• Langsam spazierte Minervina über das Forum von Tarraco. Eine kleine Traube von Sklaven und anderen Gefolgschaften trabte hinter ihr her. Die Sänftenträger wies sie an ein wenig abseits zu warten, denn sie wollte keine Blicke auf sich ziehen. Seit den Übergriffen lebte sie schon in Angst, es hatte sie jedoch der Verwalter der Villa Flavia überredet einen Ausflug zu machen. Nach einigen Stunden Überredung begab sich die Patrizierin nun schließlich in die Stadt. Zum Glück hatte sie letzte Woche einige Händler kommen lassen, die sie wieder eingekleidet hatten.


    Der Rummel hier, die Menschen, der wunderschöne Himmel, die gläffenden Köter und sogar die Bettler, das alles hatte sie schon ein wenig vermisst. Eine Kapuze verbarg ihr Gesicht und auch der Rest ihres Körpers war gut in einen Mantel gehüllt. Die Hitze war zwar für Normalsterbliche unerträglich, doch für jemanden der die Sonne Ägyptens gewohnt war, war dies gerade angenehm temperiert.


    Immer wieder blickte sie auf die Stände und blieb schließlich bei einem stehen, der wunderschönen Schmuck führte. Langsam streckte sie die Hand nach einem Kettchen aus und nahm es in die Hand.

  • Artas tat seinen Dienst wie gewohnt und schlenderte über das Forum von Taracco. Wenig geschehen war heute. Eine kleine Hütte hatte gebrannt am frühen Morgen und seine Kameraden und er hatten das Feuer schnell unter Kontrolle gebracht. Er hatte sich ein paar Haare angesengt, als er eine Frau aus dem brennenden Haus gerettet hatte. Und auch seine Augenbrauen waren wohl schon mal fülliger gewesen.
    Er verscheute ein paar Bettler, die sich schon seit geraumer Zeit wie eine Klette an seine Ferse geheftet hatten. Was glaubten diese Leute eigentlich, wieviel ein Vigil verdienen würde?
    Sein Blick fiel auf eine kleine Traube von Menschen, die zielstrebig einer vermummten Person folgten. Erst dachte Artas, das es eine Bande von Bettlern wäre, die einen Passanten belästigten und wollte schon eingreifen, doch dann erkannte er, das es sich um Sklaven handelte. Vermutlich ist der- oder diejenige ihr Herr oder ihre Herrin. Er ließ den Griff seines Gladius wieder los und bestellte sich bei einem Stand eine Kleinigkeit zu essen. Belustigt verfolgte er die Prozession der Vermummten Gestalt und ihres Anhängsels quer über den Marktplatz. Artas glaubte, das es eine Frau sein musste, denn so grazil bewegte sich kein Mann. Und Reich ist sie dazu... wer sonst könnte sich solch ein Gefolge leisten? Aber eine Römerin die nicht mit ihrem Reichtum prahlt. Sehr ungewöhnlich. Sie möchte wohl unerkannt bleiben. Nur die Götter wissen weshalb. Er zuckte mit Schultern. Solange nichts passierte, sollte es nicht seine Sorge sein.
    Die Gruppe hielt schließlich vor einem Schmuckstand und die Vermummte nahm eine Kette heraus zur näheren Betrachtung. Eindeutig weiblich dachte sich Artas schmunzelnd.

    Si vis pacem, para bellum. - Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor.

  • Das Stück glitzerte in der Sonne als sie es ein wenig empor hob. Wieder einmal war es Gold mit einem Opal. Schmuck war nun einfach einmal ihre Schwäche. Doch das machte aus ihr eine kleine Expertin, wenn es darum ging gute Ware zu erkennen. Das war definitiv keine. Der Stein war schlecht geschliffen und falsch gefasst... Kaum zu glauben, dass es solche Stücke noch gab. In Rom wäre diese Händler wohl schon vor dem Bankrott, denn auf den Trajansmärkten war die Konkurrenz wesentlich größer als hier in Tarraco. Sie hob ihren Kopf und sah den Händler an. Ein wenig erschrocken wich er zurück, denn ihr Sklavengefolge war ihm wohl (oder übel) auch aufgefallen und er hatte sich eine gute Partie mit der edlen Dame erhofft. Ein wenig verachtend lies sie das Stück wieder auf den Tisch fallen. Ist das etwa alles?


    Der Händler nahm die Kette in die Hand und prüfte sie genau. Schließlch schüttelte er den Kopf nur wortlos und hob ein Kästchen vom Boden und stellte es auf den Tisch. Langsam öffnete er es und schob es zu der Patrizierin.


    Minervina lehnte sich nach vorn. Sah nur in das Kästchen und blickte wieder den Händler an. Nein... wandte sich vom Stand ab und versuchte ihr Glück beim nächsten Händler.

  • Der Zufall wollte es, dass auch Helena bei jenem Händler stand und die Ware begutachtete, als Flavia an ihr vorüberschritt. Die Palla trug sie schlicht über die Schultern, nicht über den Kopf. Es mochte vielleicht nicht ganz der höchsten Gesellschaft entsprechen, wie sie ihre Kleidung trug, aber sie fand es unbequem mit der Palla ihr blondes Haar zu verstecken. Unbequem und warm. Aufmerksam beobachtete sie die Begegnung und musste unweigerlich schmunzeln. Sie war von Adel, das allein wurde ihr schon durch die Kleidung und durch den Anhang vermittelt. Auch ihre Sprachweise sprach für sich. Und sie hatte Geschick. Helena selbst trug zwar recht gerne Schmuck, aber sie kannte sich nicht besonders gut aus. Sie konnte nur absoluten Ramsch erkennen, wenn sie ihn vor sich sah. Dinge, denen so offensichtlich ein Makel anhang, dass es nicht einmal einem Manne verborgen blieb.


    Die mittlerweile schon etwas ältere Dame, inmitten der Dreißiger, blickte der Patrizierin kurz nach um dann mit raschen Schritten zu ihr aufzuschließen. Heute war ihr erster Tag nach der Heimkunft, da sie sich durch die Straßen von Tarraco aufmachte. Es hatte sich einiges verändert... "Salve!" grüßte Helena freundlich die junge Dame. Während ihres Lächelns konnte man erkennen, dass sie selber nicht mehr die Allerjüngste war, denn auf größere Distanz war das beinahe unmöglich. Kleine Fältchen zogen sich nämlich von den eigentlichen Lachfalten ab. Die grauen Strähnchen fielen in dem blonden Haar noch nicht weiter auf.


    "Ich sah, Du kennst dich mit Schmuck aus?" fragte sie anschließend. Ihre Frage mochte vielleicht beinahe so wirken, als wolle sie nun selber Schmuck verkaufen, doch ihre gute Kleidung, das sehr geschonte Aussehen und die gepflegte Art zu Sprechen zeigten deutlich, dass sie aus einem etwas höher angesiedelten Milieu stammte.

  • Als Minervina eine Stimme hinter sich hörte, war sie schon drauf und dran sehr sehr böse zu werden. Sie mochte die Sklaven nicht, die sie in Spanien hatte. Sie sprachen ein sehr eingerostetes Latein und gingen ihr dauernd auf die Nerven. Natürlich wollten sie nur alles richtig machen, doch für diese Patrizierin musste ein Sklave einfach ein Schatten sein. Ein nicht sprechender, leiser, Wünsche von den Augen ablesender Schatten. Langsam begann sie sich umzudrehen und atmete schon tief ein um ein Machtwort zu sprechen, als ihr eine Dame ins Gesicht lächelte. Ein wenig überrascht und nach einer kurzen Sekunde des Fangens lächelte auch Minervina der Fremden entgegen. Einer ihrer Leibwächter hatte alles gut im Auge und war drauf und dran sich zwischen die Patrizierin und diese Frau zu werfen, lies es aber dann doch.


    Ich weiss nicht. Man lehrte mich das Schlechte vom Guten zu unterscheiden, in vielerlei Hinsicht. Wieso fragt Ihr?

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