch immer ein wenig nachdenklich.
    "Allfällig bedarf es nicht einmal eines tatsächli'hen Opfers. Du könntest ebenso mit einigen Fragen beginnen und dabei eine Reaktion provozieren."
    Er musterte Cascas Äußeres - dabei die augenfällige Attraktivität nicht allzu sehr in den Vordergrund rückend.
    "Die Decima stammt doch aus Hispania, nicht wahr? Du könntest dich erkundigen wollen, was in Rom dem Mercurius ein angemessenes Opfer ist im Ver..gleich mit Hispania ... etwas in dieser Art."
    Der Flavier selbst war nie in Hispania gewesen und hatte keinen Schimmer, ob es dort einen Unterschied in der Art und Weise der Opferungen gab - doch für den Aedituus Tantasius mochte dies ebenso gelten.
    "Letztendl'ch kommt es nur darauf an, dass wir ihm nicht nur mit einigen Anschuldigungen entgegen treten."
    Im schlechtesten Falle mochte sonstig Aussage gegen Aussage stehen und ein Gericht sich mit dieser lästigen Angelegenheit befassen müssen, was in jedem Falle ein schlechtes Licht auf den Cultus Deorum würde werfen, am Ende gar den Zorn der Götter - respektive eine Disharmonie der göttlichen Prinzipien - mochte evozieren.

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  • Innerlich doch sehr gespannt harrte ich der Reaktion, die seitens des Flaviers folgen würde. Und als dieser dann meinte, dass es wahrscheinlich nicht einmal eines wirklichen Opfers bedurfte war ich schon ein wenig beruhigter. Immerhin war ich gänzlich unvorbereitet, auch wenn ein wenig Kontakt zum Unsterblichen des Gewerbes meinen Betrieben vielleicht durchaus gut bekommen würde. Also nickte ich hastig und lächelte ein wenig einseitig, während ich der weiteren Worte lauschte. Natürlich stammte meine Gens hauptsächlich aus Hispania, doch ausgerechnet ich gehörte nicht dazu, denn mein Herkunftsland war Griechenland, was mich dazu verdammte leider nichts von den etwaigen Gegebenheiten eines hispanischen Mercuriuskultes zu wissen. Aber wie ich sogleich auch noch vernahm kam es ja nur auf darauf an von Tantasius Crixus belehrt und möglicherweise einen Stein des Anstoßes in die Hand zu bekommen. “Ich...ahm… stamme aus Piriäus,“ konnte ich aber nicht verhindern zu sagen. “Von daher wäre eine Frage nach hispanischen Opfern für mich kein leichtes Unterfangen, da ich mich nicht… nun ja… nicht sonderlich gut mit ihnen auskenne. Aber ja, ich könnte fragen.“ Dennoch wäre es wohl verräterisch, wenn es bei dem Gespräch doch allzu arg ins Detail ginge. Ebenso fieberhaft wie flüchtig überlegte ich deshalb, wie man es denn anstellen könnte, den Aedituus in anderer Form aufs Glatteis zu führen. “Ah!“, entkam es mir und ich schnippte erlöst unter einer hauchzarten Idee mit den Fingern. “Ich könnte ihn fragen, wie es mit Mercurius in Bezug auf Hermes aussieht. Also von Achaia aus gesehen. Also ich könnte ihn beispielsweise fragen, ob es auch in Rom üblich ist am Mercuriustag die mitgebrachten Dinge mit… feuchten Lorbeerzweigen zu besprenkeln, oder ob es auch genügt… sagen wir… andere Zweige zu verwenden… oder dergleichen…“ Meine Miene wurde wieder etwas fragend, denn ich war mir nicht ganz sicher, ob es nicht doch eine dumme Idee war.

  • Ein wenig erstaunt blickte Gracchus auf als Casca seine Provenienz nannte.
    "Ach, Piraeus"
    , repetierte er anerkennend als wäre dies eine Auszeichnung, welche Casca durch übermäßige Leistung errungen hatte. Und tatsächlich war die Herkunft aus der Provinz Achaia die einzige, welche der Flavier neben jener aus Rom als eine vorzügliche mochte gelten lassen, während er alles andere - inklusive Hispania - schlichtweg als mehr oder minder kultiviertes Hinterland betrachtete. Augenscheinlich schien diese vorzügliche Abstammung auch sogleich Ausdruck zu finden in dem alerten Alternativplan, welchen der Decimus sogleich ersann, ob dessen Gracchus konsentierend nickte.
    "Dies erscheint mir eine vortreffli'he Strategie, welche zweifelsohne die erhoffte Replik des Aedituus provozieren wird. Renius?"

    Der Quindecimvir war eher ein Mann direkten Agierens - wortreich oder tatkräftig -, zudem hatte er zum Nachmittag hin einen Termin mit einer ganz vorzüglichen Masseurin, welchen er bereits in weiter Ferne schwinden sah - allerdings lag es ihm fern einem Pontifex zu widersprechen.
    "Ja, ja, das klingt sehr sinnvoll“
    , bestätigte er darob hastig und wurde schon jetzt ein wenig rastlos, da ihn diese Aktion vorerst zur Untätigkeit verdammte und seine weiteren Pläne von einem jungen Mann abhängig machten, dessen Aufgabe er noch nicht gänzlich konnte zuordnen.

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  • Erleichtert nahm ich das Nicken des Flaviers zur Kenntnis und musste feststellen, dass mein Lächeln darunter sogar noch eine Spur breiter wurde. Anscheinend war es doch keine so dumme Idee, wenn diese schon als 'vortreffliche Strategie' tituliert wurde. Mein Blick schwenkte sodann hinüber zu Renius, doch auch dieser schien meinen Vorschlag als sinnvoll einzuschätzen, auch wenn ihm sonderbarer Weise nun ein wenig Hektik ins Gesicht geschrieben stand. “Nun denn!“, entkam es mir, während ich nun von meinem wunderbaren spontanen Plan noch innerlich bewegt einmal auf den Fußballen auf und ab wippte und ein weiteres “Wohl an!“ nicht verkneifen konnten. Dann schaute ich zum Tempeleingang hinüber, hinter dessen Pforte der Adituus Tantasius höchst ahnungslos sich aufhielt. “Soll ich noch irgendetwas beachten?“, fragte ich noch einmal, obwohl ich mich nunmehr schon in Bereitschaft befand zum Ort des zukünftigen Geschehens hinüber zu schreiten. “Ich nehme an, dass ihr hier warten werdet?“

  • Da Gracchus sich nicht recht konnte imaginieren, was Casca tatsächlich würde erwarten, mochte ihm gleichwohl nichts in den Sinn gelangen, was jener hätte beachten sollten, so dass er schlichtweg leicht den Kopf schüttelte, und auch Renius schien dem nichts hinzufügen zu wollen.
    "Wir werden hier warten, hö'hstens uns ein wenig die Füße vertreten, in diesem Falle indes einen der Liktoren zurücklassen."
    Allzu weit würden sie sich auch nicht entfernen, doch zwischen all den Menschen um den Circus Maximus herum womöglich dennoch nicht allzu leicht zu entdecken sein für jemanden, der nicht wusste, wo er suchten sollte. Einen Augenblick wurde Gracchus' Aufmerksamkeit auf den Tempel gelenkt, dessen Stufen just eine alte Frau mit einem leeren Weidenkorb in der Hand kopfschüttelnd und in Selbstgespräche versunken hinab kam. Er nickte Casca ein wenig aufmunternd zu, denn zweifelsohne war dies nun die Gelegenheit den Tempel aufzusuchen.

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  • Hier zu stehen und schon innerhalb der nächsten Minuten zu einem Spion des Pontifex zu werden war schon eine aufregende Sache und in der Tat konnte ich bereits spüren, wie mein Herz in der Brust klopfte. Dennoch! Ich war wild entschlossen diese Aufgabe zu meistern und die Erwartungen, die nun an mich herangetragen worden waren zur Gänze zu befriedigen. Ich schenkte Muckel einen Seitenblick und eine flüchtige Geste mit der Hand, als Zeichen dafür, dass auch er an Ort und Stelle verweilen sollte. “Jawohl!“, quittierte ich dann den Entschluss des Pontifex und deutete zum Gebäude hinüber. “Ich werde mich nun auf den Weg machen!“ Schnell lächelte ich noch einmal nickend, um meinem Vorhaben Nachdruck zu verleihen und wendete mich dem kleinen Tempel entgegen, auf welchen ich dann auch sogleich zu schritt. Immerhin galt es nun keine Zeit zu verlieren. Zeit in welcher sich das mit innewohnende kleine Pflänzchen der Nervosität noch zu einem Baum auswachsen würde. Auf meinem Weg passierte ich einige Schlenderer, andere Opferwillige und ein älteres Mütterlein, welches gerade sich selbst einige Worte zu murmelte und einen leeren Weidenkorb in den Händen hielt. Insgesamt machte sie einen sehr unzufriedenen Eindruck, was bestimmt an ihrem Erlebnis im Tempelinneren lag. Nun direkt vor der Türe stehend schaute ich mich noch einmal um, doch der Flavier schien bereits sein Vorhaben umgesetzt zu haben und war nicht mehr zu entdecken. Nur mein Muckel stand noch wie angewurzelt an da und hielt mich mit seinen Blicken fixiert. Während ich ihn anschaute zuckte er mit den Schultern und ich konnte nicht anders, als es ihm nachzutun. Dann schöpfte ich tief Atem in meine Lungen, straffte meine Haltung und betrat unter meinem defizitären Knie noch immer leicht hinkend die Cella, aus der mir auch sogleich der unverwechselbare weihrauchgeschwängerte Brodem entgegen schlug, der einem Tempel immer innewohnte. Der Raum, in welchem Mercurius an diesem Ort seine Bleibe hatte war wirklich nicht sonderlich groß und kurz erfasste ich das Kultbild, vor dessen kleinem Altar ein Tempeldiener gerade dabei war einige Gaben abzuräumen. Dieser schlaksige, junge Mann war sicherlich nicht der Adituus Tantasius Crixus, doch steuerte nun auf ihn zu, um ihn nach dem Aufenthaltsort desselben zu fragen.


    “Salve!“ wurde ich auch sogleich begrüßt. “Du willst opfern?“
    “Nun ja,“, erklärte ich und nickte schließlich. “Doch zunächst wollte ich mich erkundigen, ob denn der Adituus des Tempels für mich zu sprechen wäre, denn ich habe eine Frage bezüglich eines… gewissen Procederes… welches… den Festtag des Mercurius betrifft und da ich dabei keine Fehler machen wollte, wäre es gut, wenn mir Tantasius Crixus ein wenig Gewissheit… in Bezug auf diese Sache… sagen wir… verleihen würde….“
    “Klar! Der ist da!“, wurde mir von dem jungen Mann entgegen gebracht. “Ich gehe ihn holen!“
    “Wunderbar!“, gab ich mit einem mühsamen Strahlen im Gesicht von mir, während ich noch einmal nach Atem schöpfte. “Ich werde genau hier warten!“, erklärte ich, indem ich auf den Boden vor mir deutete.
    Der junge Mann schaute mir fragend entgegen, ehe seine Blicke über das Standbild des Mercurius glitten. “Vielleicht wartest du doch besser da drüben!“
    Auch schaute noch einmal an der jugendlichen Gestalt des Gottes empor, der in strahlender Unbekümmerheit und mit seinem Caduceus in der Hand auf mich hinunter blickte. Wahrscheinlich wäre es wirklich besser den Standort zu wechseln.
    “Gut.. gut...“ Unter einem Nicken trollte ich mich nach 'da drüben' und legte mir im Geiste noch einmal die Worte zurecht, welche ich dem Tempelvorsteher entgegen zu bringen gedachte. Der Bedienstete unterdessen huschte hinfort und entschwand meinem Blick.

  • Gaius Tantasius Crixus [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/nsc/Crixus.jpg]


    Müll. Alles nur wertloser Müll. Tontafeln, in die Schiffe, Wägen oder gleich Sesterzen geritzt waren, manchmal gar nur Holzbrettchen. Ein paar schlecht gearbeitete Figuren aus Bein oder Ton. Und eine Kette aus bunten Glasperlen. Der Aedituus Tantasius Crixus steckte die Kette in den kleinen Beutel, den er am Gürtel trug, und warf den Rest in einen großen Sack.


    "Crixus, oben im Tempel braucht jemand Hilfe vom Aedituus."
    Tantasius wandte sich um und blickte in Silanions immer fröhliche Gesicht, das durch einen Spalt in der Tür hineinblickte. Er hatte nicht gehört, dass der Sklave die Tür zu diesem Lagerraum geöffnet hatte, der sich unterhalb der cella befand und in welchen alle paar Tage die nicht verderblichen Opfergaben aus dem Tempel hinabgebracht wurden.
    "Ich komme." Der hagere Aedituus löschte die Öllampe, die den dunklen Raum mäßig ausleuchtete, und trat durch die Tür, die er hinter sich schloss. Dann drückte er Silanion den Sack in die Hand. "Hier, sortier das und entsorge es." Ohne eine Antwort abzuwarten wandte er sich um, klopfte sich die beigefarbene Tunika sauber und eilte um den Tempel herum.


    Schnell, aber nicht hastig, stieg er die Treppe hinauf und trat in die cella ein. Es wartete dort nur ein Besucher, ein junger Mann, ein paar Jahre jünger als der Aedituus selbst vermutlich.
    "Salve, edler Herr!" Die Erscheinung und Qualität der Kleidung ließ zweifellos auf einen Bürger schließen. "Ich bin Tantasius Crixus, Aedituus dieses Tempels. Wie kann ich dir helfen?"



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  • Kaum war der Diener verschwunden war ich auch schon einen Moment mit mir und der Gottheit allein. Noch einmal blickte ich dem Bildnis entgegen und versuchte meine Gedanken zu sortieren, während tiefer Atem in meine Lungen fließen sollte, um mich bei diesem Unterfangen zu unterstützen. Nur ruhig Blut, Casca!“, redete ich mir selber zu, während ich mir selbst nervös an den Händen herum fingerte. Doch das konnte es doch einfach nicht sein! In einem festen Versuch, mich und mein Gefühlsleben wieder auf Spur zu bringen, straffte ich meinen Leib und legte die Hände wohlweislich auf den Rücken, während ich nun in würdevoller Grazie da stand, unter welcher ich auch letzten Endes vom Adituus angesprochen wurde. Ich drehte mich zu ihm herum, setzte ein Lächeln auf meine Lippen und nickte ihm zu. Das war also Tantasius Crixus! Flüchtig erfasste mein musterndes Augenmerk seine Gestalt und ich ertappte mich dabei wie ich versuchte etwaige peregrine Einflüsse in dem fremden Gesicht auszumachen. Doch bis auf die heller geratenen, längeren Haare konnte ich nichts feststellen. “Salve Adituus Tantasius! Mein Name ist Cnaeus Decimus Casca!“, sagte ich schließlich und ließ meine Hände hinter dem Rücken wieder hervor schnappen, um sie vor meinem Bauch ein wenig zusammen zu legen. “Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen, doch mich beschäftigt eine Frage, bei der ich mir erhoffe, bei dir eine Antwort zu finden. Sie betrifft Mercurius und da dachte ich mir, Casca, dachte ich mir, wer wenn nicht der Adituus des altehrwürdigen Tempels gegenüber des Circus Maximus könnte mir mehr Aufschluss geben!?“ Vielleicht waren meine Worte ein wenig zu schmeichlerisch, doch war es nicht immer gut jemanden zu bauchpinseln, den man eigentlich schnöde auf's Glatteis zu führen gedachte?

  • Gaius Tantasius Crixus [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/nsc/Crixus.jpg]


    Der Aedituus betrachtete den Decimus mit freundlichem, aber durchdringendem Blick während dieser sein Anliegen erklärte. Tantasius' Kopf neigte sich ein wenig nach vorne als er schlussendlich mit sorgfältiger Intonation, als würde er mit einem Kind sprechen, antwortete:
    "Ganz recht, dies ist der Tempel des Arvernus, der den Beinamen Mercurius trägt."
    Ein zufälliger Lufthauch zog durch die Türe des Tempels herein und ließ die Flammen der Kerzen und Öllampen flackern, dass die Schatten, welche Figuren und Opfergaben an die Wände warfen, einen Augenblick lang tanzten.
    "Dein Scharfsinn hat dich also zurecht hierher geführt!"
    Tantasius öffnete die Hände in einer einladenden Geste und fuhr in lockerem Plauderton fort. "Und ich werde deine Fragen gerne beantworten, sofern es mir möglich ist."


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  • Ich lächelte höflich und ebenso freundlich, wie der Vorsteher des Tempels, doch kam ich nicht umhin dessen Blick als ein wenig aufdringlich zu empfinden. Irgendwie kam er mir so vor wie ein Kater, der vor einem Mauseloch harrte, um darinnen jede noch so kleine Regung schier erspüren zu wollen. Ja, ich musste feststellen, dass mich sogar schon eine leichte Gänsehaut ergreifen wollte, als er nun auch noch diesen heiligen Ort als die Heimstätte des 'Avernus' bezeichnete, der nur den Beinamen des Mercurius tragen würde. Stumm öffneten sich schon meine Lippen ob dieser impertinenten Verdrehung der eigentlichen Tatsachen, doch schlossen sie sich auch sogleich wieder. Immerhin wollte ich ja, dass Tantasius mir keinen Widerstand entgegen brachte, sondern mich sogar noch mit weiteren impertinenten Behauptungen fütterte, damit ich auch redlich Bericht erstatten konnte. Dennoch. Mein aufgesetztes Lächeln verlor ein wenig an Entschlossenheit, als nun ein leichter, lauer Luftzug durch die Cella streifte, mich dabei umschmeichelte und die Flämmchen der Lichter zum Flackern brachte. Meine Gänsehaut legte noch ein wenig an Intensität zu und ich spähte – hoffentlich unauffällig – zum Standbild des großartigen Mercurius hinüber, der noch immer in jugendlicher Eleganz da stand und die Welt um sich herum mit einem göttlich-feinsinnigen Lächeln betrachtete. Wie übernatürlich! War dies ein Zeichen? Meine Blicke zuckten wieder zu Tantasius zurück und ich hob prüfend eine Augenbraue an. Dabei wollte ich eigentlich gar nicht offensichtlich skeptisch wirken. Scharfsinn hin oder her.


    Tantasius öffnete einladend die Hände und schien nun bereit für meine Fragen zu sein, wobei er sich von dem gespenstisch-bewegenden Hauch offenbar gar nicht beeindruckt zeigte. “Nun… also…!“, riss ich mich aus meiner aufkeimenden Starre und begann nun meinerseits die Hände zu heben, um meinen Worten mit einigen Gesten ein wenig mehr Ausdruck zu verleihen. Ja, meine Worte. Wo waren sie? “Ah ja…Da ich unter anderem auch ein Mann des Handels bin und besonderen Wert auf einen glücklichen Ausgang meiner Geschäfte lege, habe ich mir gedacht, dass es von besonderer Dringlichkeit ist, dass ich die Mercuralia in den Iden des Maius mit besonderer Aufmerksamkeit bedenke, um nicht durch etwaige Fehler aus der Gunst des großen Schutzherren meiner Zunft zu fallen...und auch seine hochverehrte Mutter möchte ich an diesem Tage preisen und ihr vielleicht eine trächtige Sau opfern….“ Ich hatte in ehrerbietiger Weise zum Standbild hinüber gedeutet, doch nun waren meine Arme und Hände wieder ganz bei mir. “Ich will in meiner Verehrung keinerlei Fehler begehen und da neulich im Kreise meiner Geschäftspartner verwirrende Fragen aufgekommen sind, möchte ich nun von dir wissen, ob es wirklich statthaft ist, die mitgeführten Gaben sowie unsere Häupter mit wässrigen Palmenwedeln zu besprenkeln. Dabei war ich der festen Überzeugung, dass es sich um Lorbeer handeln müsse und auch meinte einer meiner Bekannten, dass sich die Maia auch mit einem fetten Hahn und etwas Bingelkraut zufrieden geben würde, was ich aber nicht so recht glauben kann.“ Erwartungsfroh und fast ein wenig verschwörerisch hatte ich unter den letzten Sätzen meine Stimme gesenkt und mich meinem Gegenüber ein wenig entgegen geneigt, ganz so, als wolle ich den Eindruck erwecken, etwas vollkommen Unstatthaftes von mir zu geben, von dem ich nicht wollte, dass es die große Gottheit zu unserer Linken hörte.

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    Zwischen die Erklärung des Decimers murmelte der Aedituus bisweilen ein “Aha“ oder “Hmm“, unterbrach ihn jedoch nicht. In Crixus‘ Alltag gab es in diesem Tempel zwei Kategorien von Menschen - die einen mit viel Geld, denen er schmackhaft machen musste, genau dieses im Tempel zu lassen, und die anderen, die er allmählich von der Interpretatio celtica - wie er es nannte - überzeugen musste. Auch wenn der Mann vor ihm eine ordentliche Erscheinung abgab, schien er ihm nicht gerade wie ein fetter Hahn, den man schlachten konnte, andererseits sprach er von sich als Mann des Handels, so dass es durchaus möglich war, dass er ein größeres Vermögen zu investieren hatte - immerhin wollte er zusätzlich eine ganze Sau für Maia opfern.
    “Wenn dir deine Geschäfte am Herzen liegen, mein Freund, dann ist es wirklich gut, dass du hierher gekommen bist. Denn wenn du an den Arvernus denkst, dann wird der Arvernus auch an dich denken“, begann er erst einmal ganz unverbindlich.
    “Viel wichtiger als Palmwedel und Lorbeer ist wie du dein Opfer präsentierst. Denn darum geht es doch beim Handel, nicht wahr? Würdest du nicht auch viel eher einen Ring kaufen, der auf einem seidenen Kissen liegt als einen, der auf schnödem Holz präsentiert wird? Um das Wohlwollen des Mercurius Arvernus zu erlangen ist es immer eine gute Idee, an glänzenden Beigaben nicht zu sparen! Und Rosmerta - denn diese wird dir bei deinen Handelsgeschäften helfen, nicht Maia - ist am ehesten zu beeindrucken mit schönen Perlen.“
    Als hätte er es beinahe vergessen, fügte er hinuzu: “Ah ja, und eine Sau natürlich! Einen Hahn, tztztz...“ Crixus schüttelte theatralisch den Kopf. “Wo sind deine Freunde nur aufgewachsen? Nein, nein, mein Freund, du hast deine Wahl sehr gut getroffen mit einer Sau. Und was schwebt dir für den Arvernus vor? Wenn du wirklich auf Nummer Sicher gehen willst, dann kann ich dir einen Bock besorgen, ein kräftiges, gut genährtest Tier mit schönen großen Hörnern!“ So groß, dass die Vergoldungen der Höhrner ein schönes Sümmchen einbringen würde.


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  • Der Avernus würde an mich denken? Vollkommen unwillkürlich lupfte ich meine rechte Augenbraue in die Höhe, als der Adituus nunmehr mit seinen Ausführungen begann und ein weiteres Mal musste ich mich ermahnen, nicht zu wachsam zu erscheinen. Nein, viel eher sollte ich mich doch von den Erklärungen die nun an mich gerichtet waren einlullen lassen. Kindlich naiv wollte ich wirken - das nahm ich mir zumindest vor. So wie er sprach, waren weder Palm-, noch andere Wedel in der Verehrung von Belang, sondern lediglich die Präsentation der Opfergaben. Ich nickte unter einer in öligem Grinsen verzerrten Miene und brachte ein “Ja, das wird wohl so sein,“ heraus. In der Tat war es wohl so, dass die Götter glänzende Dinge bevorzugten, doch schwenkten meine Gedanken dabei eher hin zum präparierten Fell- und Hornglanz etwaiger Opfertiere. Schimmernd und lichtfunkelnd, so gut es eben ging. Ja, das mochte noch angehen. Doch die Beigaben? Wieder gewann der Argwohn in mir die Oberhand und obsiegte vollkommen, als nun die großartige Mutter des Mercurius ganz beiläufig zur „Rosmerta“ gemacht wurde, mit der ich absolut rein gar nicht anfangen konnte, und mit der einen guter Römer auch einfach nichts verbinden sollte. “Also eine Sau!“, stellte ich ein wenig leise fest, bevor ich meine Lippen flüchtig aufeinander presste und fieberhaft nachdachte. “Nun, meine Freunde… sie stammen aus Pannonien. Zumindest einer von ihnen!“ Natürlich hoffte ich, dass der Adiuus mit dieser Aussage nichts anfangen konnte. Ich selbst kannte diese Provinz nur vom Hörensagen. “Und für Mercurius, nein, für Mercurius- Avernus hatte ich angedacht in der Tat einen Widder oder einen Bock zu opfern. Nur dachte ich nicht glänzende Beigaben oder gar Perlen. Viel eher an ein wenig Räucherwerk, Wein, Bohnen und ein paar Krokusblüten.“ Ich blickte für einen kurzen Moment nachdenklich drein und sprach dann weiter. “Aber sagt mir doch, verehrter Adituus, warum ist es nicht Maia, sondern Rosmerta, der ich opfern soll? Ich will ja wie gesagt nicht den kleinsten Fehler begehen! Nicht dass am Ende noch die Maia mir zürnt und sowohl meinen Geschäften als auch mir selbst nicht mehr wohlwollend gegenüber steht? Ich bin ja willig zu geben was recht ist, aber nun bin ich doch ein wenig verunsichert. Vielleicht könntest du es mir erklären?“ Ich war bemüht meiner Stimme einen dümmlich- naiven Unterton beizumischen und gewiss war mir das auch recht gut gelungen.

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    "Pannonien!" Der Aedituus schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen zur fernen Tempeldecke und machte somit deutlich, dass er nichts, aber auch gar nichts von den Einwohnern dieser Gegend hielt. Nicht, dass Tantasius genau wusste, wo diese Gegend einzuordnen war - zumindest nicht zwischen Aquitania und Rom, soviel war sicher -, doch dies war schlussendlich auch nicht relevant.


    "Räucherwerk und Wein, ja, ja. Aber Bohnen? Und Krokusblüten?" Wieder schüttelte der Aedituus den Kopf, vordergründig ein wenig enttäuscht. "Für den Gott des Handels und Wohlstands?" Diesen Zweifel zu sähen, musste ausreichen.


    Dann wiederum war Crixus ganz in seinem Element. "So überlege doch nur, mein Freund - Maia, Göttin der Fruchtbarkeit und des Frühlings ... bist du ein Bauer, der der darauf angewiesen ist, dass sich seine Schweine vermehren und seine Apfelbäume blühen? Oder bist du ein Geschäftsmann, der darauf hofft, dass sich seine Sesterzen mehren und sein Handel blüht? Rosmerta ist die, die das Geld in Händen hält und verteilt, aus deren Füllhorn Reichtum fließt und die den guten Handel gewährt. Arvernus und Rosmerta werden dir deinen Wohlstand sichern - wenn du dich ihnen, hier in ihrem Tempel, großzügig zeigst. Do ut des - so geht das Geschäft mit den Göttern!"



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