Wettschulden sind Ehrenschulden

  • Der Tag war da. Heute würde Seneca tatsächlich den Kochlöffel für seine Cousine schwingen und (versuchen) ihr ein köstliches Abendessen bereiten. Er hatte alles gekauft, frisches Gemüse, Gewürze, Wein und ein Huhn welches er auf hispanisches Art zubereiten würde wie er es "zuhause" gelernt hatte. Es war noch früh am Tag als Seneca übereifrig in die Küche platzte und den verdutzten Sklaven einen Platzverweis erteilte, und sie mit Gartenarbeiten und ähnlichem belanglosen und letztendlich auch beim Anblick des Gartens recht überflüssigen Aufgaben beschäftigt hielt.
    So begann er also, wild schnipseln, stückelnd und schneidend in der Küche sein Werk, nippte nebenbei am Wein während es hier und da vor sich hin köchelte und wartete bis seine liebe Cousine den Gerüchen auf die richtige Pfärte folgen würde..

  • Die meiste Zeit des Tages verbrachte Axilla im Bett. Sie war nicht wirklich krank. Sie hatte keinen Schnupfen, ihr tat nichts weh, sie musste nicht husten. Aber sie fühlte sich krank. Sie fühlte sich ganz entsetzlich krank, und es gab keine Medizin dafür.
    An dem Abend nach der Sponsalienfeier war sie zusammengebrochen und hatte nur geweint. Irgendwann war sie in ihrem Zimmer aufgewacht und ein Medicus hatte sie angesehen und ihre Stirn gefühlt. Er hatte etwas zu ihren Sklaven gesagt. Zuviel schwarze Galle im Blut, zuviel Erde. Sie solle mehr Obst essen. Und gegen die Hysterie, die sie bei ihrem Weinkrampf befallen hatte, solle sie sich doch bitte einen Mann suchen, der sie... entspannte.
    Axilla hatte sich nur unter ihre Decke vergraben und alles ignoriert. Die Ratschläge, die Sklaven, die ganze Welt. Sie wusste, dass es nicht an schwarzer Galle lag, und über einen Mann wollte sie gerade nicht nachdenken. Sie fühlte sich nicht nach Mann. Sie fühlte sich nach gar nichts.


    Und so verbrachte sie die meiste Zeit im Bett, abgesehen von einem beschwinglichen Ausflug zu den Flaviern, und verdöste den halben Tag. Wirklich aufraffen konnte sie sich zur Zeit kaum zu etwas. So auch an diesem Tag. Es brauchte recht lange, bis sie aufgestanden war und sich dann gewaschen hatte. Sie zog einfach an, was ihre Sklaven ihr hingelegt hatten, und setzte sich dann erst einmal ans Fenster, um hinaus in den Garten zu starren. Dort fielen gerade die letzten Blätter von den Bäumen, so dass es prima zu Axillas Untergangsstimmung passte.
    Sie hörte in der Küche irgendjemanden hantieren und verdrehte leicht die Augen. Essen wollte sie auch nicht. Sie hatte zwar mittlerweile doch großen Hunger, aber sie wollte nichts essen wollen. Das klappern aus der Küche hielt an, und irgendwann steigen auch Dürfte bis herauf zu ihrem Zimmer. Sie blieb noch eine Weile sitzen, bis sie sich schließlich doch aufraffte und mal nachsah.
    Barfuß tappste sie über den kalten Steinboden durch die Gänge, bis sie schließlich bei der Küche angelangt war. Sie wollte die Köchin gerade fragen, was sie denn schon so früh – wie spät es tatsächlich war, wusste Axilla nicht – so viel Krach mache, als sie entdeckte, dass es nicht die Köchin war, die hier hantierte.
    “Seneca? Ich wusste gar nicht, dass du hier bist?“
    So etwas wie Freude spielte über ihr etwas blasses Gesicht, als sie Seneca sah. Mit einem Mal schämte sie sich, wie sie herum lief, so überhaupt nicht schick hergerichtet und barfuß und blass und verschlafen. Etwas Farbe kam in ihr Gesicht, weil sie darüber leicht errötete. “Und du kochst?“ fragte sie das Offensichtliche, um ihre Verlegenheit zu überspielen.

  • Seneca war gerade vollends damit beschäftigt ein paar Kräuter in den Topf mit dem Hühnchen zu schneiden als er Axilla's Stimme hörte und ihm beim Blick in den Topf ein leichtes Lächeln über die Lippen huschte..
    Er drehte sich um und sah seine, zugegeben, ziemlich fertige Cousine und, ließ sich aber nichts anmerken. Er legte das kleine Messer zur Seite direkt neben die halb zerschnittene Wurzel..
    "Axilla meine liebe Cousine! Wie schön dich zu sehen.", er öffnete seine Arme weit und hieß seine Verwandte in seinem neuen Reich, der Küche, willkommen..
    "Naja ich versuche zu kochen, ich schulde dir ja schließlich noch was!", sagte er mit einem breiten Grinsen und blickte nochmal fix in den Kochtopf ob denn alles gut lief, beziehungsweise so gut wie vor 10 Sekunden, was in etwa die Zeitabstände waren in welchen der besorgte Laien-Koch seine Kreation aufs penibelste prüfte..
    "Setz dich doch, und erzähl mir ein wenig. In der Castra bekomm ich nicht allzu viel vom Familienleben mit, aber das ändert sich mit Sicherheit wenn ich erstmal befördert wurde."

  • Als Seneca die Arme ausbreitete, war Axilla einen Moment mehr als nur versucht, ihm in eben jene zu fallen. Ihn einfach umarmen und.. sie würde vermutlich wieder anfangen zu heulen, aber so peinlich das auch war, dennoch hätte Axilla es in diesem Moment am liebsten getan. Allerdings währte der Moment zu kurz, als dass sie es hätte durchführen können.
    So setzte sie sich, wie Seneca ihr anbot, und zog die Füße leicht an. Hier in der Küche war es wärmer als im restlichen Haus wegen dem Herd, aber ihr war momentan trotzdem dauernd kalt. “Stimmt, du hast es versprochen. Ich hoffe, es hält auch, was du prophezeit hast.“ Sie neckte ihn ein wenig und versuchte sich an einem schiefen lächeln.


    “Öhm... was soll ich dir denn erzählen?“ fragte sie ein wenig hilflos und sah Seneca beim kochen zu. Es sah zumindest essbarer aus als ihre eigenen kläglichen Kochversuche. Es gab einen Grund, warum keine Köchin, weder zuhause bei Tarraco noch in Alexandria noch in Rom, je wollte, dass Axilla die Küche benutzte.
    “Dass ich einen Gladiator gekauft habe, weißt du? Als Custos Corporis?“ Das war vielleicht etwas, wo sie ein wenig unverfänglich erzählen konnte.

  • Einen Gladiator? Soso dachte sich Seneca und lächelte,
    "Nun, du scheinst hier in Rom ja ein gutes Geschäft zu haben, du bist zumindest nicht gerade unbekannt, man kennt mich ja nur, wenn überhaupt, als Cousin der Axilla.", sagte Seneca neckend und sprach weiter..
    "Aber wie geht es dir Axilla? Wenn du irgendwas brauchst, weißt du ja dass ich da bin nicht wahr?"
    Seneca gab noch eine handvoll trockener Gewürze in den Topf und hoffte dass seine Aussage die Stimmung nicht angekratzt hatte, er drehte sich nochmals um und relativierte seine Aussage scherzhaft..
    "Nur wenn dir dieses hispanische Hühnchen nicht schmeckt, dann kann selbst ich dir nicht mehr helfen!", sagte er bevor ihm ein breites Grinsen über die Lippen ging und seine Zähne zum Vorschein kamen..
    "Gibt's sonst noch irgendwann neues in der Stadt was ich nicht weiß? Ich hatte leider die letzte Woche Strafdienst musst du wissen."

  • Sie war bekannt? Axilla sah ihren Vetter ein wenig zweifelnd an. Wer sollte sie denn kennen? Sie selbst kannte ja so gut wie niemanden. Sie überlegte einen kleinen Moment. “Naja, vielleicht ist das, weil ich bei der Acta arbeite? Bin ja jetzt Lectrix. Ich glaub, das wird ganz schnell gehen, bis man mich nur als die 'Cousine von Seneca' kennt.“ Der letzte Teil klang sogar richtig zuversichtlich. Immerhin war Seneca ein Mann, und bei den Cohortes Urbanae, und vielleicht würde er ja die Ritterlaufbahn einschlagen. Zumindest dachte sich Axilla das so.


    Seine andere Frage war da doch weit unangenehmer. Natürlich hatte Axilla erwartet, dass er sie fragte, wie es ihr ging. Das gehörte ja irgendwie auch dazu. Nur hatte sie irgendwo doch gehofft, dass er es vielleicht vergaß, oder aber zu abgelenkt war. Dass sie eben nicht in Verlegenheit kam, ihn anzuschwindeln.
    Auch wenn ein Teil von ihr sich bei ihm ausheulen wollte, sogar unbedingt, sie konnte ihm doch nicht sagen, dass sie verliebt war. Gewesen war. Was auch immer. Und dass dieser Mann sie als unwichtig und einen niemand betitelt hatte. Und dass dieser Mann eine andere Frau hatte, die auch viel hübscher war als Axilla. Und dass sie deshalb seit Tagen kaum aus dem Bett kam. Nein, das klang albern.
    “Ja, natürlich weiß ich das...“, meinte sie ausweichend, sah Seneca dabei aber nicht an. Sie konnte ihm nicht so ins Gesicht schwindeln. Und zum Glück lenkte er mit seinem Hühnchen auch gleich wieder ab und brachte Axilla zum Lächeln. Was dann aber auch gleich postwendend in einen überraschten Gesichtsausdruck wechselte.
    “Strafdienst? Was hast du gemacht? Für deinen Vorgesetzten gekocht, und ihm hat es nicht geschmeckt?“ Die Frage nach dem, was sonst so los war, stellte Axilla momentan hintenan. Dass ihr Cousin Strafdienst hatte, war gerade viel interessanter. Und mit kindlicher Neugier wollte sie einfach wissen, was er angestellt hatte.

  • "Das wird noch etwas dauern.", sagte Seneca nachdenklich. Seine Vorgesetzten waren alle etwas langsam hatte er das Gefühl, und so würde die Beförderung wohl auf sich warten müssen. Dann fuhr er weiter fort um näher auf den Strafdienst einzugehen wo sie doch gerade bei dem Thema waren...
    "Ich hatte Wache am Tor und wir waren ein wenig unterbesetzt als ungewöhnlich viele Leute um Einlass baten. Ich dachte mir also gut immer schön der Reihe nach. Dann kam dieser Senator, Annaeus Modestus, der sich natürlich für etwas sehr wichtiges hielt und drängelte ein wenig. Ich wies ihn darauf hin dass es hier ein System gäbe, leider beschwerte er sich beim Präfekten, und dann hatte ich den Salat.", sagte Seneca, er könnte sich jetzt noch darüber aufregen dass dieser Senator ihn anschwärzte, aber man sieht sich ja bekanntlich immer zweimal im Leben.
    Kurz darauf erhellte sich Seneca's Gesicht wieder..
    "Es ist gleich soweit Axilla, ich hoffe du hast einigermaßen Appetit mitgebracht.", Seneca wusste dass es beim Essen einiges zu besprechen gäbe, auch unschöne Dinge, zum Beispiel wie es mit Axilla weitergehen solle nach dem Tod ihres Mannes und ähnliches, aber noch wollte er die wohlige Atmosphäre konservieren.

  • Annaeus Modestus, Annaeus Modestus? Axilla überlegte, ob sie den Namen irgendwoher kannte. Es dauerte einen Moment, bis ihr einfiel, woher sie den Namen kannte. Ja, natürlich! Der Prozess gegen Livianus, da war er Prätor gewesen! Und er gehörte auch zu den ewigen Junggesellen, wenn Axilla sich richtig an den Articel der Acta erinnern konnte. Wobei sie da recht zuversichtlich war, denn alle dort vorkommenden Männer waren ledig gewesen, was ja der Grund des Artikels gewesen war.
    Aber das war ja auch nebensächlich, und Axilla schob diesen Gedanken daher beiseite. Wichtiger war, dass Seneca sich irgendwie mit diesem angelegt hatte – wobei Axilla instinktiv Partei für ihren Vetter ergriff. “So ein Idiot“, entfuhr es ihr daher wenig charmant. “Der hätte ja auch trotz Senatorentitel mal kurz warten können.“ Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie es wirklich da am Tor gewesen war, aber Unkenntnis verhinderte bekanntlich nicht, eine Meinung zum besten zu geben. Und so beschloss Axilla, ohne auch nur je ein Wort mit dem Annaer gewechselt oder ihn gesehen zu haben, dass sie ihn nicht mochte. Der arme Seneca. Gut, ihr Vater hatte immer gesagt, Strafen gehörten dazu, und ein Mann habe die ohne zu klagen zu ertragen. Das fördere die Disziplin. Aber trotzdem. Trotzdem!


    Vielleicht echauffierte Axilla sich auch nur deswegen so sehr, weil es sie so schön ablenkte. Es gab der Wut, die sie tief in sich fühlte, ein willkommenes Ventil. Etwas, das weit genug entfernt von ihr war, als dass sie sich da nicht näher damit beschäftigen musste, ob es sie selbst irgendwie betraf. Ob sie selbst daran schuld hatte. Es war geradezu perfekt, und so dachte Axilla auch gar nicht darüber weiter nach, sondern nahm es willkommen an.
    Hunger aber konnte sie dennoch keinen so wirklichen entwickeln, auch wenn das Hühnchen besser als erwartet roch. “Ist das nicht noch furchtbar heiß? Nicht, dass wir uns die Finger verbrennen.“ Ein bisschen misstrauisch schaute Axilla schon auf den gekochten Flattermann und das, was Seneca mit diesem anstellte. Sie hoffte nur, er merkte nichts, wenn sie wenig aß, oder dachte, es lag an seinen Kochkünsten. Außer natürlich, es läge an seinen Kochkünsten, aber es roch zumindest sehr lecker.

  • Seneca erwiderte seiner Cousine mit einem leichten Grinsen,
    "Nun ja, also ich für meinen Teil esse Geflügel nicht gerne kalt liebe Cousine.", noch während er das sagte Griff er nach Geschirr, zwei Trinkbechern und allem möglichen und verteilte sie auf dem Tisch. Anschließend nahm er den großen Pott gefüllt mit dem Huhn und allerlei Gemüse von der Feuerstelle und teilte das Essen aus. Etwas mehr für sich, er war ja schließlich Soldat und eine angemessene Portion für seine zierliche Cousine, aber sie würde sicherlich einen Nachschlag nehmen, da war sich Seneca ziemlich sicher.
    "Ich hoffe es schmeckt dir Axilla.", sagte er bevor er sich einen kleinen Happen Brot in den Mund schob und bedächtig kaute..
    "Weißt du, wenn du bei den Cohorten dienst, weißt du solch ein Essen mit Verwandten wirklich sehr zu schätzen. Wenn man sieht was in dieser Stadt an manchen Ecken los ist. Erst letztens haben Kameraden meiner Centuria einen Mann aus dem Tiber gefischt, halb tot geprügelt und gestochenen, nur die Götter wissen wie er das überlebt hat.", Seneca hoffte dass dieser Ausspruch nicht die Stimmung oder Axilla's Appetit drücken würde und legte deshalb schnell nach..
    "Wie dem auch sei, ich bin froh dass wir hier sind.", sagte er lächelnd und trank etwas Gewürzwein.

  • Da Axilla meistens kalt aß, vor allem in letzter Zeit, kaute sie sich anstelle einer Antwort nur auf der Unterlippe herum. Sie beobachtete Seneca, wie er das Essen auf zwei Teller verteilte und ihr die kleinere Portion dann zuschob. Das Gemüse und das Hühnchen dampfte noch, und Axilla war sich sehr sicher, dass sie sich nicht nur die Finger, sondern auch die Zunge verbrennen würde, wenn sie gleich probieren würde. Von daher nahm sie nur ein wenig Brot und tupfte damit an das Gemüse und das Fleisch, ohne wirklich zu essen. Sie wollte erst noch warten, bis es aufhörte, zu dampfen.
    Seneca hingegen störte sich nicht an der Temperatur und fing zu essen an. Nebenzu erzählte er von seinem Dienst, und Axilla hörte ihm aufmerksam zu. Es war lange her, dass sie solche Geschichten gehört hatte. Ihr Vater hatte auch immer beim Essen erzählt, wenn er dann daheim war. So lange, bis Axillas Mutter irgendwann immer gemeint hatte 'Jetzt reicht es aber, Atticus! Das Mädchen soll sowas nicht hören!' Mit ein Grund mehr, warum Axilla die Geschichten so gerne gehört hatte.
    Doch Seneca hörte fast sofort auf, und Axilla sah kurz hoch. Mochte er davon nicht erzählen, oder durfte er nicht? Sie fragte einfach nochmal. “Und was habt ihr dann mit dem Mann gemacht? Weißt du denn, was er angestellt hat, dass er so zugerichtet wurde? Wer war es denn?“ Wegen ihr konnte eine Geschichte ruhig blutrünstig sein, sie war da sicher nicht so. Jetzt traute sie sich auch mal, ein bisschen was von seinem Essen zu probieren. Ganz vorsichtig pflückte sie mit den Fingern ein ganz wenig helles Hähnchenfleisch auseinander. Mit einer schnellen Bewegung war es dann auch im Mund, nur um mit einem stimmlosen “Hoooohoo“ kundzutun, dass es wirklich noch sehr warm war. Aber ein kräftiger Schluck Wasser schaffte da, dass sie sich nicht weiter verbrannte. Besser, sie wartete noch ein wenig, oder pustete ein wenig.

  • Seneca war überrascht dass Axilla sich für seine blutigen Militärgeschichten interessierte, es begeisterte ihn ein wenig und er lächelte bevor sich Axilla verbrannte..
    "Axilla, pass auf!", sagte er neckisch wohlwissend dass das heiße Essen nicht wirklich etwas schlimmes anrichten würde.
    "Naja um auf den Kerl zurückzukommen. Ich weiß nicht genau wer es war, in meiner Unterkunft hieß es er sei irgendein Germane, also ein Eingebürgerter. Wir brachten ihm zum Medicus. Einer meiner Kameraden vermutet er hätte krumme Dinger gedreht und deswegen wollten ihm andere an den Kragen aber mehr wissen wir nicht.", Seneca aß noch einen Pilz und blickte seine Cousine an,
    "Und bei dir? Hat sich etwas in der Sache des Nachlasses deines Mannes getan?"

  • Das ominöse an 'Pass auf'-Aufforderungen war, dass sie einem uraltem Naturgesetz folgend immer erst dann erklangen, nachdem man gerade das getan hatte, weshalb man eigentlich hätte aufpassen sollen. So erging es nicht nur unzähligen Leuten, die in späterer Zeit wegen zu hoher Geschwindigkeit von plötzlichen Lichtblitzen, die an die Bestrafung von Iuppiter höchstselbst denken ließen, überrascht wurden, sondern auch kleinen Iuniae, die mit offenem Mund erstmal einen Moment sitzen blieben und überlegten, ob das taube Gefühl auf der Zunge nun gut oder schlecht war.
    Aber Axilla hatte sich nur leicht verbrannt, dennoch beschränkte sie sich erstmal darauf, das Essen anzusehen und vielleicht mit dem Brot hier und da etwas Flüssigkeit aufzutupfen. Seneca erzählte ein wenig, aber nicht ganz so spannend, wie erhofft. Ihrer Meinung nach hätte er es ruhig noch ausschmücken dürfen mit den schrecklichen Wunden, die der andere hatte. Auch wenn Axilla sowas nicht anschauen mochte, anhören war spannend.
    Und dann fragte Seneca nach dem Nachlass ihres Mannes, und Axilla entfuhr ein resignierender Seufzer. “Nein, noch gar nichts. Ich weiß nichtmal, warum Vescularius das Vermögen eingezogen hat. Damals kam ja nur ein Urbaner mitten in die Leichenaufbahrung geplatzt und faselte was von wegen und Beleidigung. Du warst ja dabei. Wirklich erklärt, was los war, hat ja keiner.“ Halb hilflos hob Axilla die Arme, stützte dann ihren Kopf auf den Ellbogen und schnaubte noch einmal resignierend. “Ich hab dem Kaiser einen Brief geschrieben, sogar den Boten selber geschickt und nicht über den Cursus Publicus. Der hat den Brief auch abgegeben. Aber Antwort hab ich keine gekriegt. Vermutlich hat der Kaiser den Brief nichtmal gelesen... der interessiert sich doch eh nicht für mich... ich bin ja niemand....“ Noch ein Atemzug, und der Blick wanderte mehr und mehr ins Nichts. Vala hatte ja recht, sie war niemand. Wer interessierte sich schon für sie? Wenn schon nicht einmal ein Duccius sich mit ihr unterhalten wollte, warum sollte der Kaiser das tun?
    Jetzt reiß dich zusammen, ermahnte sie sich in Gedanken und setzte sich wieder halbwegs gerade hin. Hunger hatte sie gar keinen mehr, aber das Essen dampfte ja auch noch. Von daher konnte sie das ohne Verlegenheit einfach übergehen. “Vielleicht sollte ich mit dem Präfectus Urbi einmal persönlich sprechen, was meinst du? Wenn du nächste Woche Dienst hast, könntest du mich da wohl zu den Scribae durchschleusen, so dass ich einen Termin machen kann?“
    Dass ihre Erbschaft ja bereits beim PU im Gespräch war, konnte Axilla ja nicht wissen.

  • Seneca nickte..
    "Sicher könnte ich das. Es wird sich sicher alles aufklären bei dir..", sagte Seneca bevor er sich ein Stück Huhn zum Mund führte und es mit einem Happen schluckte..
    "Aber du kommst klar oder? Ich meine, ganz ohne Mann im Haus?", fragte Seneca, der in diesem Moment wie so oft gar nicht daran dachte welches schwerwiegende und auch tiefgehende Frage es war die er stellte.
    Ihm persönlich schmeckte derweil sein Essen, auch wenn er immer das essen bevorzugte das andere kochten, er wusste nicht wirklich wieso, fand er sein hispanisches Huhn diesmal wirklich gelungen. Als er so ein wenig im Raum rumschaute musste er sich eingestehen dass er die iunische Casa schon ein wenig vermisste, sowie auch Hispania aber er wusste auch dass er irgendwann einmal sicherlich Offizier sein würde und ihm Rom dann wieder gänzlich offen stand..
    Aber schnell holte ihn ein Klecks Brühe auf seiner Tunika zurück in die Gegenwart, er blickte an sich runter auf seine Brust wo ein bräunlicher Fleck ein neues zuhause gefunden hatte. Er versuchte den Großteil mit seinem Daumen zu entfernen und grinste dann Axilla wie ein kleiner Junge an..

  • Er half ihr? Axilla sah aus ihrer Resignation einen Moment mit leichtem Lächeln auf und fing an, ein wenig zu hoffen. Zumindest bis zu Senecas frage, die sie dann doch etwas kalt erwischte. Ein wenig verlegen kratzte sie sich am Arm und überlegte, was er wohl am ehesten hören wollte.
    “Ähm, ja. Ich meine... mir geht es gut. Ich hab genug Geld, und hier kümmern sich ja auch alle um mich, und so. Und meine Betriebe laufen ja auch gut, ich bin da ja selbstständig, und brauch da jetzt nicht Hilfe. Und wenn mal was ernsteres ist, dann hab ich ja dich.“ Bei dem letzten Satz lächelte sie ihn auf die bezaubernde Art an, wie es eine Frau nur konnte, wenn sie absichtlich jemand bezaubern wollte. Aber Axilla wollte nicht, dass er sich wegen ihr sorgen machte. Ihr ging es ja auch ohne Mann wirklich prima. Und im Moment wollte sie ja auch gar keinen.
    Aber obwohl sie versuchte, sich selbst davon zu überzeugen, fing ein kleines Gefühl an, in ihr zu nagen. Denn sie konnte sich einreden, was sie wollte, sie wusste, wenn ein bestimmter Mann gekommen wäre, hätte sie ganz und gar nichts dagegen gehabt. Im Gegenteil. Und weil dieser nicht wollte, stellte sich Axilla schon seit einigen Tagen eine Frage, die sich ganz tief in ihre Seele fraß und dort ihre Spuren hinterließ: Warum nicht?


    “Du, Seneca, darf ich dich was fragen? Also, so als Mann? Aber du musst mir versprechen, ehrlich zu sein, also, richtig ehrlich. Ohne Schonung und ohne drumherum zu reden.“ Wieder ein verlegenes Kratzen an ihrem Arm, so dass sich eine rote Stelle bildete. “Bin ich hübsch?“ Vielleicht war sie ja doch häßlich, zumindest für Männer. Sie sagten zwar etwas anderes, aber vielleicht wollten sie nur nett sein. Und das wäre zumindest eine Erklärung, die Axilla verstehen könnte. Die Vinicia nämlich war verdammt hübsch gewesen.

  • Seneca war nicht wirklich mental darauf vorbereitet auf das was seine Cousine ihn fragen würde. Als er gerade einen Schluck Wein trank und seine Cousine in fragte ob sie denn hübsch sei, nutzte er den Moment den er brauchte um alles zu schlucken und den Becher abzusetzen dazu, sich die Worte so zusammenzulegen dass sie nicht seltsam klangen, immerhin waren sie ja verwandt..


    "Axilla du bist wunderschön. Jeder Mann sollte sich glücklich schätzen wenn er sich mit dir umgeben kann." sagte Seneca ruhig während er seiner Cousine in die Augen blickte, und wirklich, er meinte es ernst. Etwas neckisch fuhr Seneca fort..
    "Und jede Frau die ich mal hier in die Casa mitbringe wird eifersüchtig sein. Ich hoffe es natürlich nicht, aber es könnte ja passieren." meinte er lächelnd.
    "Aber sag Cousine, warum fragst du mich das? Gibt es etwas was dich dazu veranlasst hat das Gegenteil zu denken?" fragte er neugierig..

  • Ein bisschen skeptisch schaute Axilla schon drein, als Seneca ihr antwortete. Meinte er das denn wirklich ernst? Gut, er hatte es ihr versprechen müssen, aber vielleicht schwindelte er ja trotzdem. Aber was, wenn nicht?
    Axilla begann wieder, ihren Unterarm zu malträtieren und kratzte ein wenig verlegen, während sie Seneca weiter zuhörte. Warum sie ihn das fragte? Wenn sie so schön war, wie er behauptete, warum wollte Vala sie dann nicht? Er hatte sie geküsst, und sie hatte das gewollt, und trotzdem war er zornig auf sie geworden und war gegangen. Und dann, einige Wochen später, auf dem Fest, war er vor ihr davongelaufen. Obwohl sie sich besonders viel Mühe gegeben hatte, hübsch, achwas, umwerfend auszusehen! Sie hatte noch nicht einmal gewusst, dass er auch da sein würde, und wenn sie gewusst hätte, dass er mit einer anderen Frau da hinkommen würde, hätte sie es sich vermutlich auch überlegt.Und er war weggegangen. Hatte gesagt, sie ist niemand. Hatte die Vinicia genau so geküsst, wie er sie geküsst hatte. Ganz genau so!
    Tränen stiegen in Axilla bei der Erinnerung auf, während sie nach einer ausweichenden Antwort suchte. Sie versuchte, sie wegzublinzeln, damit Seneca nichts merkte, aber es gelang nicht ganz In ihren Augen blieb der verräterische Glanz, der sich am äußersten Winkel recht schnell zu einer silbrigen Träne verdichtete. Sie holte Luft, um etwas zu sagen. Irgendeine kleine Lüge, die ihr komisches Verhalten und ihre Frage erklären würde. Doch ihr fiel ncihts ein.
    Sie holte noch einmal Luft, sah beiseite und versuchte, sich unauffällig die Augen zu wischen. Im Grunde wusste sie, dass Seneca sehen musste, dass sie weinte, aber sie redete sich ein, dass sie es unauffällig schaffen würde. Zumindest solange, bis sie wieder zu ihm zurückschaute und der nächste Schwall Tränen aufstieg. Sie zog die Luft kurz und ein wenig schniefend durch die Nase ein.
    “Wenn ich hübsch bin, und... ich stamme aus einer alten Familie. Ich meine, wir sind ja Iunii. Wir haben nur im Moment keinen Senator, aber... das war ja nicht immer so. Und ich meine, es wird doch sicher wieder einen geben, oder? In unserer Familie, mein ich. Ich meine, selbst in die Gens des Kaisers durfte ich einheiraten.“
    Sie sah Seneca flehentlich an, das er bestätigte, was sie sagte. Obwohl ihr in diesem Moment widersinnigerweise lieber wäre, er würde ihr widersprechen.
    “Da müsste es doch für jemanden aus einer kleinen Gens aus Germania eine große Ehre auch sein, oder?“ Sie verstand es einfahc nicht, un je mehr sie darüber nachdachte, umso mehr tat es wieder weh, und umso mehr flossen wieder die Tränen, die Axilla nicht verstecken konnte.

  • Seneca wurde ein wenig stutzig, er legte ein kleines Stück Brot welches er gerade essen wollte wieder beiseite auf den Tisch und blickte Axilla verwundert an..
    "Ja.. Ja ich denke mal das es eine große Ehre für die meisten Gens ist bei uns einzuheiraten, immerhin weiß ja jeder um unsere edele Herkunft Axilla. Und ich bin auch sicher dass wir irgendwann wieder im Senat sitzen werden, da wo wir hingehören.", sagte Seneca lächelnd. Natürlich hoffte er auch ein wenig dass er eventuell irgendwann mal im Senat sitzt und eine Legion befiehlt aber das war noch so weit weg wie es nur irgendwie sein konnte...
    Er blickte in Axilla's Augen welche die Träne die sich sammelten nur so offenbarten. Seneca erhob sich von seinem Platz und näherte sich seiner Cousine. Er legte seine Hand auf ihre Schulter..
    "Was ist los Axilla? Warum fragst du das alles?", fragte er besorgt..

  • Ja, sie gehörten in den Senat. Mehr als das. Der Trotz, der sich in Axilla so langsam aber sicher aufbaute, hatte viel höhere Ziele. Sie sollten wieder Patrizier sein, wie sie es waren, bevor der edlere Teil der Gens beschlossen hatte, ein Mordkomplott durchzuführen. Sie sollten wieder Consuln stellen. Sie sollten so verdammt viel Einfluss haben, dass niemand es wagen würde, sie als unwichtig und niemand zu betiteln. Erst recht kein homo novus.
    Aber auch der Trotz half nicht über den Schmerz, den sie gerade wieder fühlte, und der schlimmer wurde, als Seneca sie trösten wollte und fragte, was los sei. Sie versuchte, ihre Tränen in den Griff zu kriegen, und zwang sich, ruhig weiter zu atmen, obwohl hier und da mal ein kleines Schniefen dazwischen war.
    “Wenn das alles so eine Ehre ist, und ich hübsch bin, warum will er mich dann nicht?“ Axilla sah bei den Worten nicht zu Seneca auf. Sie schaute beschämt nach unten, und versuchte weiter, sich zurückzuhalten. Sie wollte ja gar nicht heulen. Erst recht nicht wegen ihm. Das hatte er gar nicht verdient, dass sie seinetwegen weinte, so wie er ihr weh getan hatte! Und vermutlich wusste er noch nicht einmal, dass er ihr weh getan hatte. Und ganz sicher wusste er nicht, dass sie nun deshalb hier in der Küche saß und ihre Tränen mit aller Macht niederkämpfen musste.

  • Seneca schwante furchtbares. Hatte sich Axilla etwa in einen Germanen verliebt? In einen der Menschen von denen sein Vater ihm immer blutige und grausame Geschichten von zornigen Göttern und bärtigen Berserkern erzählt hatte? Selbst wenn er nun ein römischer Bürger wäre so würde er sicherlich noch die ein oder anderen germanischen Bräuche pflegen. Auf den Schreck trank Seneca erstmal seinen restlichen Wein in einem Zug aus. Ungläubig blickte er Axilla an..
    "Wer will dich nicht Axilla?", fragte Seneca verwirrt. Er hatte keinen Zorn in der Stimme, er wollte einfach nur dass es seiner Cousine gut geht jedoch hoffte er dass dieser Barbar seiner Cousine nicht allzu krumm gekommen.
    "Wir sind Iunier Axilla. Und wenn du mir erlaubst..", sagte Seneca bevor er etwas leiser und vorsichtiger in seiner Stimme wurde..
    "Ich will natürlich dass du einen Mann heiratest den du liebst. Ich will dass du glücklich bist aber...", Seneca räusperte sich nochmals..
    "Ein Germane? Wirklich?", fragte er wieder etwas aus der defensive herauskommend.. Innerlich war er gespalten. Während sein Essen die letzten Dampfschwaden abgab, und immer kälter wurde dachte er gar nicht daran etwas zu sich zu nehmen. Auf der einen Seite wollte er seine Cousine glücklich sehen und auf der anderen Seite wollte er seine Gens wieder nach vorne bringen und das Ansehen aufrecht erhalten und das ginge sicherlich nicht mit einem Germanen.

  • Seneca hatte ja recht. Mit allem. Axilla sollte sich eigentlich freuen, dass Vala ohnehin kein Interesse hatte und sie so nicht in Verlegenheit kam, der Versuchung nachzugeben. Sie hatte in die Gens des Kaisers eingeheiratet, da wäre ein Duccius jetzt gesellschaftspolitisch gesehen ein Rückschritt. Damals in Alexandria hatte sie auch eben das Duccius Rufus erklärt, der sie wohl geheiratet hätte, hätte sie sich einverstanden erklärt. Was also war der Unterschied zwischen Rufus und Vala, wegen dem sie jetzt so litt und weinte?
    Axillas Kopf wusste diese Dinge sehr wohl, und er versuchte jetzt seit Tagen auch, ihrem Herz genau das zu erklären. Ihren Trotz zu wecken und ihr einzureden, dass es so weitaus besser war, dass Vala gar nicht verdient hatte, dass sie ihm auch nur eine Träne nachweinte. Bei allen Göttern, es war ja auch nur ein einziger Kuss gewesen, nichts weiter! Wieso also konnte sie ihn nicht einfach vergessen?


    Aber sie konnte es einfach nicht.


    “Vala...“, antwortete sie schließlich niedergeschlagen. “Und er ist nicht so. Er ist anders. Ich meine... er ist... er hat mich gerettet, am Hafen, und heimgebracht, und er hat mir geholfen, als es mir wegen Archias schlecht ging, und er war immer absolut tugendhaft und nett, und... ich weiß doch, dass er ein homo novus ist, es ist nur... ich weiß doch auch nicht.“

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