[Forum Iulium] Templum Veneris Genetricis

  • Salve Galeo Seius Ravilla. Hab Dank für deine Glückwünsche. Mögen die Götter dir und den Deinen ebenso gewogen sein. grüsste ich den Anführer des anderen Zuges. Seine Kleidung hätte mir unter anderen Umständen ein Rollen der Augen und einen flehenden Blick gen Himmel entlockt, doch heute war dies überhaupt nicht angebracht. Wir wollten zusammen opfern. Welche Kleidung der Kandidat für ein Vigintivirat dafür wählte, war seine Entscheidung und würde nicht auf mich zurückfallen. Sollte er nach einer allfälligen Quaestur aber die Aufnahme in den Senat erwünschen, so würde er definitiv an seiner Kleidung arbeiten müssen. Als Senator galten da strengere Regeln.


    Wir marschierten gemeinsam zum Tempel, wo wir von der Priesterschaft empfangen wurden. Die Träger unserer Opfergaben übergaben diese an die Priesterschaft und wir besprachen das weitere Vorgehen mit derselben, während sich das mitgekommene Volk um den Altar vor dem Tempel versammelte.

  • Wenig später begann das Opfer mit dem obligaten "Favete linguis". Damit die Götter auch kein Husten oder Räuspern hören würden, begannen Flötenspieler leise eine Melodie zu dudeln.


    Derweil traten Ravilla und ich mit den Priestern zusammen an den Altar. Es war abgemacht, dass der Priester uns durch das Opfer führen würde, also immer zuerst eine Gabe darreichen würde, während wir danach dieselbe Gabe erneut opfern würden, um der Göttin zu zeigen, dass wir es mit unserer Bitte um Unterstützung ernst genug meinten um selbst zu opfern.


    Zu Schnitzen geschnittene Äpfel, Blumenkränze, Myrte und natürlich Mola Salsa wurden zu diesem Zweck von den Opferhelfern des Tempels in entsprechenden Gefässen bereit gehalten.

  • Gemäß ihrer Absprache waren auch die Opfergaben des Seius allesamt unblutiger Natur. Nicht, dass ihn blutige Opfer schrecken würden - er hielt sie für besonders wirksam und die ihm vertraute Magna Mater liebte sie in besonderem Maße - doch was der Venus am besten gefiel, das wusste der Annaeus viel besser, über dessen Gens sie ihre schützenden Hände hielt. So verließ Ravilla sich auf dessen Empfehlung.


    Ravilla hatte neben einer vielzahl kleinerer Gaben zum Finale einen besonders üppigen weißen Blumenkranz fertigen lassen, so wie auch die für die Göttin angedachten Opfertiere stets weiß zu sein hatten. Lilien hatte er gewählt, deren betörender Duft mit seinem heute aufgelegten Parfum eine olfaktorische Harmonie bildete, welcher die Nasen der ihm Nahestehenden unsichtbar umschmeichelte.


    Anaxis trug diesen überbordenden Kranz für ihn und gab darauf acht, dass die Blüten nicht knickten. Für den Sklaven war dies eine Ehre und betonte dessen Stellung in Ravillas Sklavenschar. Eines Tages würde Ravilla dem Perser die Freiheit schenken, doch dieser Tag war noch fern, denn sie beide waren jung.

  • Der Priester startete mit Mola Salsa, was einen wunderbaren weissen Rauch über der Opferschale erzeugte.


    Als ich nach dem Priester meinen Löffel derselben Substanz in die Opferschale goss, sammelte sich der Rauch zuerst über der Schale und stieg dann ohne grössere Störungen nach oben gegen den Himmel. Der erste Eindruck des Opfers schien gut zu sein.

  • Ravilla folgte dem ranghöheren Manne, den würzigen Duft genießend, den das Feuer verströmte, als die Gaben mithilfe der Flammen in eine neue Daseinsform wechselten, die einen Transfer in die Gefilde der Höchsten ermöglichten. Auch Ravilla gab einen Löffel der Mola Salsa hinein, die zischend eine weiße Rauchsäule gen Himmel schickte. Ravillas dunkle Augen wirkten, wie oft bei solchen Zeremonien, verschleiert. Von Klein auf geschult, auf die Signale aus der anderen Welt zu achten, war er der Trance ein wenig zu nah für jemanden, der nicht die Aufgabe hatte, öffentlich in Ekstase zu verfallen.


    Anaxis griff ihm vorsichtshalber unter den Arm und führte ihn wieder ein kleines Stück beiseite, so dass Ravilla den Weg nicht für das übrige Opfer versperrte. Und während Ravilla den Segen bis in die Tiefen seines Genius meinte vibrieren zu spüren, analysierte Anaxis verdrussvoll die Wolken, welche ihre Bahn über den Himmel zogen und deren Korrelation zu Ravillas Gemütszuständen er schon vor Jahren erkannt hatte. Sie machten den Herrn noch empfindsamer für seine übersinnliche Wahrnehmung, als er ohnehin schon war.

  • Der Priester wiederholte die Gebetsformel und unseren Wunsch, die Unterstützung für unseren Wahlkampf zu erlangen. Danach legte er einige Apfelschnitze in die Opferschale und schubste sie mit einem Finger behutsam in die heisse Glut. Es zischte und pfiff, als die heisse Glut das Fleisch der Schitze versengte und die Flüssigkeit verdampfte. Noch immer stieg der Dampf beinahe senkrecht nach oben.


    Ich wiederholte die Handlung, wie es zuvor abgemacht worden war.


    Dasselbe geschah danach mit den Myrtezweigen.

  • Ravilla war dankbar, dass Priester und Senator ihm zuvor vollzogen hatten, was nun auch seine Pflicht war. So recht orientiert war er nicht am heutigen Tage, dafür das Herz ihm weit und sein Gemüt voll Glück. Ravillas Apfelschnitze weckten mit ihrem süßlichen Rauch die Lust auf gebratene Äpfel und holten den Seius ein Stück in die Wirklichkeit zurück. Die Myrthe folgte und bildete eine erstaunlich harmonische Komposition mit den Bratapfelaromen, die sich wenig später in beißenden Kohledampf verwandelten, als die Schnitze im Zuge ihrer Metamorphose schwarz zusammenschrumpften.

  • Zum Schluss des Opfers legte der Priester Kränze auf und um den Altar, respektive die diversen Statuen der Venus, welche um den Altar herum gestellt waren. Auch ich legte Blumen und Kränze dazu und trat dann wieder zurück zum eigentlichen Gebet.


    Grosse Venus, Mutter der Iulii und Annaei, Schutzherrin und Mutter unseres Urvaters Aeneas. Hier steht Lucius Annaeus Florus Minor, zusammen mit Galeo Seius Ravilla und bittet dich um deine Zustimmung für ihre Kandidaturen im Cursus Honorum.


    Während der nun folgenden Pause studierte er aufmerksam die Art, wie sich der Rauch von den Opfergaben noch immer mehr oder weniger gerade nach oben seinen Weg suchte.


    Gespannt wartete ich darauf, was er wohl daraus lesen würde.

  • In stiller Einkehr harrte auch Ravilla dessen, was der Priester von den Unsterblichen an sie auszurichten hatte, doch war sein Gefühl ein Gutes. Das Gesicht des Seius zeigte sich entspannt, wie es das zumeist war, denn gleich seinen Vorfahren spürte er den Odem der Götter stärker als gewöhnliche Sterbliche. Das Priesteramt wäre durchaus in seinem Sinne gewesen, doch das römische Blut seines Vaters brannte stärker in seinen Adern als das der Mutter. Er war nicht zum Tempelfürsten geboren, sondern dazu, Rom zu dienen. Und doch spürte er tief im Inneren, was er hätte werden können, hätte er seine Schritte nicht nach Caput mundi gelenkt.


    Als das Ritual beendet ward und der Zug sich langsam zerstreute, verabschiedete Ravilla sich freundlich von allen Beteiligten, verlor auch hier und da ein Wort mehr als notwendig, ehe er in die bereitstehende Sänfte stieg, um hoch über den Häuptern des Volkes fortgetragen zu werden, selbst auch ein wenig entrückt.

  • Die Omen waren gut, die Opfer wurden als angenommen gewertet und die Zeremonie abgeschlossen. Zufrieden verabschiedeten sich schon bald darauf alle Beteiligten und Zuschauer. Die Pax Deorum war weiterhin garantiert.

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