Fort - Wohin die Wege führen

  • Morgens und abends zu lesen


    Der, den ich liebe
    Hat mir gesagt
    Dass er mich braucht.
    Darum
    Gebe ich auf mich acht
    Sehe auf meinen Weg und
    Fürchte von jedem Regetropfen
    Dass er mich erschlagen könnte.

    Bertolt Brecht



    Es war der Tag nach der Cena, der eine berauschende Nacht gefolgt war. Heute, so schien es, ging alles wieder seinen normalen Gang. Wie jeden Tag ging ich meinen alltäglichen Aufgaben nach. Doch heute tat ich es beschwingter als sonst. Etwas Großes war geschehen, letzte Nacht. Amors Pfeile hatten mich zielsicher ins Herz getroffen. Alles schien heute in ein besonderes Licht getaucht zu sein.


    Am Morgen hatte ich eine besonders hübsche türkisfarbene Tunika angezogen. Natürlich trug ich an meinem Arm auch den Armreif, den Massa mir am Abend zuvor geschenkt hatte. Eingehüllt in eine blaue Paenula verlies ich am Vormittag das Haus. Amir, der Stallknecht sollte mich begleiten, da er die Einkäufe tragen sollte, die ich heute zu tätigen hatte.


    Kurze Zeit später, nach dem ein Centurio mit acht Männern die Castra über das Haupttor verlassen hatte, folgten wir beide. Amir und ich schlugen den direkten Weg zur Markthalle ein. Nach der gestrigen Cena fehlten verschiedene Lebensmittel. Außerdem war etwas Geschirr zu Bruch gegangen, das ersetzt werden musste. Und schließlich musste ich noch das rote Tänzerinnenkostüm ihrer Eigentümerin zurückbringen. Später dann wollte ich noch einmal bei der Kräuterfrau vorbeischauen. Vielleicht konnte sie mir heute einige nützliche Tipps geben, womit man sich schminken konnte, damit es dezent und nicht zu aufdringlich wirkte. Doch das hob ich mir für den Schluss meiner kleinen Einkaufstour auf. Denn dorthin wollte ich alleine gehen. Vorher würde ich den jungen Syrer mit den Einkäufen nach Hause schicken.
    Doch zunächst konzentrierten wir uns auf das Wesentliche. Die Markthalle und die Marktstände davor waren schnell erreicht. Heute herrschte ein reges Treiben in der Stadt. Mehr als sonst, wollte ich meinen.

  • [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180314/c4ba3ov7.jpg]


    Othmar


    Wahrscheinlich war es nur so eine fixe Idee gewesen, weshalb Othmar den beiden jungen Leuten folgte. Dabei achtete er darauf, immer einen gewissen Abstand zu ihnen zu halten. Weder die Frau noch der Mann sollten merken, dass sie verfolgt werden.


    Recht schnell fand er sich an seinem ursprünglichen Ausgangspunkt wieder, dem Markt. Um niemandes Aufmerksamkeit zu erregen, gab er sich hier geschäftig. Er ließ seine Blicke über die angebotenen Waren gleiten, wobei er immer wieder versuchte, auch ein Auge auf das Gesicht der Frau zu werfen, was ihm nur selten gelang. Ständig ging ihr Blick von einem zum anderen Stand oder sie drehte sich zu ihrem Begleiter um. Natürlich war es vollkommen abwegig zu glauben, die erstbeste Rothaarige, die ihm über den Weg lief, könnte etwas mit seiner Tochter zu tun haben. Und selbst wenn dem nicht so war, wovon er insgeheim ausging, konnte die Frau vielleicht für Arwid von Nutzen sein. Irgendwo hier auf dem Markt musste er sich mit Ygrid noch aufhalten.

  • „Garum! Wir müssen noch Garum kaufen!“, rief ich Amir zu, der schon ordentlich bepackt war. Wir hatten schon fast komplett meine gedankliche Liste abgearbeitet. Da ich ja weder lesen noch schreiben konnte, musste ich mich eben anders behelfen. Zielstrebig steuerte ich den Stand an, an dem ich das letzte Mal eine handliche kleine Amphore mit der Fischsauce erstanden hatte. Wie immer beschwor der Handler die Qualität seiner Ware und beteuerte mir, nur das Beste zu einem lukrativen Preis verkaufen zu wollen. Als er mir anbot, einmal zu probieren, lehnte ich dankend ab. Garum auf nüchternen Magen, das war nichts für mich. Ich zahlte dem Händler die gewünschte Summe und Amir musste zu allem Überfluss nun auch noch das kleine Tongefäß mit sich herumschleppen. Aber er nahm es gelassen hin.
    „Nun brauchen wir nur noch etwas Gemüse. Möhren, ein paar Bohnen, Pastinaken und Sellerie.“ Kaum hatte ich die letzte Silbe ausgesprochen, da hatte ich bereits die Richtung gewechselt und lief zum Gemüsehändler meines Vertrauens. Amir blieb nichts anderes übrig, als mir brav hinterherzutrotteln. „Ach ja, und noch Knoblauch!“, rief ich noch. Als ich mich dann zu Amir umdrehte und ich sein Gesicht sah, das mehr aussagte als es tausend Worte vermochten, hatte ich Mitleid mit ihm. „Ach Amir, eigentlich könntest du schon zurück zur Castra laufen. Das Gemüse bringe ich dann mit!“ Der Syrer konnte sein Glück kaum glauben. Ein kleines Lächeln verirrte sich auf dem Gesicht des schüchternen jungen Mannes der nur sprach, wenn er es unbedingt musste. „Meinst du wirklich?“, fragte er, worauf ich ihm zunickte. „Na klar! Ich kaufe noch das Gemüse ein und auf dem Nachhauseweg mache ich noch einen kleinen Abstecher zu der Kräuterfrau in der Canabae.“ Damit konnte sich Amir arrangieren. Er verabschiedete sich kurz von mir und ging dann. Ich sah ihm noch kurz nach, dann wandte ich mich wieder um. Bis zum Stand des Gemüsehändlers war es nur noch ein Katzensprung.

  • Kaum war das Problem Centurio abgehakt, verstand ich rein gar nichts mehr. Der latschte Othmar, scheinbar ein ganz stilles Wasser, hinter einem Weibstück her. Naja sie sah nicht schlecht aus, aber wie sagte man, andere Väter haben auch hübsche Töchter oder... Moment mal, hieß es nicht andere Mütter haben auch hübsche Söhne? Ach, egal, Hose wie Jacke. All meine pst..zzzt ..sch...hus... ignorierte er und war auf Jagd. Kannte er die? Bestimmt nicht und in Begleitung war sie auch. Das Weibchen und Begleitung nochmals genauer betrachten, kam ich zu dem Entschluss, eine Sklavin, höööchstens eine Freigelassene. Was sollten wir denn damit?
    Gerade hatte ich mich fast an Otmar herangearbeitet, als alles wie auf Kommando stehen blieb. Weibchen, redete auf Mann ein, Weibchen drehte sich, schaute mich an, ich Bauchlandung voll in die Hühnerkacke. Man eh Othmar, sag mir später nur einen vernünftigen Grund, warum ich dies gerade veranstalte. Warum ich jetzt in volle Deckung ging, wusste ich ja selber nicht, nur wegen Othmars Jagdtrieb?

  • „Huch!“ Vorsicht, tiefliegende Männer! Wo kamen die denn her? Plötzlich stand einer direkt vor mir der andere warf sich vor mich hin. Gerade noch so konnte ich stehen bleiben, damit ich nicht auf den Mann trat. „Entschuldigung! Ich hoffe, du hast dich nicht verletzt!“ Schon ein bisschen besorgt beugte ich mich über ihn, um mich zu vergewissern, dass es ihm gut ging. „Kann ich dir irgendwie helfen? Tut dir was weh?“
    Die beiden Männer sahen anders aus, als die meisten Leute, die hier in der Stadt lebten. Sie trugen Hosen und machten auch sonst einen etwas wirren Eindruck. „Ihr seid nicht von hier, oder?“ Wahrscheinlich waren die beiden aus dem freien Germanien. Komisch, dachte ich, warum starrte mich der eine nur so an. Naja, vielleicht verstanden sie mich ja auch nicht. Sollte ja vorkommen, dass nicht alle Welt Latein sprach.

  • "Wieso? Macht man des net bei euch so? Komisch ich dachte det wär normal bei hübschen Weibsbildern" Mühsam rappelte ich mich trotz des Gedränge auf dem Markt hoch, klatschte mir die Hände etwas ab und verrieb den Rest auf meiner Tunika während ich sie mit blitzenden Zähnen anstrahlte. "Du der ..?.. " Verflucht wie hatte ich Othmar eben noch bei dem Centurio genannt? Da hatten wir es wieder, war man gezwungen zu lügen, sollte man sich alles sorgfältig merken.
    "Also der Otti hier, " dabei klopfte ich Otmar auf die Schulter der macht noch ganz andere Dinge wenn er eine schöne Frau sieht. "Komm Otti zeig es ihr, sei nicht so schüchtern", kopfschüttelnd erklärte ich, " er nimmt sie einfach in seine starken Arme und trägt sie davon." Während ich es noch erklärte, machte ich Othmar ein Zeichen er solle sie sich schnappen und los rennen. Wozu aber, das wusste ich selber nicht. Ohtmar und sein Jagdtrieb.

  • [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180314/c4ba3ov7.jpg]


    Othmar


    Neidhart machte es ihm nicht gerade leicht. Aber der Ältere ließ sich nicht beirren. Er folgte der Frau. Als deren Begleiter sie endlich verließ, sah er seine Chance, sie anzusprechen und sie bei dieser Gelegenheit etwas genauer zu betrachten. Othmar stellte sich ihr direkt in den Weg. Aber was machte Neidhart, dieser Schussel? Beinahe hätte er ihn mit zu Boden gerissen, dann hätten sie beide da gelegen, wo nun nur der Jüngere lag.
    Du junge Frau war zu Recht erschrocken. Doch trotzdem war sie freundlich und hilfsbereit. Neidhart überschüttete sie sogleich wieder mit seinem Wortschwall.
    „Oh, wir müssen uns entschuldigen! Neidhart steh auf, Junge! Keine Sorge, ihm geht es gut, Nicht war?“, rief er seinem Gefährten tadelnd zu. Schnell war er wieder auf den Füßen. Aber was machte er? Redete weiter auf sie ein! „Du musst meinen jungen Freund entschuldigen. Scheinbar hat er noch nicht so oft so schöne junge Damen wie dich getroffen!“ Othmar wirkte etwas verlegen. Seine Enttäuschung, dass es sich bei der jungen Frau mit Sicherheit nicht um seine Tochter handelte, steckte er gekonnt weg. „Du hast recht, wir sind nicht von hier. Wir äh, sind nur auf der Durchreise. Aber du lebst hier in der Stadt?“ Zugegebenermaßen war dies ein plumper Versuch, sie länger aufzuhalten. Othmar war eben aus der Übung, was Frauen anbelangte. Wahrscheinlich war sie schneller wieder weg, als ihm lieb war.

  • Schnell hatte ich gemerkt, dass der Mann, der sich vor mich hingeworfen hatte, nicht ernsthaft verletzt hatte. In Nullkommanichts war er wieder auf den Beinen und plapperte dann ohne Punkt und Komma drauf los. Sollte das nur so eine blöde Anmache sein, oder was? Der andere, er war schon etwas älter, war da ein wenig anders. Wenigstens versuchte er freundlich zu sein. Aber auch das konnte nur eine plumpe Masche sein.
    Diese beiden Typen verwirrten mich! Und überhaupt, was wollte ‚Otti‘ mir den zeigen? Wobei eben dieser ‚Otti‘ mir doch noch als der besonnenere von den Beiden vorkam. Auf der Durchreise waren die beiden also, aha. Eigentlich interessierte mich das nicht die Bohne! Außerdem kannte ich solche Typen nur zu gut, die auf der Straße irgendwelche wildfremden Frauen anquatschten. Meistens hatten die doch einen Hintergedanken dabei. Sah ich etwa so aus, als ob ich eine voAm besten ich wimmelte die beiden so schnell wie möglich ab, denn ich hatte echt Besseres zu tun! n denen war, die sich von solchen Kerlen etwa auch noch beeindrucken ließen? Am besten ich wimmelte die beiden so schnell wie möglich ab, denn ich hatte echt Besseres zu tun! „Ach echt? Das ist ja total interessant! Ähm, ich will ja nicht unhöflich sein, aber ich muss dann mal wieder! Hab noch viel zu tun heute!“ Eigentlich wollte ich schon weitergehen, aber die beiden standen mir noch immer im Weg.

  • [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180314/c4ba3ov7.jpg]


    Othmar


    Der Ältere sah zu seinem jüngeren Gefährten. Aber von ihm kam nun ausgerechnet nichts, was die Situation hätte retten können. Allerdings hätte es auch wenig Sinn gemacht, die junge Frau nun länger aufzuhalten, außer... „Ja natürlich, aber vielleicht können wir dir ja beim Einkaufen behilflich sein und dir im Anschluss die Einkäufe sogar nach Hause tragen. Das wäre das Mindeste, was wir tun könnten, nachdem wir dich unnötig lange aufgehalten haben. Was meinst du, Neidhart?“ Wieder sah er zu ihm.


    Genau in diesem Moment drang von hinten Arwids Stimme an sie heran. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie sich hier wieder trafen. „Da seid ihr beiden ja!“ Er trat näher heran und blieb zwischen Othmar und Neidhart stehen. Ygrid, die ihn die ganze Zeit begleitet hatte, blieb zunächst schräg hinter ihm stehen. Arwids Blick fiel nun auch auf Thula, die er zunächst musterte. Die Frau war gut gekleidet. Nichts hätte sofort darauf schließen lassen, dass sie eine Sklavin war. Die Farbe ihrer Haare war vielleicht ein Indiz dafür, dass sie keine Römerin war, sondern hier aus der Gegend stammte. Vielleicht war sie Keltin oder auch Germanin. „Oh, wen habt ihr denn hier? Salve, junge Dame! Ich hoffe, meine beiden Gehilfen haben dich nicht belästigt? Darf ich mich vorstellen? Mein Name lautet Maroboduus. Ich bin Händler aus Colonia Augusta Treverorum. Wir sind gerade zurück aus Germania Magna und nun auf der Durchreise.“

  • Die beiden wurden jetzt wirklich langsam lästig! Ausgerechnet jetzt, wo ich allein war! Mannomann, hier gab es doch tausende von anderen Frauen, die garantiert auch noch hübscher waren, als ich. Warum hatte ich mal wieder das große Los gezogen, verdammt noch mal? „Das ist ja echt nett, aber wisst ihr, ich muss nur noch zum Gemüsemann und geht´s ab nach Hause. Und ehrlich, ich hab´s nicht weit! Nur hoch zur Castra und dann…“


    Dann kam noch einer von der Sorte! Er hatte eine Frau im Schlepptau, die schon ein wenig eigenartig aussah. Die Klamotten und ihre Haare, das wollte irgendwie nicht zusammenpassen. Naja, vielleicht trug man das ja so, wo sie herkam. „Salve,“ entgegnete ich ihm, schließlich wollte ich ja noch freundlich bleiben.
    „Ach nein, nicht direkt belästigt.“ Oder vielleicht doch? Womöglich war es ja doch nur ein Zufall gewesen, dass die beiden mir über den Weg gelaufen, beziehungsweise gefallen waren. Und was sprach dagegen, dass sie einfach nur freundlich sein wollten?


    Dieser Maroboduus bestätigte im Prinzip das, was die beiden mir vorher schon erzählt hatten. Von hinter der Grenze kam sie also gerade, aha. Ich fragte mich, was es da so tolles gab.„Ach echt, wie interessant, Und womit handelst du?“ Mein Blick fiel noch einmal auf die Frau, oder war sie eher noch ein Mädchen? Ich nahm nun an, sie kam auch aus Germania magna. Daher das seltsame Aussehen. War sie vielleicht die Handelsware?

  • Entweder war das gerade ein Traum der schief lief oder die hatten was vor ohne mich darüber informiert zu haben. Aber warum nur? Wenn sie doch alleine los wollten, dann sollten sie doch sagen, ich würde meinen Weg schon alleine machen. Ich war schon immer alleine klar gekommen, einen aber hier wie Falschgeld zu behandeln das war nicht in Ordnung, das würden sie mir noch erklären müssen. Soviel bildete ich mir jetzt ein zu wissen. Othmar trieb auch nicht sein Jagdtrieb. Was war es aber dann? Himmel, natürlich, die wollten das Weib, warum war ich Füchslein nicht gleich darauf gekommen. Schnell hatte ich beisammen was man für solch eine Aktion brauchte. Echt man die neuen Freunde konntenaber auch sowas von umständlich sein.
    Kaum hatte sich das Weiblein an Ygrid mit den Worten „Ach echt, wie interessant, Und womit handelst du?“ zugewandt, da wurde es zappenduster um sie, denn schwupps hatte ich ihr einen Sack übergezogen. Den Teppich schon bereit zum einrollen, wartete ich darauf das Othmar mit anfasste und wir die Teppichrolle abtransportieren konnten. Ein Händler ohne einen echten Perser ging ja man gar nicht.

  • Castra? Hatte Arwid eben richtig gehört? Die Frau wohnte in der Castra? In seinem Kopf begann es zu arbeiten und er zog seine Schlüsse. Entweder war sie die Frau eines höheren Offiziers oder eine Sklavin. Allerdings würde sich die Frau eines höheren Offiziers wohl kaum selbst auf den Weg machen, um beim Gemüsehändler einzukaufen. Umso besser, dachte er sich.


    Kaum hatte sie nach seiner Handelsware gefragt, passierte etwas Unerwartetes. Neidhart, dieser unscheinbare Junge, der manchmal ein wenig zu viel plapperte, zauberte plötzlich einen unscheinbaren Jutesack hervor. Er wunderte sich noch, woher er ihn hatte. Aber egal! Doch dann überschlug sich alles. Er stülpte den Sack über den Kopf der Frau, die wahrscheinlich gar nicht wusste, wie ihr geschah. "Bist du irre, Mann?! Doch nicht hier auf den Markt! Wenn uns jemand gesehen hat!" zischte er ihm leise entgegen und schlug geistesgegenwärtig recht unsanft, jedoch nicht zu hart auf den Sack ein, so dass der Körper darin zusammensackte. "Nicht mehr lange und das Vögelchen wäre auch so mit uns geflogen! Los, schafft sie auf den Wagen und dann nichts wie weg hier!"


    Othmar, noch ganz verdattert darüber, was soeben geschehen war, nahm die offenen Enden des Sackes und verknotete sie, dann schwang er sich ihn auf die Schulter und betete zu den Göttern, dass ihn niemand aufhalten würde. Gemeinsam eilten sie dann zu ihrem Wagen, der bereits mit einigen Waren, die sie erstanden hatten, beladen war. Den Sack, indem sich Thula befand, legte er zu den anderen Waren und bedeckte sicherheitshalber alles mit einer Plane. Dann spannten sie den Ochsen an und reihten sich ein, in die anderen Fuhrwerke, die ebenso die Stadt verlassen wollten.

  • „Ach und mit einem aufgerollten Teppich dumm rum stehen ist jetzt nicht auffällig?“ Brummend schaute ich hinter den anderen her, rollte den Teppich auf und ging.
    Ich ging aber nicht wohin sie wollte ich ging in die andere Richtung. Sollten sie doch los ziehen, ich blieb noch hier in Mogo... mogo...Mogodingsbums. Den Teppich würde ich hier verhökern und in dieses blödes Germanien, da wo die hin wollten, dahin zog mich nun wirklich nichts. Ich und unter Barbaren, ich hatte doch keine Ahnung von dem wahren Germanentum. Nö eindeutig nein. Außerdem brauchten die mich eh nicht und ich hatte ja schon längst bemerkt wie die immer kuckten, wenn ich mit reden allem Ärger aus dem Weg gehen wollten. Ich war eben kein haudrauf Germane, ich setzte mehr auf Diplomatie.

  • Mein letztes Bild, was meine Augen einfangen konnten, war dieses rothaarige Mädchen, welches Maroboduus mitgebracht hatte. Dann, in einem Moment der Unachtsamkeit geschah es dann. Etwas braunes, grobgewebtes wurde über meinem Kopf und dann weiter über meinen Körper gezogen. Bevor es dann endgültig um mich herum dunkel wurde, hörte ich noch einmal die Stimme des vermeintlichen Händlers, die nun ganz anders klang. Weniger freundlich, eher gehetzt hörte sie sich an, als er jemandem (wahrscheinlich dem Kerl, der mir den Sack über den Kopf gezogen hatte) etwas zu zischte.


    Viel später erwachte ich ganz langsam wieder und hatte dröhnende Kopfschmerzen. Leise stöhnte ich und versuchte herauszubekommen, wo ich war. Aber ich konnte mich kaum bewegen. Irgendetwas schweres lag auf und neben mir. Ich versuchte die Augen zu öffnen, sah aber nicht viel, bis ich realisierte, dass ich offensichtlich in einem Sack gefangen war. Mist verdammter, war mein erster Gedanke. Aber zu mehr kam ich nicht mehr, denn mein Kopf drohte auseinanderzubrechen. So fühlte es sich jedenfalls an. Hatte ich noch mehr Verletzungen? Was war denn überhaupt passiert? Ich konnte mich an nichts mehr erinnern. Wie sollte ich nur hier wieder herauskommen? Zunächst aber blieb ich einfach liegen, denn zu mehr war ich nicht imstande. Wenn wenigstens das Dröhnen ein bisschen nachgelassen hätte.

  • Nachdem Othmar den Sack mit der Frau auf dem Wagen verstaut hatte, war ihm aufgefallen, dass sie nur noch zu dritt waren. Neidhart fehlte! Fragend richtete er seinen Blick an Arwid, der mit den Schultern zuckte. "Er ist nicht mitgekommen. Soll er halt hierbleiben! Wer weiß, wozu es gut ist!" Mit diesen Worten half er Ygrid auf den Wagen und kletterte dann selbst hinauf. Othmar nahm hinten auf dem Wagen Platz. Als der Wagen sich in Bewegung gesetzt hatte, bemerkte er, dass die Frau allmählich wieder zu sich kam. Er hörte ein leises Stöhnen. Er musste sie unbedingt zum Schweigen bringen. Nur wie? Vorsichtig verschob er einige Säcke, die auf ihr lagen. "Sei still und beweg dich nicht, sonst stirbst du! Verstanden?", murmelte er ihr zu. Da Othmar allerdings keine Waffe hatte, mit der er ihr hätte drohen können, pikste er sie leicht mit einem alten rostigen Nagel, den er auf der Ladefläche des Wagens gefunden hatte. Thula konnte ja nicht sehen, dass es kein Messer war. Doch die Wirkung sollte die Gleiche sein.

  • [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180327/wtxhbjfw.jpg]


    Amir



    Gleich am nächsten Tag begab sich Amir wieder in die Stadt. Er klapperte alle Stände und Läden in und in der Nähe der Markthalle ab. Ebenso fragte er die Händler und sogar auch einige Passanten, die ihm unterwegs begegneten, ob sie am Vortag eine schlanke großgewachsene junge Frau mit rotbraunem Haar gesehen hatten, die eine türkisfarbene Tunika unter einer blauen Paenula getragen hatte. Niemand konnte sich aber erinnern, Thula gesehen zu haben.
    Als nächstes nahm er sich die Tabernae der Stadt vor. Darunter waren wirklich üble Kaschemmen, die er niemals freiwillig betreten hätte. Aber auch hier hatte er keinen Erfolg.
    Missmutig erreichte er wieder das Forum. Seufzend schaute er sich noch einmal um. Thula war wie vom Erdboden verschluckt. Aber ein Mensch konnte doch unmöglich so einfach spurlos verschwinden!
    Da fiel ihm der Bettler auf, der am Straßenrand vor einer Häusernische saß und seinem täglichen Geschäften nachging. Er fragte sich, ob er auch gestern dort gesessen hatte. Wenn dem so war, dann hatte ihm Amir keinerlei Beachtung geschenkt. Also ging er zu ihm und sprach ihn an. Der Bettler überlegte einen Moment. Und tatsächlich, er konnte sich erinnern...

  • [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180327/wtxhbjfw.jpg]


    Amir


    Nachdem Amir am Abend zuvor erfolgreich gewesen war und einen geeigneten Mann gefunden hatte, der die verschwundene Sklavin wiederfinden sollte, begab er sich Vormittag wieder zum Forum, um dort eben jenen zu treffen. Carbo hatte einen vertrauenswürdigen Eindruck gemacht. Dennoch schwang ein wenig Unsicherheit mit, die aber wahrscheinlich vergehen würde, sobald er erschien. So sah sich der Sklave um und wartete.

  • Carbo war an diesem Tag schon früh erwacht. Nach einem ausgiebigen Frühstück und einigen anderen kleineren Vorbereitungen kam er zum Forum und suchte nach Amir. Dichte Menschenmassen drängten sich schon am Platz. Marktschreier, kichernde Damengruppen, der eine oder andere Soldat auf Ausgang, kommunale Aristrokraten und noch viele mehr.


    Der Junge schob sich durch sie alle hindurch und hielt nach allen Seiten hin die Augen offen. In seiner gewohnten Ecke entdeckte er Fabulo, wie er gerade die Geschichte rund um Perseus und Medusa zum Besten gab, doch er war heute nicht Carbos Ziel. Endlich entdeckte er Amir und eilte gleich auf ihn zu. "Salve! Hier bin ich" sagte er.

  • [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180327/wtxhbjfw.jpg]


    Amir


    Der Syrer wandte sich um, als er hinter sich ein ‚Salve, hier bin ich‘ hörte. Seine ernsten Gesichtszüge lockerten sich auf der Stelle, so dass ein Lächeln entstehen konnte. „Salve! Schön, dass du da bist!“, rief er erfreut, was für ihn schon eine immense Erweiterung seines üblichen Mitteilungsbedürfnisses bedeutete. Aus seiner sklavischen Gewohnheit hielt sich der ansonsten so wortkarge Amir nicht lange mit dem Austausch von Banalitäten auf, sondern schritt sofort zur Tat. Dies geschah in seinen Augen keinesfall aus Unfreundlichkeit, vielmehr aus der Erwartungshaltung ihm gegenüber als Sklaven.


    „Also hier etwa habe ich mich von Thula verabschiedet.“ Der Syrer wies auf einen Punkt, der sich zwischen dem Garum –Stand und dem des Gemüsehändlers befand. Er hatte diesen Moment, indem er sie sich selbst überlassen hatte, immer und immer wieder in seinem Kopf abgespielt. Je mehr er das getan hatte, war sein Schuldbewusstsein gewachsen.
    „Sie wollte dann weiter zum Gemüsehändler dort drüben.“ Wieder wies er mit seiner Hand in eine andere Richtung. „Der Bettler berichtete, dass sich die Germanen ihr unweit des Gemüsestandes in den Weg stellten und sie ansprachen. Von hier ab ist sie also verschwunden,“ stellte er fest. Nun war er mehr als nur gespannt, was Carbo tun würde. Sein Blick richtete sich auf ihn.

  • Carbo sah sich um und brummte: "Hmm, ok." Sofort machte er sich daran sich näher den Boden anzusehen. Dass es mitten am Forum passiert war und nicht irgendwo am Stadtrand, oder sogar nahe der Wälder war dumm, da so die Spuren durch die vielen Passanten, Händler und Lieferanten überlagert worden sein könnten, jedoch würde er trotzdem sein Glück versuchen.


    Carbo versicherte sich nochmal der richtigen Stelle durch Amir und entdeckte tatsächlich ein Paar Fußspuren im staubigen Boden, die der Größe nach zu einer Frau passen konnten. Viel war für ungeübte Augen da nicht zu sehen, da es ein trockener, harter Untergrund war, auf dem nur etwas Staub und Sand hauchdünn auflag, doch Carbo genügte es. Er hatte zuhause in Noricum auf der Jagd genug Wild in schwierigem Gelände verfolgt, um hier problemlos einige Spuren herauslesen zu können. Natürlich waren sie nicht einwandfrei, da auch fremde Spuren, vermutlich von Kunden des Gemüsehändlers, über sie querliefen, doch da es eine relativ ruhige Ecke diese Tage gewesen war am Markt, hatte sich genug erhalten, um zumindest den Anfang der Entführung rekonstruieren zu können. Er bemerkte neben der Frauenspuren auch noch mehrere die Männer gehören mussten. Sie zeichneten sich deutlicher ab und stammten offenbar von schweren Stiefeln wie sie die Germanen zu tragen pflegten. Daneben waren noch tiefe Wagenspuren. Schnell kam Carbo ein Gedanke, wie alles hatte ablaufen müssen. Ja, so musste es sich zugetragen haben! Zur Sicherheit fragte er noch einmal den Händler, ob er etwas gesehen hätte und auch, ob er in letzter Zeit eine Lieferung erhalten hätte. Beides verneinte dieser. Sehr gut, dann war der erste Teil gelöst. An Amir gewandt sprach er: "Viel ist nicht mehr über, jedoch kann ich hier ganz klar eine Frauenspur erkennen und die von mehreren Germanen. Siehst du diese großen, schweren Abdrücke? Hier und hier. Solche Fußspuren hinterlässt kein Römer mit seinen einfachen Sandalen, diese Abdrücke stammen von germanischen Stiefeln. Totsicher. Sieh dir diese Frauenspur hier an. Siehst du sie? Diese Frau hat Sandalen getragen, sieh nur wie weich die Abdruckränder sind. Daran erkennt man das. Könnten das die Füße deiner gesuchten Sklavin gemacht haben? Du kennst ihre Fußgröße besser als ich" scherzte er und fuhr fort "Dann sieh dir diese Wagenspuren an. Er war schwer beladen, keine Frage, doch es war kein Lieferant für einen der Händler. Doch wenn es keiner war, wer sonst hätte Grund seinen Wagen hier direkt an der Stelle der Entführung abzustellen? Ganz klar die Täter!" Carbo war sich seiner Sache völlig sicher. Hatte es zu Beginn noch etwas Schwierigkeiten für ihn gekostet etwas am Boden zu erkennen, so hatte er schnell wieder in diese Kunst hineingefunden. Seid er sich in Germania Superior befand hatte er ja keinen Gebrauch mehr davon gehabt. Jetzt wies er an eine andere Stelle, nahe dem Beginn der Wagenspuren. "Siehst du dieses Knäuel dort an Fußabdrücken? Diese Stelle ist schwerer zu deuten, da später auch fremde Füße über diesen Boden gestapft sind, doch sieh genau hin und vergleiche einige der erkennbaren Spuren mit denen von dort!" er wies auf die zuvor schon besprochenen Stellen des Bodens. "Du wirst bemerken, dass das die Fußabdrücke der gleichen Leute sind, also der Römerfrau und der Germanen. Das Fußknäuel deutet auf ein Gerangel hin, da bei einem Gespräch so eine schnelle Abfolge an Schritten auf engem Raum nicht nötig wäre. Ich schlussfolgere also, dass deine Sklavin hier überwältigt worden und dann auf den Wagen verladen sein muss." Carbo atmete tief durch und studierte den Boden. Hm, weit von der Wahrheit sollte er nicht entfernt sein. Was Amir wohl dazu sagte?

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!