Aquilius und Corvinus

  • "Ich hoffe, ihr braucht keinen Sklaven, um euch hier zurecht zu finden," meinte ich recht trocken nach den ersten Schritten durch diese hohen Hallen, während wir uns in die Richtung des Atriums bewegten. Die Villa Flavia war auch nicht gerade klein, aber hier merkte man schon, wieviele Sesterzen für die aufwendige Gestaltung verbraucht worden waren - und dass man dies sicher den Besucher auch merken lassen wollte. Gegen meinen Willen war ich durchaus beeindruckt, eine so prachtvolle Umgebung gefiel mir in jedem Falle. Doch auch die Unterhaltung von eben galt es weiterzuführen und ich war gespannt, wohin wir uns begeben würden.

  • Ich lachte.
    "Nein. Aber es ist schon befremdlich, wenn man zum ersten Mal hier ankommt. Da ich magistratus von Mantua bin, bin ich nicht oft in Rom. Aber mich trieben diesmal berufliche wie familiäre Dinge hierher."


    Ich führte Aquilius durch das Atrium, blieb kurz stehen um einem Sklaven aufzutragen, dass er zwei Becher und die Amphore im Tablinum bereitstellen sollte, so wie etwas Obst und auch Oliven. Dann neigte ich den Kopf zur Seite und sah in Aquilius'markantes Gesicht.
    "Es ist seit langem Familientradition, der Aurata anzugehören. Die Aurelia stellt die Pferde, musst du wissen. Meine Schwester Deandra ist zudem sehr involviert in das Geschehen der factio. Was die ludi angeht: Es wäre mir ein Vergnügen, dort auf dich zu treffen. Ich bin mir sicher, dass wir Spaß haben werden."


    Ich warf ihm einen Blick zu, während ich lächelte, und mit dem Arm auf das Tablinum deutete.
    "Bitte, gehen wir. Ah, es ist übrigens nicht der Marskult, der mich anzieht. Zumindest nicht so sehr wie der unseres allmächtigen Göttervaters. Doch leider müsste ich zuerst eine Frau ehelichen, um flamen dialis zu werden. Ich weiß noch nicht, welchen Weg ich gehen werde."

  • Unter den Griechen musste Corvinus sicherlich so einige Aufmerksamkeit genossen haben - von der Gestalt her schon zum Mann gereift, verrieten die geschwungenen Lippen noch die Weichheit der Jugend, der stolze Zug des Kinns verriet den Patrizier, die geschmeidigen Bewegungen den Mann, der nicht nur seinen Geist trainiert hatte, sondern auch den Körper. Ich seufzte innerlich und versuchte die Gedanken auf unser Gespräch gerichtet zu behalten, um mich nicht zu verheddern. Wie lange war meine letzte Nacht mit Nefertiri nun her? Eindeutig viel zu lange, schon im Gespräch mit Nadia hatte sich der Hunger dauernd in mein Bewusstsein geschlichen, mit Gracchus ebenso, und jetzt ... Rom schien sich wirklich gegen mich verschworen zu haben. Was blieb diese kleine ägyptische Hure auch so lange weg! Nie wieder würde ich sie alleine verreisen lassen.


    "Hm, ich weiss gar nicht, welche factio die Flavier bevorzugen," überlegte ich. Meine Eltern waren keine großen Rennwagenfreunde gewesen und der Rest der Familie hatte sich in alle Richtungen zerstreut. Zugegeben, die Vorstellung von Furianus, der mit einer Fahne wedelte, hatte etwas Amüsantes für sich, aber ernsthaft? "Ich werde mir wohl die Rennen diesmal in aller Ruhe ansehen und mich dann entscheiden." Dass er den Weg zum flamen dialis anstrebte, erstaunte mich allerdings, war dieser Ehrenplatz doch mit gewaltigen Einschränkungen verbunden. "Du willst dir ernsthaft ein Leben im goldenen Käfig antun? Der flamen dialis ist sicherlich ein sehr ehrenvoller Rang, aber mir käme es vor, als würde man mich lebendig begraben." Wir betraten das Tablinum und abermals konnte ich mich umblicken - auch in diesem Raum herrschte der Prunk vor und ich begann mich zu fragen, ob er jemals in der Villa Flavia zu beeindrucken wäre.

  • Ich wiegte den Kopf hin und her. Ein goldener Käfig. Sicher, der Posten des flamen dialis war mit sehr harten Einschränkungen verbunden. Doch wenn man den Göttern gerecht werden und aufopferungsvoll leben wollte, so würde man dieses Manko akzeptieren. Doch war ich bereit dazu? Vorerst nicht. Ich war noch zu jung, zu wenig erfahren. Und außerdem unverheiratet. So schüttelte ich den Kopf.


    "Nein. Du hast zwar Recht, der der Posten des flamen dialis ist ein sehr ehrbarer und würdevoller Posten, doch ich fühle mich zumindest im Moment noch außer Stande, ein Leben mit diesen Einschränkungen zu leben."


    Ich setzte mich auf eine Liege und legte die Beine hoch. Mit einem Arm stützte ich meinen Kopf, mit dem anderen deutete ich auf die Liege, die der meinen gegenüber stand.


    "Wie gesagt, es ist alles noch sehr vage. Ich fühle mich noch unsicher und werde daher das Gespräch mit meinem Vater suchen, ehe ich mich für oder wider etwas entscheide."


    Dennoch, die Aussicht, vielleicht als flamen mehr Zeit mit Aquilius zu verbringen, barg etwas Anziehendes in sich, auch wenn ich diesem Gedanken jetzt sicherlich nicht nachgeben wollte. Während er sich setzte, musterte ich ihn erneut. Durch und durch männlich war sein Körper. Er hatte ein markantes Gesicht, das mich zum wiederholten Male an Periklis erinnerte. Einer derjenigen, mit denen ich in Achaia viel, sehr viel Zeit verbracht hatte. Ich ertappte mich dabei, wie ich beschloss, ihm wieder einmal zu schreiben. Dann hatte Aquilius wieder meine ungeteilte Aufmerksamkeit.


    "Also treffen wir uns bei den Spielen", stellte ich fest und suchte kurz mit einem Blick nach dem Sklaven, der noch immer weder Wein noch Naschwerk aufgetragen hatte.

  • "Du bist jung, genieße das Leben, solange es geht," sagte ich und lächelte. Eigentlich traf das auch auf mich noch irgendwie zu, aber ich hatte meinen Teil Genuss und Müßiggang zur Genüge in Athen ausgelebt, und das nicht zu knapp. "Zumindest beginnt der Ernst früh genug, und wenn Du schon als Magistrat arbeitest, wirst Du wissen, was ich meine. Man kann schließlich nicht andauernd nur über Akten brüten oder sich um das Wohl einer Stadt kümmern. Da bleibt nur zu hoffen, dass Dir Dein Vater einen guten Rat geben kann."


    Kurz überlegte ich, welcher der derzeitig in Rom weilenden Aurelier sein Vater sein mochte, aber ich konnte mich zwischen zwei nicht unbekannten Namen nicht so recht entscheiden, also ließ ich es lieber sein, dieses Thema allzu sehr zu verfolgen. Sich mit falsch geratenen Familienangehörigen in Mißkredit zu bringen war heute sicherlich nicht mein Anliegen.


    Während ich mich gemächlich auf der Liege ausstreckte, blieb mein Blick auf meinem Gegenüber liegen. Ob ich ihn einmal in die Thermen einladen sollte? Diesen schlanken, trainierten Körper ohne die störende Kleidung zu betrachten zu können ließ kurz ein allzu vertrautes Prickeln in meine Lenden fahren. Du brauchst ein Weib, dachte ich fast wütend und nickte zu seinen Worten über die Spiele. "Mit Vergnügen, das werden dann meine ersten römischen Spiele seit langer Zeit sein. Du wirst sicher bei den Leuten von der Aurata sitzen, oder?"

  • "Du bist auch nicht viel älter als ich. Anfang, Mitte zwanzig?" erkundigte ich mich mit einem beinahe schadenfrohen Grinsen.
    "Und ja, ich werde unter den Anhängern der Aurata zu finden sein. Ziemlich weit unten auf den Rängen, wie es sich für einen Mann unseres Standes gebührt."


    "Nun, die Arbeit als magistratus macht mir Spaß. Es ist eine Herausforderung und zugleich eine willkommene Abwechslung, die Dinge einmal anzupacken, statt stetig nur plattzureden. Derzeit wird der Bau eines amphitheatrums fertiggestellt, das jenem in Epidaurus die Stirn bieten kann. Du warst doch in Epidaurus, nicht? Ein wunderbarer Ort, mitten in den Bergen gelegen und dennoch so kunstvoll aus dem Stein gehauen... Einfach beeindruckend."


    Ich schloss kurz in meiner Schwärmerei die Augen und dachte mich in das griechische Theater zurück. Wieder überkam mich die Erinnerung an Achaia, und wieder dachte ich an jemanden, der....
    Doch da kam der Sklave, Brutus, und brachte endlich Wein und Knabbereien. Mit einem Nicken dankte ich ihm und nahm den Becher entgegen, den er mir wie auch Aqilius reichte. Ich hob den Becher und sah meine neue Bekanntschaft an.


    "Auf den Beginn einer Freundschaft", intonierte ich lächelnd und trank einen Schluck des wunderbaren Falerners. Genießerisch schloss ich abermals die Augen und musste einen wohligen Summton unterdrücken. Ich vertrug nicht viel Wein, doch noch war ich nicht so angeschlagen, dass ich nicht mehr Herr meiner Sinne war. Als ich die Lider wieder hob, betrachtete ich erneut den Flavier. Mir war, als würde ich ihn irgendwoher schon kennen, schon lange kennen, Doch woher? Ich war mir sicher, dass ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Dieser Gedanke wurde von einem milden Bedauern begleitet, das mir nun die Kehle hinaufkroch und schnell mit einem weiteren Schluck Falerner heruntergespült werden wollte. Nur zu gern kam ich diesem Bedürfnis nach. Dann kam mir ein weiterer Gedanke und ich fragte mich ob...


    "Und, wirst du bald heiraten?" fragte ich unvermittelt. Eine normale Frage, wie ich mir dachte, doch zugleich unsagbar informativ.

  • "Uns trennen Welten," gab ich grinsend zurück und schüttelte dann den Kopf. "Aber nein, Du hast recht ... ich habe mein fünfundzwanzigstes Jahr bald beendet, so groß ist der Unterschied nun wirklich nicht. Auch wenn mein Vater da ganz anderer Ansicht gewesen wäre, er hätte mich wohl am liebsten schon mit fünfzehn auf die rostra gestellt." Und wie gerne hatte ich ihm diesen Wunsch doch weiter und weiter ausgedehnt, bis es mir schließlich gelungen war, ihm einige Ausbildungsjahre in Achaia abzutrotzen. Nein, die rostra war nie mein Ziel gewesen und sie war es auch jetzt nicht. Die Götter hatten meinen Weg in eine andere Richtung gefügt und nun stand es mir endlich frei, ihn selbst zu wählen.


    "Epidaurus habe ich einmal besucht, aber das ist schon eine Weile her. Dennoch fand ich den Baustil sehr beeindruckend. Wie lange es wohl gedauert haben mag, die Häuser zu fügen? Es ist wie mit Aegyptus. Die Paläste und Bauten atmen die Ewigkeit und erinnern uns daran, wie klein ein einziges menschliches Leben im Grunde doch ist. Ein amphitheatrum ist ein sehr ehrgeiziges Ziel und das macht mich noch sehr viel neugieriger auf Deine Stadt. Rom hat den Circus Maximus, aber einen solchen Bau mit griechischem Vorbild sucht man eher vergebens ... ihr werdet damit sicher viele Besucher anlocken können."


    Als mir der Weinbecher gereicht wurde, konnte ich den süssen, vollmundigen Duft des roten Goldes schon atmen, bevor ich den Becher erhoben hatte, und nur zu gern erwiederte ich seine Worte. "Auf den Beginn einer Freundschaft!" Genüsslich kostete ich von dem wirklich exzellenten Falerner, der die Sinne zu berauschen und gleichzeitig auf eine Reise zu schicken imstande war, die seinesgleichen suchte. Der Weinstand war wirklich ein Glücksgriff gewesen ... aber nicht nur wegen des Weins. Seine Frage riß mich allerdings ziemlich aus meinen Gedanken.


    "Heiraten? Nun, dafür fehlt mir derzeit eine passende Braut. In diesem Herbst steht erst einmal die Vermählung meines Vetters Gracchus mit einer Claudierin an, dann muss ich mir wohl auch langsam Gedanken um eine Ehe machen - hast Du denn schon eine Braut in Aussicht?" Brr. Der Gedanke an eine Ehe ließ mir vorerst sämtliche süßen Gedanken verfliegen.

  • Ich nickte. Das hatte ich mir schon gedacht, dass er nicht so alt war. Dennoch wirkte er auf eine bestimmte Art reifer auf mich, als ich mich selbst fühlte. Vielleicht zog er mich deswegen so an, wer wusste das schon? Sein Vater hingegen schien das Zepter ziemlich in der Hand gehabt zu haben. Ich dankte den Göttern dafür, dass mein Vater nicht so war. Sicherlich, die Familie zu ehren war wichtig, ebenso wie die Ahnen und Götter zu ehren. Doch ein erzwungener Karriereweg war meist kein guter und das wusste auch Antoninus.


    "Oh, Misenum hat auch eine solche Kulturstätte. Aber sie ist kleiner als die Mantuas sein wird", erwiderte ich keck und mit einem übermütig erscheinenden Zwinkern.
    "Vor einigen Tagen war ich selbst auf der Baustelle und habe mich über den Fortschritt informiert. Ende des Monats wird das Theater fertiggestellt sein. Und wenn du und vielleicht dein Vetter Gracchus euch entschließt, Mantua einen Besuch abzustatten, so seid ihr auch dort in meinem Heim willkommen. Mantua hat einige Gasthäuser, doch nicht viele entsprechen dem Stand eines Patriziers. Im vergangenen Jahr mussten gar zwei geschlossen werden, weil der Hausherr dem Ungeziefer nicht mehr Herr wurde", erzählte ich, während ein weiterer Schluck der süßlich-herben Flüssigkeit meinen Hals hinabrann. Ich griff nach einer Rebe und zog langsam eine der Früchte ab, doch nicht um sie in den Mund zu stecken, sondern um sie zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her zu rollen, während ich nachdenklich weitersprach.


    "Dein Vetter scheint Gkück zu haben. Die Heirat wird die Verbindung zu den Claudiern stärken. Man erwartet ähnliches von mir. Eine Tiberierin hat diesbezüglich meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Wir werden sehen, wie das weiter verläuft", sagte ich in neutralem Tonfall. Irgendwie schien meine Frage die Stimmung etwas gestört zu haben. Aber wenigstens wussten wir nun, wie es um den jeweils anderen bestellt war. Dass Aquilius noch kein Werber einer angesehenen Patrizierin geworden war, verblüffte mich etwas, aber ich ließ mir nichts anmerken. Ein Mann seiner Statur, seines Aussehens und seiner Ausstrahlung hätte doch schon viele Blicke auf sich ziehen müssen - so wie meinen nun, denn ich schob die Traube nun doch zum Mund und provizierte ihn leicht, indem ich ihn direkt dabei ansah.

  • "Ich bin mir sicher, ich kann Gracchus zu einer kleinen Reise überreden, wie in alten Zeiten. Du musst wissen, er war einige Male auch in Athen und wir sind gemeinsam um die Häuser gezogen ... eine der wirklich angenehmsten Erinnerungen an Achaia. Vielleicht schaffen wir es ja zur Eröffnungsfeier des amphitheatrums, wenn es denn eine gibt, falls Du da nicht zu beschäftigt sein solltest, Besuch zu empfangen." Sich eine solche Feier in der exclusiven Atmosphäre einer Patriziervilla zu gönnen hatte doch so manche Vorteile für sich. Zumal ich mir sicher war, dass auch Gracchus sicher seine Freude an meinem Gesprächspartner haben würde, er besaß Witz und die nötige Klugheit, auch frechere Scherze zu machen, die pointiert genug waren, um nicht zu verletzen oder plump zu wirken, wie es bei so vielen anderen geschah.


    "Er ist auch sehr zufrieden mit seiner anstehenden Verbindung, was ich gut verstehen kann. Seine Verlobte ist eine sehr attraktive und intelligente Frau, ich wäre selbst nicht unglücklich über eine solche Ehefrau ... aber bevor ich hier nun auf eine Werbereise gehe, möchte ich doch erstmal sehen, welche jungen Damen überhaupt in Frage kommen. So lange bin ich noch nicht in Rom zurück, als dass ich das gut beurteilen könnte." Nicht, dass ich am Ende bei den Plebejern Ausschau halten musste. Nicht, dass diese Frauen keinen Reiz für mich gehabt hätten, aber es ging schließlich auch darum, den Status der Familie zu erhalten, wenn man sich verheiratete. Meine Gedanken an Heirat allerdings wurden exakt in diesem Moment weggewischt, als sich die Lippen des Corvinus langsam um die Traube schlossen und er sie genüsslich einsaugte.


    Ich konnte nicht verhindern, dass sich meine Augen für diesen Moment weiteten und man mir wahrscheinlich auch ansah, dass diese zarte Bewegung etwas in meinen Lenden anrührte.
    "Aus eigenem Anbau?" brachte ich mühsam hervor, auf die Trauben deutend, bevor ich schnell einen Schluck des Falerners herunterstürzte. Meine Kehle war ziemlich trocken geworden, geradezu wüstenhaft ausgedörrt.

  • "Och, ich glaube schon, dass es eine Feier geben wird. Schließlich sind wir stolz auf diesen Bau. Und keine Sorge, du wirst auf der Gästeliste stehen", versicherte ich lächelnd und zupfte mir eine weitere Traube ab. Wie köstlich vermischte sich ihr Geschmack mit dem des Falernerweines. Ein einzigartiges Gefühl, in diesem Moment nicht nur die Traube kosten zu dürfen, sondern auch Aquilius' vollumfängliche Aufmerksamkeit zu haben. Dieses Gefühl verursachte einen angenehmen Schauer, der durch meinen Körper lief. Genüsslich verspeiste ich die zweite Traube, ehe ich nach der Schale griff und sie dem Flavier reichte, obwohl er selbst aus seiner Position heran gekommen wäre. Ich hielt die Schale und blickte ihn an.


    "Hier, nimm ruhig", sprach ich mit einem auffordernden Lächeln, während ich leicht vorgebeugt auf meiner Liege liegend verharrte. Ich fragte mich, was er in diesem Moment wohl dachte, denn er wirkte leicht abwesend. Das Thema Heirat nun weiter auszuführen, schien mir mehr als unpassend. Ich spürte schon einen leichten Nebel um meine Sinne herum aufziehen und fragte mich, warum es eigentlich nicht ein Gelage werden sollte. Inzwischen stand mir der Sinn nach etwas anderem als einfach nur Trauben oder Oliven, obwohl ich von letzteren nicht eine einzige angerührt hatte bisher. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen und schräg gelegtem Kopf erkundigte ich mich nach Aquilius' Wünschen.


    "Sag, würdest du etwas mitessen wollen? Ich verspüre inzwischen einen recht guten Appetit."
    Ein Griff zum Weinbecher, ein weiterer Schluck und ich wartete auf Aquilius' Antwort.

  • Wäre der Aurelier eine Frau gewesen, hätte ich mir gedacht, dass er flirtete, hemmungslos sogar, aber das? Entweder er war sich seiner Wirkung absolut nicht bewußt und genoss einfach nur die Trauben, oder aber er wusste es genauso gut wie ich und provozierte mich absichtlich, wohl wissend, was er damit auslösen konnte. War mir so deutlich anzumerken, dass ich Männern ebenso viel Genuss abgewinnen konnte wie Frauen? Oder aber er ... nein, konnte das möglich sein? Ich würgte den dicken Frosch in meinem Hals hinunter und spülte mit dem süßen Falerner nach. Wenigstens hatte ich den Trost, dass ich wie auch mein Vater eine gute Menge Wein vertrug und mich der erste Becher zwar in eine gehobene Stimmung versetzte, aber in keine leichtsinnige. Noch hatte ich meine Sinne beisammen, wenngleich sich ein zusätzliches Stimmchen meldete, das begann, sein Recht einzufordern. Langsam strechte ich meine Hand aus und nahm mir einige Trauben aus der dargebotenen Schale.


    "Ich danke Dir," sagte ich und erwiederte seinen Blick. Wenn er Krieg wollte, sollte er ihn haben. Ich wusste das Spiel zwischen Mann und Frau - oder, wie in diesem Falle, Mann und Mann - ebenfalls zu spielen und wusste genau, dass ich darin einige Jahre mehr Erfahrung aufzuweisen hatte als er. Denn irgendwie konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass ein knapp zwanzigjähriger Mann von seinen Jugendtagen an schon die Freuden der Liebe kennengelernt haben mochte, nicht bei einer doch eher sehr konservativen Familie wie den Aureliern. Dieses Ziehen im Lendenbereich ließ mich ein bisschen wagemutiger agieren, als ich es sonst getan hätte, aber mir gefiel der Gedanke an ein Geplänkel zu gut, um es nicht zumindest versucht zu haben. So gab ich mir Mühe, meine Stimme rauh und etwas kratzig klingen zu lassen, als ich auf seine mehrdeutige Frage antwortete. "Doch, unser Gepräch hat auch mir ein wenig Hunger gemacht ..."


    Ich legte eine rhetorische Pause ein und ließ ihn seine Phantasie bemühen, was ich wohl gemeint haben könnte, bevor ich mir eine Traube von dem entgegen genommenen Traubenstrunk abzupfte und in den Mund steckte, den ausgestreckten Zeigefinger allerdings deutlich langsamer zwischen den Fingern wieder herausziehend, sodass ein feuchtes Glänzen meines Speichels darauf zurück bleiben musste. "...ich werde mich Dir also sehr gerne anschließen." Jetzt wollten wir doch einmal sehen, wer dieses Spiel besser beherrschte!

  • Ich gab mir Mühe, meine Überraschung vor meinem Gegenüber zu verstecken. Die Art, wie er mich ansah und welche Worte er wählte, wie er sich Trauben nahm und diese dann zwischen seinen Lippen verschwinden ließ, machten mich stutzig. Konnte es denn sein, dass er...? Gebannt hing ich an seinen Lippen, konnte in diesem Moment nirgendwo sonst hinschauen als auf den Zeigefinger, den er mit einer Feuchte benetzt wieder zu Tage förderte. Ich schluckte und musste mich kurz sammeln. Zu sehr hatte diese Geste mich aus dem Konzept gebracht. Auch änderte ich leicht meine Position, sodass man die aufkeimende Erregung nicht oder nicht mehr sehen konnte. Ich schoss einen leicht unsicheren Blick in Aquilius' Richtung ab und stellte mit vor, wie wir wohl dereinst zusammen in die Thermen gehen mochten. Beim Ringen würde ich sicher unterliegen, doch wäre es mir gegönnt, ihn ohne Offenbarung der verschiedensten Dinge zu berühren.


    Und dann diese Stimme, die durch und durch männlich klang und mehr hoffen ließ, als ich in diesem Moment erwartet hatte. Er formulierte die Antwort auf meine Frage mehrdeutig, und wieder fragte ich mich, ob es das Schicksal der Götter war, dass ausgerechnet Aquilius an den Weinstand herangetreten war. Hatte ich ihn tatsächlich gefragt, ob er mit mir zusammen dem Wein frönen wollte? Hier? In der Villa Aurelia? War er tatsächlich da oder spielte mir der allzu lebhafte Gedanke an Aquilius wiederholt einen Streich, der in stiller Einsamkeit erlöst werden wollte? Ich griff nach dem Becher, konnte es aber nicht verhindern, dass meine Finger leicht zitterten, als ich den Becher hielt. War das nun Scham? Angst oder gar Vorfreude? Ich vermochte es nicht zu sagen und nahm stattdessen einen gehörigen Schluck Falerner.


    Nachdem ich den Becher fortgestellt hatte, klatschte ich zweimal in die Hände. Kurz darauf erschien eine schmale Sklavin, die leicht bekleidet war und langes Haar hatte.
    "Bring uns etwas zu essen. Huhn wäre angebracht, Fisch und andere gute Sachen, die du in der culina finden magst. Und bring auch mehr Wein", trug ich der Blondine mit leicht rauchiger Stimme auf. Ich folgte ihr mit Blicken, als sie das tablinum verließ, dann erst wandte ich langsam den Kopf zu Aquilius. Wieder konnte ich es nicht vermeiden, an seinem Körper entlangzutasten, wenngleich auch nur mit Blicken. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich fragte, wie er wohl unter der Tunika aussehen mochte, die er trug. Ich furh mir mit der Zunge über die Lippen und suchte in meinem Kopf nach einer weiteren Frage, die ich ihm stellen könnte, doch die zähe Masse meiner Gedanken ließ mich gnadenlos im Stich. So griff ich nach meinem Becher und stellte mit Entsetzen fest, dass er leer war. Kein Sklave war zur Hand, also schenkte ich uns beiden selbst nach, wobei meine Tunika wieder leicht verrutschte, was mir sicher nicht recht war in diesem Moment, konnte man doch einige Dinge wenn schon nicht sehen, dann doch zumindest erahnen. Ich stellte die Amphore wieder fort und rettete mich in einem Schluck Wein.


    "Marina ist eine gute Köchin, du wirst sehen", sagte ich in Ermangelung eines anderen Einfalls. Dieser Mann brachte mich voll und ganz aus dem Konzept. Sicher war es sich dessen bewusst.

  • Seine Hand zitterte, und auch wenn es nur eine kurze Geste gewesen war, meinen ohnehin schon überreizten Sinnen entging sie nicht. Wahrscheinlich wäre mir auch noch ein kurzes Erheben der Härchen auf seinen Armen klar und deutlich vor Augen gestanden, so sehr hatte sich meine innere Konzentration auf ihn gerichtet. Dass eine Sklavin den Raum betrat, bemerkte ich erst, als sie wieder ging, und ich hätte sie trotz meines sonst sehr genauen Blicks für Frauen nur als langhaariges Etwas beschreiben können, nicht einmal die Art ihres Ganges. Es schien mir nicht gerecht, dass dieser junge Mann meine Sinne so schnell für sich vereinnahmt hatte, denn es war mir sehr wohl bewusst, wie gefährlich ein solches Spiel zwischen Mann und Mann ausgehen konnte, vor allem, wenn er aus guter Familie stammte. Wir waren nicht in Achaia, und Knabenliebhaber - so würde man es nennen - waren in Rom immernoch verspottet, wenn nicht gar still verachtet.


    Dass ich nun wieder einen Schluck des die Sinne raubenden Falerners nahm, war nur mehr eine Flucht aus meinen Gedanken, doch bemerkte ich, dass mein Becher bald leer sein würde - Corvinus schien es ebenso zu gehen, denn er hatte sich gerade nach der Amphore ausgestreckt, um sich nachzuschenken. War da nicht unter seiner Tunika etwas zu entdecken, was mich hoffen ließ, diese leichte Wölbung? Dann jedoch entpuppte sich dies als eine Falte seines Kleidungsstücks und ich blinzelte, um meinen Kopf wieder frei zu bekommen. Natürlich spielte ich das Spiel, aber ich war nicht davor gefeit, nicht auch Teil davon zu werden, mich selbst in meinem eigenen Netz zu verstricken. Auch mir gestand er neuen Wein zu und ich dankte ihm mit einem leichten Nicken dafür.


    "Ich könnte mir in diesem Haushalt keine schlechte Köchin vorstellen," entgegnete ich und ließ meinen Blick langsam über die Wände schweifen, aber auch, um nicht dauernd seinen schlanken, jugendlich-männlichen Leib vor Augen zu haben. Wie sollte ich dieses verdammte Essen durchstehen, wenn er wie ein junger Gott dahingegossen auf seiner Liege lümmelte? "Ich hoffe nur, ich kann mich mit einer Gegeneinladung in die Villa Flavia angemessen für dieses Essen revanchieren ... ich bin mir sicher, auch im Haus meiner Familie dürftest Du dein Vergnügen finden." Er und Gracchus im gleichen Raum und ich würde wahrscheinlich explodieren vor Begierde - ihr Götter, warum habt ihr nur solche Leiber erschaffen? Auch ich korrigierte nun meine Sitzhaltung und winkelte das ihm zugewandte Bein etwas an, einen Sichtschutz etablierend.

  • Ich gab mir Mühe, mir nicht allzu viel anmerken zu lassen. Und für einen Moment glückte es sogar recht gut, denn ich winkte ab und meinte:
    "Es gab schon schlechtere coquae in diesem Haus, lass dir da von niemandem etwas auf die Nase binden. Und auf dein Angebot komme ich gern zurück. Ich würde gern deinen Vetter kennenlernen, du sprichst nur Gutes von ihm. Außerdem bist du mir sympathisch."


    Ich griff erneut nach dem Wein und leerte den Becher in einem Zuge. Aufpassen, das sollte ich wohl. Schon jetzt umzog ein diffuser Schleier mein Bewusstsein und intensivierte das Gefühl der Begierde, die ich für diesen Menschen dort drüben auf der Liege in diesem Moment empfand. Ich fuhr mir durchs Haar und streckte mich etwas, nur um etwas zu tun zu haben.
    "Weißt du, der Dienst an den Göttern reizt mich durchaus", begann ich das vorherige Thema erneut.
    "Ich denke, ich werde mich einmal umfassend informieren in der regia."


    Ich schnappte mir nun eine Olive, führte sie zum Mund und ließ sie genüsslich hineingleiten. Ich freute mich schon auf das Huhn, dass es bald geben würde. Inzwischen knurrte mein Magen nämlich doch schon.

  • "Das kann ich nur zurückgeben," sagte ich und blickte ihn über dem Rand meines Weinbechers abermals sinnierend an. Es wäre so einfach, jetzt aufzustehen, mich auf die Liege neben ihn zu setzen und ihn mir ertasten, mit meinen Fingern zu vereinnahmen, aber ... ich fühlte die Woge eines brennenden Hungers über mich hereinbrechen und war dankbar für meinen aufgestellten Schenkel, der gewisse verräterische Umstände vorerst vor seinem Blick zu verbergen imstande war. "Nun, wir sind einfach sehr gut befreundet, und ich schätze ihn sehr, nicht nur als Verwandten, auch als einen Mann, mit dem ich sehr viele Gedanken und Ansichten teile. Er ist ein kluger Kopf und kennt Rom schon eine deutlich längere Weile als ich es tue, sodass ich mir denken könnte, dass auch er Dir vielleicht so manches berichten kann. Zudem ist er als sacerdos sicher auch ein guter Ansprechpartner für alle möglichen Glaubens- und Ausbildungsfragen."


    Irrte ich mich oder wirkte sein Blick ein klein wenig verschleiert? Vertrug er etwa den schweren Falerner nicht? Ich spürte die Wirkung des Weins ja selbst, und normalerweise kam ich mit diesem dunkelroten Gold gut zurecht. Wahrscheinlich tat die Hitze des Tages ihren guten Teil dazu bei, dass der Wein seine Wirkung hatte. "Nun, es wäre doch sicherlich angenehm, gemeinsam mit Dir lernen zu können," fügte ich den Gedanken an, der mir bei seinen Worten im Hinterkopf aufgeblitzt war, allerdings lenkte mich diese glückliche Olive wieder allzu schnell ab, die sich zwischen seinen Lippen bettete und den süßen Weg in seinen Schlund antrat. Fast gierte ich danach, er würde sich noch einmal eine Traube genehmigen ...

  • Frauen hatten es eindeutig leichter, schoss es mir durch den Kopf. Bei ihnen sah man nichts, außer vielleicht den fein aufgestellten Härchen, wenn sie erregt waren. Bei Männern fiel es sogleich auf, wenn man die verräterischen Begebenheiten nicht sogleich mit den Falten einer Tunika oder Toga kaschierte.
    Bei seiner Beschreibung des Flavius Gracchus fand ich in mir einen Gewissen Wissensdurst wieder, diesen Mann doch baldigst kennenzulernen. Wenn er wirklich so war, wie Aquilius ihn beschrieb, dann schien er ein guter Gesprächspartner zu sein.
    "Es wäre mir eine Freude, ihn kennenzulernen", wiederholte ich daher.


    Verdammt, wo blieb das Essen? Ich hatte mehr als einfach nur Hunger. So folgte vorsorglich eine weitere Olive ihrem Kameraden. Ich nahm sie und führte sie zum Mund, wo sie hinter meinen Lippen verschwand. Den durchsichtigen, hellgrünen Tropfen Flüssigkeit, nahm ich mit der Zunge von meinem Zeigefinger auf, dann blickte ich wieder zu Aquilius.
    "Ja, das wäre wirklich von Vorteil", sprach ich wieder einmal mehrdeutig und griff nach dem Weinkelch, um ihn an die Lippen zu halten, aber nicht daraus zu trinken. Stattdessen blickte ich Aquilius über den Rand hinweg an. In der Ferne konnte man Marina hantieren hören.

  • Mit einem Nicken schloß ich das Thema 'Gracchus' einstweilen ab. Der Gedanke daran, dass mein Vetter mit diesem leckeren jungen Mann zusammentreffen würde, hatte zudem etwas sehr amüsantes für sich - er gehörte schließlich auch zu denjenigen, die einen wohlgestalteten Mann zu schätzen wussten. Was für ein Essen wäre es wohl in der Gegenwart seines Vetters geworden? Schon jetzt war mir die Nähe des Corvinus allzu deutlich bewusst und ich hoffte, so bald nicht mehr aufstehen zu müssen, damit ich mich wieder ein wenig beruhigen konnte. Hoffentlich gab es einen Sklaven, der beim Essen servieren würde, und auch den Wein nachschenkte. Ein Gedanke irrte zu Nefertiri und ich fügte der langen Liste an für sie bestimmten Strafen eine weitere hinzu. Fünf Schläge auf ihren nackten Hintern dafür, dass ich mich nicht hatte abreagieren können ... oder lieber zehn?


    Während ich mich kurz in der Überlegung verirrte, wie sie wohl leise seufzen würde, wenn meine Hand auf ihre Haut traf, war es ganz gut, dass mich ein etwas lauteres Geräusch aus der Richtung, in der wohl die Küche der Aurelier lag, wieder von diesem Gedankengang ablenkte. "Welche Orte schätzt Du eigentlich in Rom bislang am meisten?" fragte ich, mich ernsthaft darum bemühend, ein weiteres Gesprächsthema aus dem Ärmel zu schütteln, das uns vielleicht davon abhalten würde, uns allzu oft ansehen zu müssen und dabei Zeit zum denken zu haben. Seine feucht schimmernde Zunge, die für einen Moment zwischen den Lippen aufgeblitzt war, um seinen Finger sauber zu lecken, war schon fast wieder zuviel des Guten für mich gewesen. Unsere Blicke trafen sich, und irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass man mir noch meine Gedanken ansehen würde, wenn es so weiter ging.

  • Kurz wirkte Aquilius wieder abwesend. Ich fragte mich, woran er gerade dachte. Was hätte ich dafür gegeben, nun in seinen Kopf schauen zu können! Aber es war mir leider vergönnt. Dann erklang ein eintferntes Scheppern und ich wandte meinen Kopf der Tür zu, konnte jedoch nicht ergründen, was genau nun heruntergefallen war und dieses Geräusch verursacht hatte. So zuckte ich mit den Schultern. Und als ich mich wieder Aquilius zuwandte, trafen sich unsere Blick. Und mit einem Mal glaubte ich zu wissen, dass er genauso empfand wie ich auch in diesem Moment. Ich sah ihn länger als nötig an, griff dann langsam nach zwei, drei weiteren Trauben und aß sie langsam. Daberi lehnte ich den Kopf leicht nach hinten. Und Aquilius sah ich dabei hin und wieder an. Ich liebte dieses Spiel. Es war so herrlich anders als mit einer Frau, die durchaus auch ihre Reize besaß. Und dass ich in Aquilius nun einen Gleichgesinnten gefunden hatte, wie ich glaubte, machte es mir nicht gerade leicht, mir nichts anmerken zu lassen.


    So verging eine geraume Weile, ehe ich dann doch auf seine Worte antwortete.
    "Die Thermen. Verglichen mit den griechischen Thermen sind die römischen nicht zu schlagen."
    Ich mochte besonders das Dampfbad, wo der Dampf sich in kleinen Wasserperlen auf meinen Körper setzte und alsbald dünne Linien gen Boden rann.
    "Wenn man dem Alltag entfliehen will, dann ist aber der Esquilin auch nicht zu verachten. Es kann sehr schon dort sein, wenn man sich mit ein paar Früchten und einer guten Schriftrolle dorthin zurückzieht."
    Eine weitere Traube folgte.
    "Und was sind deine bevorzugten Orte?"

  • Diese dreimal verfluchten Trauben. Hatte ich mir eben gewünscht, dass er mehr davon essen sollte? Inzwischen wünschte ich, er würde damit aufhören. Jede dieser süßen Trauben zwischen seinen Lippen verschwinden zu sehen ließ mich wünschen, an der Stelle dieser Trauben zu sein, seine Lippen mich umschließen zu fühlen, diese rosigen, weichen jugendlichen Lippen ... ich blinzelte mehrfach, um die Bilder zu vertreiben und war fast dankbar über das Geschepper in weiter Ferne, denn es lenkte von den Phantasien ab, die nicht sein sollten und durften. Er hatte einen viel zu geschmeidigen Körper, als dass ich die Bilder hätte allzu lang fern halten können, aber zumindest konnte ich dagegen ankämpfen. Oder zumindest so zu tun als ob, um vor dem letzten Rest meines verbliebenen Selbstwertgefühls als starker Mann dazustehen.


    "Hm, die Thermen hier gefallen mir auch. Das ist auch eines der wenigen Dinge, die ich in Athen wirklich vermisst haben, ein solches Zeugnis unserer römischen Kultur gibt es dort in der Form nicht, leider. Und die griechischten Thermen ... nunja, Du sagtest es bereits. Die römischen sind zu bevorzugen." Ich unterdrückte mit aller Gewalt den Gedanken, wie er sich wohl im Schwitzraum machen würde, auf der Haut ein feuchtglänzender Schimmer, die schlanken Glieder lässig ausgestreckt, aber es gelang mir nicht ganz. "Ansonsten ... ich muss gestehen, ich erinnere mich nicht besonders gut an Rom. Tarraco, die Heimatstadt meines Familienzweigs, ist mir besser in Erinnerung als es Rom war, und hier schätze ich eigentlich nur noch den Tempel des Mars wirklich." Der Esquilin. Das klang verlockend und ich nahm mir vor, genau dieses Szenario in den nächsten Tagen einmal zu erproben. "Ich fürchte, ich werde Rom erst wieder neu entdecken müssen," fügte ich an und hob die Schultern etwas. "Die Sklaven hier veranstalten nicht zufällig einen Topfweitwurf?" fragte ich, als ein zweites Mal ein lautes Scheppern erklang.

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