Weihung des Bauplatzes [Amphitheater]

  • Als die Nacht der aufgehenden Sonne wich, wurde schnell klar, dass dieser ANTE DIEM IV ID SEP DCCCLV A.U.C. (10.9.2005/102 n.Chr.) ein besonders warmer Spätsommertag werden würde. Kein Lüftchen wehte und so zogen die Bewohner Mantuas gemäßigten Schrittes der Anhöhe entgegen, auf deren Plateau sich der Bauplatz für das Amphitheater befand.


    Tage zuvor waren Absicherungen und ein kleines Podest errichtet wurden. Während die Bürger sich von der Absperrung gesichert um dem Bauplatz verteilten, bezogen die hochrangigen Beamten, der Offiziersstab der Legio I und Gäste der Stadt ihren Platz auf der Tribüne.


    Musikanten waren zu dem feierlichen Akt berufen worden, um der Zeremonie eine zusätzliche festliche Note zu verleihen. Mehr und mehr füllte sich der Bauplatz …

  • Mit einigen Stadtangestellten im Gefolge kam ich am Platz des künftigen Amphitheaters an.
    Bei uns hatten wir nicht unwichtige Gegenstände. Es waren die für die Weihe wichtigen Sachen,
    die mir der Duumvir beschrieben hatte..


    Interessiert bemerkte ich, wie immer mehr Leute zum Platz kamen.
    Ich schaute nebenbei nach einigen bekannten Gesichtern,
    doch konnte in der Menge vorerst niemanden ausmachen.


    Wir trugen die Gegenstände zum Platz der Weihung, um sie in geriger Entfernung sicher abzustellen,
    sodass sie greifbar aber dennoch nicht für jeden sofort sichtbar waren.


    Ich stellte einen Angestellten als Wache ab und postierte die anderen bei den Absperrungen um mögliche Tumulte vorzubeugen,
    so unerwartet sie am heutigen Tag auch sein würden.

  • Glücklicherweise war die Reise von Rom ohne Zwischenfälle verlaufen und ich traf pünktlich in Mantua ein. Nach einer Übernachtung in der Villa Sospitas kleidete ich mich besonders schön ein, denn der Tag war ein besonderer. Ich wählte die in Rom erstandene neue Tunika, legte einen exotischen Duft aus einer meiner Glasphiolen auf und zeichnete mir Brauen und Augen mit dem Puder aus Antimon und die Lippen mit der Molluskenfarbe nach - nicht zu viel, sondern eher dezent.
    Ein Blick in den metallenen Spiegel warf ein Bild zurück, mit dem ich zufrieden war.


    Voller Spannung machte ich mich anschließend auf den Weg zum Bauplatz. Auch wenn ich ihn nicht gekannt hätte, was ja der Fall war, hätte ich keine Schwierigkeiten gehabt, ihn zu finden. Ganz Mantua war auf den Beinen. Scheinbar kannte jeder Bürger am heutigen Tag nur ein Ziel – den Platz für das künftige Amphitheater.
    Unterwegs traf ich verschiedene Bekannte, die meisten waren mir jedoch fremd. Ich kam zu selten unter Menschen, wenn ich in Mantua weilte, um mehr von ihnen zu kennen.


    Beim Bauplatz erwarteten Stadtangestellte die Bürger und ich wurde zu einem Platz geleitet, auf dem sich bereits einige wohlhabende Bürger eingefunden hatten. Ich nickte dem König freundlich zu und suchte unter den Anwesenden nach weiteren bekannten Gesichtern. Crsipina, obwohl nur Bürgerliche, blieb an meiner Seite. Sie hatte mich auf dem Weg begleitet.

  • Auch die Soldaten hatten den Weg zu dem Bauplatz gefunden. Zumindest jene, deren Dienst die Teilnahme an der Weihung gestattete. Vesuvius betrat aus einem weiteren Grund den Bauplatz mit großer Freude. Wochenlang hatte er über den Entwürfen, Bauzeichnungen und Berechnungen zu dem städtischen Amphitheater gesessen. Im Anschluss an den feierlichen Akt der Weihung würden bald die ersten Baumaßnahmen starten, die der Optio beaufsichtigen sollte.


    Er stellte sich zu den Kameraden seiner Centurie und blickte den Veranstaltern bei den letzten Vorbereitungen gespannt zu. Noch immer strömten Menschen herbei und die Organisatoren mussten manche Absperrung neu stecken. Das Interesse an der Einweihung war groß. Eine gewisse Spannung lag über dem Bauplatz. Viele der Gäste sahen sich interessiert um und harrten gespannt der Dinge, die bald kommen würden. Ein Tuscheln und Raunen erfüllte den Platz.

  • Bekleidet mit einer blütenweißen Toga traf ich auf dem Bauplatz ein. Eine große Menge an Bürgern hatte sich bereits eingefunden und ich stellte wieder einmal beruhigt fest, wie groß in Mantua das Interesse an traditionellen Riten war. Handlungen, die ich heute zum Teil selbst vornehmen würde und die meine außergewöhnliche Bekleidung erklärten. Mit der Opferbinde in der Hand trat ich an das Podest heran, grüßte die dort Anwesenden und drehte mich anschließend zur Menge um.


    „Bürger Mantuas, Legat und Offiziere der Legio I, Abgeordnete der Provinzverwaltung, Soldaten und Gäste dieses Festes, denn ein solches soll es sein. Seid herzlich willkommen und wohnt dem Akt der Besänftigung der Genii Loki bei. Ruft mit uns die Geister der hier ehemals Lebenden an und bittet um ihre Gnade, dass sie unserem Vorhaben, ihnen ein Bauwerk von nie gekannter Größe auf ihr Land zu setzen, wohl gesonnen gegenüber stehen. Bittet mit uns um Vergebung, weil wir ihre Ruhe stören.“

  • Ich lauchschte aufmerksam den Worten Cadiors und kam seiner Bitte nach un wandte mich in stillem Gebet an die Genii Loci mit der Bitte um Vergebung für diese Ruhestörungund um Gande und Segen für diesen Bau und ganz Mantua.

  • Zufrieden sah ich in die Gesichter der Menschen und spürte deren Wille zur Mithilfe.


    „Wir wollen den Geistern und Göttern mit Räucherstoffen und Früchten dieses Landes ein großes Opfer bringen. Den Genii Loki opfern wir vor allem Oliven, denn ich konnte durch Unterstützung herausfinden, dass eben jene Früchten vor langer Zeit auf diesem Plateau angebaut wurden. Als Zeugen für diesen Akt rufen wir die Göttertrias an, denen wir Getreide und Mola Salsa darbringen wollen.
    Zuvor jedoch zelebriere ich ein allgemeines Rauchopfer. Es soll nicht nur den Götter und Geistern gefallen, es soll auch uns Menschen daran erinnern, dass die heutige Zeit eine entheiligte Zeit ist, in der Bäume, Sträucher und alle anderen Pflanzen fast nur noch als Sache angesehen werden. Viele Römer haben die Bedeutung der Götter und deren Huldigung vergessen. Wir wollen uns heute wieder der alten Traditionen erinnern und der Natur wieder ein ganzes Stück näher treten."


    Ich wandte mich an meinen Bruder und zugleich Scriba der Stadtverwaltung.


    „Ingeniosus, stellst du nun bitte die vier Opferschalen auf. Direkt vor mir am äußeren Rand des Podestes, damit der sich entwickelnde Rauch von nichts und niemandem gebremst oder abgeleitet wird. Die größere für die Genii Loki in die Mitte. Die drei kleineren in einem Halbkreis dahinter.“


    Ich nickte Ingeniosus aufmunternd zu. Bereits diese Vorbereitungen sollten würdevoll ablaufen.


    „Favete linguis.“ Ich bat die Anwesenden um Ruhe.

  • Ohne Hast aber auch nicht übertriebener Verzögerung tat ich wie mir geheißen.


    Die Stille, die sich während dieser Handlung ausbreitete war fast schon beängstigend.
    Es war als könnte man ein Knistern von Anspannung in der Luft wahrnehmen.

  • Bei den sehr griechischen Worten des Duumvir schweifte der Blick des Centurio über den Bauplatz, welcher in der Tat recht beengte Platzverhältnisse eröffnete.
    Etwas betrübt war Sophus doch, als man der Götter Segen für ein Projekt erflehte, welches an anderen Orten doch ganz und gar Schauplatz absurder Perversion und verrohter Sitten gewesen wäre. Zurecht hatte der große Staatsmann und Philosoph Seneca jene Handlungen scharf verurteilt und es schien dem Centurio doch auch Pflicht, für die rechte Nutzung des Ortes zu beten.

  • Ich war ergriffen von den wohlgewählten und passenden Worten unseres Duumvirs. Cadior hatte eine Nase für die richtigen Worte und für die richtigen Handlungen. Sein unerschütterlicher Glaube und die Richtigkeit seiner Worte gingen mir zu Herzen. Ich stimmte ein in das Gebet und war mir sicher, das dies ein Ort sein würde, auf den die Götter wohlwollend blicken wenn wir auf die rechte Nutzung achten.

  • Wie schon bei der Opferung zu Ehren der Ops hatte ich mich wieder mit Deandra verabredet. Wir wollten gemeinsam den Fußmarsch zum Bauplatz zurücklegen. Immer mehr Menschen schlossen sich uns an und so erreichten wir inmitten einer Menschentraube den Bestimmungsort.
    Bald schon begann die Zeremonie und ich lauschte den Worten des Duumvir.

  • Als ich beim Bauplatz eintraf, befanden sich bereits unzählige Menschen vor Ort. Überwiegend Zivilisten, aber auch viele Soldaten säumten den Platz und warteten voll Interesse auf den Beginn der Weihehandlungen. Trotz der Menschenmassen gab es kein Gerangel. Alle wussten um den bedeutsamen Moment und verhielten sich entsprechend.
    Als die Zeremonie vorbereitet wurde, verstummten die Menschen. Viele beten zu Göttern, vermutlich alle Anwesenden, denn wen solche Handlungen nicht interessierten, der wohnte ihnen erst gar nicht bei. Auch ich bat um das Wohlwollen der Geister und Götter.

  • Nachdem die Opferschalen bereitstanden, ließ ich mir die Priesterbinde um die Stirn legen. Das zunächst erbrachte Rauchopfer diente der Reinigung und damit der Vorbereitung auf das eigentliche Opfer. Ich hatte mich ganz bewusst für eine Räucherreinigung und nicht die übliche mit Wasser entschieden. Ja, die Ursprünge lagen in Griechenland, aber ein Kind unserer Kinder würde ein großer römischer Mediziner werden, der um die großartige Wirkung von Räucherungen beim Einsatz in der Therapie und Weihe eines Tages wissen würde, was ich heute bereits wusste: Weihrauch reinigt und desinfiziert. Selbst römische Soldaten nehmen Bäder mit Essenzen dieser Pflanze.


    Auf einem Wink von mir brachten Stadtangestellte vier Kohlebecken, die sie, nachdem die Räucherkohle entzündet wurde, jeweils unter die Opferschalen stellten. Ich hatte bereits Tage zuvor Olibanum, das Harz des Weihrauchbaumes, in Wein gelöst. Somit konnte ich zugleich das Wein- und Weihrauchopfer in Form der beabsichtigten rituellen Reinigung darbringen. Behutsam ließ ich die besondere Flüssigkeit in die Opferschalen laufen und trat anschließend zurück. Durch die Hitze entwickelte sich recht schnell eine Rauchsäule über jedem der Gefäße, die ungehindert nach oben stieg. Würziger Duft breitete sich über der Opferstelle aus, der zunächst die nahe der Tribüne stehenden Menschen, doch schon bald auch die weiter entfernt stehenden erreichte. Jeder der bei der Zeremonie Anwesenden konnte sich somit als Teil der Handlung empfinden, denn er wurde in die Räucherung mit einbezogen.


    Während dessen sprach ich Gebetsformeln.

  • Das musste man Cadior lassen. Er kannte die Riten unserer Vorfahren - vielleicht war er gerade in diesen Dingen auch manchmal etwas eng - aber das beschäftigte mich in diesem Moment nicht. Ich ließ mich von den Riten mitnehmen. Und wie der Weihrauch stieg auch mein Gebet empor...

  • Als Cadior die Binde um den Kopf gebunden wurde, zog ich mit einer Hand einen Zipfel meiner Toga über den Kopf, wie es die Riten vorschreiben. Kein Betender soll mit unverhülltem Kopf vor die Götter treten.


    Der Ritus nahm seinen Lauf. Cadior war sicher und zielstrebig, strömte mit seinen Handlungen eine Zuversicht aus, die in den stetig steigenden 4 Weihrauchsäulen ihre Bestätigung erfuhr. Die Götter waren also gewillt, uns zuzuhören.


    Die Stille um uns herum war so total, dass ich manchmal sogar das Gefühl hatte, die Genii Loci zu spüren. Seit meiner Zeit in Tylus war so etwas nur einmal passiert.

  • Auch ich war tief ergriffen von der bewegenden Rede. Während ich mir meine Kapuze ins Gesicht ziehe beobachte ich die übrigen Menschen auf dem Platz. Aufgereget und freudige Gesichter sah ich überall. Auch einige bekannte waren darunter.

  • Die rituelle Reinigung war vollzogen, nun begann die eigentliche Opferung an die Wesen, die hier einst gelebt hatten und die Götter. Ich zog ebenfalls einen Zipfel meiner Toga über den Kopf und trat an die große Opferschale heran. In meinen Händen hielt ich ein Gefäß mit Oliven – den Früchten, die auf diesem Land einst angebaut wurden.


    Behutsam ließ ich die Früchte in die Opferschale rieseln und trat wieder zurück. Dicker Rauch entwickelte sich alsdann. Die Früchte waren frisch. Sie enthielten viel Saft, der offenbar Ursache für die starke Rauchentwicklung war.


    „Ihr Wesen, die ihr einst diesen Platz besiedelt und bestellt habt, wir rufen euch heute an. Schon bald wird dieses Land überbaut werden und wir möchten uns für die Störung eurer Ruhe entschuldigen. Gleichsam bitten wir euch zu bleiben und dieses Land auch weiterhin zu schützen.
    Die Menschen in unserer Stadt sind gläubige. Ihnen liegt viel daran, mit euch diesen Ort zu teilen.“


    Gespannt betrachtete ich die dicke Rauchwolke. Wie würde die Antwort der verstorbenen Seelen ausfallen?

  • Das Aroma des Weihrauches, welcher in dem Reinigungsritual verwendet wurde, erreichten auch Claudius. Er atmete die Räucherstoffe ein und fühlte sich in die Zeremonie eingebunden.
    Claudius glaubte stark an die Macht der Götter. Als die Opferung begann und sich dicke Schwaden entwickelten, schickte auch er seine Bitte mit dem Rauch "per fumum" zum Himmel und drückte seine Verehrung für die Götter und Genii Loki aus. Der Rauch, wenn er gen Himmel zog, stellte eine Verbindung zu ihnen her. Claudius hoffte, sie würden die Bitte der Anwesenden erhören und ihrem Ansinnen gegenüber gnädig gestimmt sein.

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