[Stoa] Kurs: Die Lehre des Epikur

  • IM NAMEN DER HEILIGEN BRUDERSCHAFT DER MUSEN UND DES APOLLON ZU ALEXANDRIA
    findet folgender KURS statt


    Die Lehre des Epikur




    Bemerkungen:


    In diesem Kurs wird in die Lehre des Epikur von Samos eingeführt. Namentlich wird seine Kanonik, die Physik, die Theologie, Psychologie und Ethik seiner Philosophie behandelt.





    ANGEMELDETE TEILNEHMER:
    Lucius Petronius Crispus
    Manius Flavius Gracchus Minor



    Sim-Off:

    Hier kann ein Kurs zur epikureischen Philosophie abgelegt werden. Anmeldungen dazu bitte per PN an Lucius Petronius Crispus, der den Kurs via NSC abhält!
    Die Kursgebühr erfolgt auf Spendenbasis und ist an das Konto von Lucius Petronius Crispus (5383) zu überweisen.
    Eine theoretische Prüfung wird nach Abschluss der Vorlesungen per PN erfolgen und rechtzeitig bekannt gegeben.

  • Die Offerte jener Lektionen hatte überaus rasch die Appetenz Manius Minors geweckt, welchem im elterlichen Hause wie während seiner bisherigen Studien zwar stets eher dem Erbe der dem Epikur opponenten Ideologie der Stoa war unterworfen gewesen, doch nicht zuletzt das doloröse Zerbersten seiner vermeintlichen Gewissheiten, begonnen beim Erleiden der Solitudität im mantuanischen, später cremonesischen Exil, über die Erkenntnis eines zaudernden, den Mären von Virtus und Patria Hohn singenden Vaters, der leise Tod seiner Mutter und endlich der Verlust seiner ererbten Position als Stammhalter der Familia Flavia Graccha durch das Hereindrängen jener aurelischen Natter, welcher zweifelsohne er sein hiesiges, auf Dauer angelegtes Exil hatte zu verdanken, war zur Initiation eines Ringens um Alternativen einer Pespektive auf das eigene Leben, insonderheit indessen eines Interesses an jener Seelenarznei, welche der heitere Philosoph von Samos expressis verbis offerierte, geworden.


    Und somit fand der junge, verschwiegene Flavius sich zu besagter Zeit an besagtem Orte ein, um den Worten des Philosophen zu lauschen und in römisch-pragmatischer Manier neben gelehrsamer, theoretischer Bildung vornehmlich jenen situativ-praktischen Nutzen aus seinen Studien zu ziehen, welcher dem Schaffen eines quiritischen Gelehrten entsprechen mochte.

  • Philosophie - oder Geschwätz, wie der Alte sagte - war eigentlich nicht unbedingt das, was Lucius vornehmlich interessierte. Eigentlich hielt er dieses ganze Gerede von Tugenden und Göttern und so weiter sogar für ziemlich irrational und damit überflüssig. Aber er von diesem Epikur hatte er nur gutes gehört: Er verfolgte eine ausgesprochen vernünftige Sicht der Wahrheit und vor allem - er lehnte die Götter ab! Und so hatte er sich schließlich dazu durchgerungen, sich für diesen Kurs anzumelden.


    Ziemlich gespannt kam er also in die Stoa, in der das ganze stattfinden sollte und blickte sich ein bisschen nervös um. Mit seiner Rittertunica stach er ziemlich aus der Menge griechisch gekleideter und weibisch herausgeputzter Akroaten heraus. Blieb zu hoffen, dass auch noch ein paar Normale hier teilnahmen...

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  • Aristobulos von Tyrus

    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Sulla.jpg Fröhliches Schwatzen war zu hören, als Aristobulos von Tyrus die Stoa betrat, in der für heute der Beginn eines Kurses über den Philosophen Epikur dessen Lehre angekündigt war. Das Auftreten des Philosophen war beeindruckend, denn obwohl er von recht geringer Körpergröße war, strahlte er eine Ruhe und Autorität aus, die die Gespräche rasch ersterben ließ, als er sich durch die Reihen zu einer Säule vorgearbeitet hatte, um dort mit seinem Stock mehrfach auf den Boden zu klopfen.


    "Geschätzte Akroatoi! Verehrte Gasthörer!"
    begann er mit einer klaren, ruhigen Stimme.
    "Ich danke euch für euer zahlreiches Erscheinen. Setzt euch bitte hier zu meinen Füßen, damit mich jeder sehen und hören kann!!"
    Er sah sich ausgiebig um.
    "Wir haben uns heute in dieser schönen Stoa versammelt, und dabei wollen wir gerade eine Konkurrentin zur Stoa kennen lernen, die unsere Zeit weit stärker prägt als all die Lehren und Mystiken, die an diesem Hort des Wissens sonst so gerne vermittelt werden."
    Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf den Lippen des Philosophen, als habe ihn das Wortspiel mit der Säulenhalle, die namensgebend für eine philosophische Schule geworden war, selbst amüsiert. Oder war es Spott für die religiös und mystisch inspirierte Philosophie der alexandrinischen Schule der Philosophie?
    "Ich werde in euren Köpfen aufräumen mit den Hirngespinsten von den übermächtigen Göttern und den Mären vom Tugend und Heroen! Ich werde euch ein vierfaches Heilmittel reichen, das euch von allem Schmerz dieser Welt heilen kann, das euch herausführt aus der Angst vor dem Tod, vor den Göttern, vor der Zukunft und euch so jene Seelenruhe schenkt, die zu wahrhaftiger Glückseligkeit führt!"
    Herausfordernd blickte er hinauf an die Decke der Stoa, als wolle er einer Gottheit trotzen, die jederzeit einen Blitz durch das Dach auf diesen verächtlichen Sterblichen schleudern würde.
    "Denn das, meine werten Schüler, war das Ziel aller Wissenschaft, die unser geschätzter Lehrer, Epikur von Samos, jemals betrieben und überliefert hat. Durch sie ist ihm gelungen, was auch wir erstreben - Freiheit von körperlichem und geistigem Schmerz und beständige, katastematische Lust im eigenen Dasein bis in den Tod!"

    Sim-Off:

    Lasset die Spiele beginnen ;)




  • Lucius hatte Pech - keine normalen Studenten! Zwar glaubte er hier und da zu erkennen, dass auch ein paar Römer dabei waren, aber alles in allem sahen sie doch alle ziemlich griechisch aus - wie man nur so wenig Stolz für sein eigenes Volk aufbringen konnte! Dafür gab es immerhin einen beeindruckenden Philosophen, der gleich mit ein paar sehr sympathischen Punkten loslegte: Götter inexistent, Lust als höchstes Prinzip - da war es fast egal, dass er diese Lust mit einem ziemlich seltsamen Adjektiv versah!


    Gespannt holte er eine Tabula aus seiner Tasche, die ihm Armin hierher hatte nachtragen dürfen. Vielleicht gab es hier ja endlich Argumente, die auch diese anderen tumben Idioten da draußen überzeugten, dass Götter Blödsinn waren!

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  • Aristobulos von Tyrus

    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Sulla.jpg "Lauscht mir also, was ich euch von diesem strahlenden Vorbild aller wahren Philosophen zu berichten weiß: Epikur wurde am 20. Gamelion - hier also dem 24. Parmouthi - im dritten Jahr der 108. Olympiade geboren. Und zwar auf Samos als Sohn eines attischen Kolonisten und Bruder dreier Männer - Neokles, Chairedemos und Aristobulos."
    Er sah in die Runde.
    "Natürlich widmete er sich bald der Philosophie, nicht erst in den Jahren seiner Ephebie, die er mit achtzehn Jahren als Bürger Athens in seiner Mutterstadt absolvierte. Dabei studierte er vor allem den großen Platon und den geschätzten Aristoteles, der ja auch an dieser Lehranstalt mit größter Begeisterung gelehrt wird."




  • Selbstredend waren dem jungen Flavius basale Aspekte der Lehre des Epikur bekannt, dennoch evozierten die provokanten Worten des Gelehrten eine Neigung jene unerhörten Thesen umgehend zu refutieren, da doch seine sämtliche Edukation, das Beispiel seiner Anverwandten wie des gesamten Staatswesens geradezu auf Tugenden und den Göttern zu fundierte, deren Inexistenz somit die gesamte Welt des Jünglings zu disturbieren war geeignet. Konfirmation erheischend blickte er zu Patrokolos hinüber, der wie gewohnt ein wenig Abseits an einer Säule sich hatte postiert, um dortig eifrig zu notieren, was der Dozent lehrte, was wiederum die Basis für die alltäglichen Repetitorien mit seinem Herrn konstituierte. Augenscheinlich hatte dieser bereits die Insekurität antizipiert, denn er erwiderte den Blick sogleich und zuckte mit den Schultern, was dem Dafürhalten des jungen Flavius nach wohl zu kommunizieren avisierte, dass die gesprochenen Worte mitnichten Novitäten darstellten und somit keinerlei Anlass zu nunmehriger Empörung repräsentierten, was dem Jüngling durchaus einleuchtete und somit eine Flucht aus der Lektion vermied, sondern selbigem biographische Einsichten bezüglich des Lehrobjektes gestatteten.
    Die Nennung der drei Brüder nämlich erweckte Remineszenzen an die zurückgelassenen Anverwandten, insonderheit selbstredend Titus und seine Schwester Flamma, die, similär zu Epikurs Familie, zu Studienzwecken waren zurückgelassen worden, wenn auch zweifelsohne der hiesig traktierte Weise voluntierlich hierzu war geschritten, während der Flavius ohne Hoffnung auf Rückkehr zu den Schriften der Philosophen exiliert und vertrieben worden war.

  • Aristobulos von Tyrus

    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Sulla.jpg "Aus diesen Studien zog er jedoch seine eigenen Schlüsse und so wurde er bald selbst zu einem Lehrer der Weisheit. Zuerst in Mytilene auf Lesbos, später in Lampsakos in Mysien und schließlich in Athen, wo er jenes Haus mit Garten erwarb, das für seine Schule namensgebend sein sollte: Der Kepos des Epikur. Seine Lehre war dabei keineswegs rein theoretisch: Wie er lehrte, dass Freundschaft von höchster Bedeutung für das eigene Glück ist, so pflegte er auch Freundschaften und scharte einen Schülerkreis um sich, mit dem gemeinsam er lebte und offen diskutierte - ohne Hierarchien, ohne Tabus und in einer Offenheit, die noch in unseren verknöcherten Zeiten ihresgleichen sucht.


    Mit ihnen und durch ständiges Philosophieren, Meditieren über die Zusammenhänge der Welt und ständig zunehmende Weisheit gelangte er selbst zu jener Unerschütterlichkeit, die es ihm erlaubte, auch schwere Krankheit mit Leichtigkeit zu tragen, bis er endlich ihr erlag und friedlich entschlief. Zurück ließ er seinen Schülerkreis, dem er seinen ältesten Schüler, Hermachos, als seinen Nachfolger vorsetzte, zahlreiche Bücher und Briefe, die seine Lehre enthalten und explizieren, sowie ein strahlendes Vorbild, dem wir nacheifern können, um eines Tages selbst als Weise die Augen zu schließen.
    Von größter Wichtigkeit sind dabei seine vierzig Lehrsätze, die Kyriai Doxai, die ihr eifrig notieren und regelmäßig neu bedenken solltet. Ich werde sie euch jetzt aufsagen."

    Ohne auch nur auf eine Tabula sehen zu müssen, begann er:
    "1. Ein glückliches und unvergängliches Wesen hat weder selbst Schwierigkeiten noch bereitet es einem anderen Schwierigkeiten. Daher hat es weder mit Zornesausbrüchen noch mit Zuneigung zu tun; denn alle Gefühle dieser Art sind Zeichen von Schwäche.
    2. Der Tod hat keine Bedeutung für uns; denn was sich aufgelöst hat, empfindet nichts; was aber nichts empfindet, hat keine Bedeutung für uns.
    3. Die Größe der Lust hat ihre Grenze in der Beseitigung allen Schmerzenden. So lange aber Lust empfunden wird, gibt es dort, wo sie empfunden wird, nichts, was weh tut oder traurig macht oder beides zusammen.
    4. Was schmerzt, spürt man nicht ununterbrochen im Fleisch; vielmehr ist der größte Schmerz nur von kurzer Dauer; der Schmerz aber, der die Lust im Fleisch kaum übersteigt, dauert nicht viele Tage lang. Lange andauernde Krankheiten gewähren mehr Lust im Fleisch als Schmerz.*

    Dies sind die ersten vier, die wichtigsten und Summe seiner ganzen Lehre, die auch als das Vierfache Heilmittel bezeichnet werden. Sie mindestens sollte jeder von euch so lange memorieren, bis er sie auswendig beherrscht und aufsagen kann!"

    Sim-Off:

    * Zitate der Lehrsätze sind entnommen: Epikur: Kyriai Doxai [Maßgebende Sätze] nach Diogenes Laertius 10, 139-154, zit. n. Epikur: Wege zum Glück. Griechisch-lateinisch-deutsch, hrsg. u. übers. v. Rainer Nickel, Düsseldorf/Zürich 2003, S. 238-253.




  • Als er die Biographie Epikurs hörte, musste Lucius lächeln - der Mann war offensichtlich ein Mann, den der Alte für einen Schwätzer und Nichtsnutz gehalten hätte - und dazu einen Spinner! In diesem Bereich musste der junge Petronier seinem alten Herrn sogar zustimmen - eine Gruppe ohne Hierarchie war irrational, denn die Leute waren verschieden und auch so zu behandeln!


    Das vierfache Heilmittel stimmte ihn dann aber wieder nachdenklich: Die Sätze waren, soweit er sie verstand, durchaus logisch: Was nicht lebte, hatte keinen Schmerz - klar! Anderes war weniger klar: Warum sollte dort, wo Lust war, kein Schmerz sein? Warum gewährten länger andauernde Schmerzen mehr Lust als Schmerz? Und was sollte das für eine Zusammenfassung einer Lehre sein, die ihn doch weder wegen Schmerzen, noch wegen irgendwelcher Theorien über Zorn interessierte? War er doch falsch hier?

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  • Hing er soeben noch seinen Gedanken an die Anverwandten im fernen Roma nach, so gewahrte den jungen Flavius die weitere Evolution des weisen Epikur seiner Freunde, welche in der Tat auch ihm selbst als imponderable Pretiosen seines Lebens galten, die jedoch seit seiner Ankunft hier in Alexandreia keines Kontaktes mehr waren gewürdigt worden. Entsprechend verspürte er erstlich die Neigung, sich zu erheben um Patrokolos zu instruieren, eine Bemerkung zu notieren, dass er aufs Dringlichste einen Brief an seinen geschätzten Vindex, ebenso indessen an den guten Lucretius Carus zu verfassen hatte, um diesen bezüglich seiner Verfasstheit zu informieren und damit an seinem exilischen Leben partizipieren zu lassen.


    Indessen geboten ihm Anstand und Respekt vor dem Philosophen, den Lehrbetrieb nicht aufgrund derartiger Privata zu disturbieren, zumal, wie der Jüngling rasch zu seinem Troste erkannte, Patrokolos jenes Faktum der Bedeutung der Freundschaft zweifelsohne würde notiert haben, sodass ihr Repetitorium ihm neuerlich die Gelegenheit würde bieten, sich seiner Freunde zu Hause zu erinnern. Nunmehr indessen erweckten erstlich das Ende Epikurs, folgend indessen dessen primäre Lehrsätze seine Appetenz, denn obschon keine korporalen Leiden ihn derzeitig torquierten, so plagten ihn doch seelische Schmerzen umso mehr, welche, wie er bei Benennung des vierten Lehrsatzes bedachte, durchaus als chronisch war zu titulieren, sodass die vermeintliche Einsicht des Weisen einerseits Irritation ob ihrer aktuellen Uneinsichtigkeit evozierte, andererseits eine delektable Verheißung implizierte, durch philosophische Methode jenes Schmerzes sich zu entziehen.

  • Aristobulos von Tyrus

    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Sulla.jpg Aristobulos begann nun, vor den Schülern auf- und abzuwandern, während er mit klarer Stimme die weiteren Lehrsätze rezitierte:
    "Es folgen:
    5. Es ist nicht möglich, lustvoll zu leben, ohne vernünftig, anständig und gerecht zu leben, und auch nicht vernünftig, anständig und gerecht, ohne lustvoll zu leben. Wem dies aber nicht möglich ist, der kann auch nicht lustvoll leben.
    6. Damit man sicher sein konnte vor den Menschen, gab es das natürliche Gut der Herrschaft und des Königtums, mit dessen Hilfe man sich gegebenenfalls diese Sicherheit verschaffen konnte.
    7. Berühmt und angesehen wollten manche Menschen werden, weil sie meinten, dass sie sich so die Sicherheit vor den Menschen verschaffen könnten. Wenn daher das Leben solcher Menschen sicher war, haben sie das natürliche Gut gewonnen. Wenn es aber nicht sicher war, besaßen sie nicht, wonach sie von Anfang an in Übereinstimmung mit ihrer eigenen Natur strebten.
    8. Keine Lust ist an sich ein Übel. Aber alles, was bestimmte Lustempfindungen hervorruft, führt zu Störungen, die die Lustempfindungen um ein Vielfaches übersteigen.
    9. Wenn alle Lust in Hinsicht auf Umfang und Dauer zusammengefasst werden könnte und dies im ganzen Organismus oder wenigstens in den wichtigsten Teilen des menschlichen Körpers möglich wäre, dann unterschieden sich die Lustempfindungen niemals von einander.
    10. Wenn das, was die Lustempfindungen der Unersättlichen hervorruft, die Ängste des Nachdenkens über die Himmelserscheinungen, den Tod und die Schmerzen auflöste und außerdem die Grenze der Begierden und der Schmerzen zeigte, dann hätten wir überhaupt keinen Anlass, sie zu tadeln, wenn sie von überall her von Lustempfindungen erfüllt wären und von nirgendwo her Schmerzhaftes oder Leidbringendes erführen, was ja das Übel ist.
    11. Wenn uns nicht die Vermutungen über die Himmelserscheinungen und die angstvollen Gedanken über den Tod, als ob er uns irgendetwas anginge, ferner die mangelnde Kenntnis der Grenzen von Schmerzen und Begierden belastete, brauchten wir keine Naturphilosophie.
    12. Es wäre nicht möglich, die Angst in Zusammenhang mit den wichtigsten Dingen aufzulösen, wenn man nicht begriffen hätte, was die Natur des Ganzen ist, sondern in Angst vor allem lebte, was die Mythen erzählen; daher wäre es nicht möglich, ohne Naturphilosophie ungetrübte Freude zu genießen.
    13. Es nützte nichts, die Sicherheit unter den Menschen herzustellen, während man noch Angst empfände vor den Vorgängen am Himmel und unter der Erde und überhaupt im unbegrenzten Universum.
    14. Wenn auch die Sicherheit vor den Menschen bis zu einem gewissen Grad auf der Grundlage einer festgefügten Macht und auf der Grundlage guter wirtschaftlicher Verhältnisse gewährleistet ist, so erwächst doch die deutlichste Sicherheit aus der Ruhe und dem Rückzug vor den Leuten.
    15. Der Reichtum unserer Natur ist begrenzt und leicht zu erwerben; aber der Reichtum an wertlosen Meinungen weitet sich aus ins Unendliche.
    16. Nur in geringfügigen Angelegenheiten überfällt den Weisen ein Zufall; die wichtigsten und bedeutendsten Dinge hat die Vernunft geordnet, ordnet sie im Lauf des Lebens und wird sie ordnen.
    17. Der Gerechte ist am wenigsten zu beunruhigen; der Ungerechte ist von größter Unruhe erfüllt.
    18. Die Lust im Fleisch wird nicht mehr größer, wenn einmal der schmerzende Mangel beseitigt ist, sondern nur vielfältiger. Das Denken hat in Bezug auf die Lust seine Grenze erreicht, wenn man alles das genau klärt, was dem Denken die größten Ängste bereitete, und was verwandt damit ist.
    19. Die unbegrenzte Zeit verschafft die gleiche Lust wie die begrenzte, wenn man die Grenzen der Lust mit der Vernunft abmisst.
    20. Das Fleisch empfand die Grenzen der Lust als unbegrenzt; und nur die unbegrenzte Zeit konnte diese Lust erzeugen. Das Denken aber, das den Einblick in das Ziel und die Grenze des Fleisches gewann und die Ängste vor der Zukunft auflöste, begründete das vollkommene Leben, und wir brauchten die unbegrenzte Zeit nicht mehr; doch weder mied das Denken die Lust noch zog es sich zurück, sobald die Umstände den Abschied vom Leben erforderlich machten, als ob ihm etwas am besten Leben gefehlt hätte.
    "

    Er machte eine kleine Pause, um seinen Schülern die Gelegenheit zu geben, seine Worte zu Ende zu notieren. Dann blieb er, gestützt auf seinen Stock stehen und baute sich vor ihnen auf, um fortzufahren:
    "Nun folgt die zweite Hälfte:
    21. Wer die Grenzen des Lebens kennt, weiß, wie leicht das zu beschaffen ist, was den schmerzenden Mangel beseitigt und das ganze Leben vollkommen macht. Daher braucht er nichts von dem, was er nicht ohne Kampf bekommen kann.
    22. Das tatsächlich existierende Ziel muss man ins Auge fassen und die ganze anschauliche Wirklichkeit, auf die wir unsere Meinungen beziehen; andernfalls wird alles voller Unsicherheit und Unruhe sein.
    23. Wenn du gegen alle Wahrnehmungen kämpfst, wirst du keinen Maßstab haben, auf den du dich beziehen kannst, um jene Wahrnehmungen zu beurteilen, von denen du behauptest, dass sie falsch seien.
    24. Wenn du irgendeine Wahrnehmung einfach verwirfst und nicht unterscheidest zwischen der Vermutung, die noch auf Bestätigung wartet, und dem, was bereits als Wahrnehmung und Empfindung und als ein umfassender, von einer Vorstellung geprägter Zugriff des Verstandes gegenwärtig ist, dann wirst du durch deine unbegründete Meinung auch die übrigen Wahrnehmungen durcheinander bringen und so jeden Beurteilungsmaßstab verlieren. Wenn du aber aufgrund von Mutmaßungen sogar das, was noch auf Bestätigung wartet, und was nicht, insgesamt für gewiss erklärst, wirst du dich unweigerlich einer Täuschung aussetzen; denn du wirst jeden Zweifel bei jedem Urteil über richtig und nicht richtig zwangsläufig gelten lassen.
    25. Wenn du nicht in jeder Situation all dein Handeln auf das Ziel beziehst, das dir die Natur vorgibt, sondern vorher abweichst, indem du Ablehnung und Zustimmung auf etwas anderes beziehst, werden bei dir die Taten nicht den Worten entsprechen.
    26. Alle Begierden, die nicht zu einer Schmerzempfindung führen, wenn sie nicht befriedigt werden, sind nicht notwendig, sondern erzeugen ein Verlangen, das leicht zu vertreiben ist, wenn es sich erweist, dass sie auf schwer Beschaffbares oder gar Schädliches zielen.
    27. Vor allem, was die Weisheit für die Glückseligkeit des ganzen Lebens bereitstellt, ist der Gewinn der Freundschaft das bei weitem Wichtigste.
    28. Dieselbe Erkenntnis brachte uns die Gewissheit, dass nichts Furchtbares ewig oder lange Zeit dauert, und ließ uns erkennen, dass die Sicherheit gerade unter schwierigen Bedingungen vor allem durch Freundschaft gewährleistet ist.
    29. Die Begierden sind teils natürlich und notwendig, teils natürlich und nicht notwendig, teils weder natürlich noch notwendig, sondern durch leere Meinung begründet.
    30. Die natürlichen Begierden, die keine Schmerzen verursachen, wenn sie nicht befriedigt werden, obwohl das angespannte Bemühen um Befriedigung erhalten bleibt, entstehen aus einer leeren Meinung; und wenn sie nicht beseitigt werden können, dann liegt es nicht an ihrer eigenen Natur, sondern an der Neigung des Menschen zu leeren Meinungen.
    31. Das der menschlichen Natur entsprechende Recht ist eine Vereinbarung über das Mittel, mit dem verhindert wird, dass sich Menschen gegenseitig schädigen oder schädigen lassen.
    32. Für alle Lebewesen, die nicht in der Lage waren, Verträge darüber abzuschließen, sich nicht gegenseitig zu schädigen oder schädigen zu lassen, gab es kein Recht und kein Unrecht. Das Gleiche gilt für die Völker, die nicht in der Lage waren oder nicht den Willen hatten, Verträge darüber abzuschließen, niemanden zu schädigen oder sich schädigen zu lassen.
    33. Niemals gab es absolute Gerechtigkeit, sondern nur einen Vertrag, der jeweils im gegenseitigen Austausch an beliebigen Orten darüber abgeschlossen wurde, niemanden zu schädigen oder sich schädigen zu lassen.
    34. Die Ungerechtigkeit ist kein Übel an sich, sondern nur aufgrund der misstrauischen Angst davor, dass sie von der Strafverfolgung nicht unentdeckt bleibt.
    35. Es ist ausgeschlossen, dass derjenige, der heimlich gegen den Vertrag darüber, niemanden zu schädigen und sich nicht schädigen zu lassen, verstößt, darauf vertrauen kann, dass er immer unentdeckt bleiben wird, auch wenn er im Augenblick tausendmal unentdeckt bleibt. Denn bis zu seinem Tode ist es ungewiss, ob er auch unentdeckt bleiben wird.
    36. Im Allgemeinen ist die Gerechtigkeit für alle dieselbe; denn sie ist ja etwas Nützliches im Umgang miteinander. Aber aus den Besonderheiten eines Landes und aus vielen anderen Gründen ergibt es sich, dass die Gerechtigkeit nicht für alle Menschen dieselbe ist.
    37. Alles, was als gerecht gilt, darf nur dann den Rang des Gerechten beanspruchen, wenn es nachweislich den Anforderungen des geregelten Umgangs miteinander entspricht, ob es nun für alle Menschen gleich oder nicht gleich ist. Wenn aber jemand ein Gesetz erlässt und es nicht der Regelung des Umgangs miteinander dienlich ist, dann hat es nicht mehr die natürliche Legitimation des Rechts. Und wenn sich der Nutzen, der vom Recht ausgeht, verändert, aber noch eine Zeit lang der ursprünglichen Vorstellung entspricht, dann war es nichtsdestoweniger zu jener Zeit gerecht für alle, die sich nicht durch leere Wort selbst verwirren, sondern einfach die Tatsachen im Auge behalten.
    38. Wo das, was als gerecht galt, ohne Veränderung der äußeren Umstände in der Praxis offensichtlich nicht mehr zu der ursprünglichen Vorstellung passte, war es nicht wirklich gerecht. Wo aber nach Veränderung der äußeren Umstände dieselben rechtlichen Vereinbarungen nicht mehr nützlich waren, waren sie doch seinerzeit gerecht, als sie zur Regelung des Umgangs der Bürger miteinander nützlich waren. Später aber waren sie nicht mehr gerecht, als sie nicht mehr nützlich waren.
    39. Wer seine Angelegenheiten am besten gegen die Bedrohungen von außen geordnet hat, machte sich mit allem, was er beeinflussen konnte, vertraut. Was er aber nicht beeinflussen konnte, blieb ihm wenigstens nicht fremd. Wo ihm aber auch dies unmöglich war, vermied er jeden Kontakt und bemühte sich darum, alles zu tun, was dazu nützlich war."

    Noch einmal hielt er inne und holte Atem.
    "Und zum Abschluss der letzte Lehrsatz:
    40. Diejenigen, die die Fähigkeit besaßen, vor allem gegenüber ihren Nachbarn Mut zu entwickeln, lebten auch auf diese Weise sehr angenehm miteinander, weil sie im Besitz des sichersten Pfandes waren, und nachdem sie ein Höchstmaß an Vertrautheit zueinander gewonnen hatten, klagten sie nicht, wenn jemand gestorben war, über seinen vorzeitigen Tod, als ob sie Mitleid erregen wollten."

    Der Philosoph setzte eine nachdenkliche Miene auf, als dächte er selbst über seine Rezitation nach. Dann aber schien er sich zu erinnern, dass er eine Schar an Akroaten vor sich hatte, schüttelte kurz den Kopf und sagte:
    "Manches, was ihr gehört habt, wird euch noch verwirren. Doch wir werden diese Lehrsätze Stück für Stück ergründen und am Ende werdet ihr hoffentlich verstanden haben, was der große Epikur mit ihnen hinterlassen hat.
    Doch davon morgen mehr. Für heute lautet eure Aufgabe, die Lehrsätze auswendig zu lernen, Wort für Wort. Wir werden immer wieder darauf zurückgreifen. Dann treffen wir uns morgen um dieselbe Stunde hier. Chairete."

    Ohne weiter auf Kommentare zu warten, wandte Aristophanes sich nach rechts und marschierte, gestützt auf seinen Stock, davon.




  • Mühte der junge Flavius sich noch, die ersten Lehrsätze nachzuvollziehen, so verlor er sich recht baldig in den Gedanken über die Relation von Lust und Anstand, von Sicherheit, Königtum und Ansehen, während der Magister seine Rezitation unperturbiert kontinuierte und einen Lehrsatz dem nächsten ließ folgen, was selbst Manius Minor letztlich zur Gänze disturbierte, während seine Kommilitonen, die nicht den Luxus eines Dieners, welcher für sie sich mühte, die Worte zu notieren, genossen, wohl gänzlich in Desperation mochten versinken.
    Selbst die Pause inmitten des Opus gebot lediglich einen kurzen Moment des Aufatmens und erweckte die Appetenz des Jünglings für den einundzwanzigsten Lehrsatz, welcher indessen keinesfalls evident ihm erschien, sodass er aufs Neue diesem nachhing und unter der beständigen Rede des Philosophen sämtliche Hoffnung, das Opus gänzlich zu erfassen, getrost ließ fahren, da ohnehin Patrokolos' Synopse ihm würde gestatten, die übrigen Lehrsätze in Ruhe zu einem späteren Zeitpunkt zu reflektieren. Zumindest war er zur nächsten Interruption des Redeflusses zu dem Schlusse gelangt, dass die Einsicht in jenen bedachten Lehrsatz insofern attraktiv sich erbot, als er seiner Sozialisation gemäß in überaus geringem Maße dem Kampfe war ergeben (obschon der Kriegsdienst durchaus ihm reizvoll mochte erscheinen), sodass einige Unrast ihn erfasste, baldig mehr über jene mirakulöse Philosophie zu erfahren, was indessen am heutigen Tage wohl nicht mehr mochte geschehen, da Aristobulos sofortig sich verabschiedete und eine disturbierte Menge an Studenten in Konfusion hinterließ.


    "Hast du dir alles gemerkt?"
    , fragte ihn unerwartet ein augenscheinlich hellenischer Jüngling, welcher hinter ihm war platziert gewesen, woraufhin der junge Flavius, irritiert ob jener Ansprache, erstlich ein wenig zögerte, ehe er schließlich auf Patrokolos, der nunmehrig ihm entgegen sich bewegte, verwies und replizierte:
    "Mitnichten. Mein Diener Patrokolos hier notiert für mich das Wesentliche."
    "Dein Glück. Mir bereitet der Kurs jetzt schon ein wenig Unlust."
    , erwiderte der Student und trat dann zu einer weitere Gruppe, in deren Gesellschaft er dem Ausgang der Stoa zustrebte, die rhomäischen Gaststudenten hinterlassend.


    "Hast du sämtliche Sätze notiert?"
    , erkundigte somit Manius Minor sich, nachdem Patrokolos an seine Seite war getreten. Der Sklave indessen wiegte negierend das Haupt hin und her und erklärte:
    "Das war unmöglich, Domine. Dieser Aristobulos war einfach zu schnell!"
    "Aber wie soll ich die Sätze nun memorieren?"
    , gab der junge Flavius ein wenig desperat zurück, da weniger der Umfang der Sätze, deren Summe kaum die Ansprüche des Rhetorenunterrichts übertraf, zumal er ob seiner Hypermetropie ohnehin sein Gedächtnis aufs Vorzüglichste zu schulen gelernt hatte, sondern deren korrekte Notierung als Quelle seines Memorierens ihm Sorge bereitete, nachdem Patrokolos niemals als Sekretär war ausgebildet worden und somit das schnelle Diktat lediglich autodidaktisch während seines Leibdiener-Daseins sich hatte angeeignet.
    In der Tat schien diese Problematik auch Patrokolos zu okkupieren, denn sinnierend kniff er die Augen zusammen, was Manius Minor bei seinem Vertrauten trotz der Fehlsicht dank der minimalen Differenzen seines Schemen zu identifizieren imstande war, ehe er endlich offerierte:
    "Die Lehrsätze des Epikur sind gewiss keine Geheimlehre, über welche nur Aristobulos verfügt! Auch er muss sie irgendwo gelernt haben! Wo also, wenn nicht aus den Beständen der Bibliothek?"
    Nachdenklich blickte der junge Flavius den übrigen Akroaten nach, die über die Härte des Kurses klagend ihrerseits sich dem nach und nach verlustierten.
    "Dann sollten wir nicht verweilen. Zweifelsohne wird anderen diese Eingebung ebenfalls kommen, sodass das Manuskript womöglich nicht mehr verfügbar ist!"
    "Ja, beeilen wir uns!"
    , konfirmierte Patrokolos und gemeinsam machten Herr und Diener sich auf, in der Bibliothek die erste Lektion zur Lehre des Epikur nachzubereiten, wie es einem gewissenhaften Studenten wohl anstand.

  • Als die Lehrsätze auf Lucius einprasselten, versuchte er anfangs noch, mitzuschreiben - schon beim siebten Satz war er allerdings so weit hinterher, dass er beschloss, es einfach bleiben zu lassen. Er war ein eher langsamer Schreiber und dieser Philosoph ein eher schneller Redner - es war unlogisch, es auch nur zu versuchen. Stattdessen bemühte sich der junge Petronier, zumindest hier und da einen Lehrsatz zumindest zu verstehen.
    Für Satz 10 war das auf Anhieb unmöglich, aber der nächste Satz klang wieder nicht ganz dumm.
    Satz 15 war ebenfalls fast witzig - wertlose Meinungen gab es wirklich ziemlich viele und als Subpräfekt wurde Lucius täglich mit tausenden von ihnen konfrontiert!
    Satz 34 war eine Perspektive, die er so noch gar nicht gehört hatte - aber wenn er so darüber nachdachte, gab es wirklich keinen logischen Grund, Ungerechtigkeit an sich zu verurteilen.
    Bis er diesen Gedanken zu Ende geführt hatte, war Aristobulos mit seinen Weisheiten durch - und gab dann doch den Auftrag, sie auswendig zu lernen. Lucius bekam das kalte Grausen - er hasste Auswendiglernen und war unglaublich schlecht darin. Schon sein alter Rhetoriklehrer Eumenius hatte ihn regelmäßig ausgelacht, weil der junge Petronier seine Gliederungen und Reden nicht aus dem FF aufsagen konnte. Er hatte irgendwie gehofft, das hinter sich gelassen zu haben - aber scheinbar blieb man für immer damit konfrontiert.


    Stellte sich nur die Frage, wie er mit seinen dürftigen Notizen überhaupt irgendetwas lernen sollte. Er las:

    [FONT=freestyle script, amaze]


      [*]Epikur: geb. 20. Gamelion(?)
      - geb. in Samos
      - Ephebie in SamAthen
      - StudLehre in Mytilene, Lampsaverschiedenen Orten
      - Garten in Athen: Freunde, (Schüler), keine Hierarchie
      - UnerschüTod nach Krankheit
      [*]4-faches Heilmittel
      I. Glück ohne Schwierigkeiten und Emotionen (= Schwäche)
      II. Tod unwichtig, weil danach tot
      III. Lust und Schmerz schließen sich aus.
      IV. langer Schmerz ist nicht so stark (oder so)
      [*]Lehrsätze
      V. Lust = Vernunft, Anstand, Gerechtigkeit (und umgekehrt, sonst keine Lust)
      VI. Königtum nützl = Sicherheit
      VII. Berühmtheit --> Sicherheit ?? ???




    [/FONT]


    Was sollte er damit bitte anfangen? Und überhaupt hatte er doch gar keine Zeit, diese Sätze zu lernen - er hatte immerhin ein Amt, das er neben diesem Kurs ausfüllen musste!


    Unschlüssig, ob er nicht einfach nicht mehr kommen sollte, verließ der junge Petronier mit seiner Tabula die Stoa...

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  • Aristobulos von Tyrus

    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Sulla.jpg Am nächsten Tag erwartete Aristobulos von Tyrus seine Studenten bereits in der Stoa, wo er gehüllt in seinen Himation, an einer Säule lehnte. Nachdem die ersten Akroaten eintrafen, erhob er sich und begrüßte sie jeweils einzeln mit einem freundlichen
    "Chaire, junger Freund."


    Schließlich hatten sich alle versammelt und der Philosophos begann wieder mit der Vorlesung:
    "Seid noch einmal vielmals gegrüßt, verehrte Akroaten und Gasthörer.
    Wir beginnen heute endlich mit dem Inhalten der Lehre des großen Epikur. Ich hoffe, ihr habt seine Lehrsätze fleißig memoriert, denn heute werden wir sie benötigen! Beginnen wir also, allerdings nicht mit dem ersten Lehrsatz oder dem vierfachen Heilmittel, sondern dem 12. Lehrsatz, der da lautet?"

    Er hob seinen Stock an und deutete auf den deutlich dicklichen kleinen Römer, der immer seinen Diener zum Mitschreiben mitbrachte.




  • Lucius hatte eine Weile überlegt, wie er diese seltsamen Sätze auswendig lernen sollte - dann war ihm aber kein rationaler Weg eingefallen und hatte beschlossen, dass es unlogisch wäre, sich über diese Sache allzu viele Gedanken zu machen. Er war immerhin hauptberuflich Soldat und musste sich um wichtigere Dinge kümmern als die Biographie irgendwelcher Griechen! Außerdem war er ja nicht zu diesem Kurs gegangen, weil er sich für Biographien interessierte - da hatte Eumenius ihn schon genug damit getriezt!


    Völlig unvorbereitet kam er also am nächsten Tag zur Sitzung und nahm ein bisschen irritiert wahr, dass der Philosophos ihn als "Freund" bezeichnete. Wenn er so darüber nachdachte, hatte ihn noch niemand als Freund bezeichnet - außer Gunda, die manchmal "Mein liebes Freundchen" zu ihm gesagt hatte - aber das war ihm auch ganz recht gewesen. Er hatte nie Freunde gebraucht und außerdem war die Pflege einer Freundschaft ja sowieso nur ein Aufwand mit ziemlich hohem Risiko, dass er irgendwann einmal Gewinn abwerfen würde. Und vor allem war dieser alte Mann, der bis auf ein paar vollmundige Ankündigungen nichts Substantielles zum Beweis der Nicht-Existenz der Götter oder anderen interessanten Themen gesagt hatte - ein Freund war er also sicher nicht!


    Mit diesen Überlegungen setzte der junge Petronier sich wieder zwischen die anderen Studenten auf den Boden und wartete, dass es endlich losging. Als es dann so weit war, war er ziemlich erschreckt - dass diese ellenlange Liste von Sätzen direkt abgefragt werden würde, hatte er nicht erwartet! Aber zum Glück traf es nicht ihn, sondern diesen fetten Großkotz, der seinen eigenen Sekretär mitgebracht hatte. Obwohl er sich auch fragte, ob es nicht geschickt wäre, Armin zum Mitschreiben mitzunehmen...

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  • Den vorigen Tag hatte der junge Flavius in der Tat mit dem Memorieren der aufgetragenen Sentenzen verbracht, welche Patrokolos dank seiner Flinkheit noch zur rechten Zeit in der Bibliothek hatte zu kopieren vermocht, ehe der Ansturm der übrigen Akroaten sich über selbigen ergossen hatte. Obschon das Einprägen im Rhetorenstudium niemals ihm war zum gravierenden Probleme geworden, ja er sogar noch von seiner Expertise aus seinem Grammatikstudium zu zehren vermochte, wo er zur Cachierung seiner Fehlsicht bisweilen Texte schlichtweg auswendig gelernt hatte, so hatte hiesiger Fall sich als ein wenig diffiziler erwiesen, da zum einen die wortgetreue Einprägung von Sentenzen ohne jedes Metrum sich nach derart langer Zeit doch als anspruchsvoll sich erwies, zum anderen indessen der Sinn mancher Sätze sich dem Jüngling hatte entzogen, womit er parallel zum Memorieren stets mit halbem Sinne sich einer Dechiffrierung jener mirakulösen Wendungen hatte gewidmet.


    Dennoch mochte er an jenem Tage, als er voller Vorwitz aufs Neue die Stoa betrat, zu den wohlpräpariertesten Studenten zählen, welche sich versammelt hatte. Selbstredend ängstigte ihn dennoch die prompte Adressierung, sodass er vor Schreck erblasste, ehe er doch gänzlich komplikationsfrei den erwünschten Lehrsatz rezitierte:
    "Es wäre nicht möglich, die Angst in Zusammenhang mit den wichtigsten Dingen aufzulösen, wenn man nicht begriffen hätte, was die Natur des Ganzen ist, sondern in Angst vor allem lebte, was die Mythen erzählen; daher wäre es nicht möglich, ohne Naturphilosophie ungetrübte Freude zu genießen."
    Furcht bildete das Sujet jener Weisheit und offerierte damit eine Regung, die auch Manius Minor nur allzu häufig in ihren Klauen hielt. Insofern steigerte jene Introduktion die Erwartungen des Jünglings, welche Seelenarznei nun ihm würde dargeboten werden.

  • Aristobulos von Tyrus

    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Sulla.jpg "Folglich müssen wir zuerst ein wenig Naturphilosophie betreiben, wofür wir hier in Alexandria ja gerade an der richtigen Stelle sind. Wie ihr zweifellos wisst, genießt gerade sie hier am Museion höchste Anerkennung und nicht wenige der Philosophoi widmen sich ihr. Wir werden jedoch nicht allzu tief in die Materie einsteigen können, denn nach der Lehre des Meisters ist sie lediglich ein Vehilkel für die Therapie der Seele, dem glücklichen Leben in eudaimonia, persönlichem Glück, nach den ethischen Maßstäben des Meisters.


    Doch besteht selbstverständlich die Möglichkeit, Vorlesungen darüber von Experten dieses Faches zu hören. Insbesondere empfehle ich dabei jene Philosophen, die die Lehre des Demokrit bieten. Wobei auch Epikur ein großer Naturphilosoph war, wie ihr wissen solltet und nicht zuletzt in seinem zentralen Buch "Über die Natur" selbst lesen könnt.


    Beginnen wir also mit den Grundlagen jeder Philosophie, der Suche nach der Wahrheit. Vor allen ethischen Überlegungen und physikalischen Hypothesen werden wir uns nämlich fragen müssen: 'Woher weiß ich, was ich weiß?' oder etwas konkreter: 'Was sind die Maßstäbe oder Kriterien meiner Erkenntnis?'"
    Wieder gab es eine kurze Pause, die den Studenten die Möglichkeit bieten sollte, sich selbst einmal mit dieser Frage zu konfrontieren.




  • Woher weiß ich, was ich weiß? - eine ziemlich komische Frage, wie Lucius fand. Aber andererseits musste er zugeben, dass die Frage auch nicht ganz so abwegig war - es war ja eigentlich ganz logisch, dass man von irgendetwas ausgehen musste, wenn man wahre Aussagen treffen wollte. Wobei das eigentlich auch seine Antwort auf die Frage war: Er glaubte Dinge, wenn sie logisch und rational waren - ganz einfach!


    Aber was würde wohl dieser alte Philosoph dazu sagen? Irgendwas sagte dem jungen Petronier, dass seine Antwort nicht ganz so simpel sein würde...

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  • Erschrocken blickte Lucius auf, als Aristobulos auf ihn zeigte - sein Plan, unbemerkt nichts zu lernen, war offensichtlich gescheitert. Er errötete:
    "Äh - ich meine - äh..."
    Fieberhaft versuchte er, sich an irgendetwas zu erinnern - aber bis zum 23. Lehrsatz war er selbst beim Mitschreiben nicht gekommen! Was sollte er also herummachen?
    "Ich weiß es nicht, Magister."
    Er zuckte mit den Schultern - das musste der alte Mann jetzt so akzeptieren!

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