Dunkle Wolken ziehen auf - nach den Saturnalien

  • Der Abend war lang und Runa hatte dem Met reichlich zugesprochen. Doch die gewünschte Wirkung des Vergessens wollte sich einfach nicht einstellen im Gegenteil Runas Wut war im Laufe des Abends noch angewachsen. Die Vorfälle in der letzten Zeit. Die damit verbundenen Selbstvorwürfe, die sich ihr Mann machte. Die aus Runas Sicht vollkommener Schwachsinn waren.
    Und dann noch der heutige Auftritt Kaesos mit jener Person. Kaum im gemeinsamen Zimmer angekommen, schleuderte Runa ihren Mantel in die Ecke und schimpfte auf germanisch vor sich hin. Ja sie zeterte so richtig. Curio würde wohl kein Ton verstehen, aber merken, dass sich da mehr als nur ein kleines Unwetter zusammenbraute....

  • Erst spät kamen Curio und Silvana in die Casa zurück. Schon den ganzen Weg über hatte der Helvetier gemerkt, dass seine Frau sehr dem Alkohol zugesprochen hatte, was ihn ein wenig beunruhigte, da er diese Art von ihr nicht kannte. In der Öffentlichkeit, auf dem Weg hatte sie sich noch zurückgehalten, doch jetzt, just in dem Moment, als sie in ihr Zimmer traten, schmiss sie ihren Umhang in die Ecke und begann lauthals vor sich hinzuschimpfen. Eigentlich wusste Curio gar nicht, dass sie schimpfte, weil er kein Wort von dem verstand, was sie sagte, lediglich der Sprachklang wirke so und hörte sich fast schon an, als würde sie wilde Verwünschungen ausstoßen, und das, zumindest das war ihm klar, in ihrer Heimatsprache.


    Wenn du dich schon ärgern willst, könntest du es wenigstens so tun, dass ich verstehe, worüber du dich su aufregst.


    sagte er ruhig, legte ebenfalls sein Umhang ab und legte ihn in einen der Korbstühle. Dann ging er hinüber zur Wasserschüssel und begann, sich die Hände und das Gesicht zu waschen. Für ihn war der Abend sehr ergiebig gewesen. Er hatte nicht nur den Kontakt zu Seneca intensiviert, er hatte am Rande auch ein paar Gespräche mit Decurionen zu seiner Hafenordnung führen können. Das Auftauchen Kaesos und Begleitung von Phryne hatte den Abend für ihn nur ein wenig beeinträchtigt, zumal er es ansonsten fast immer geschafft hatte, einen Bogen um die beiden zu machen.

  • Runa wirbelte herum und sah ihren Mann völlig verständnislos an. Er wusste nicht worüber sie sich aufregte? Tat er nur so oder wusste er es wirklich nicht? Nun er schien mit dem Abend heute ja recht zufrieden. In Runa aber brodelte es und zwar gewaltig.
    „Worüber ich mich aufrege?“ äffte sie ihn tatsächlich nach? Ja tat sie. Aber, und spätestens jetzt sollten bei Curio alle Armarmglocken anfangen zu läuten Runa wurde leise, gefährlich leise als sie weiter sprach.
    „Denn ganzen Abend so tun als wäre alles in Ordnung geht nur nun mal an die Substanz. Denn du weißt selber sehr genau, dass nicht alles in Ordnung ist. Alpina hat unheimlich mit den Nachwirkungen zu kämpfen. Und du? Was machst du? Du machst dir Selbstvorwürfe. Dabei ist es nicht deine Schuld. Wenn überhaupt jemand Schuld an dem Ganzen trägt, dann dein Bruder. Denn er und nur er wäre für den Schutz seiner Frau verantwortlich. Aber der verantwortungslose Kerl hat es ja vorgezogen irgendwo im römischen reich zu verschwinden und sich nicht mehr zu melden. Alpina leidet auch darunter. Mich würde es nicht wunder wenn sich dein Bruder, der eigentlich hier bei Frau und Kind sein sollte unter einem Weiberrock verkrochen hat. Und dann noch diese... diese Person. Ja Runa wollte nicht mal den Namen aussprechen. „Macht sich an jeden ran von dem sie sich etwas verspricht. Warum hast du es zugelassen, das Kaeso in ihre Fänge geraten kann? Der arme Tölpel weiß doch gar nicht wie ihm geschieht.“ Ja Runa ließ alles raus, was sich angestaut hatte. Bisher hatte sie auf Rücksicht geschwiegen, aber das heute war einfach zu viel. Zu lange hatte sie alles unterdrücken müssen und das hätte sie keinen Augenblick länger ausgehalten.

  • Curio ließ sich das lauwarme Wasser über die Hände, die Unterarme laufen, schrubbte sich ein paar Mal durchs Gesicht, um die Gerüche des Tages zu verscheuchen, wurde dabei aber vollkommen von der neuerlichen Tirade seiner Frau überrascht. Mit jedem neuen Vorwurf drehte er sich langsam in ihre Richtung. Sein Gesicht verriet sein Unverständnis, die Augen zweifelnd die sonst so liebevollen blauen Augen seiner Silvanas suchend, die Stirn gerunzelt, streifte er sich das Wasser von den Armen und hoffte, dass sie es nichts ernst meinte, doch war davon nichts zu sehen.


    Du... kannst doch nicht glauben, dass... ich das jetzt so stehen lasse?


    sagte er, immer noch ruhig, wenn auch deutlich ungehaltener, da er sich nun ziemlich sicher war, dass Silvana jedes Wort so gemeint hatte, wie sie es aussprach, und dass das alles wahrscheinlich schon länger in ihrem ihrem Kopf herumwanderte und jetzt grade bloß durch den Alkohol einen Ausweg in die Welt gefunden hatte. Ungläubig schüttelte er den Kopf.


    Das ist doch absoluter Unsinn. Natürlich leidet Alpina und genau deswegen habe ich sie doch eingeladen, mit uns zu dem Fest Senecas mitzukommen. Dass Kaeso tatsächlich so... abhängig ist, sich von Phryne dorthin mitschleppen zu lassen, konnte niemand ahnen, aber dass du dafür nun ausgerechnet mich verantwortlich machst, ist unmöglich.


    Erneut schüttelte er den Kopf, überrascht, verletzt, aber auch wütend über all das, was ihm Silvana grade an den Kopf geworfen, ja, regelrecht vor seine Fuße gespuckt hatte.


    Ich habe den Jungen gewarnt, habe ihm gesagt, dass er vorsichtig sein soll, aber er ist alt genug um seine eigenen... Entscheidungen zu treffen. In seinem Alter war ich auch dazu gezwungen und er hätte auch dazu im Stande sein müssen. Er hat sich für diese Lupa entschieden, er hat entschieden, unser Haus zu verlassen, er hat sich... willfährig mit zu der Feierlichkeit nehmen lassen in dem Wissen darum, dass wir wahrscheinlich auch dort sein werden. Wann versteht ihr endlich, dass er kein Kind mehr ist? Dass er seine eigenen Entscheidungen treffen muss? Und dass er verdammt nochmal auch mit den... daraus entstehenden Konsequenzen leben muss?


    Curio atmete tief durch. Es war ungerecht, wofür ihn Silvana hier verantwortlich machte. Der Junge war alt genug, um sein eigenes Leben zu führen und wenn er sich dafür entschied, den Menschen vors Schienbein zu treten, die ihn am Anfang so großzügig aufgenommen und ihm eine erste Ausbildung ermöglicht hatten, und sich stattdessen in eine rein dem Lustgewinn orientierte... was auch immer er mit Phryne führte zu stürzen, dann mussten sie damit leben. Er würde schon früh genug erfahren, was geschah, wenn Phryne ihr Interesse an ihm verlöre und ihn zurück in den Straßengraben stieß. Jedenfalls hätte er es dann einzig auf seine Entscheidungen zurückzuführen und konnte niemanden dafür verantwortlich machen, so wie Silvana das hier grade tat.


    Die zweite, oder besser, die erste Beschuldigung, die Silvana ihm hier um die Ohren warf, brachte ihn dann aber endgültig zu Weißglut.


    Und wie kannst du Lucius so etwas vorwerfen? Er ist im Auftrag der Legion unterwegs und er hat sich ganz sicher nicht darum gerissen, irgendeinen Legionstribunen an den Arsch der Welt zu... eskortieren. Aber es ist nunmal seine verdammte Pflicht, wenn er den Befehl dazu bekommt. Er tut das nicht für sich oder weil er hier wegwollte, es ist seine Pflicht als Soldat. Als hätte er nur darauf gewartet, hier wegzukommen, nachdem er hier eine Frau und ein Kind hat. Wir Helvetier sind nicht so, wir sind nicht so wie dieser grässliche... Petronier, der eine von schwangere Frau zurücklässt, wir sind nicht wie Alpinas Vater - wir halten unsere Versprechungen und das weißt du ganz genau.


    Seine Stimme wurde immer erregter und man konnte nun auch eine Ader auf Curios Stirn pochen sehen.


    Und natürlich bin ich dafür verantwortlich, dass es der Familie meines Bruders gut geht, wenn er aufgrund seiner... Dienstpflichten nicht dafür sorgen kann. Und wenn dann etwas passiert, bin ich - und nur ich - dafür verantwortlich, weil es niemand anderen gibt, der für Alpina und das Kind sorgen müsste, wenn der Vater bei einem Einsatz ist. Ich habe das Haus verlassen, ich war nicht hier, um Alpina zu beschützen, ich habe nicht dafür gesorgt, dass die... Sicherheitsvorkehrungen während meiner... Abwesenheit ausreichend waren und daher bin ich, und nur ich Schuld daran, dass Alpna nun erneut hat leiden müssen.


    Mit jedem Wort war seine Stimme bitterer geworden, war es doch eine klare un rationale Aufzählung seiner eigenen Versäumnisse. Alpina hatte ihm verziehen, und dennoch konnte er den Gedanken nicht fortschieben, dass es seine Schuld war, dass er erneut versagt hatte und dass ein ihm liebgewordener Mensch deswegen hatte leiden müssen. Die Vorwürfe und die Wutrede Silvanas machten es auch nicht besser, ganz im Gegenteil legte sie stattdessen lediglich jene Kerben frei, die er in den vergangen Wochen so mühsam vergraben hatte.

  • Runa funkelte ihren Mann böse an. Ja sie war sauer und alles was er sagte machte das Ganze nur noch schlimmer. „Du hast Kaeso gesagt er soll vorsichtig sein?“ Runa schnaufte und rollte mit den Augen. „Bei allen Götter Curio Kaeso ist ein Kind. Ja ein Kind. Du kannst nicht bei jedem die gleichen Maßstäbe ansetzen wie bei dir. Du bist von klein auf an gedrillt worden und hattest dennoch ein behütete Elternhaus. Kaeso ist in der Gosse groß geworden. Woher soll er wissen, was gut und was schlecht für ihn ist? Er hat keine Bildung genossen wie du und ich. Hast du ihm mal direkt gesagt, warum er sich von dieser Person verhalten soll? Oder waren deinen Aussagen nur die lass die Finger von ihr? Das hatte nämlich die gleichen Wirkung wenn du unserem Sohn sagen würdest, dass Süßigkeiten nicht gut für ihn sind.“ Runa funkelte ihren Mann böse an. Denn nun ging es zu dem Thema seines Bruder. Natürlich war es Runa klar, dass er ihn bis aufs Messer verteidigen würde.
    „Ihr Helvetier seid nicht so? Das du nicht so bist unterschreibe ich sofort, aber für deinen Bruder würde ich die Hand nicht ins Feuer legen. Seine verdammte Pflicht? Ja? Bist du dir sicher? Woher weißt du das? Weil dein Bruder ja in den letzten Jahren auch so viel hat von sich hören lassen? Ach stimmt ja hat er ja gar nicht. Und jetzt komm mir nicht damit, dass er vielleicht darnieder liegt. Dann hätte uns die Legio informiert. Und wehe du suchst jetzt die Ausrede, das Briefe auch mal abhanden kommen. Selbst wenn Rom in Trümmern liegen würde, die Post kommt immer an, dass hat sie selbst zu Zeiten des Bürgerkrieges geschafft. Nein Curio sieh den Tatsachen ins Auge, dein Bruder interessiert sich einen Scheißdreck für seine Familie. Es interessiert ihn nicht wie es dir, seiner Frau oder seinem Kind geht. Er hat die Chance genutzt und sich abgesetzt. Seine Entlassung wäre ja nicht mehr so weit und dann müsste er sich eine andere Ausrede einfallen lassen um Alpina nicht zu ehelichen. So ist es doch viel einfacher für ihn. Einen Auftrag am Arsch der Welt annehmen und dann nie wieder melden oder auftauchen. Passiert Tauschendfach im Reich. Und hebe deinen Bruder nicht so in den Himmel.“ Runa schnaufte wieder und äffte ihren Mann erneut nach. „Mein Bruder ist nicht so...“ Oh ja die kleine Germanin war so richtig in Fahrt und wenn so ein germanischer Dampfkessel erst mal lospolterte war er kaum noch zu stoppen. „Und hör bei allen Götter auf dir immer für alles die Schuld zu geben! Du bist nicht für das Leid und das Übel dieser Welt verantwortlich. Du hast alle Vorkehrungen getroffen, die nötig waren. Wir hätten Alpina auch nicht schützen können wenn wir da gewesen wären! Es gibt üble Dinge in dieser Welt, die nun mal passieren. Du kannst so was nicht verhindern. Du kannst nur dafür sorgen, dass dieses Schwein entsprechend bestraft wird.“ Runa würde dem wohl am liebsten persönlich die Eier abreißen, aber das würde sie wohl auch anderen überlassen müssen. „Hör auf dir jeden Schuh anzuziehen, der irgendwo herumsteht!“ Ja das war es was Runa gerade so richtig aufbrachte, das Curio immer an sich zweifelte, das er sich immer Selbstvorwürfe machte, dass er sich kleiner machte als er eigentlich war.
    Ja Runa war heute nicht so sensibel wie sonst. Anders als an anderen Tagen legte sie heute den Finger in die Wunde und bohrte genüsslich darin herum.

  • Wieder schüttelte Curio ungläubig den Kopf. Offenbar brauchte Silvana doch noch ein paar Lektionen, die er ihr seinerzeit nicht nahegebracht hat.


    Ein Kind? Du hältst ihn wirklich noch für ein Kind? In seinem Alter könnte er sich schon freiwillig für den Execitus melden. Er ist erwachsen, oder zumindest alt genug, um seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Und was glaubst du denn, was ich hätte machen können? Ihm den Umgang mit dieser... Frau verbieten? Mach dich nicht lächerlich, er wäre erst recht zu ihr gegangen? Und dann? Hätte ich ihn ins Haus sperren sollen? Hätte ich ihm einen Aufpasser an die Seite stellen sollen? Der Junge hat von uns jede Hilfe bekommen, die wir ihm geben konnten. Er wurde von Alpina und dir unterrichtet, und nun hat er sich gegen uns entschieden. Es war seine Entscheidung, Runa, und wenn ihr beide nicht aufhört, ihn zu bemuttern, wird er immer glauben, dass es ja eigentlich unsere Schuld war, dass er abgerutscht ist. Dabei war es, verdammt nochmal, seine eigene Entscheidung!


    Curio hatte keine Position gegenüber Kaeso. Er war Gast hier im Haus und konnte kommen und gehen wann er will, ebenso wie er entscheiden konnte, die Gastfreundschaft des helvetischen Haushalts nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Wenn er darüber hinaus auch noch seine Gastgeber mit Füßen trat und sich zum Lustknaben einer Libertina hinabwürdigen zu lassen, war das seine Entscheidung.


    Wie kannst du das sagen? WIE KANNST DU SOWAS SAGEN!


    Es passierte selten, aber nach diesen Worten verlor der Helvetier komplett die Fassung. Bekanntlich sagten Kinder und Betrunkene immer die Wahrheit, daher trafen ihn die Wort seiner Frau noch heftiger, zumal er nun davon ausgehen musste, dass sie schon länger so dachte und nicht mit ihm draüber gesprochen hatte.


    Mein Bruder ist ebenso ein Helvetier wie ich und wir wissenn was EHRE, was TREUE heißt. Mein Bruder würde seine Familie nicht einfach so zurücklassen. Er würde es einfach nicht tun, weil er ein Helvetier ist!


    Sicherlich ein Zirkelschluss, aber das war ihm jetzt grade egal. Ihm ging es hier um nicht weniger als die Familienehre und auf der trampelte Silvana grade fröhlich herum, wie in einem Weintraubenbottich.


    Wenn er hätte schreiben können, hätte er es getan. Wer weiß schon, ob er da nicht an einen verdammten Schinder gekommen ist, der ihn auch noch auf... Zusatzmissionen schickt? Er würde nicht untertauchen, besonders nicht mit einer Familie, die hier auf ihn wartet. Vielleicht ist er aber auch schon tot, liegt irgendwo in einem Wald, verborgen vor den Augen möglicher Suchtrupps, oder der Tribun hat ihn geopfert, weil es auf einen Decurio mehr oder weniger ja eh nicht ankommt! Aber wenn ich dich so höre, würde dir das ja... zupass kommen. Du kamst ja noch nie mit ihm zurecht und anstatt nun die grundlegendsten Werte der Familie deines Ehemannes, meiner Familie zu respektieren, ziehst du sie in den DRECK! Ich hätte mehr von dir erwartet, Duccia...


    Da war er sogar wieder zum distanzierten Gentilnomen abgewichen. So hatte er sie schon lange nicht mehr genannt und der Unterton verriet, dass er grade ohnehin einige unterdrückte Agressionen gegen ihre Familie hegte.


    Ich muss meine Schuld anerkennen. Das tut ein Römer so, wenn er Schuld auf sich geladen hat. Es ist seine Pflicht, aber das verstehst du ja ohnehin nicht.


    Damit war er jetzt wahrscheinlich endgültig einen Schritt zu weit gegangen. Diese Implikation auf ihre Abstammung wäre ihm unter normalen Umständen niemals über die Lippen gekommen, da er es auch eigentlich selbst besser wusste, aber so, wie sie seine Familie hier attackierte, war es nur ein kleiner Schritt, das auch auf ihre Familie auszuweiten.

  • Runa griff sich an den Kopf. Ihr Mann verstand nichts!
    „Bei den Götter Curio du bist doch sonst nicht so schwer von Begriff. Ich halte ihn keines Wegs für ein Kind. Aber sein Gemüt ist kindlich. Und du hast meine Frage nicht beantwortet. HAST DU ES KAESO IN ALLER DEUTLICHKEIT GESAGT, WAS DIES FRAU FÜR EINE UNMÖGLICH PERSON IST?“ Ja Runa wurde nun auch lauter, denn wenn sie etwas nicht haben konnte, dann das man ihr direkte Fragen nicht beantwortete. Und sie hatte doch Curio gefragt, ob er sich klar oder nur wage gegenüber Kaeso zu dieser Lupa geäußert hatte. Runa konnte sich nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Junge zu ihr gegangen wäre, wenn er gewusst hätte, dass sie Alpina, Curio und auch Runa nur zu gern in den Dreck zog.
    Als er Curio dann immer unsinnigere Ausrede für seinen Bruder fand und diese widersinnig Aussage traf, dass sein Bruder so was nicht machte, weil Helvetier so was nicht tun und auch noch Runas Abstammung in den Dreck zog, sah sie rot.
    „Wenn dein Bruder tot oder vermisst wäre, hätte die Legio dich oder deine Eltern unterrichtet und das weißt du sehr genau. Und wenn ihm nicht gerade beide Hände und die Zunge abgehakt wurde hätte er sich melden können. Und selbst dann hätte die Legio Nachricht geschickt, dass er schwer verletzt ist. Du suchst nur Ausreden. Und ein Helvetier macht so was nicht? Ehre? Du magst vielleicht Ehre haben. Aber war es nicht dein Bruder, der im Drogenrausch Alpina dazu genötigt hat mit ihm zu schlafen? War es nicht eine Helvetier, der sie in der Taberna angegriffen und fast vergewaltigt hätte, als sie das Kind deines Bruder trug? Du willst mir sagen als Germane versteht man nichts von EHRE? JEDER GERMANE HAT IN SEINER KLEINEN FINGERSPITZE MEHR EHRE ALS ALLE RÖMER ZUSAMMEN!!“ Oh ja im Bezug auf ihre Herkunft verstand Runa keinen Spaß. „Und du hast keine Schuld auf dich geladen. Ich verstehe deinen Schuldkomplex mitunter sowie so nicht. Du meinst dich immer für alles entschuldigen zu müssen. Dies erwartet niemand von dir. Du machst eine beispiellose Karriere, bist in der Stadt hoch angesehen. Warum verdammte Axt machst du dich immer kleiner als du bist?“

  • Was auch immer sich Silvana vorstellte oder nicht, natürlich wäre Kaeso gegangen, davon war Curio überzeugt. Er hatte nicht hören wollen, was Curio zu sagen gehabt hatte und es hatte ihm immer ferngelegen, den Jungen zu irgendwas zu zwingen.


    Ich bin nicht sein Vater. Weder werde kann, noch werde ich ihn zu etwas zwingen. Aber es ist schon wieder erstaunlich, dass du mir einerseits vorwirfst, mir jeden Schuh anzuziehen, aber meinen Fuß nun bei diesem Thema mit Gewalt in einen Schuh hinzudrücken, an dem ich nichts und wieder nichts ändern kann!


    Er zog sich tatsächlich viele Schuhe an, aber diesen würde er sich nicht auch noch überstreifen lassen. Kaeso war gegangen, aus freien Stücken mit allem, was er gewusst hatte und nun musste er mit dieser Entscheidung leben, so einfach war das.


    Woher willst du das wissen? Die Legion erwartet einen Tribun, nach ihm wird gesucht und er würde vermisst, und keine einfachen Mannschaftsoffiziere. Aber letztlich denkst du ja eh nur was DU glauben willst. DU hast keine Ahnung, was Lucius in Vicetia und Rom und nach seiner Rückkehr durchgemacht hat, du hast ihn nicht gesehen, dass er reumütig in der Casa Atia zusammengebrochen ist, nachdem Alpina fort war! Du hast ihn IMMER nur als gewalttätigen Dreckskerl gesehen und wie ich nun sehe, kann NICHTS, nicht einmal das Wort deines Mannes diese Meinung ändern! Wir beide können uns nichtmal in unseren schlimmsten Vorstellungen ausmalen, was er durchgemacht hat, aber ihn bitterlich und gnadenlos verurteilen, das KANNST du, Duccia! Allerdings werde ich nicht weiter zulassen, dass du so über meinen BRUDER sprichst und ich kann auch nicht neben einer Frau schlafen, die auf diese WIDERLICHE Art und Weise über meine Familie redet!


    Freilich war er mit keinem Wort auf ihre Argumente oder ihre Fragen eingangen. In seiner Wut spielten Logik oder Fakten keine Rolle mehr. Natürlich hatte er sich Alpina gegenüber schäbig verhalten und ihm waren auch so einige Dinge zu Ohren gekommen, die Lucius' berufliches Stocken vollkommen legitimierten, aber er war nunmal sein Bruder, ein Mitglied seiner Familie und dieser Ton, den Silvana hier anschlug, war für Curio indiskukabel. Anstatt sich also nun mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen, drehte er sich demonstrativ weg.


    ACANTHOS!


    Seine Stimme mochte wohl durchs ganze Haus dringen können und daher trat der makedonische Sklave umgehend im Raum erschienen.


    Sorge dafür, dass die Sachen der Duccia umgehend ins Gästezimmer gebracht werden. Sie wird bis auf weiteres dort schlafen. Falls du Hilfe brauchst, hol dir Liam.


    ordnete er schneidend an, ohne Silvana noch eines weiteres Blickes zu würdigen. Acanthos blieb unsicher stehen, blickte zwischen Curio und Silvana hin und her und trat dann einen Schritt auf Curio zu.


    Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee...


    versuchte er einen Einwand zu formulieren, konnte diesen aber nicht mal ansatzweise beenden.


    TU ES!


    befahl Curio nun wieder sichtlich wütend und funkelte den Sklaven böse an. Der hatte diesen Blick bislang nur ein oder zweimal bei seinem Herrn gesehen und wusste damit auch, dass es zu seinem eigenen Wohl besser war, der Anweisung zu folgen.

  • Ausreden Ausreden nichts als Ausreden. Keine – nicht eine ihren Fragen beantwortet Curio ihr.
    Und dann kam der Hammer! Er wollte was nicht?
    Runas Augen verengten sich zu Schlitzen. Als er Acanthos rief und anwies, das die Duccia in das Gästezimmer gebracht werden sollte. Entglitten ihr die Gesichtszüge für einen Moment. Doch dann kam ganz ihr germanischer Dickkopf durch. Sie straffte ihre Schultern. Ihre Stimme war ruhig ungewönlich ruhig, ja man konnte sagen fast schon gespenstisch in dieser Situation. „ Acanthos, das wird nicht nötig sein. Der Helvetier hat mir gerade deutlich gemacht, wo mein Platz in diesem Hause ist. Ich bin hier nur Gast und geduldet. Diese Geduld werde ich nicht länger beanspruchen. Sorge bitte dafür, dass das nötigste zusammengepackt wird. Ich werde keinen Augenblick länger hier bleiben. Wo meine Sachen hinzubringen sind werde ich schriftlich mitteilen.“ Sagte sie nahm sich ihren Mantel und verließ das Zimmer. Oh ja die Worte von Curio hatten sie mehr als getroffen, aber das würde sie ihm nicht zeigen. So ging sie in das Zimmer der Kinderfrau, wickelte ihren Sohn in eine Decke und ging zur Tür. Es war ihr egal, das es bereits Abend war. Sie würde es nicht ertragen nach diesen Worten die Nacht noch hier in diesem Hause zu verbringen. Dieses Haus, von dem sie bis eben noch dachte es wäre ihr zu Hause. Aber diesen Gandanken hatte Curio mit nur ein paar Worten zunichte gemacht. Sie war nur Gast – nur geduldet. Nein nicht eine Stunde länger würde sie hier bleiben. An der Tür verabschiedet sie sich noch von dem Sklaven ihres Mannes. „Leb wohl Acanthos.“ Dann verließ sie mit ihrem schlafenden Sohn auf dem Arm das Haus.

  • Schweigend stand Curio im Haus, wandte sich nicht nochmal um, als Silvana betonte, dass sie nicht bloß als Gast in diesem Haus bleiben wolle, dass hatte er das doch gar nicht gesagt, sondern sie nur vorübergehend ins Gästezimmer schicken wollen, weil es nach den beiden großen Hausherrenzimmern das bequemste und größte Schlafzimmer des Hauses war und es ja nichts Außergewöhnliches war, dass ein verheiratetes Paar nicht in einem Raum schlief. Seine Eltern teilten auch nicht mehr jeden Tag das Bett und hatte ihre eigenen großen Zimmer, in denen sie schliefen und sich aufhalten konnten. Für ihn war es eine massive Überreaktion Silvanas, die ja immer noch seine Frau war und hier ins Haus gehörte. Dennoch rührte er sich nicht, als ein weiterer Gedanke durch den Kopf schoss. Was war mit dem Kind? Es war nun still im Schlafzimmer und es dauerte eine Ewigkeit, bis Acanthos wieder zurück ins Zimmer kam.


    Sie ist nun weg... Helvetius.


    Keine Reaktion. Curio stand mit dem Gesicht zur Wand blickte nach unten und schwieg. Sein Atem ging schnell und schwer, immer noch angestachelt durch den grade vollkommen eskalierten Streit.


    Sie hat den Jungen mitgenommen.


    versuchte es der Makedone erneut und seine Stimme klang nun deutlich besorgter. Nun blickte Curio auf, unsicher, fast schon kindlich, und der Funken einer Erkenntnis schimmerte in seinen Augen. Er war so dumm gewesen. Natürlich. Es war die Erfüllung seines Alptraums, Silvana entglitt ihm und er war Schuld daran.


    Ich muss schlafen.


    antwortete er dumpf und begann sich zu entkleiden. Abwesend von dem was hier grade passiert habe. Acanthos starrte ihn entgeistert an und fragte sich, ob er sich wieder aufgegeben hatte. Tatsächlich war Curio nicht weit davon entfernt, das Handtuch endgültig zu werfen. So viele Fehler wie er gemacht hatte, machte es eigentlich keinen Sinn, weiterzumachen. Silvana hatte ihm doch alles so klar vor Augen geführt, aber es war der Ton gewesen, ein Ton der vom Abscheu seiner Familie gegenüber gezeugt hatte und das konnte er doch in seinem Haus nicht zulassen. Das ging einfach nicht.

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