Ein leeres Grundstück im Tempelbezirk

  • Einen Steinwurf vom Marstempel findet man zwischen den vielen Gebäuden Mantuas eine Lücke. Vor kurzem stand hier noch
    ein Gebäude, aber es wurde wegen grober Baumängel abgerissen und seit dem warten das Grundstück darauf wieder bebaut
    zu werden. Hier und da liegt noch etwas Schutt auf dem braunen Boden, aus dem langsam Unkraut hervorbricht.

  • Die Sänfte wurde am Rand des Grundstücks vorsichtig von den vier Galliern abgestellt und Chion öffnete wieder den Vorhang.


    "Wir sind angekommen, Dominus." sagte er ruhig und ging wieder etwas zurück, damit der alte Annaeer herauskommen konnte.

  • Sophus stieg aus der Sänfte und murmelte ein "Danke."
    Dann sah er sich um.
    Er machte ein paar Schritte nach vorn, um das gesamte Umland besser überblicken zu können. Seine Augen kniff er etwas zusammen, als wollte er etwas in der Ferne erkennen. Dann wieder musterte er einen Moment lang das Unkraut auf dem Boden und einzelne Schutthaufen.
    Dem alten Mann schienen all diese Dinge etwas zu sagen. Jedenfalls reagierte er zuweilen mit einem Nicken, manchmal mit einem nachdenklichen Blick und - oftmals - mit einem Blick in den Himmel.
    Schließlich nahm er seinen Krummstab und zog die Grenzlinien des rechteckigen templums nach. Ein feiner Strich in der Erde markierte dabei diese Linien.
    Er trat in die Mitte des templums und richtete sich nach Süden aus. Ruhig sah er in den Himmel. Das konnte einige Zeit benötigen ...

  • Zügig lief Modestus mit dem Sklavenjungen durch die Straßen Mantuas, bis er schließlich vor dem leeren Grundstück angekommen war. Da
    sein Verwandter schon mit dem Ritual angefangen hatte, wartete am Rand des Grundstücks und beobachtete Sophus. Er verhielt sich ruhig
    und gab auch dem Sklavenjungen eine leichte Ohrfeige als er anfing ein Liedchen zu pfeifen, denn er wollte Sophus bei der Zeremonie nicht
    stören. Er war gespannt zu welchem Ergebnis Sophus kommen würde und hoffte auf ein wohlgesonnenes.

  • Ein Vogel.
    Darauf jedenfalls wartete der alte Augur. Er bewegte sein Gesicht kein bisschen und nur sein sanfter Blick streifte ziellos über den Himmel und suchte nach einem Vogel, einem Anhaltspunkt, einem Zeichen.
    Ein Gewitter hätte selbstverständlich auch interpretiert werden können, doch war ein solches hier nicht zu erwarten. Nicht so plötzlich.
    Doch der Himmel schien leer zu bleiben. Geradezu unheilvoll schienen sich die Wolken über dem Platz zu bewegen und die Langsamkeit ihrer Bewegung schien Sophus geradezu zu verspotten. Während sie gemächlich daherzogen lief für den Alten die Zeit.
    Er spürte, wie er mit der Zeit nervös wurde. Und er spürte, dass er schon lange nicht mehr ein wirklich wesentliches Götterurteil erfragt hatte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und sein Blick huschte noch rascher umher.
    Etwa eine Stunde dauerte es, bis sich tatsächlich etwas regte.
    Eine Taube.
    Sie war als schwarzer Punkt in seinem Blickwinkel aufgetaucht. Sofort drehte er seinen Kopf ein winziges bisschen und folgte ihren Bewegungen am Horizont.
    Lange würde es nicht mehr dauern.

  • Modestus wartete immernoch am ende des Grundstücks. Zwar saß er nun auf einem kleinen Holzhocker, den der Sklavenjunge
    ihm gehollt hatte. Er hatte sich fest vorgenommen nicht zu gehen bis Sophus das Ergebnis dieser Vogelschau verkünden wurde.
    Die vier Gallier und Chion warteten noch immer bei der Sänfte und langweilten sich, denn Modestus hatte sie angewiesen und
    leise zu sein.

  • DieTaube kam näher, wenn auch nicht zu nah. Langsam verringerte sie ihre Flughöhe, bis sie hinter einem Dach verschwand. Doch Sophus wandte sich noch nicht ab. Das Tier mochte noch etwas tun.
    Ein Flügelschlag und die Taube erhob sich wieder. Sie machte eine rasche Kurve, senkte sich weiter und landete schließlich im Tempelbezirk auf dem Boden - einige Meter von Sophus entfernt, der wieder einmal seinen Kopf drehen musste.
    Das Tier pickte auf dem Boden herum, als suche es Futter, das nicht da war, und hob immer wieder den Kopf. Es schien zum templum herüber zu blicken. Doch die Augen waren weder erkennbar, noch erschien es Sophus sehr aussichtsreich, den Blick des Vogels zu lesen.
    Etwa drei Minuten dauerte es, bis die Taube wieder mit den Flügeln schlug und noch einen Moment lang auf dem Boden blieb, ehe sie wieder davonflog, über den Kopf des alten Auguren und das Grundstück hinweg. Allerdings meinte Sophus noch, ein Gurren des Tieres zu vernehmen.
    Als der Vogel verschwunden war, nickte Sophus noch einmal, murmelte eine kurze Gebetsformel und ging bedächtig und langsam zu Modestus.


    "Salve, Modestus. Es freut mich, dass du kommen konntest.
    Leider nahm es etwas Zeit in Anspruch, aber ich denke, ich kann etwas aus dem Geschehenen erkennen."


    Er lächelte freundlich und sah Modestus in die Augen, sprach aber noch nicht weiter.

  • Modestus stand natürlich sofort von dem Schemel auf als Sophus langsam zu ihm herübergekommen war.


    >Salve Sophus. Und was konntest du erfahren ? Ich hoffe doch nur Gutes.


    sagte Modestus etwas aufgeregt, denn dieses Augurium würde darüber entscheiden, ob er seinen Tempel
    bauen konnte oder nicht. Wenn die Götter dem Projekt abgeneigt waren so musste er sich ihrem Willen fügen.

  • Sophus nickte langsam und begann, ruhig zu sprechen.


    "Ich sah, wie der Vogel kam und sich auf eine Stelle im Tempelbezirk niederließ. Man mag meinen, dies spräche für eine andere Platzierung, doch ist die Fragestellung hier eine andere. Es geht ebenfalls darum, zu entscheiden, ob bereits Götter diesen Platz bewohnten. Hätte sich die Taube also für exakt diesen Platz entschieden, so wäre doch der Schluss gewesen, dass eben jener Platz bereits für einen Gott bestimmt gewesen wäre.
    Vielmehr jedoch hat sich eben jenes Tier an einen anderen Ort gesetzt und mich betrachtet. Es bedeutet also, es war ein Zeichen der Götter an uns, und sie straften uns nicht mit Missachtung.
    Ob tatsächlich die Götter dich ausersehen haben, hier einen Tempel zu bauen, weiß ich noch immer nicht. Ich bin jedoch sicher, dass sie dein Tun sorgsam betrachten und keine Ablehnung dir gegenüber zeigen.
    So versuche, zu handeln, wie zu handeln ist."


    Der Alte wusste, dass dieser Spruch nicht eindeutig war und ihn sicher nicht bei jedem beliebt machte, doch war er sich ebenso sicher, dass er in seinem Alter nicht mehr darauf zu achten brauchte, wie seine politische Lage war. Es war das, was er meinte, gesehen zu haben. Nichts weiter.

  • Modestus hörte sich genau an was Sophus sagte. Sehr eindeutig waren seine Worte nicht und
    Er hatte sich genauere Worte erhofft, doch zumindest war das Ergebnis Positiv ausgefallen.


    >Ich werde mich bemühen. Allerdings hätte ich noch eine Frage. Ist dieses Grundstück
    nun bebaubar oder muss vorher noch eine rituelle Reinigung oder etwas Ähnliches voll-
    zogen werden?<

  • Sophus nickte langsam.


    "Eine Reinigung des Grundstücks von Geistern wird noch erforderlich sein und du wirst die Dedicatio durchführen müssen, um dieses Grundstück als heilig zu erklären. Danach wird die effatio erfolgen, um den spezifischen Grundriss zum Tempel zu erklären. Das erste, die literatio, und die effatio wird durch einen Auguren durchgeführt.
    Ich schlage vor, alle drei im Rahmen eines Festaktes zu vollziehen, wenn du weißt, wie exakt der Tempel zu bauen ist. In jedem Fall kannst du dieses Gebiet grundsätzlich verwenden."


    Er lächelte.

  • >Die Baupläne des Tempels sind soweit fertig, der Grundriss wäre also kein Problem.
    Könntest du diese effatio und literatio allein übernehmen ? Oder willst du vieleicht
    noch einen anderen Auguren hinzuziehen ?<


    fragte Modestus froh, da die Bauarbeiten wohl bald beginnen konnten.

  • Der Augur lächelte.


    "Ich kann es allein übernehmen. Wenn mehr Auguren hinzugezogen werden sollen, so ist dies deine Entscheidung. Ein wichtiger Tempel mag von mehr Auguren besehen werden. Doch ist auch dies eine Frage der religiösen Einstellung und eher eine theoretische als eine praktische Frage.
    Überlege dir, was du vorziehst."


    Einen kurzen Moment lang schwieg er, dann schien ihm etwas einzufallen.


    "Und du wirst bei der Dedicatio auch den Gott benennen werden müssen, dem der Tempel letztlich geweiht werden soll. Also sollte bis dorthin dein Beschluss unumstößlich sein."

  • >Nun ich denke, dann reicht ein Augur. Natürlich könnten wir die drei Rituale an einem Tag abhalten, doch ein Fest würde
    ich dafür nicht veranstalten, denn ich plane bereits ein großes Fest für die Einweihung des Tempels. Der Tempel soll Merkur
    geweiht werden. Da die Legion zur Zeit in Osten gegen die Parther kämpft, stagniert die Wirtschaft zur Zeit in Mantua. Ich
    hoffe mit dem Tempel Merkur günstig zu stimmen.<


    erklärte Modestus. Jetzt musste er sich nur noch zwischen den verschiedenen Bauunternehmern entschreiden, die Rituale durchführen und
    dann die Bauarbeiten konnte beginnen.

  • Modestus überlegte kurz wie lange die Vorbereitungen dauern würden und kam schnell auf eine Antwort.


    >Ich denke in zwei Tagen könnten wir beginnen. Ansonsten fällt mir nichts ein. Die Sänfte steht natürlich
    zu deiner Verfügung. Ich muss noch zu einem Bekannten um einige geschäftliche Dinge zu besprechen.<

  • "Vale" sprach der Alte und neigte noch einmal ein wenig sein Haupt, ehe er zur Sänfte zurückging und die Träger bat, ihn zur Casa Annaea zurückzubringen.
    Dann stieg er ein und legte sich hin. Er begann, dieses Fortbewegungsmittel zu schätzen.

  • Nachdem Varus sich bei der Stadtreinigung die Dienste von fast einem dutzend Sklaven gesichert hatte, machte er sich auf dem Weg zu dem Grundstück, auf dem in nicht allzu langer Zeit der Tempel Merkurs stehen soll.
    Die Sklaven hatten ihre eigenen Werzeuge dabei, so dass Varus die Arbeiten nur überwachen musste.
    Am Eingang des Grundstückes ließ Varus die Sklaven nochmals antreten um jedem seine Aufgaben zu erläutern.


    "Die großen Steine bringt Ihr zuerst an den Eingang dort, das Unkraut tut Ihr in die dafür vorgesehenen Eimer, los jetzt."


    während die Sklaven begannen das Grundstück von Steinen und Unrat zu säubern, schritt Varus das Grundstück selber ab, um sich selber ein Bild zu machen, wo noch Hand angelegt werden muß und was schon in Ordnung ist.


    Varus hatte sich heute nicht gerade seine beste Toga angezogen, nicht dass er von der Arbeit dreckig werden würde, dafür sind ja die Sklaven zuständig.
    Aber Varus musste vielleicht hier und da doch einmal Hand anlegen und bei den Temperaturen kommt man dann doch leicht ins schwitzen.


    "Dort vorn, die zwei Büsche müssen auch noch weg."


    rief Varus in harrschem Ton und schon kammen zwei Sklaven herbeigeeilt, bewaffnet mit Hacke und Rechen.

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