triclinium | Ibi fas ubi proxima merces

  • Wo der Gewinn am höchsten, da ist das Recht.


    Vier Tage. Vier. Tage. VIER! Nur VIER Tage hatte Nigrina gehabt, um alles vorzubereiten! Natürlich hatte sie bereits mit den Planungen begonnen, als Sextus ihr von seinem Vorhaben erzählt hatte, den Praefectus Urbi einzuladen. Also, nicht genau in diesem Moment, auch nicht direkt danach, weil sie da einige Zeit lang mit... etwas anderem beschäftigt gewesen war, und danach dann war sie mit Schlafen beschäftigt gewesen. Aber am darauffolgenden Tag dann hatte sie angefangen – zunächst mal Erkundigungen eingezogen, was der Vescularius mochte, und erste Überlegungen angestellt. Und die Dinge, die schwer oder nur in größerem Zeitraum zu beschaffen waren, hatte sie schon mal vorsorglich geordert, auch auf die Gefahr hin, dass sie das am Ende gar nicht brauchen würde. Dennoch – VIER Tage waren einfach kurzfristig. Nicht zu kurzfristig, nicht für sie! Aber dennoch... sehr kurzfristig. Und der Sklave – der von seinem Herrn vermutlich eine Abreibung bekommen hätte, hätte er verkünden müssen, dass der Praefectus Urbi erst in zwei Wochen kommen würde – bekam nun von Nigrina eine Abreibung. Eine gehörige. Dabei interessierte sie es gar nicht, dass der Kerl nichts dafür konnte. Es musste nur irgendjemand dafür büßen, dass sie in VIER Tagen nun ein Gastmahl zu organisieren hatte, das den Ansprüchen des Praefectus Urbi nicht nur genügte, sondern ihn überwältigte, im positivsten Sinn selbstverständlich, und das am besten so, dass es nicht so wirkte als würden sie, Patrizier, vor ihm, dem Plebejer, im Staub kriechen... sondern so, dass sich hier mehr oder weniger Gleichgestellte begegneten, von denen freilich einer in der gesellschaftlichen Hierarchie weit über den anderen stand.


    Nigrina hatte also ins Rollen gebracht, was sie bereits alles vorbereitet hatte, Sklaven aufgescheucht, Händler kurzfristig zu Lieferungen gebracht – oder besser: bringen lassen – und sich selbst um Gestaltung des Abends gekümmert. Und dann war Tag Vier gekommen. Nigrina hatte noch am Nachmittag das Triclinium inspiziert, gemeinsam mit den Sklaven, die das Pech gehabt hatten, ihr in dieser Angelegenheit zur Hand gehen zu müssen, und sie war... zufrieden. Zur massiven Erleichterung aller um sie herum. Sorgfältig hatte sie das Menü zusammen gestellt, das neben einer ganzen Reihe von Köstlichkeiten Austern bot – bei der Hochzeit des Praefectus Praetorio war immerhin nicht zu überhören gewesen, dass der Vescularius Austern mochte – sowie Mostbrötchen als Beilage zu den Hauptgängen, von denen auch zu hören war, dass der Praefectus Urbi sie gern verspeiste.
    Mit derselben Sorgfalt hatte sie sich dem Raum selbst gewidmet, hatte sich erlaubt, ihn ein wenig umzudekorieren – und selbstverständlich die Gelegenheit genutzt, das ein oder andere Teil neu anzuschaffen –, und so erstrahlte das Triclinium nun in neuem Glanz. An den Wänden in regelmäßigen Abständen aufgestellte Öllampen, tauchten den Raum in ein weiches Licht, das kaum Schatten zuließ, das Holz von Klinen, Tisch und Sesseln erstrahlte poliert, feine Efeu-Zweige waren dezent zur Zierde angebracht, und wenn ihr Gatte aufmerksam war, würde er mindestens eine neue Marmorstatue entdecken können. Alles in allem strahlte der Raum eine auf hohem Niveau gemütliche Atmosphäre aus: Reichtum war ersichtlich, drängte sich dem Betrachter aber nicht zu sehr auf, nur hie und da zeigte sich Prunk – beispielsweise in den filigranen, goldverzierten Weinkelchen, oder in den aus feinster Seide bestehenden Kissen, die ausgelegt waren, um den Dinierenden Bequemlichkeit zu schaffen –, und alles war so arrangiert, dass es einladend wirkte.


    Doch, Nigrina war zufrieden. Mit einer leichten Handbewegung entließ sie die Organisationssklaven und besah sich noch kurz jene, die während des Abends anwesend sein würden, und auch mit diesen war sie zufrieden. In einer Ecke des Raums waren Lyraspielerinnen postiert – erlesene Sklavinnen mit griechischen Vorfahren, mit weicher, samtiger Haut, die im Licht bronzefarben schien, und seidigen braunen Haaren; das Essen reichen würden Sklavinnen, deren Ahnen aus dem Norden stammten: mit einer alabasterfarbenen Haut, die Haare blondglänzend wie ein reifes Ährenfeld; und zu guter Letzt gab es zwei elegante Nubierinnen, hochgewachsen, mit langen, schlanken Gliedern, deren Haut schimmerte wie poliertes Ebenholz. Allesamt waren Sklavinnen aus flavischer Zucht, die Nigrina hatte herkommen lassen – einige über ihren Vater, einige aus Baiae oder von anderen flavischen Landgütern, wo die Verwalter den Auftrag hatten, sich der Sklavenzucht zu widmen. Und bei allen hatte Nigrina darauf geachtet, das sie zwar vorzüglich waren... vorzüglich aussahen, sich vorzüglich zu benehmen und zu bewegen wussten, und im Fall der Musikerinnen vorzüglich zu spielen wussten... aber dennoch keine ihr selbst zu ähnlich sah. Es würde sich den ganzen Abend keine Sklavin in dem Raum finden, die sowohl schwarze Haare als auch strahlendblaue Augen hatte, oder eine cremefarbene Haut wie ihre. Ganz davon abgesehen, dass sie sowohl in Kleidung als auch Stil noch einmal hervorstechen würde. Sollten die Sklavinnen ruhig Blicke auf sich ziehen, dazu waren sie da, aber es würde kein Zweifel daran bestehen, dass sie, Nigrina, einzigartig war.


    So hergerichtet, wartete das Triclinium auf den hohen Gast, für den es so hergerichtet worden war.

  • Seitdem der Sklave Bericht erstattet hatte, wann der Praefectus Urbi zum Essen zu kommen gedachte, hatte Sextus keine Frau mehr. Sein Weib war ausgetauscht worden gegen eine planerische Furie, die alles in ihrer Umgebung herumscheuchte und dirigierte und dabei eine Unruhe bisweilen verströmte, die den Aurelier die Stirn runzeln ließ. Daher war es nicht weiter verwunderlich, dass er nicht einmal versuchte, sich in ihre Gestaltungswünsche einzumischen. Man musste kein Haruspex sein (auch wenn er einer war), um diese Zeichen deuten zu können: Einmischung war gänzlich unerwünscht.
    Und bevor seine Frau die ganze Arbeit am Ende ihm auflud oder ihren persönlichen Stress an seiner Person anstatt an den Sklaven auslebte, ließ Sextus sie einfach gewähren. Sie machte ihre Aufgabe im Grunde gut und sie arbeitete auf ihre Art sehr gewissenhaft. Daher beschränkte er seinen Anteil an der Deeskalation auf die letzte Nacht vor dem Eintreffen des Vesculariers. Denn auch, wenn seine Frau zunächst versucht hatte, ihn des Zimmers zu verweisen und an seiner geistigen Gesundheit zu bezweifeln: Er mochte sie entspannt lieber. Und sie war schlichtweg besser, wenn sie wütend war.


    Und so also wartete zumindest er sehr entspannt, nachdem er gebadet und sich frisch rasiert hatte, angetan in eine weiße Toga, und harrte der Dinge, die da kommen mochten. Viel daran ändern konnte er ohnehin nicht.
    Erst, als der Junge zu ihm und seiner Frau gelaufen kam, dass der Praefectus Urbi nicht nur angekommen war, sondern auch gleich einen halben Hofstaat mitgebracht hatte, breitete sich doch so etwas wie ein leiser Zweifel in Sextus aus. Er hatte eigentlich nur mit Salinator und einer Geliebten, sowie einer nicht näher spezifizierten – oder interessanten – Anzahl an Liktoren und/oder Sklaven gerechnet. Das Triclinum war wie alle Triclina für neun Personen ausgelegt. Plus noch zwei Korbstühle, einen für die Hausherrin und einen gegebenenfalls für die Lebensabschnittsbegleitung des Vesculariers. Alles in allem also elf zu bewirtende Personen. Doch klang das Aufgebot, mit dem der Vescularier wohl einzumarschieren gedachte, eher danach, als sollten sie im Tablinum noch ein paar Bänke aufstellen und von den Nachbarn einige Sklaven leihen, um alle zu bewirten, und unter Umständen noch das ein oder andere Schwein schlachten.
    Die Ankunft seines Gastes also erwartend – bei so einem Mann kam man nicht später in das Zimmer nach und ließ ihn von Sklaven begrüßen, das übernahm man als Hausherr selber – und unsicher über die nun genaue Anzahl der Gäste oder der besten Taktik bezüglich seines Vorhabens, wartete Sextus so stoisch gelassen es eben möglich war.

  • Potitus hatte zwar eine stattliche Anzahl Untergebene mitgebracht, aber selbstverständlich erwartete er nicht, dass die Aurelier auch noch alle seine Klienten und Sklaven bewirteten...zumindest nicht im Triclinium! Als er dieses dann betrat, folgten ihm stattdessen nur eine blutjunge Schönheit mit schwarzem Haar und sinnlichen, blauen Augen, die eine seidene, lange Tunica trug, deren Durchsichtigkeit keineswegs als züchtig zu bezeichnen war, sowie zwei junge Männer, die sich neugierig umsahen. Mit leichtem Abstand folgten schließlich zwei skythische Leibwächter, die sich an der Tür des Tricliniums postierten und finster in den Raum starrten. Würde man sich informieren, würden die Hausherren dagegen erfahren, dass die Liktoren sich in ihre warmen, roten Mäntel gehüllt hatten und vor der Porta Wache standen und zugleich anzeigten, welch hoher Gast hier war, während der Großteil der Klienten sich wieder getrollt hatte und nur eine Handvoll Sklaven darauf wartete, mit den Sklaven des Hauses bewirtet zu werden.


    Salinator selbst hatte sich dagegen alle Mühe gegeben, den Prunk seines ganzen Gefolges schlicht selbst zu repräsentieren! Er trug eine vollständig mit Goldfäden durchwirkte Synthesis über einer purpurnen Tunica, die ebenfalls von goldenem Schmuck (darunter eine Halskette mit einem Rubin) begrenzt war. "Aurelius, deine Einladung war wirklich eine Überraschung!" begrüßte er den Gastgeber und ging dann auf dessen Gattin zu, um sie auf die Wange zu küssen. "Und diese Blume hier muss deine geliebte Gattin sein!" Nachdem er sich wieder von ihr gelöst hatte, griff er seine Begleitung an der Hüfte und schob sie etwas vor. "Ich habe mir erlaubt, ein paar Freunde mitzubringen, wie du sagtest. Das hier ist Thalia, meine Konkubine." Er deutete auf die beiden jungen Männer, die etwas verschämt im Hintergrund geblieben waren. "Und das hier sind Publius Ventidius Achelos, Quaestor Urbanus, und Cestius Gallus Minor, zwei Freunde und Klienten von mir. Ich hoffe, das ist in Ordnung?" Er sah fragend zu Lupus, dann aber sofort zu Nigrina, die er begutachtete, als sei sie ein Pferd, das er kaufen wollte.

  • Mit ein wenig Misstrauen hatte Nigrina vernommen, mit welchem Aufgebot der Praefectus Urbi vor der Tür stand. Die Zufriedenheit – die sowohl von der trotz der Kürze der Zeit hervorragend gelaufenen Organisation als auch von der letzten Nacht stammte – waberte ein wenig und drohte sich ins Elysium zu verabschieden, festigte sich allerdings wieder, als gleich darauf die Nachricht kam, dass der Vescularius keineswegs mit seinem gesamten Gefolge hereinkam, sondern mit einer recht überschaubaren Zahl von insgesamt drei Begleitern. Gemeinsam mit dieser Nachricht allerdings wurde speziell Nigrina noch etwas mitgeteilt… etwas, was ihre Zufriedenheit dann tatsächlich verpuffen ließ. „Sie sieht WAS?“ zischte sie wütend, als der Sklave ihr mitteilte, wie die Begleiterin des Praefectus Urbi aussah. Das konnte, das würde, das durfte doch wohl nicht WAHR sein!
    Für einen winzigen Moment musste Nigrina mit sich kämpfen, um dem sich anbahnenden Temperamentsausbruch nicht nachzugeben. Mühevollste Planung, insbesondere was die Auswahl der Sklavinnen betraf – und für was? Damit der Vescularius eine Schlampe anschleppte, die ihr ähnlich sah? Nigrina hätte am liebsten irgendwas zerstört, und die Weinbecher sahen äußerst verlockend aus, schrien geradezu danach, gegen die nächstbeste Wand geworfen zu werfen… Und dann war der Moment vorbei. Sie wusste, was heute Abend auf dem Spiel stand, wusste, wie wichtig dieses Essen war. Sie würde das ganz sicher nicht versauen. Nicht nur, weil ihr Mann ihr dann – zu Recht! – das Fell über die Ohren gezogen hätte, sondern auch, weil ihr selbst ja extrem daran gelegen war, dass der Abend positiv verlief. Bei all den Vorzügen, die Sextus so haben mochte, und die durchaus wettmachten, dass er zu Beginn ihrer Ehe auch noch am Beginn seiner politischen Karriere gestanden hatte… aber sie wollte endlich Gattin eines Senators sein. Und sie beide hatten es definitiv verdient, dass er nun Senator wurde.


    Als der Praefectus Urbi also mit seiner Begleitung das Triclinium betrat, hatte Nigrina den Wutanfall stumm in sich hineingefressen und sich wieder perfekt unter Kontrolle, und obwohl sie den Sklaven, seines Zeichens Überbringer der schlechten Nachricht, am liebsten hätte auspeitschen lassen, war sie ihm zugleich auch dankbar dafür, dass er sie vorgewarnt hatte. Und da ihr jetzt für eine spontane Reaktion die Zeit fehlte, kam der Sklave so davon… denn Bestrafungen dieser Art geschahen bei Nigrina immer aus der Laune des Augenblicks heraus. Sie war leicht reizbar, und sie war ganz sicher nicht zimperlich, schon gar nicht was Sklaven anging – dennoch war sie im Grunde nicht das, was man grausam nennen könnte, auch wenn ihre Untergegebenen das vielleicht anders sehen mochten. Sie hatte keinen Spaß daran, ihre Sklaven leiden zu lassen, sie erteilte ihnen nur in ihren Augen wohlverdiente Strafen, wenn sie etwas angestellt hatten – und sei es nur, dass sie zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen waren, wenn Nigrina eine ihrer Launen hatte. Aber sie suchte keinen Vorwand dafür… und daher hatte besagter Sklave Glück, dass sie in diesem Moment gezwungen war, ihr Temperament im Griff zu behalten.


    Mit einem strahlenden Lächeln also, dem man nicht im Mindesten ansehen konnte, wie es in ihr aussah, empfing sie die Gäste, während sie zugleich genau registrierte, wie diese aussahen und auftraten – die pompöse Aufmachung des Ehrengasts, die schüchterne Zurückhaltung der beiden Kerle, und, natürlich, das Aussehen der Begleiterin. Die ihr tatsächlich ähnlicher sah als der Flavia lieb sein konnte… die allerdings auch gekleidet war in etwas, was Nigrinas Meinung von ihr als Schlampe nur vertiefte. Da war sie um Klassen besser gekleidet in ihrer dunkelblauen Seidentunika, die mit silberfarbenen Stickereien verziert war und sich in einem verspielten Schnitt um ihren Körper legte, der zwar Haut zeigte und noch mehr erahnen ließ, aber dabei die Grenze dessen, was eine Matrona sich gerade noch so erlauben durfte, knapp nicht überschritt. Wesentlich stilvoller, ganz eindeutig. Fand sie jedenfalls. Auch wenn sie wusste, Kerle da manchmal mit etwas anderem dachten als ihrem Kopf – aber was Mode betraf, waren Männer in der Regel nicht das, was Nigrina als von sonderlichem Sachverstand gesegnet betrachten würde.
    Äußerlich unverändert, innerlich allerdings tatsächlich wieder ein wenig besser gelaunt, begrüßte sie den Vescularius, als dieser zu ihr kam. „Du ahnst nicht, wie sehr ich mich gefreut habe, dass du die Einladung angenommen hast, Praefectus.“ Nigrina ließ nicht nur den Kuss auf die Wange über sich ergehen, sondern legte eine ihrer Hände auf seinen Oberarm und erwiderte die Geste, indem sie ein Küsschen in die Luft hauchte, als seine Lippen ihre Haut berührten. Ihr Lächeln bekam eine angemessen geschmeichelte Note, als sie sein Kompliment hörte, und sie schlug die Augenlider kurz nieder, bevor sie ihn wieder ansah. „Eine Blume aber auch nur, weil die Sonne sie mit ihrer Anwesenheit beehrt“, gab sie das Kompliment zurück. Und freute sich gleich darauf – diesmal wieder nur innerlich, sorgsam darauf bedacht, die Maske nach außen zu wahren – diebisch, als der Praefectus seine Begleiterin vorstellte. Nicht einmal eine Römerin war das Ding. Egal, wie die aussah – sie spielte einfach nicht in derselben Liga wie eine Flavia…

  • Die tatsächliche Anzahl der eindringenden Horde fiel dann doch glücklicherweise weit kleiner aus, als der pompöse Auftritt es hätte erwarten lassen. Auch wenn seine Frau einen kurzen Moment verstört aussah, als der Sklavenjunge die Neuigkeit mit flinker Zunge vortrug. Kurz erntete sie dafür einen leicht fragenden Seitenblick, doch hatte sie sich den Göttern sei dank schnell genug wieder unter Kontrolle. Sie wusste, wie wichtig das für ihn und sein Fortkommen war, und Sextus war froh, dass sie wenigstens heute vernunftbegabt genug war, dementsprechend zu handeln. Wobei sie das in der Öffentlichkeit meistens tat.


    Ihr Gast wiederum trat ein wie Apollon persönlich – nunja, die etwas fettere und kahlköpfigere Ausgabe des Sonnengottes. Wo Sextus sich mit zwar edlem, aber schlicht gestaltetem Stoff in puritanischer Bescheidenheit übte, erstrahlte der Vescularier in purem Gold. Daneben verblassten alle weiteren Gäste, die Sextus jetzt begrüßen durfte. Unter anderem auch seine Begleitung, bei deren Anblick er Nigrinas vorherige Aufregung verstehen konnte. Das Mädel sah Nigrina ähnlich. Mehr noch, es war eine viel jüngere Ausgabe mit Hüften, die wohl noch kein Kind geboren hatten. Sextus Blick ruhte einen Augenblick lang durchaus wohlwollend auf eben jenen, doch nicht lang genug, um das Missfallen des Vesculariers zu erregen. Der Ohnehin gerade damit beschäftigt war, die etwas ältere Ausgabe seiner Geliebten mit einem Küsschen zu begrüßen. Sextus ließ es einspruchsfrei geschehen, auch wenn er im Gegenzug sehr wohl den Blick des anderen Mannes bemerkte. Der Mann hatte Geschmack, und wie Sextus schon vor seiner endgültigen Verbindung mit den Flaviern über seine jetzige Frau dachte: Sie war wie ein edles Pferd, und durchaus wert, mehr als einmal geritten zu werden. Solange er der einzige Reiter dabei blieb.


    “Ich hoffe, es war eine freudige Überraschung, Vescularius, war eine Einladung doch schon längst überfällig.“ Ein wenig Schmeichelei zu Beginn konnte nicht schaden, und seine Frau übernahm auch äußerst charmant ihren Teil davon. Sehr schön, sollte der Vescularier sich von ihren schönen Worten nur einlullen lassen.
    Zu den weiteren Gästen gab sich Sextus durchaus generös. “Natürlich sind sie willkommen. Deine Freunde sind auch meine Freunde.“ Ein fast schon warmes Lächeln, ehe sich Sextus den beiden etwas verloren wirkenden gestalten zuwandte. Den einen kannte er dankenswerterweise, wenngleich nur sehr flüchtig. “Ventidius, deine Anwesenheit ehrt mein Haus. Ich hoffe, du hast an deinem Amt ebenso großen gefallen wie ich vor dir, ohne dieselben Probleme dabei bewältigen zu dürfen.“ Sie hatten sich eigentlich nur bei der Amtsübergabe kurz miteinander ausgetauscht, aber immerhin genug, als dass Sextus es als Aufhänger für seine Begrüßung verwenden konnte.
    “Gallus, es ist mir eine Freude, dich kennen zu lernen.“ Leider hatte der Praefectus Urbi kein Amt genannt, das der Mann bekleidete, und ihm sagte der Name auch rein gar nichts. Der Nomenclator des Hauses war auch weit außerhalb der gastgeberischen Reichweite und konnte nicht aushelfen, also musste die kurze Begrüßung wohl genügen.
    Ging es zum zweitwichtigsten Gast: Der Konkubine.
    “Und verzeih mir, werte Thalia, dass ich dich zuletzt begrüße. Aber du weißt ja sicherlich, ein gutes Theaterstück baut sich zu seinem Höhepunkt am Schluss auf, wie könnte ich also das liebreizendste Wesen neben meiner Frau da gleich zu Beginn begrüßen?“ Sextus schenkte ihr sein Tausend-Aurei-Lächeln. Er hätte ihr auch einen galanten Kuss auf die Hand gegeben, aber entschied sich dagegen. Nicht wegen dem Zornesausbruch, der nach diesem Abend seitens seiner Frau sicherlich folgen würde. Den fürchtete er nicht. Sextus versuchte nur den Seiltanz hinzukriegen, dass Salinators Geliebte ihn charmant genug fand, um ihn zu mögen und bestenfalls für ihn Einfluss zu nehmen, und gleichzeitig ihren Gönner nicht zu verärgern, weil der in Sextus eine ernste Konkurrenz sah. “Ich muss sagen, Praefectus Vescularius, dein Geschmack ist wirklich sehr erlesen. Aber setzen wir uns doch. Etwas Falerner?“ Mit einer einladenden Geste öffnete Sextus den Besuchern den Weg zu den Klinen und wies Salinator dabei selbstverständlich den locus consularis an, während er auf der nächsten Kline links von ihm Platz nehmen würde. Den Quästor bat er auch sogleich sich zu ihm zu gesellen auf den lectus imus, so dass er sich mit diesem noch gut unterhalten konnte. Da Sextus sich bei der Konkubine nicht sicher war, ob diese sich gern sittsam auf einen der beiden bereitgestellten Korbsessel begeben wollte oder doch lieber sich zu ihrem Gönner zwar anstandslos, aber sexy auf die Kline legen wollte – etwas, das sich eine gehobene Frau nie erlauben würde – überließ er es seinem Gast, ihr den Platz, welcher auch immer den beiden beliebte, zuzuweisen. Den Gallus bat er dann zu Salinator auf die Kline.

  • Potitus grinste. So viel Schleimerei auf einmal hatte er zuletzt heute Morgen bei der Salutatio erlebt! Ein bisschen enttäuscht war er allerdings, dass Nigrina sich nicht anmerken ließ, was sie von ihrer jüngeren Ausgabe hielt. Er hatte sich extra informiert, um dieses Patrizierpack zu ärgern!


    "Äh, ja." antwortete Thalia unterdessen mit piepsiger Stimme auf die Bemerkung von Lupus. Salinator grinste dagegen erneut, während er sich auf die Kline legte (und seine Thalia neben sich platzierte), denn natürlich hatte er seine Konkubine nicht nach der Muse, sondern nach der Grazie benannt! Und eine Göttin der Anmut war sie in der Tat, selbst wenn sie auch manchmal unterhaltsam sein konnte (vor allem, solange sie den Mund hielt!)! Aber das war ja egal! "Her mit dem Zeug!" erwiderte er dann überschwänglich und griff nach einem bereitstehenden Becher. Er schätzte es, wenn man schon zum Essen den teuersten Wein auftischte, auch wenn manche behaupten mochte, dass er dafür zu schade war. Für den Apoll Roms war nichts zu schade!

  • Nigrina überließ es ihrem Mann, die übrigen Gäste in aller Ausführlichkeit zu begrüßen, und beschränkte sich auf ein freundliches und zuvorkommendes Lächeln. Das selbst dann nicht flackerte, als sie hörte, wie ihr Mann das Ding begrüßte. Oh ja, sie kannte seine charmante Art. Ab und zu kam sie auch in diesen Genuss, wenn auch freilich nicht ständig… was auf Dauer ja auch langweilig werden würde. Sie kannte also seine Art. Und sie wusste sehr genau, dass er sie auch vorzugsweise bei der ein oder anderen Frau einsetzte, wenn er eine rumkriegen wollte, die halt nicht Sklavin oder Lupa war. Und im Großen und Ganzen machte ihr das überhaupt nichts aus, mit wem Sextus sich sonst noch so vergnügte, solange er sie dabei nicht vernachlässigte – und solange er nicht eine Frau in sein Bett holte, die tatsächlich eine Konkurrenz für sie sein könnte, sprich: eine hochgestellte Römerin. Oder irgendwelche Bälger als seine anerkannte, die dann seinen rechtmäßig geborenen Kindern – also ihren – den Rang streitig machen könnten. Das alles hieß allerdings nicht, dass es ihr sonderlich gefiel, wenn Sextus vor ihrer Nase eine andere Frau mit seinem Charme einlullte…
    Allerdings wusste sie auch, welchem Zweck das hier diente, und so ging sie auch darüber spielend hinweg. Und sie wurde tatsächlich belohnt: das Ding war entweder dumm oder ziemlich maulfaul, jedenfalls brachte sie nicht wirklich viel als Antwort hervor. Und die Stimme war auch nicht gerade das, was man als lieblich bezeichnen könnte. Ganz im Gegensatz zu ihrer Figur und ihrer Art, sich zu bewegen, wie Nigrina feststellte… aber es war definitiv besser, sich auf die negativen Aspekte zu konzentrieren als die positiven, besser für ihren Seelenfrieden und damit besser für den Verlauf dieses Abends.


    Den Gästen den Vortritt lassend, ging dann auch Nigrina mit ihrem Mann zu der Gruppe mit den Klinen und setzte sich als einzige in einen der beiden bereit gestellten Korbstühle, ihre Miene sorgsam kontrollierend. Diesmal schwankte sie zwischen Genugtuung, weil das Ding neben ihrer Kleidung nun auch in ihrem Tun bewies, dass sie eine Schlampe war – andererseits war sie fast ein wenig neidisch. Es gab zu viele Regeln, zu viele Vorschriften, die der Anstand gebot, die sie am liebsten über den Haufen geworfen hätte, wenn sie gekonnt hätte. Konnte sie allerdings nicht, und sie wusste genau, was Sextus tun würde, würde sie sich zu ihm auf die Kline liegen. Ihr das Fell über die Ohren ziehen… egal. So wie der Anstand es verlangte setzte sie sich brav auf den Sessel, bemühte sich, sich dabei nicht allzu dämlich vorzukommen, die Einzige zu sein, die sitzen musste, und spielte weiter vorbildlich ihre Rolle. Eine leichte Bewegung ihres Kopfes gab den Sklavinnen zu verstehen, dass sie Wein ausschenken sollten, und im nächsten Moment hatten zunächst die Gäste und dann Sextus und sie selbst einen gefüllten Kelch. Gleich darauf trugen weitere Sklavinnen die Vorspeisen herein und begannen beim Praefecten, diese anzubieten. „Ich hoffe, der Wein sagt euch zu“, lächelte Nigrina in die Runde, bevor sie sich an das Ding wandte und den Versuch startete, es in ein Gespräch zu verwickeln. „Woher stammst du, wenn ich fragen darf, Thalia?“

  • Gut, die Redebegabung ihrer Namensverwandten hatte das Mädchen nicht geerbt. Was die Götter bei Brüsten und Arsch gegeben hatten, hatten sie wohl beim Verstand auf der anderen Seite eingespart. Im Grunde gefiel die Kleine Sextus nur immer besser, und es war wirklich, wirklich ein Jammer, dass es ausgerechnet der Praefectus Urbi war, der sie momentan 'beschützte'. Wäre es ein geringerer Mann, den er nicht zumindest für den Moment brauchte, Sextus wäre ernsthaft in Versuchung gewesen, dem Mann die Geliebte abspenstig zu machen. Wobei vermutlich sein Kleingeld nicht mit dem des Vesculariers mithalten konnte, und schöne Worte bei dieser Art Frau meist weniger zählten als bare Münze und schöne Geschenke. Wenngleich der Verstand dieses Dingelchens da vielleicht sogar gering genug wäre, um es zu seinen Gunsten zu nutzen. Nunja, er konnte es ja im Hinterkopf behalten, sollte sein Patron mit seinen Planungen etwas Brauchbares hervorbringen, mit dem man arbeiten konnte.


    Sextus also legte sich auf den Platz des Gastgebers und versuchte nicht darauf zu sehen, wie sich das Objekt seiner Momentanbegierde neben den Vescularier legte, wo durch die seitliche Bauchlage einige frontal gelegene Körperpartien besonders schön hervorgehoben wurden. Die Sklavinnen eilten sofort herbei und schenkten Wein aus, während andere sich daran machten, das Essen herbeizuholen. Auf das 'Her mit dem Zeug' lachte Sextus einmal mit einem leichten “Ha“ kurz auf, als hätte er es nicht unterdrücken können und behielt ein offenes Grinsen bei. Sicher, eine Maskerade unter vielen, aber sein Gast war eher für seine besondere Lebensfreude bekannt als für strenge Moral, und wenn Sextus sich so den Mann nur etwas gewogener machen konnte, wollte er es tun. Und wenn sein Opfer an Mercurius wirklich die ersehnte Wirkung erbracht haben sollte, war der Weg wohl nicht ganz falsch.
    Also hob Sextus seinen Becher auch wenn Falerner eigentlich viel zu schade war, um ihn neben dem Essen zu trinken. Aber wer Geld verdienen wollte, musste Geld ausgeben.
    “Möge Liber Pater auf dieses Essen herablächeln, den Wein leicht und süß sein lassen, die Gesellschaft lustig und ausgelassen und uns mit der nötigen Trinkfestigkeit segnen. Per Baccho!“ sprach Sextus also den Segen des Bacchus über das Gastmahl und goss einen sehr großzügigen Schluck des guten Weines auf den Boden als Trankopfer aus. Bacchus, Mercur, Sextus würde sogar die Hilfe von Zephyrus in Anspruch nehmen, und das alles, obwohl er nicht einmal wirklich an göttliches Eingreifen glaubte.


    Seine Frau begann auch sogleich, sich mit dem jungen Dingelchen zu unterhalten. Wobei Sextus sich fragte, weshalb sie ihr überhaupt ein derartiges Interesse entgegenbrachte und sich nicht statt dessen eher auf ihren Hauptgast konzentrierte und ihn umschmeichelte. An pure Höflichkeit glaubte Sextus hierbei nicht, vor allem, da die beiden ja auch räumlich getrennt saßen. Er würde das im Auge behalten müssen, um seine Frau notfalls wieder in die Schranken zu weisen, ehe sie aus femininem Rivalitätsgehabe noch etwas verdarb.

  • Potitus grinste. So locker hätte er einen Patrizier gar nicht eingeschätzt! Diese muffigen Knochen, die er im Senat traf, reagierten auf solche Bemerkungen zumindest immer mit eisigem Schweigen und erstarrten Mienen! Außerdem stellte er fest, dass die Gäste seine Begleitung zu mögen schienen, obwohl sie strohdumm war (was durch ihr Aussehen allerdings mehr als wett gemacht wurde!). Ersteres stellte sie auch sofort wieder unter Beweis: "Äh, aus Rom?" fragte sie und lächelte schüchtern. "Du auch?"


    Salinator beachtete dies allerdings nicht mehr weiter (obwohl ihm plötzlich der Gedanke kam, dass eine erotische Geschichte mit zwei Versionen derselben Frau durchaus interessant war), sondern schüttete ebenfalls großzügig Wein auf den Boden. Dabei fragte er sich wieder einmal, warum die Götter es schätzten, wenn man so etwas Gutes einfach wegwarf! Denn Bacchus verwandelte sich wohl kaum in eine Bodenfliese und sog das edle Tröpfchen auf! "Na, was führt dich...äh, mich zu dir?" fragte er dann nach dem Anlass der Einladung. Dass ein Patrizier ihn aus reiner Freundschaft in sein Haus bat, war wohl mehr als unwahrscheinlich!

  • Eindeutig war die Kleine nicht das hellste Kerzchen im Candelaber. Allerdings machte es sie dadurch nur noch begehrenswerter, wenngleich als Gesprächspartnerin langweiliger. Sextus also beschloss, die Damen ihrem Plausch zu überlassen und nur mit einem halben Ohr zuzuhören, um eventuelle Missgriffe seiner Frau gegen das Mädchen frühzeitig zu ersticken.


    Ohnehin forderte sein Gast gerade seine vollständige Aufmerksamkeit, als dieser völlig unverblümt fragte, was der Anlass dieser Einladung war. Und damit unmissverständlich klarstellte, dass er nicht an rein freundschaftliche Interessen glaubte. Was so keine Überraschung an sich war, hätte der Mann doch wohl kaum über Jahre seine Stellung gehalten und seine Macht ausbauen können, wenn er dumm und naiv wäre.
    Einen kurzen Augenblick lang war Sextus unschlüssig, was das weitere Vorgehen anging. Die polternde Art des Vesculariers ließ vielleicht darauf schließen, dass er für blumige Reden nicht viel übrig hatte. Überhaupt wies das, was Sextus über ihn in Erfahrung bringen konnte, auf eine sehr direkte Art hin. Militär, Befehlshaber, keine nennenswerten politischen Eignungen, bevor Valerianus Kaiser wurde und ihn in den jetzigen Posten gehievt hatte. Und leider nicht dumm.
    Nur hieß das nicht, dass der Mann nun tatsächlich ein 'Ich will Senator werden und wollte mit dir in diesem Rahmen nun die genaue Höhe aushandeln, was diese Gefälligkeit mich kosten wird' hören wollte. Wobei dies sicher eine Überraschung wert wäre.


    “Du meinst abgesehen von der Ehre, den mächtigsten aller momentan in Rom befindlichen Männer unter meinem Dach als Gast begrüßen zu dürfen?“ fragte Sextus weiterhin scherzend und nahm noch einen Schluck Wein, während die germanischen Sklavinnen vor ihnen Platten mit Austern, Mostbrötchen und anderen Köstlichkeiten absetzten. “Nun, ich hatte gehofft, dass dieses Essen eine freundschaftliche Basis zwischen uns beiden schaffen könnte. Die Loyalität und Freundschaft dieses Hauses gilt seit jeher dem Kaiser. Wie könnte ich sie also seinem Stellvertreter nicht zeigen? Noch dazu, wo du als Mann bekannt bist, für den Freundschaft nicht nur eine hohle und leere Phrase ist wie bei so vielen anderen, sondern durchaus durch handfeste Taten Bestätigung findet.“
    Ein bisschen verklausuliert, allerdings nicht zu sehr. Sextus hatte zwar kein Problem damit, vulgär zu sein, wenn es angebracht war. Doch störten die bezeugenden Ohren des Ventidiers und Gallers für derartige Direktheit zu sehr. Das Vögelchen würde wohl auch direkte Worte kaum begreifen oder kommentieren.

  • Potitus grinste. Während Lupus etwas umständlich auf das Thema zu sprechen kam, das er überraschend offen ansprach (offensichtlich wollte er Nutznießer der Vescularischen Freundschaft werden!), griff er nach einer Auster und schlürfte sie genüsslich. Dann wischte er sich mit dem Handrücken den Saft vom Mund und antwortete "Und wieso sollte ich dein Freund werden?" Den leicht salzigen Geschmack im Mund spülte er dann gleich mit dem teuren Falerner hinunter.

  • Irgendwie war dieser Abend in der Planung anders abgelaufen. Sextus hatte vor gehabt, den Praefectus Urbi schon von seiner Frau und den ganzen Sklavinnen umgarnen zu lassen und gemütlich beim Essen von sich einzunehmen und abzufüllen. Der Falerner war zwar teuer gewesen, aber auch dementsprechend gut und geeignet dazu, dass man mehr trank. Und unverdünnter trank. Und an einem nicht näher definierten Zeitpunkt hatte Sextus geplant, den Vescularier noch einmal zu seiner charmanten Begleitung zu gratulieren, ihr vielleicht noch das ein oder andere Kompliment bezüglich ihres Liebreizes zu machen und sie in dem Rahmen zu umgarnen, dass sie geschmeichelt war, ohne zu geschmeichelt zu sein. Und dann Salinator darauf anzusprechen, dass so eine Blume doch sicher teuer war, und er ihr zu gerne ein Geschenk machen würde. Und da er ihren Geschmack ohnehin besser kenne als er, er bei der Auswahl vielleicht helfen könne. Oder noch besser, damit er nicht auf die Idee käme, Sextus wolle ihm die Geliebte abspenstig machen, er würde einfach Salinator das Geld geben, und dieser solle seiner liebreizenden Freundin doch dafür ein Geschenk machen.
    So oder so ähnlich war der Abend geplant gewesen. Dass es dabei mitnichten um das kleine Vögelchen gegangen wäre, wäre Vescularius sicher sofort klar gewesen, der Mann war nicht blöde. Aber wie bei jedem Schlachtplan hielt der genau so lange, bis die Truppen das erste Mal aufeinander trafen. Ab da lag es in den Händen der Götter, die wohl geurteilt hatten, dass Sextus einem Sturmangriff begegnen sollte.


    “Du meinst abgesehen von meinem freundlichen Wesen?“ fragte er in einer Tonlage, die die Antwort ganz klar als Scherz deklarierte, und nahm noch einen Schluck von dem Wein. “Auch ich bin ein Mann, für den Freundschaft in Dingen besteht, die man genau greifen kann.“ Deutlicher bezüglich einer Summe wollte Sextus erst werden, wenn Salinator darauf zu sprechen kam. Dies vor dessen beiden Gefolgsleuten zu tun erschien ihm doch arg direkt und er wollte den PU auch nicht in die Verlegenheit bringen, sich irgendwie vor Zeugen rechtfertigen zu müssen. Wenn er von sich aus allerdings darauf zu sprechen kam, war die Sache anders gelagert.
    “Darüber hinaus gehöre ich zum Collegium Haruspicium. Der jetzige Haruspex Primus ist alt. Innerhalb der nächsten fünf Jahre wird er auf die ein oder andere Weise gezwungen sein, seinen Posten aufzugeben, und das Collegium wählt einen neuen aus seinen Reihen.“ Sextus lehnte sich bequem zurück und nahm sich ebenfalls eine Auster, deren für seinen Geschmack eigentlich etwas schleimiges Muschelfleisch er auch gleich schluckte. Miesmuscheln waren ihm im Grunde lieber, aber die waren sehr schwer zu bekommen, vor allem in den Wintermonaten, wo die Schiffspassage von Lusitania wegen der Winterstürme durch die Säulen des Hercules hindurch kaum befahrbar war.
    “Und ich bin mehr als zuversichtlich, dass ich diesen Posten ausfüllen werde.“ Oder mit anderen Worten, er hatte schon jetzt fast dreiviertel des Collegiums hinter sich. Etwa die Hälfte davon wären sogar bereit, ihn zu unterstützen, den Tarquitius vorzeitig abzusetzen, während die anderen von der Weisheit des alten Mannes noch profitieren wollten (und vor allen Dingen seinen Verbindungen) und daher dem Mann seinen Lebensabend gönnten. “So dass ich nicht nur jetzt schon die ein oder andere Gefälligkeit durch ebenso gefällige Vorhersagen erwidern könnte, sondern für zukünftige Planung sogar die höchste Autorität für eben solche Vorhersagen besitzen werde.“ Auch jetzt war er als Haruspex schon sehr frei in der Interpretation von Zeichen. Und das einfache Volk liebte Zeichen, forderte bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten, dass zunächst Zeichen eingeholt würden. Und den meisten reichte das einfache „Die Götter gewähren gute Zeichen“ der Auguren bei weitem nicht. Einer der Hauptgründe, warum die Haruspices seit der Eingliederung Etrurias in das römische Imperium beständig an Macht gewannen.

  • Potitus lachte schallend. "HAHAHAHA!!" Für seine Freundlichkeit war der Aurelier nun wirklich nicht berühmt, das wusste sogar Salinator! Aber die nächsten Dinge klangen schon interessanter! "So, bist du das?" sagte er dann ein wenig spöttelnd. Glaubte dieser kleine Patrizier tatsächlich, dass die Haruspices ihren Primus bestimmten, ohne den Kaiser um seine Meinung zu fragen? "Ein Priester, der so wenig Vertrauen in die Meinung der Götter hat, empfiehlt sich doch nicht gerade für die Leitung des Ordo!"

  • Offenbar war sein Witz besser geglückt, als Sextus angenommen hatte. Salinator lachte laut und schallend, und Sextus fiel mit einem wesentlich leiseren und verhaltenen Lächeln ein. Man musste ja auch nicht völlig übertreiben. Außerdem hatte er ja viel zu sagen gehabt.


    Was dann aber kam war weniger erquicklich. Sextus war durchaus froh um seine Ruhe und die vielen Stunden, in denen seine Lehrer ihm Selbstbeherrschung eingeprügelt hatten – wörtlich. So nahm er ganz ruhig einen weiteren Schluck Wein und einen weiteren Happen einer der dargereichten Köstlichkeiten, während es in ihm brodelte.
    “Wie kommst du darauf, dass ich kein Vertrauen in die Götter hätte, Vescularius? Natürlich vertraue ich ihrem Willen voll und ganz, und die Erhaltung des Einvernehmens mit diesen Mächten liegt ganz und gar in meinem Bestreben. Um Tullius Cicero zu zitieren: Denn wer ist so wahnwitzig, dass er, wenn er zum Himmel emporblickt, nicht fühlt, dass es Götter gibt, sondern etwa glaubt, dass die Geschehnisse, die so sehr einen Geist voraussetzen, dass kaum jemand sie in ihrer Ordnung und Notwendigkeit mit irgend einer Kunst erfassen kann, dass diese Dinge dem Zufall zuzuschreiben wären und der, wenn er einmal eingesehen hat, dass es Götter gibt, dann nicht auch einsieht, dass nach deren Willen dieses große Reich entstanden, vermehrt und erhalten worden ist? Denn, patres conscripti, wenn wir uns auch noch so sehr lieben, weder können wir es an Bevölkerungszahl mit den Spaniern aufnehmen, noch an Körperkraft mit den Galliern, noch an Schlauheit mit den Puniern, noch an Kunst und Wissenschaft mit den Griechen, noch an dem ursprünglichen Mutterwitz, der dieses Volk und Land auszeichnet, mit den Italern selbst und den Latinern, aber durch Frömmigkeit und Religion und durch diese einzige Weisheit, die uns erkennen ließ, dass alles durch den Willen der Götter regiert, gelenkt und gesteuert wird, haben wir alle Völker und Nationen unterworfen.“
    Na gut, vielleicht ein wenig dick aufgetragen, ausgerechnet den großen Redner heranzuziehen – auch noch bei seiner Rede bezüglich eines Gutachtens der Haruspices sein Haus betreffend – und dann auch noch einen nicht gerade geringen Teil. Andererseits war dies hier ein Abendessen, da sollte man als Gastgeber auch ein wenig mehr reden. Und vielleicht war auch ein klein wenig Ärger dabei über die ungerechtfertigte Anschuldigung des Vesculariers, er würde seine Arbeit als Haruspex nicht ernst nehmen. Nur im Gegensatz zu vielen Millionen Mitbürgern wusste er definitiv, was davon Schein und was sein war.
    “Und ja, ich bin sehr zuversichtlich, dass es so geschehen wird“, bekräftigte er noch einmal leichtzüngig seine vorherige Feststellung. Und warum auch nicht? In einer Zeit, in der Familien dafür vom Staat bezahlt wurden, noch dazu etruskische und damit nach stadtrömischer Ansicht eigentlich ausländische, nur damit die Kunst nicht am Ende ausstarb, konnte man sich etwas darauf einbilden, eine immerhin über zehn Jahre andauernde Ausbildung erhalten zu haben. Der Ordo trug ja auch nicht umsonst den Beititel „LX“. Es gab nur zehn Gentes, die ihre Söhne in diese Ausbildung schickten. Und nur sechzig Mitglieder des Ordo, und zwar in Rom UND Tarquinia, wo der zweite Hauptsitz der Haruspices war. Nach Rom war er ja erst verlegt worden auf Bestreben von Kaiser Claudius. Dass Sextus diesem Gremium angehörte kam nur aufgrund des für ihn glücklichen Zufalls zustande, dass sein Großvater keine männlichen Nachkommen hatte und so auf die seiner einzigen Tochter zugegriffen hatte – namentlich Sextus Aurelius Lupus.
    Kurzum, es gab ohnehin nicht unendliche Auswahl, und solange der Kaiser keinen klaren Favoriten im Vorfeld protegierte, machte das Collegium, was es wollte. Und da etwa 98% der ungebildeteren Schichten Roms schlicht alles glaubte, was die Haruspices sagten, ja sogar glaubte, dass diese als einziges dazu in der Lage wären, in die Zukunft zu schauen und nur durch die Etrusca disciplina der göttliche Wille in seiner Gänze zu erfassen sei, hatten sie ein herrliches Instrument der Macht in Händen. Eines, dessen sich die Kaiser gern bedienten, und es weniger bekämpften, schon gar nicht offen.


    “Und wie du sicher weißt, ist der etruskische Adel dem römischen nicht wirklich unähnlich. Die Orakeldeutungen der letzten Jahrhunderte ließen eine ganz klare... in Zeiten der Republik hätte man gesagt, eine optimatenfreundliche Haltung erkennen. Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass viele meines Standes... sagen wir einmal, skeptisch sind, was einen plebejischstämmigen Kaiser und einen ebenso plebejischen Statthalter angeht. Sie erkennen einfach nicht die Größe eines Mannes, wenn er direkt vor ihnen steht, sondern sehen nur auf seine Ahnenreihe, unabhängig von persönlichen Verdiensten.“ Bei diesen Worten sah Sextus den PU offen an. Er sollte ruhig mitbekommen, dass diese Worte dazu gedacht waren, ihm Honig ums Maul zu schmieren. Und es war ja noch nicht einmal gelogen. Wären die Umstände etwas anders, Sextus hätte kein Problem damit gehabt, den Vescularier ernsthaft zu unterstützen. Sextus war gern der Freund des zukünftigen Kaisers. Nur hieß der nach Plan seines Patrons nunmal nicht Potitus Vescularius Salinator.
    “Ich sehe eher die Taten, die ein Mann vollbringt. Die vergangenen, die jetzigen, und die zukünftigen. Und hoffe, dass ich ebenfalls nach diesen beurteilt werde.“

  • Potitus zuckte mit den Schultern (soweit das im Liegen möglich war). "Also bisher haben die Haruspices mir noch keinen Strich durch die Rechnung gemacht! Und das möchte ich ihnen auch nicht geraten haben!" Auf derartige Kuhhändel wollte er sich nicht einlassen! Wenn es einen Grund gab, einen Aurelier zum Senator zu ernennen, dann, damit dieser in seiner Schuld stand und noch ein bisschen monetäre Schmiere hinzufügte!

  • Über diesen Einwand ging Sextus mit einem Lächeln einfach hinweg. Was sollte er dazu schon sagen? Dass der Vescularius sich auch nie durch besondere Religiösität ausgezeichnet hatte, obwohl das DIE Nationaltugend der Römer war, und sein Ruf eher in eine Richtung ging, die man vom moralischen Standpunkt aus als verwerflich bezeichnen konnte? Wohl kaum. Abgesehen davon, dass Sextus, was diese Punkte anging, ohnehin alles andere als kleinlich war. Und es darüber hinaus auch wenig opportun gewesen wäre, den Mann aufzuklären, dass es bislang auch noch keine Gründe gab, dass der Ordo ihm in die Quere hätte kommen wollen. Was sich aber sicherlich auch ändern ließ – und zu gegebener Zeit würde.


    So aber lenkte der Aurelier das Gespräch erst einmal fort von diesem Thema, das sich für ihn ein wenig wie Zähneziehen gestaltete. Der Praefectus ließ auch überhaupt rein gar keine Äußerung fallen, die darauf hindeuten könnte, dass er jetzt über eine Bestechung verhandeln wollte. Im Gegenteil schien er gerade nicht besonders empfänglich zu sein, eher angesäuert.
    Allerdings war der Abend lang, und Sextus hatte Zeit. Er hatte nun über ein Jahr darauf gewartet, hätte eigentlich sich schon zum Ädil aufstellen lassen wollen, wenn alles nach Plan gelaufen wäre. Da machte nun eine Stunde länger keinen Unterschied mehr. Und so redeten sie über leichtere Themen, über Spiele, Wagenrennen, den Winter, das Essen, etwas Politik.


    Und erst, als Sextus meinte, dass die Stimmung des Mannes sich wieder gehoben hatte (was vornehmlich am beständigen Nachfüllen seines Kelches gelegen haben mochte), kehrte der Gastgeber zu seinem ursprünglichen Plan zurück. Warum denn auch nicht, war dieser doch mit der Modifikation des bisherigen Gesprächs noch immer hervorragend.
    “Deine Begleitung, Vescularius, ist wirklich bezaubernd. Ich muss dir zu diesem besonderen Schmuckstück wirklich gratulieren“, fuhr er so lächelnd im Anschluss an einen kleinen Scherz am späteren Abend mit seinem Vorhaben fort. “Wenn ich es mir leisten könnte, dich zu verärgern, ich wäre fast versucht, ihr ein Geschenk zu machen, um sie für mich zu gewinnen.“ Ein kleines Lachen und ein Zuprosten mit dem teuren Wein sowohl an den Vescularius, als auch an sein Vögelchen. In geradezu perfekter Schauspielermanier nahm Sextus einen kleinen Schluck, aber kaum benetzte der Wein die Lippen, setzte er den Kelch auch schon ab, als wäre ihm gerade die Idee gekommen. “Ah, aber ich weiß etwas besseres! Da wir nun fast so etwas wie Freunde sind, was hältst du davon, dass ich dir etwas zukommen lasse, und du schenkst ihr dann eine Kleinigkeit? So haben wir alle doch etwas davon. Die bezaubernde Tahlia die Zuwendung, die ihr gebührt, du ihre aufrechte Dankbarkeit“ Die Art und Weise, wie er das letzte Wort betonte, ließ erahnen, wie Sextus meinte, dass diese sich wohl ausdrückte. “... und ich zwei glückliche Freunde.“ Jetzt war nur zu hoffen, dass der Vescularier diesen Kunstgriff durchschaute und nicht so tumb reagierte wie schon zuvor. Dürfte ja hoffentlich nicht das erste Mal sein, dass jemand ihn bestach und dabei einen anderen Vorwand vorschob.

  • Potitus ließ es sich gut schmecken. Er langte also kräftig zu, stopfte sich das Essen geradezu hinein und kommentierte ab und zu, meist etwas spöttisch, und gab sich sonst wieder freundlicher. "Ach, Aph...äh Thalia ist eine treue Seele, der kannst du einen Palast aus purem Gold schenken und sie würde dich von der Bettkante stoßen!" Das war natürlich etwas übertrieben, denn genaugenommen hatte er das Mädchen von einem vornehmen Etablissement, das seine Ware genau gegen jenes pure Gold verlieh oder, wie hier, verkaufte! Andererseits würde Thalias Händler sicherlich nicht den Praefectus Urbi verärgern wollen und er ging auch nicht davon aus, dass Thalia es sich mit ihm verscherzen wollte! Soviel ging sogar in ihr recht beschränktes Köpfchen! "Aber du kannst das Geld auch gerne mir geben, ich finde dann schon etwas schönes..." antwortete er dann aber doch noch und grinste schelmisch. "Ich nehme an, du würdest dich im Gegenzug auch über ein kleines Geschenk für deine Frau freuen, die übrigens so verführerisch aussieht, dass ich hoffe, dass Thalia in ein paar Jahren auch noch so knackig ist! HAHAHA!!" Natürlich hätte er das Mädchen bis dahin mit Sicherheit gegen ein jüngeres Modell eingetauscht! "Frauen lieben ja Schuhe! Aber ich wette, die roten Treter, die sie erhofft, sind nicht für ihre Füße bestimmt!" Salinator war nicht dumm und wusste, was Lupus wollte! Und da er kein Freund von Um-den-heißen-Brei-Herumreden war, sprach er die Sache lieber direkt an. "Ich glaube eigentlich, dass es genug von euch arroganten Patrizierschnöseln im Senat gibt und fürchte, dass wir nur wegen des Namen "Aurelius" und ein paar Sesterzen keine großen Freunde werden! Aber Pompeius Imperiosus hat ein gutes Wort für dich eingelegt und gegen eine kleine Spende kann ich mich vielleicht sogar dazu herablassen, dir deinen Traum zu verwirklichen!" Es tat wirklich gut, mal unverblümt zu den Patriziern zu sprechen!

  • Jap. Das Ding war ganz eindeutig nicht der hellste Stern am Himmel. Und wenn man schon bei diesem Bild bleiben wollte: es war so unterbelichtet, dass es vermutlich gar nicht gesehen wurde. Nigrina war durchaus klar, dass Thalia genau dadurch für manche Männer umso attraktiver wurde. Aber auch nur für eine ganz bestimmte Sache – und nach ein paar Jahren war das spätestens vorbei. Und wenn man aus der Gosse kam, dann mochte das vielleicht ganz erstrebenswert erscheinen, ein paar Jahre auf der Sonnenseite leben zu können, als Konkubine eines reichen Mannes... für eine wie Thalia war das sicher das große Los. Allerdings war das nichts im Vergleich zu, sein ganzes Leben auf der Sonnenseite zu verbringen, und dazu gehörte deutlich mehr als Jugend und gutes Aussehen. Und so sehr Nigrina beides an ihr selbst schätzte und es festzuhalten gedachte, so lange es ihr möglich war, war ihr ihre Abstammung und ihr Stand deutlich wichtiger.
    Wie auch immer: Nigrina konnte es nur recht sein, dass das Dingelchen eine Hohlbirne war – auch wenn es das Essen für sie freilich ungleich langweiliger machte. Sie plauderte oberflächlich mit Thalia, hörte den Männern zu, lächelte, machte Witze und versuchte dem Fettsack auf charmante Art zu schmeicheln, wann immer sich eine günstige Gelegenheit dazu bot.


    Und so verging der Abend – bis Sextus schließlich, nach dem etwas missglückten ersten Versuch, erneut das eigentliche Thema des Abends zur Sprache brachte. Indirekt, das verstand sich bei ihrem Mann von selbst. „Ein Mann mit deinem Geschmack findet sicherlich etwas hervorragendes“, warf sie lächelnd ein, als der Praefect Sextus wie geplant zustimmte. Dann allerdings machte er recht schnell klar, dass er offenbar nicht viel davon hielt, das Ding nicht beim Namen zu nennen. Jedenfalls wurde er nach einer kurzen Überleitung sehr konkret. Nigrina hielt sich mustergültig zurück, als die Phrase arrogante Patrizierschnösel fiel, und ihr war nicht anzusehen, wie sie das empörte, und dass sie nun am liebsten aufgefahren wäre, was diesem Homo novus eigentlich einfiel…
    Dabei half freilich, dass er diese Beleidigung so schön umrahmt hatte. Den Anfang machte ein Kompliment an sie. Geschmeichelt lächelte sie und wollte an dieser Stelle gerade ein weiteres Mal einhaken, um einen passenden Kommentar zu erwidern, der wiederum dem Vescularius schmeicheln sollte. Der allerdings sprach gleich weiter, und jetzt kam der Moment, wo er direkt wurde – so direkt, dass Nigrina spontan beschloss, lieber die Klappe zu halten und das Reden ihrem Mann zu überlassen. Schon allein, weil sie dann vielleicht doch etwas zu den arroganten Patrizierschnöseln zu sagen gehabt hätte. Was auch gut so war, denn der Praefect vollendete jetzt den Rahmen für seine Beleidigung, und das ließ Nigrinas Haut kribbeln vor Vorfreude. Das klang doch tatsächlich danach, als hätte ihr Mann gute Chancen, Senator zu werden...

  • Im ersten Moment schien es so zu sein, als würde sein Gast endlich in dieses subtile Spiel der Andeutungen einsteigen, und mehr als das, als wäre er sogar endlich gewillt, Sextus ein gewisses Maß an Entgegenkommen zu zeigen. Allerdings nur einen Moment, ehe der Vescularier ein vollkommenes Unverständnis für feine Konversation bewies. Das musste irgendeine Unart aus seiner Vergangenheit als Soldat sein, die Dinge so direkt und unhöflich anzusprechen, und Sextus nahm es kein Wunder, dass der Mann bei den alten Geschlechtern Roms sehr unbeliebt war, schlugen jene doch viel hinterhältigere Töne an.
    Und auch bei ihm vermittelte die Deutlichkeit der Worte des Präfekten zunächst einmal den zurückgekehrten Drang, sich die Schläfen reiben zu müssen, um den aufwallenden Kopfschmerz zu bekämpfen. Etwas, das Sextus natürlich nicht tat, zumal die Neuigkeit, dass Imperiosus sich schon positiv für ihn verwendet hatte, durchaus aufmunternd war. Der Pompeier war wohl doch nicht nur ein ebenso unhöfliches Ärgernis wie sein Patron, sondern bisweilen äußerst nützlich – was den Mann von der 'Leute, die ich beim Umsturz vergessen werde'-Liste gleich auf die 'Vielleicht doch ganz nützlich'-Liste brachte.


    “Wenn wir durch eine kleine Spende keine großen Freunde werden, dann sollte ich vielleicht eine große investieren und sehen, wie hier das Ergebnis ist“, scherzte Sextus leicht. Offensichtlich störten den Vescularius weder seine beiden Mitbringsel noch seine Geliebte noch Sextus Frau oder die halbnackten Sklavinnen auch nur annähernd. Folglich war es wohl das opportunste in dieser verdrehten Situation, selbst die Etikette beiseite zu lassen und sich eben auf dieses Niveau herabzubegeben. Eines der Dinge, die Sextus schon früh gelernt hatte, man begab sich am besten immer auf eine Ebene mit seinen Gesprächspartnern, das erleichterte einige Dinge ungemein.
    “Da wir also schon dabei sind: Wären Zehntausend Sesterzen wohl eine angemessene Summe?“ Sextus hoffte, dass das Opfer an Merkur sich nun bezahlt machte. Im Grunde war diese Summe schon eine erheblich höhere, als er ursprünglich aufwenden wollte, aber alles unterhalb hätte seine erste Einlassung wohl albern erscheinen lassen.

  • Potitus grinste. Das war doch mal ein vernünftiges Angebot! Aber wer so viel bot, bei dem gab es sicherlich noch mehr zu holen! "Das ist ein nettes Angebot! Aber ich bin sicher, dass ihr Aurelier so eine Menge Geld in eurer Truhe draußen habt, dass da noch ein bisschen mehr zu machen ist! Leg' noch 5000 drauf und wir sind im Geschäft!" antwortete er deshalb und freute sich gedanklich schon auf den zusätzlichen Geldsegen. Thalia hatte das Essen ebenfalls unterbrochen und sah mit großen Augen zwischen den Beteiligten hin und her und auch die anderen Begleiter des Vesculariers wirkten doch etwas erstaunt angesichts der Summe. Sie hatten offensichtlich weniger zahlen müssen! Aber sie waren ja auch keine Patrizier!

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