Was lange währt...

  • Wie viel zu oft in den vergangenen Monaten lag Paulina auf einer Liege, wenn auch ausnahmsweise nicht in ihrem Schlafgemach, sondern draußen im Garten. Sie wartete darauf, dass der Medicus, der bisher ohne Erfolg viel zu viel des Geldes ihres Mannes kostete, mal wieder auftauchte um letztlich doch nichts sinnvolles zu tun.
    Während sie so da lag und wartete, beobachtete sie, wie ihr kleiner Sonnenschein Sabina mit ihrer Amme auf dem Rasen spielte. Auf Geheiß des Arztes, der nicht wusste, was Paulina nun wirklich hatte, hatte ihr schon vor Wochen den direkten Kontakt zu ihrer Tochter verboten, damit sie diese nicht anstecken konnte und obwohl ihr dieses Gebot beinahe das Herz brach, hatte sie sich daran gehalten. Doch auch jetzt wünschte sie sich nichts so sehr, wie ihr Kind endlich wieder in ihren Armen zu halten. Die weiche Haut zu spüren und den für kleine Kinder einfach einmaligen Geruch zu riechen. Doch wieder einmal unterdrückte sie diesen Wunsch und blickte ihre kleine Tochter nur sehnsüchtig an.
    In diesem Moment kam der Medicus in den Garten und sofort projizierte Paulina ihren Frust auf eben jenen.
    "Ach, du kommst auch nochmal?" fuhr sie ihn an und er konnte von Glück sagen, dass Blicke nicht töten konnten.


    "Nana, wieso denn so unfreundlich, liebe Patientin?" meinte dieser widerlich freundlich,ließ sich auf einem Stuhl neben der Patientin nieder und tat so, als wäre nicht weiter.
    Er legte ein ums andere Mal sein Ohr an Paulinas Rücken um ihrem Atem zu lauschen, fühlte ihre Stirn, betastete ihren Bauch und ihre Handgelenke und musterte sie dann kritisch.


    Als die Germanicerin den Blick des Arztes bemerkte, nahm ihr eigener augenblicklich sowohl Mißstrauen als auch Sorge an. Was hatte der Arzt wohl entdeckt? Wusste der Medicus nun, was sie hatte? War es schlimmer geworden? Warum hatte sie davon dann nichts mitbekommen?


    "Was ist denn?" fragte sie unsicher. "Einen Moment noch." meinte dieser dann und wiederholte das ganze Prozedere. Dann blickte er sie erneut einen Moment an und dann lächelte er.
    "Ich kann mir dies zwar ebenso wenig wie die Erkrankung selbst erklären." gestand er dann. "Aber du bist gesund! Ein wenig schwach noch, aber ansonsten völlig gesund."
    Im ersten Moment fehlte Paulina der Atem. Sie hatte mit vielem gerechnet, langfristig sogar mit ihrem Tod, abe damit bei den Göttern nicht.
    Wenn es auch an sich unpassend war, nahm sie zunächst den Medicus in den Arm um dann, wenn auch noch immer langsam, aufzustehen. Es fiel ihr aufgrund der Tatsache, dass sie so lange nicht auf eigenen Beinen gestanden hatte, noch etwas schwer und ihr Gang war wackelig, aber sie spürte, dass aus ihrem Innern eine neue Kraft kam.
    Lagsam also ging sie auf dem Rasen entlang zu ihrer Tochter, die, als sie ihre Mama sah, bereits in ihre Richtung loszukrabbeln begann. Die Amme hatte Tränen in den Augen, hatte sie doch so oft dafür gebetet, dass die Mutter ihres Zöglings genesen würde.


    Kurz vor Sabina ließ Paulina sich auf die Knie sinken, beugte sich nach vorne und hob ihre Tochter hoch. Und als sie den einmaligen Geruch von Kleinkindern in ihrer Nase wahrnahm, lief ihr eine Träne über die Wange... Sie war gesund!

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