[vor der Castra] Eine fette Rechnung

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    << Ganymed - Lupanar


    Der eine Arm war verbunden, der andere hielt ein Blatt Papyrus, dass leise raschelte, weil die Hand so sehr zitterte. So stand Satibarzanes vor der Castra und starrte das gewaltige Tor an, vor dem die Wachen hin und her schlenderten. Ihre Blicke waren nicht dazu geeignet, ihm die Angst zu nehmen. Er wollte doch nur die Rechnung des Medicus einwerfen, der ihn vor einigen Tagen behandelt hatte, und die starrten ihn an, als wollten sie ihn auffressen! Er wollte sie ja nicht mal ansprechen, er wollte dem freundlichen Urbaner namens Lurco einfach nur die Rechnung zukommen lassen und wieder verschwinden. Vermutlich lag das an seiner Kleidung, denn der arme Satibarzanes besaß seit dem Brand keine Tunika mehr und lief seither tagein tagaus im selben angekokelten Röckchen herum. Knapp gekleidete Leute wurden wahrscheinlich prinzipiell von der Castra entfernt, ohne sie auch nur anzuhören, weil jeder sie für Lupos auf Kundensuche hielt. Zwar war er ein Lupo, aber er war aus anderem Grund hier! Verzweifelt hob er den Zettel in die Luft und wedelte damit.

  • Lurco hatte Wachdienst und sah eine bekannte und angesengte Gestalt schüchtern auf die Castra zukommen. Er gab den Kollegen ein Zeichen, dass es sich dabei um keinen Störenfried handelte und ging dem Mann direkt entgegen.


    "Salve Satibarzanes mein Freund", grüßte Lurco freundlich und nahm ihm das Blatt aus der Hand. Dabei wanderte Lurcos Blick an dem Mann mitleidig auf und an.


    "Bei den Göttern, Du hättest eine Tunika mit auf die Rechnung setzen können. So nützt der beste Medicus nichts, wenn Du halb nackt nach Deinem Unfall durch die Staßen läufst. So hält Dich jeder noch für einen Lupa! Hör mir genau zu, ich weiß dass Deine Taberna abgebrannt ist. Da wir gerade eine eröffnen, so als Nebenstandbein dachte ich mir dass ich Dir einen Job anbiete. Bevor Du stolz ablehnst, hör Dir mein Angebot erstmal in Ruhe an.


    Also ich habe mir gedacht, da Du Dich bis jetzt sehr gut hinter dem Tresen geschlagen hast, dass Du für uns genau das gleiche tun könntest. In dem Fall natürlich als unser Angestellter in Lohn und Brot. Du würdes gemeinsam mit Scatos Sklaven Terpender die Taberna führen. Er ist zuständig für die Sicherheit und Du wärst zuständig für die Bewirtung der Gäste. In der Taberna hast Du eine kleine Kammer, die Dein Zuhause wäre. Unser Haus grenzt direkt an, es ist noch nicht ganz fertig und muss renoviert werden. Es wäre schön, wenn Du dort ebenfalls hilfst.


    Kurzum es wäre eine Menge zu tun, aber es springt auch für Dich einiges dabei heraus und zwar Lohn und ein Dach über dem Kopf. In der ersten Zeit passen wir den Lohn einfach unseren Einnahmen an, anders geht es nicht. Dafür hast Du die Kammer frei und stets was in der Schale. Was sagst Du?", fragte Lurco freundlich, faltete die Rechnung zusammen und steckte sie ein.


    Das Zeichen war eindeutig, betrachte sie als erledigt.

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    Eine Tunika? Die Rechnung war so schon exorbitant, weil Satibarzanes nicht nur sich selbst hatte versorgen lassen, sondern auch Python und jeden anderen, der mehr als nur ein paar Beulen besaß. Darum wollte er ja auch so schnell wieder verschwinden! Als der Urbaner vor ihm stand, starrte Satibarzanes ihn mit aufgerissenen Augen an und das Zittern seiner Finger weitete sich auf den Rest seines Körpers aus. Glücklicherweise schaute der Urbaner die Rechnung nicht einmal an, sonst wäre er wohl nicht so freundlich.


    "Eine Taberna?", wiederholte Satibarzanes. "Ich? Aber ich kann doch gar nichts!"


    In seinem Leben hatte er keine einzige sinnvolle Fähigkeit erlernt. Weder konnte er rechnen, noch schreiben, noch wusste er, wie man ein Tablett trug. Andererseits boten die meisten Tabernae auch gewisse andere Dienste an. Und auf die verstand Satibarzanes sich vielleicht doch ein wenig.


    "Ach sooo", sagte er nachdenklich. "Jetzt habe ich das kapiert! Aber wollt ihr mich wirklich einstellen? Ich habe etliche Kollegen, die alles besser können als ich."


    So richtig konnte er das Angebot nicht glauben, wo Kyriakos ihm doch jeden Tag überzeugend darlegte, wie fett, dumm und hässlich er sei und dass er sowieso für nichts zu gebrauchen war. Vermutlich warf man ihn nach einer Woche wieder raus, weil die Gäste ihn nicht mochten oder der Mann veralberte ihn einfach nur. Satibarzanes ließ die Schultern hängen. Die traumhaften Aussichten, die der Urbaner ihm darlegte, platzten in seinem Geist wie eine Seifenblase.

  • Lurco nickte geflissentlich.


    "Ich wusste ja, dass Du ein harter Brocken bist, aber so hart? Die Verhandlungstaktik sich zu zieren schlägt sonst einen guten Lohn heraus Satibarzanes, aber wie ich sagte unsere Taberna ist neu. Sie wird gerade erst eröffnet. Wir können über den Lohn später gerne nachverhandeln.


    Die Aufgabe ist erdenklich einfach. Du stehst hinter dem Tresen, verbreitest Gemütlichkeit und schenkst Getränke aus. Für die Abrechnung und alles was mit der Buchhaltung dem Geschäft und so weiter zu tun hat, ist Terpander zuständig. Du bist sozusagen unser Schank-Junge.


    Wir wollen keine etlichen Kollegen, wir wollen Dich hinter dem Tresen. Sieh es mal so, der Laden heißt der lallende Löwe. Du lallst zwar nicht, aber Du hast eine Löwenmähne... überlicherweise.


    Also nochmal, Du bekommst eine Anstellung als Ausschank, Du bekommst dafür Lohn entsprechend der Einnahmen. Wie hoch werden wir mit Terpander besprechen. Auf alle Fälle bekommst Du Verpflegung und eine Kammer. Nun Sati ja oder ja? Du kannst allerdings auch ja sagen", grinste Lurco.

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    Satibarzanes schoss das Blut in die feisten Wangen. Einen harten Brocken hatte ihn noch nie jemand genannt und er war auch keiner. Er hatte einfach Angst, einmal mehr zu versagen und alles zu verlieren. Er wischte sich die Tränen aus den Augen.


    "Ich würde sehr gern dein Schankjunge werden", sagte er mit bebender Stimme. Mit dem Handrücken schmierte er sich rußigen Rotz von der Nase, den er dann an den Resten seines Röckchens abwischte. "Getränke ausschenken kanne ich, wir hatten auch einen Tresen. Jetzt gleich? Wo? Und meine Löwenmähne lasse ich wieder wachsen, versprochen."


    Er blickte an sich herab. "Ich bin gerade schmutzig, aber du hast mich vorher gesehen, ich bin sonst ordentlich und sauber! Das liegt nur an dem Brand! Irgendjemand hat uns das Haus angezündet und uns mit Messern und Knüppeln angegriffen. Wer tut so etwas? Wir hatten niemandem etwas getan!" Jetzt musste er richtig weinen. "Entschuldigung!" Mit wedelnder Hand schniefte er ein paar Mal und versuchte, sich zu beruhigen, damit sie weiterreden konnten.

  • Lurco stand Satibarzanes etwas hilflos gegenüber, als dieser anfing zu Schluchzen und zu Weinen. Etwas unbeholfen tätschelte er ihm die Schulter und lächelte ihn aufmunternd an.


    "Ist schon in Ordung. Sati es ist alles gut, Du lebst, bist fast unversehrt, hast ein Auskommen, hast ein Dach über dem Kopf. Versuche Dich zu beruhigen, Du hast viel durchgemacht. Deine Haare wachsen schon wieder nach und die Tunika ist auch das kleinste Problem, glaub mir.


    Via Nomentana vor der Porta Collina, auf dem Viminal, die Casa Leonis, dass ist unser Haus.


    Du erkennst es am Löwentürklopfer. Entweder gehst Du umgehend dorthin und erklärt unserem Sklaven Terpander, dass ich Dich geschickt habe. Oder Du bist zum Feierabend hier vor der Castra und wir gehen gemeinsam. Wie Du magst Sati. Es ist nicht weit von hier, Du erkennst es daran, dass es noch sehr baufällig ist.


    Pass auf, Du gehst direkt, dass ist besser, wäscht Dich und ruhst Dich erstmal eine Runde aus", erklärte Lurco und zückte eine seiner Wachstafeln.



    Salve Terpander,
    vor Dir steht Satibarzanes. Wir haben ihn für unsere Taberna, den lallenden Löwen, als Schankkraft eingestellt.


    Inbegriffen sind Lohn, Unterkunft und Auskommen. Bitte nimm Dich seiner an, bis wir nachher Zuhause sind. Er hat sehr viel durchgemacht, dass kann er Dir selbst vor Ort berichten. Danke. Vale bene Lurco



    Lurco drückte Satibarzanes die Tafel in die Hand.


    "Ab mit Dir, bis heute Abend", sagte Lurco freundlich.

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    Satibarzanes konnte nicht lesen, aber diese Wachstafel musste sehr wichtig sein. Sie war ein Geschenk dieses großzügigen Römers. Es sei denn, der veralberte ihn und darauf stand irgendeine Beschimpfung, die Terpander dazu bringen würde, ihm die Nase zu brechen. Dieses Risiko war seit jeher Teil seines Lebens gewesen, es gab Freier, die waren mehr Monster als Mensch. Dieser hier aber hatte nicht dazu gehört.


    "Lurco", sagte Satibarzanes, als ihm der Name wieder einfiel. "Du heißt Lurco!" Und Lurco war beileibe kein Monster gewesen, zu keiner Zeit. Alles, was Satibarzanes sich wünschte, war Sicherheit und dass die Leute ihn nicht andauernd beschimpften. Als der Mann seine Schulter tätschelte, hätte er sich ihm am liebsten um den Hals geworfen. So nett war seit Ewigkeiten niemand mehr zu ihm gewesen. "Ich werde an der Casa Leonis klopfen", versprach er zittrig. "Und danke!"


    Die Wachstafel war wie ein Schatz für ihn. Er hielt sie fest an sich gedrückt auf dem Weg zur Porta Collina, von wo aus er die Suche nach der Casa Leonis starten wollte. Wenn die Adresse stimmte, war das Haus ganz in der Nähe.


    Casa Leonis - Der künftige Schankjunge >>

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