Die Zellen der Gefangenen.

  • Wie schon erwähnt wurden die Gefangenen fein säuberlich – Ordnung musste schließlich sein – nach Männern und Frauen getrennt.
    Die Männer wurden zusätzlich noch an die Wände gekettet. Während den Frauen nur ein Fuß in Eisen an die Wand geschlagen wurde. Wer weiß, vielleicht bekamen die ja auch noch besuchen von dem ein oder anderen Legionär?
    Hier würde sie auf jeden Fall die nächsten Tage verbringen. Wunden würde man versorgen, denn hier starb keiner.

  • Der stramme Marsch vom Auenwald bis hin zur Castra in Mogontiacum hatte den Gefangenen viel abverlangt. Besonders die, die nur leichte Verletzungen hatten und den Weg dorthin selbst laufen mussten, waren nun völlig erschöpft zusammengesunken. Besonders eine der Frauen, Alrun, hatten die Strapazen sehr zugesetzt, da sie schwanger war und es höchstens noch ein oder zwei Monate dauern sollte, bis das Kind kam. Kurz bevor sie Mogontiacum erreicht hatten, glaubte sie, dass ihre Wehen einsetzten. Doch die Legionäre nahmen auf sie keine Rücksicht. Erbarmungslos trieb man sie weiter.
    Nun, da sie in den Zellen saßen, versuchte eine andere Frau sich um sie zu kümmern und zu beruhigen. Wenn ihr Kind unter diesen Umständen zur Welt kam hatte es kaum eine Chance, zu überleben.


    Auch für Ygrid schien dieser Alptraum, der am Morgen begonnen hatte, kein Ende nehmen zu wollen. Gerne hätte sie darauf verzichtet, Mogontiacum noch einmal sehen zu müssen. Sie hatte vor Angst gezittert, als man sie und die anderen in die Castra geführt hatte.
    An ihrem rechten Fuß trug sie nun einen Eisenring, der mit einer Kette, die wenig Spielraum ermöglichte, an der Wand der Zelle befestigt war. In der Zelle war etwas Stroh ausgebreitet worden, damit sie nicht auf dem blanken Boden sitzen mussten. Sie war müde und hätte gerne geschlafen. Aber ihre Angst verhinderte das, denn diese Zelle bot keinerlei Sicherheit für die Gefangenen. Nichts schützte sie vor den Soldaten, die mehr oder weniger ungehindert die Zellen betreten konnten und vielleicht dann übergriffig wurden.

  • Vor der Principia war heute reger Betrieb. Massa hatte die Kolonne an Gefangenen gesehen und ahnte warum. Er wollte wenigstens mal ein Auge auf die Gefangene werfen um sich ein Bild zu machen, was sie später an Holz und Nägeln für die Kreuzigungen brauchten. Bei den Männern wren einige, die versorgt werden mussten um nicht gleich wegzusterben. Der Optio der für die Gefangenen zuständig war, hatte einen capsarius geholt. Die Frauen waren weniger von Interesse. Er sah trotzdem mal in die Zellen. Es war ein bisschen Schade, dass er nicht mit raus durfte. Eine oder zwei von denen hätte ganz gut in seinen Haushalt gepasst. In der letzten Zelle fiel ihm die hochschwanger Germanin auf. Ein Unmensch war Massa nicht, sie in diesem Zustand hier zu lassen. Alpina wäre eine Hilfe. Sie könnte nach ihr sehen.
    " Braucht ihr Hilfe?" fragte er nach. Vielleicht lag er auch vollkommen falsch, mit diesen Dingen hatte er keine Erfahrung.

  • Nicht nur die Strapazen des Tages hatten Alrun zugesetzt, auch die Angst um ihr Kind schwang mit. Ihr Kind hatte sich auf den Weg gemacht und es gab keinen Weg mehr zurück. Die Wehen wurden immer stärker und kamen bereits mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Alrun war noch sehr jung. Dies würde ihr erstes Kind sein, wenn alles gut ging.
    Als dann der Römer die Zelle betrat, entstand unter dem den Frauen eine Unruhe. Manche wichen ängstlich zurück, da sie den Mann nicht verstanden. Die Frau, die sich aber um Alrun kümmerte, hatte jedes Wort verstanden, da sie eine der Sklaven war, die von Arwid am Tag zuvor befreit worden war. Sie hatte zwar Erfahrung mit schwangeren Frauen, doch unter diesen Umständen war auch sie völlig hilflos.
    Das Angebot des Römers kam nun wie gerufen. Vielleicht hatte Alruns Kind doch noch eine Chance, zu überleben. "Hilfe wäre gut!", antwortete sie. Wobei sie nicht wusste, wie diese Hilfe aussah.

  • Aus der Zelle bringen und irgend wo anders einquartieren konnte er nicht. Es waren nicht seine Gefangenen. Das einzige was er tun konnte, eine Hebamme organisieren. " Eine Hebamme, ich werde nach einer Hebamme schicken lassen."



    Sim-Off:

    Entschuldige, habe gerade gesehen, dass Alpina im Urlaub ist. Könnte dauern.

  • "Eine Hebamme? Oh ja, das wäre sehr hilfreich!", rief die Frau. Besser als gar nichts! Die Geburt konnte sich noch stundenlang hinziehen. Eine Hebamme wusste, was zu tun war, wenn die Kräfte der jungen Mutter schwanden oder sich Komplikationen bei dem Kind einstellten. Allerdings in Anbetracht dessen, dass die Frauen noch gar nicht wussten, welches Schicksal sie ereilen sollte, war dieser Hoffnungsschimmer irgendwie zwiespältig.


    Ygrid hatte das Ganze aus sicherer Entfernung beobachten können. Anfangs war auch sie verängstigt zurückgewichen. Inzwischen aber war sie wieder entspannter und verlor langsam das Interesse daran, was mit Alrun, der Sklavin und diesem Römer dort vor sich ging.
    Sie hatte ganz andere Probleme.

  • Zitat

    Original von Centurio Legionis II
    Wie schon erwähnt wurden die Gefangenen fein säuberlich – Ordnung musste schließlich sein – nach Männern und Frauen getrennt.
    Die Männer wurden zusätzlich noch an die Wände gekettet. Während den Frauen nur ein Fuß in Eisen an die Wand geschlagen wurde. Wer weiß, vielleicht bekamen die ja auch noch besuchen von dem ein oder anderen Legionär?
    Hier würde sie auf jeden Fall die nächsten Tage verbringen. Wunden würde man versorgen, denn hier starb keiner.


    In der Zelle, die für die Männer vorgesehen war, saßen die vier Gefangenen, darunter auch Arwid. Man wollte ganz sicher gehen, dass keinem von ihnen die Flucht gelang. Daher hatte man sie zusätzlich noch in Ketten gelegt. Auch hatte man die Männer mit allem Notwendigen versorgt, damit keiner vorzeitig den Löffel abgab. So hatte man sich auch um die Verletzung an Arwids Bein fachmännisch gekümmert. Die Blutung konnte gestillt werden. Die Wunde war gereinigt worden und man hatte ihm einen sauberen Verband angelegt. Nach einigen Tagen war sogar die Entzündung leicht zurückgegangen. Doch dem Germanen war klar, dass er es nicht mehr erleben würde, bis sein Bein ganz ausgeheilt war.
    Die meiste Zeit saß er teilnahmslos im Halbdunkel. Nur wenig Licht fand den Weg in die Zellen. Dann zogen langsam die Episoden seines Lebens an seinem inneren Auge vorbei. Gelegentlich verirrte sich ein Soldat zu ihnen, der nach ihnen sah, wovon er sich nicht stören ließ. Selbst dann nicht, wenn er vor ihm ausspuckte oder ihn beschimpfte. Arwid hatte mit allem irdischen abgeschlossen. Doch die scheinbar wenige Zeit, die ihm im Leben noch bleiben sollte, sie zog sich erbarmungslos in die Länge.

  • Die Wachen hatten sich nach draußen verzogen. Massa übernahm die Verantwortung für Alpina und blieb in der Nähe. Er nickte ihr zu. Sie durfte hinein und sich um die Germanin kümmern. " Sag Bescheid, wenn was gebraucht wird."

  • Alruns Schreie wurden immer lauter und jämmerlicher. Die anderen Frauen, die mit ihr die Zelle teilten, litten still mit ihr. Im Stillen riefen sie Frija an und beteten für Alrun und ihr Kind.


    Die werdende Mutter hatte zwar keinerlei Erfahrung, aber innerlich spürte sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Die alte Gardis, die bei den Kämpfen getötet worden war, hatte sie noch vor wenigen Tagen beruhigt, ihr Kind hätte noch viel Zeit. Mindestens noch zwei Monde, hatte sie gesagt. Der Alten hatte sie geglaubt, da sie selbst im Laufe ihres Lebens zehn oder elf Kinder zur Welt gebracht hatte und unzähligen Frauen bei ihrer Niederkunft beigestanden hatte. Nun aber hatte sich alles geändert!


    Die Sklavin, die sich nun um sie kümmerte, hatte bereits eine Vorahnung, nachdem sie Alruns Bauch abgetastet hatte. Manchmal kam es vor, dass das Kind im Mutterleib nicht die richtige Position eingenommen hatte. Wenn sie sich nicht vollkommen irrte, war dies hier der Fall. Eigentlich konnte sie nicht viel für Alrun tun, da ihr für derartige Komplikationen einfach das Wissen fehlte. Sie konnte nur darauf hoffen, dass die versprochene Hebamme bald eintraf, bevor Alruns Kräfte endgültig schwanden.
    Da endlich! Es tat sich etwas. Der Römer erschien wieder und er war nicht allein!

  • Direkt von der Casa kommend, mit Thula im Schlepptau liess ich mich von den Wachen zu besagtem Arwid bringen und machte auch keine Umschweife, um gleich zur Sache zu kommen.


    "Du da, Arwid ist dein Name? Kennst du diese Frau?" und deutete auf Thula

  • Alpina hatte schon an den ungewöhnlichsten Orten Kindern auf die Welt geholfen. Eine Gefängniszelle war allerding noch nicht dabei gewesen. Irritiert und unsicher sah Alpina Massa an. Auf seine Aufforderung trat sie ein.
    "Ich werde ganz sicher einiges brauchen. Zum einen heißes Wasser, Essig und einige saubere Tücher. Ob das reicht, oder ich noch mehr benötige, werde ich gleich sehen."


    Sie trat ein und begüßte die Kreissende. Den anderen Frauen nickte sie freundlich zu. Wahrscheinlich würde sie die eine oder andere zur Hilfe rufen.
    "Salve, mein Name ist Alpina. Ich bin Hebamme und Kräuterfrau. Du darfst Vertrauen haben, ich habe schon unzähligen Kindern auf die Welt geholfen. Wie ist dein Name? Darf ich dich untersuchen?"

  • Zitat

    Original von Lucius Vinicius Massa
    Direkt von der Casa kommend, mit Thula im Schlepptau liess ich mich von den Wachen zu besagtem Arwid bringen und machte auch keine Umschweife, um gleich zur Sache zu kommen.


    "Du da, Arwid ist dein Name? Kennst du diese Frau?" und deutete auf Thula


    Jede Regung der Mitgefangenen und dem Kommen und Gehen der Wachen, war eine willkommene Abwechslung. Auch wenn Letzteres mit einer nahezu präzisen Regelmäßigkeit geschah, bei der die Abläufe immer dieselben waren. Diesmal aber war es anders. Der Germane saß da und starrte vor sich hin. Als er die sich nähernden Schritte erfasste, sah er auf. Zu seiner großen Überraschung erkannte er den Tribun wieder, den er zuletzt im Auenwald nur flüchtig gesehen hatte, kurz bevor man ihn auf einen Wagen geladen und abtransportiert hatte. Der Tribun kam nicht allein. Direkt hinter ihm erschien ein bekanntes Gesicht - Thula! Seine Miene erhellte sich bei ihrem Anblick. Er erinnerte sich ihrer Worte wieder, so dass er sich schnell zusammenreimen konnte, dass es sich bei den Tribunen um Thulas Eigentümer handeln musste. Dieser sprach ihn auch direkt an.
    "So ist es! Oh ja, kenne ich sie!", entgegnete er knapp mit einem süffisanten Lächeln. Dann wandte er sich an Thula direkt mit derselben Süffisanz. "Dass ich dich noch einmal sehe! Wer hätte das gedacht! Und wie ich sehe, hast du gleich auch noch dein Herrchen mitgebracht!" Es war nicht schwer zu erraten, warum die beiden hier auftauchten. Mit Sicherheit hatte die Sklavin einiges zu erklären.

  • Ein Legionär wurde von Massa heran gewunken. Ihm gab er Instruktionen all das aus seiner Casa zu holen, was Alpina brauchte, heißes Wasser, Essig und saubere Tücher. Anderswo würde man erst ewig erklären müssen wofür und weswegen. " Sage Acim, Tribun Decimus Massa schickt dich." Massa blieb bei Alpina, falls jemand kam und Fragen stellte. Das er sie ohne Befehl hergeholt hatte, nahm er auf seine Kappe.
    Es dauerte bis der Legionär mit einem Eimer heißem Wasser zurück kam. Hinter ihm brachte ein zweiter einen kleinen Krug mit Essig und einen Stapel saubere Tücher.

  • Zitat

    Original von Susina Alpina


    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa


    Eine Frau war mit dem Römer gekommen. Von den gefangenen Frauen misstrauisch beäugt, trat sie an Alrun heran. Die Sklavin, die sich bis dahin um die Schwangere gekümmert hatte, sah erleichtert auf, als sie die Frau bemerkte und erwiderte ihren Gruß.
    "Ihr Name ist Alrun. Sie versteht leider deine Sprache nicht. Mir hat sie jedoch gesagt, ihre Wehen hätten auf dem Weg hierher frühzeitig begonnen und sind seitdem immer stärker geworden. Sie meinte, ihr Kind sei viel zu früh. Eine weise Frau habe ihr gesagt, ihr Kind käme frühestens in etwa zwei Monaten. Ich habe versucht, ihr zu helfen. Aber wie du siehst, sind meine Mittel sehr begrenzt. Beim Abtasten ihres Unterleibs kam ich zu der Vermutung, dass sich das Kind vielleicht noch in einer falschen Lage befindet."
    Die Sklavin machte der Hebamme Platz, damit sie sich selbst ein Bild machen konnte. Die schweißgebadete Alrun, sah die Frau mit schmerzverzerrtem Gesicht an und nickte ihr zu, auch wenn sie kein Wort verstanden hatte. Vielleicht konnte sie nun wieder ein wenig Hoffnung schöpfen.

  • Alpina nickte der Frau zu, die helfen wollte.
    "In Ordnung. Ich würde trotzdem gerne ihren Namen wissen, um sie direkt ansprechen zu können, wenn es nötig wird. Wie ist denn dein Name? Verstehst du ihre Sprache? Kannst du übersetzen? Ich werde sie jetzt untersuchen und dann werden wir sehen."


    Die Hebamme kniete sich hinunter und tastete den Bauch ab. Das Kind war tatsächlich sehr klein und lag in Beckenendlage, wie die Frau bereits vermutet hatte. Die vaginale Untersuchung ergab, dass der Muttermund weit geöffnet war, die Fruchtblase allerdings nicht gerissen war bisher. Dennoch war die Geburt in vollem Gange. Das Kind würde geboren werden, auch wenn es unreif war. Entweder es überlebte oder nicht. Die widrigen Umstände sprachen leider dagegen. Alpina beschloss, die Erkenntnis erst einmal für sich zu behalten.


    "Das Kind wird geboren werden heute. Es liegt leider verkehrt herum. Aber weil es noch sehr klein ist, sollte es möglich sein es so zur Welt zu bringen. Ich werde helfen es herauszuziehen."

  • Zitat

    Original von Arwid


    ...
    Direkt hinter ihm erschien ein bekanntes Gesicht - Thula! Seine Miene erhellte sich bei ihrem Anblick. Er erinnerte sich ihrer Worte wieder, so dass er sich schnell zusammenreimen konnte, dass es sich bei den Tribunen um Thulas Eigentümer handeln musste. Dieser sprach ihn auch direkt an.
    "So ist es! Oh ja, kenne ich sie!", entgegnete er knapp mit einem süffisanten Lächeln. Dann wandte er sich an Thula direkt mit derselben Süffisanz. "Dass ich dich noch einmal sehe! Wer hätte das gedacht! Und wie ich sehe, hast du gleich auch noch dein Herrchen mitgebracht!" Es war nicht schwer zu erraten, warum die beiden hier auftauchten. Mit Sicherheit hatte die Sklavin einiges zu erklären.


    In der Zelle, in der Arwid mit einigen anderen Gefangenen saß, herrschte ein übler muffiger Geruch. Ein Mix aus den Ausdünstungen der Männer und dem Moder, der im Gemäuer zu stecken schien. Das klirren von eiserenen Ketten ließ kein Zweifel daran, dass die Gefangenen zur Sicherheit auch noch in Eisen gelegt worden waren.


    Am liebsten wäre ich rückwärts wieder hinaus gegangen, als ich Arwid dort am Boden kauern sah. Offenbar war er nicht an seinen Verletzungen verreckt, wie ich gehofft hatte. Ganz akribisch hatte man dafür gesorgt, dass er nicht an Wundbrand starb, denn mit ihm hatte man noch eine Rechnung offen. Dabei wusste ich nicht mal genau, was man dem Germanen alles vorwarf. Zumindest aber wusste ich, was er mir alles angetan hatte.


    Massa kam gleich zur Sache. Wahrscheinlich wollte er das hier nur schnell hinter sich bringen. Wer konnte ihm das verdenken? Als Arwid mich sah, setzte er dieses widerliche Grinsen auf, das bei mir Übelkeit verursachte. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er irgendetwas im Schilde führte.
    Auf Massas Frage hin antwortete er. Doch als er dann mich anvisierte und das Wort an mich richtete, glaubte ich erröten zu müssen. Natürlich versuchte er mich aus der Reserve zu locken. Und da ich wusste, was von seiner Aussage abhing, ließ ich mich auch darauf ein. „Na los, sag meinem Dominus, was ihr Dreckskerle mir angetan habt! Erzähle ihm, wie ihr mich entführt habt!“ Meine Kehle war so trocken, dass meine Stimme zu versagen drohte.

  • Ein wenig nachdenklich sah die Sklavin nun doch drein. Vielleicht hatte sie sich nicht richtig ausgedrückt oder einfach nur undeutlich gesprochen… "Alrun! Ihr Name ist Alrun!," wiederholte sie. "Mich ruft man Veleda, doch mein richtiger Name ist Rona. Und ja, ich verstehe ihre Sprache und kann auch übersetzen."


    Rona beobachtete die Hebamme, die Alrun nun untersuchte. Dabei hielt sie die Hand der werdenden Mutter und beruhigte sie, indem sie ihr übersetzte, was die Hebamme sagte und ihr erklärte, was sie tat. Auch lächelte sie ihr hoffnungsvoll zu, als sie die Worte der Hebamme ins germanische übersetzte, die erklärt hatte, das Kind werde heute noch geboren werden. Aber auch Rona konnte sich gut vorstellen, wie gering die Chancen des Neugeborenen standen, nach der Geburt zu überleben. Dies ließ sie Alrun aber nicht wissen.


    Alruns Schrei nahmen nicht ab. Woher sollte sie nur die nötige Kraft nehmen, dies zu überstehen? Sie betete zu ihren Göttern, sie mögen ihr doch beistehen. Schließlich sprütre sie zwischen ihren Beinen etwas Warmes, Flüssiges. "Was ist das, Rona?", fragte sie die Sklavin, die sogleich übersetzte. Rona konnte erkenne, dass soeben die Fruchtblase geplatzt war.

  • Wenn Othmar hier gewesen wäre, hätte er gewiss einen großen Teil zur Aufklärung beitragen können. Er hätte seine sentimentale Geschichte zum Besten gegeben und entschuldigend erklärt, dass Thula ihn an seine Tochter erinnerte, die er vor vielen Jahren verloren hatte. Doch Othmar war nicht hier. Nach langem Zögern hatte er sich doch noch dazu durchringen können, gegen die Römer zu kämpfen. Er war einer der Ersten, die Gefallen waren. Irgendwo im Auenwald vermoderten nun seine Gebeine.
    Stattdessen musste sich die Sklavin mit Arwid zufriedengeben: selbstverliebt, zerstörerisch und kalt. Wenn Arwid jemals ein Gewissen besessen hatte, so hatte man es in der Sklaverei aus ihm herausgepeitscht.


    Selbstgefällig entgegnete er Thulas Blick, die ihn aufgefordert hatte, die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit – was war das schon? Die Wahrheit konnte man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und jedes Mal wirkte sie anders auf den Beobachter.
    "Entführt?" Mit gespieltem Befremden und aufgerissenen Augen wanderte sein Blick von Thula auf den Tribun zu. "Hat sie dir das erzählt? Wir hätten sie entführt? Hat sie das?" Darauf folgte ein kurzes spöttisches Lachen. Das Gesicht des Germanen nahm schnell wieder ernste Züge an. "Meine Männer erzählten mir, SIE habe sie angerempelt, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ich kam dann kurze Zeit später dazu und hörte, wie SIE uns anbettelte, wir sollten SIE doch aus der Stadt schaffen und mitnehmen. Im Gegenzug versprach SIE mir, einige Informationen liefern zu können. Ich hatte erst meine Bedenken, denn schließlich wollte ich am Stadttor keinen Ärger bekommen. Aber wie soll ich sagen, wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Ich entschied, dass wir sie mitnehmen – in einem Sack. Die Götter selbst haben ihr und uns beigestanden! Wir wurden nicht kontrolliert!"
    Inzwischen würdigte Arwid Thula keines Blickes mehr. Das war eine Sache zwischen dem Römer und ihm. "Mit den Informationen, die sie uns geben wollte, war es nicht lange her. Was sie uns mitteilte war im Grunde das, was wir bereits auf den Straßen der Stadt erfahren hatten. Aber wie du sicher selbst weißt, hat deine Sklavin andere Vorzüge!" Ein schmieriges Lächeln umspielte Arwids Lippen. "Mit ein wenig Met war sie zu allem bereit! Das Einzige, was mich ein wenig an ihr störte, sie stöhnte ständig deinen Namen."

  • Richtig, Alrun! Das hatte sie gesagt. In der Hektik hatte Alpina es überhört. Die Gefangene, die halt nannte man Rona. Nun gut. Es ging los. Die Fruchtblase platzte, Alpina wurde nass. Nichts ungewöhnliches für eine Hebamme. Alpina ölte sich erneut die Hände, dann weitete sie mit der linken den Geburtskanal während die Rechte versuchte das Kind zu ergreifen. Sie spürte das kleine Hinterteil.
    "Sie muss jetzt pressen. Ohne Pause, so viel sie kann! Sag ihr das! Und du hilfst ihr am besten indem du ihr die Knie an den Bauch presst, Rona. Los! Wir haben keine Zeit zu verlieren!"


    Alpina gab Kommandos wie ein Centuro. Doch hier zählte nur die Zeit und die richtige Hilfe. Es ging um das Leben des Kindes.
    Sie sah die Gebärende streng an. "Alrun?! Pressen, pressen! Mit aller Kraft!"

  • So gut es die eiserne Kette an Ronas Fuß eben zuließ, beugte sie sich über Alrun und presste deren Knie an ihren Bauch.
    Zuvor hatte sie Alrun erklärt, dass es nicht mehr lange dauerte, bis das Kind kam, da die Fruchtblase geplatzt war. Sie hatte auch die Anweisungen der Hebamme weitergegeben, dass sie jetzt fest pressen sollte, solange sie konnte. Alrun nahm noch einmal all ihre Kräfte zusammen und presste so fest sie konnte. Rona ermunterte sie lautstark, ohne Unterlass zu pressen. Sie betete dafür, dass es der Hebamme gelang, das Kind zu ergreifen und herauszuziehen.

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