Cubiculum MFGM | De profundis

  • Erst als Manius Minor aus dem Officium seines Vaters war getreten und die Türe geschlossen hatte, wagte er es seinen blutenden Finger zu inspizieren, dessen er bisherig überhaupt nicht war gewahr geworden. Nun jedoch, da er das Blut über seine Fingerglieder, die Handfläche und schließlich den Arm rinnen sah, verspürte auch er einen sanften Schwindel, der ihm ein klägliches
    "Patrokolos!"
    , entfleuchen ließ. Selbstredend stand der Sklave, welcher für gewöhnlich im Servitricium mit seinesgleichen speiste, nicht sogleich parat, sodass umnebelt von Opium und vehementen Emotionen er durch die Gänge der Villa Flavia Felix wandelte, bis zufällig ein Sklave ihn erblickte, erschrocken ihm zu Hilfe eilte, seine Serviette als provisorischen Verband ihm reichte und ihn final in sein Cubiculum bugsierte, um endlich seinen Leibdiener zu holen.


    Kaum hatte der namenlose Lakai den Raum verlassen, eilte der junge Flavius zu jener Truhe, in welcher er seinen Vorrat an Opium aufzubewahren pflegte, griff mit zitternden Händen nach einem darin befindlichen Fläschlein, leerte es mit einem einzigen gewaltigen Zug, ohne sich mit Nihilitäten wie der stilvollen Bereitung des Morpheus-Trunkes in dem hierfür bereitstehenden Becher, welcher von Reliefs mit den Heldentaten des Achilleus war geziert, aufzuhalten. Der vertraute Gustus jener milchigen Substanz allein bereitete dem Jüngling bereits erste Linderung seines Schmerzes und hastig schluckte er den bitteren Trank hinab, begierig, seine Wirkung zu verspüren: jenes erquickliche Gefühl der Leichtigkeit, welches alltäglich sämtliche Sorgen seines gramvollen Lebens wie unter einer weichen, warmen Decke verbarg, um dem süßen Nichts Raum zu gewähren, in welchem er nur allzu gerne verweilte, die Ruhe genüsslich verkostend und jedwede Disturbation ignorierend.


    Obschon er sich bereits vor dem Gespräch einen Schluck hatte genehmigt, bedurfte er jetzt noch sehr viel dringlicher jenes fluiden Glückes, das seine Droge allein ihm zu gewähren vermochte. Er wollte entfliehen vor jener greuelichen Welt: vor der Verantwortung für seine Familia, welche niemals er sich hatte erkoren und die nichts als Last tagein tagaus ihm war gewesen; vor der infantilen Furcht seiner Privilegien verlustig zu gehen, würde er es wagen den Weg des Epikur mit ultimativer Konsequenz zu folgen; vor dem Wahnsinn seines Vaters, der augenscheinlich beständig neue Wege ersann, wie er seinen Sohn durch sein Verhalten zu torquieren imstande war. Sein Vater.
    "Va'e'"
    , lallte er den Grund seines Laborierens, da die Motorik seines Mundes bereits vom Opium war betäubt, während sein Geist noch immer höchst lebendig um die Drohungen Manius Maiors kreiste: Wortwörtlich hatte er prophezeit, nicht nur das Leben seines Erstgeborenen, sondern auch das seines jüngsten Sohnes zu destruieren! Warum hatte sein Vater nun auch den unschuldigen Titus in ihren Machtkampf involviert? Warum nur hasste sein Vater ihn so sehr, dass nichts mehr von Bedeutung war als ihm Schmerz zu bereiten? Hatte er nicht seit seiner Bekehrung beständig nur versucht, mit den Menschen in Frieden zu leben, um eben derartige Animositäten zu verhindern? Wie nur war es dennoch dazu gekommen?


    Uneingedenk des Umstandes, dass auch seine Beine inzwischen ihren Dienst hatten quittiert, sodass er gleich einem nassen Sack in sich zusammengesunken am Rande der Truhe kauerte, griff er erneut nach deren Interieur und zog ein weiteres Fläschlein empor, entkorkte es nach mehreren Versuchen seiner tauben Finger und nahm noch ein wenig mehr von dem bitteren Trunke.
    Nun endlich dämmerten langsam seine blendend hellen Gedanken, stumpften Furcht, Selbstmitleid und Irritation, ja sämtliche Emotionen weiter ab. Sein Atem kalmierte sich. Dem Schmerz wich die Gleichmut. Er begann zu schweben.


    ~~~


    Langsam stieg er empor, immer klarer seinen eigenen Leib erblickend, welcher noch immer in völliger Relaxation neben der Opium-Truhe darnieder lag. Anstatt jedoch an der Kassettendecke seines Cubiculum Einhalt zu erhalten, schwebte er immer weiter, über das Dach der Villa Flavia Felix, über den Quirinal und sämtliche der sieben Hügel Roms hinauf in die Lüfte.


    Doch anstatt Icarus gleich unermüdlich der Sonne zuzustreben, verschwand selbige mit einem Male und hinterließ finstre Nacht, ja infinite Dunkelheit. Derangiert verharrte er, nunmehr wieder auf einem Boden sich erfindend, blickte um sich und erkannte endlich ein Licht in weiter Distanz.
    Zaghaft wandte er sich der Quelle ihres bescheidenen Scheines zu, setzte endlich einen Fuß vor den anderen und begann so, sich jenem mysteriösen Lichte zu approximieren, welches so verheißungsvoll das Dunkel durchbrach.
    Eiliger und eiliger ward sein Schritt, strahlender und strahlender, ja immer voluminöser ward der gleißende Schein, bis links und rechts er ihn vernehmlich umgab und zugleich erfüllte, ja ihm offenbarte, dass er in einem Tunnel sich befand und Satz um Satz dem Eingang (oder mochte es ein Ausgang sein?) zustrebte.
    Freude befiel ihn, motivierte ihn noch hurtiger sich zu bewegen, da doch Glückseligkeit es musste sein, was jenen begehrenswerten Glanz mochte entfalten. Vehementer wurde diese Hypothese mit jedem Digitus der Approximation, steigerte sich zur Gewissheit, als schlussendlich er das Ziel hatte erreicht und aus dem Schatten jener schwarzen Röhre hinaus ins Licht trat...

  • ~~~


    "Wer bist du?"
    , fragte er den Jüngling in obskurer Tracht, welcher gelassen an einem Baume lehnte und vorwitzig ihn begaffte, um sodann in spöttlichem Tone zu replizieren:
    "Denke nach, Minimus!"
    Er inspizierte jene Gestalt intensiver, erblickte einen flachen Helm, an dessen Flanken zwei Flügel lustig flatterten, darunter ein glattes, mystisch schönes Antlitz, ein gerafftes Gewand und am Ende hoch geschlossenes Schuhwerk, an dessen Fersen ebenfalls zwei Flüglein hingen.
    Mit einem Caduceus, welchen die Gestalt in Händen hielt, klopfte diese ihm tadelnd aufs Haupt und erklärte soeben, da der junge Flavius die Insignien zweifelsfrei hatte dechiffriert:
    "Ich bin Mercurius, du Dummkopf!"
    "Mercurius? Was tust du hier?"
    "Rate!"
    Er begann zu spintisieren. Woher mochte ein Sterblicher wissen, welchen Obliegenheiten ein Gott nachzugehen pflegte? Ein wenig perturbiert musste er der Worte des Aristobulos von Tyrus gedenken, jenem Sprachrohr des Epikur, welcher hatte die Lehre vertreten, dass die Götter in ewiger Glückseligkeit fortexistierten, ohne sonderlich sich um das Schicksal der Irdischen zu sorgen. Für jene, die derartiger Einsichten ferne standen, galt Mercurius indessen als Bote der Götter. Was also mochte ihn dazu verleitet haben, sich an dieser Stelle mit ihm zu treffen?
    Angesichts des Umstandes, dass Mercurius nun jedoch nicht in den höchsten Sphären fröhlich existierte, sondern an einem recht real anmutenden Baum gelehnt vor ihm stand, entschied er endlich sich für zweitere Option:
    "Bist du nicht der Götterbote? Hast du eine Nachricht für mich?"
    "Nein. Aber ich geleite auch die Seelen ins Totenreich, wie dir dein Vater sicherlich beigebracht hat. Immerhin ist er Pontifex pro Magistro."
    Voll Erstaunen blickte er zu der Gottheit auf.
    "Das heißt, ich bin tot?"
    "Folge mir."


    ~~~

  • ~~~


    "Dies ist der Styx."
    , sprach der Götterbote zu ihm. Verschwunden war der Baum, die friedvolle Wiese und der blaue Himmel. Stattdessen fand er auf seinem Felsen sich wieder, umwogt von eisigem Wind, zu seinen Füßen karges Land, durch welchen ein breiter, grauer Strom sich schob.
    "Ihn muss ich überqueren?"
    "Nein, dich erwartet hier jemand."
    Nun erst erblickte er die Barke des Charon, welche soeben von dem hageren Fährmann an einem Haltepunkt ward vertäut, während hinter ihm eine verhüllte Gestalt artig erwartete, die Lande der Lebenden zu betreten. Wer mochte das sein?


    ~~~

  • ~~~


    Kurz darauf standen sie am Pier, wo die Gestalt bereits parat stand. Nunmehr erkannte er, dass um ein Weib es sich musste handeln, deren feminine Formen unter dem dünnen Stoff sich aus der Nähe andeuteten, was indessen Mercurius mit einem knappen Kommentar ohnehin bereits konfirmierte:
    "Da ist sie."
    Ein wenig ängstigte jene Situation ihn doch, obschon zugleich Vorwitz in ihm aufkeimte, da doch die Konversation mit einen Verschiedenen nicht jeden Tag ihm mochte geschehen.
    "Wer bist du?"
    , wagte er endlich selbst ein Wort an sie zu richten.
    Als Replik griffen die blassen, feingliedrigen Finger der Toten nach dem Schleier, welcher ihr Haupt verhüllte, Langsam zog sie den Stoff herab und entblößte ein wohlvertrautes Antlitz.
    "Mama!"
    , stieß er voller Elation aus und eilte auf sie zu, schlang seine Arme um die schlanke Gestalt und presste seine Wange an die Schulter seiner Mutter, welche selbst dem Orcus war entflohen, um ihren Sohn zu treffen. Oder war sie gekommen, ihn abzuholen, um ewig mit ihm vereint zu sein?
    "Mein Sohn!"
    , antwortete Claudia Antonia und erwiderte das Herzen mit kraftlosen Armen, doch einem umso wärmenderen Kuss auf seine Wange. Sanft fuhr sie ihm durch das kurze Haar.
    "Wie schön, dich wieder zu sehen."
    Tränen der Freude kullerten über seine feisten Wangen. Nach all den Jahren der Trennung verspürte er eine Satisfaktion, welche niemals ihn hatte erfüllt, noch nicht einmal im trauten Kreise der Myrmidonen. Welchen Reiz mochte nunmehr die Welt der Sterblichen noch bieten?
    "Mama, nimmst du mich mit dir in die Gefilde der Seligen?"
    Neuerlich strich ihre zarte Hand über sein Haar.
    "Das geht nicht, mein Sohn!"
    Ein Stich durchfuhr seine Seele ob der Selbstverständlichkeit, mit welcher seine Mutter seinen innigsten Wunsch zurückwies, als sei es das Abwegigste, was jemals er hatte erbeten.
    "Warum?"
    , fragte er, die Replik bereits fürchtend, welche indessen prompt erfolgte:
    "Ich weile im Elysium, du bist für den Tartaros bestimmt!"
    Mit Schrecken blickte er auf, fixierte die sanften, braunen Augen der Claudia, als würde sie sogleich ihre Worte refutieren. Aufs Neue schien eine grausige Wendung des Schicksals ihn hierher geführt zu haben, um lediglich den Schmerz der Trennung noch quälender zu machen. Furchtsam, einem unverständigem Knaben gleich, repetierte er die kritischen Worte:
    "Den Tartaros?"
    "Ja, mein Sohn. Was sonst erwartet einen Mann, der seine Ahnen nicht ehrt, die Götter nicht fürchtet und die Tugenden verachtet?"
    Selbstredend hatten seine Ammen, seine Pädagogen und Familiaren stets ihm vor Augen gehalten, was jene ereilte, die mit den Göttern brachen und gleich einem Tantalos, einem Sysiphos oder den Danaiden ewiglich mit furchtbaren Qualen wurden gestraft. Jedoch hatte er all diese Ängste doch von sich gewiesen, hatte er ein fruchtbareres Weltbild akzeptiert, welches ihm so großen inneren Frieden hatte beschert!
    Irritiert formten seine Lippen deshalb Worte des Protestes:
    "Aber Epikur lehrt-"
    Noch ehe er seinen Satz zu beenden vermochte, legte sanft sie ihren Zeigefinger auf sein Kinn, um seinen Blick hinauf zu ihren Augen zu ziehen.
    "Was glaubst du, hält dich gerade jetzt im Arm? Seelen-Atome, die längst zerfallen sind? Hat dich nicht Mercurius hierher gebracht? Passt das zu dem, was Epikur über die Götter lehrt?"
    Für den Hauch eines Augenschlages erwachte in ihm ein Zweifel, ob dies womöglich eine Einbildung, einer schnöder Traum mochte sein. Doch alles fühlte sich allzu real an: der wärmende Arm, welchen er an dem seinen spürte; die tiefsinnigen Augen, in welchen zu ertrinken er drohte; die liebende Stimme, mit welcher sie ihn adressierte. Dies konnte, nein: durfte keine Illusion sein!
    "Das heißt, du bist hier, um in alle Ewigkeit Abschied von mir zu nehmen?"
    , fragte er, während neuerlich Tränen seine Augen füllten, obschon diesmalig nicht der Freude, sondern kalter Furcht geschuldet.
    "Nein, Minimus. Dir bleibt noch eine Chance. Geh und lebe, wie es sich für einen Flavius geziemt! Dann werden wir vielleicht auf ewig vereint sein!"
    Mit einem Male zog sie die Arme zurück, um sogleich auszuholen und mit einem heftigen Satz ihm mit beiden Händen auf die Brust zu schlagen. Erschreckt zuckte er zusammen, sog einem Reflexe folgend Luft in seine Lungen und...


    ~~~


    ... erwachte. Neuerlich verspürte er einen heftigen Druck auf seinem Sternum, woraufhin Luft durch seinen Mund austrat, er einen gurgelnden Laut vernehmen ließ und die Augen aufriss, um in das Antlitz seines geliebten Patrokolos blickte.
    "Domine, da bist du ja wieder!"
    Er fühlte sich ermattet, ja unendlich kraftlos, hinzu trat ein grässlicher Schmerz seiner Vitalia wie eine abscheuliche Blümeranz, welche zufolge dem säuerlichen Gustus im Munde wohl bereits während seines Schlafes ein Vomitieren hatte evoziert. Summa summarum war er in einem absolut deplorablen Status und selbst jener sanfte Nebel, den das Opium vor seine Sinne hatte geschoben, schien sein Missbehagen nur zu aggravieren.
    "Wo 'in ic'?"
    , krächzte der Jüngling und mühte sich, sich in seiner Position zu orientieren, obschon seine Augen ihm heute insonders üble Dienste leisteten. Dennoch wurde ihm deutlich, dass er mitnichten mehr dort sich fand, wo er, wie ihm seine Remineszenzen deutlich konfirmierten, nach dem Opiumtrunke war entschlafen, denn allzu klar verspürte er, dass er in die Horizontale war befördert worden, sodass sein Haupt nicht mehr auf seinem fleischigen Arme, sondern dem kalten Stein des Fußbodens ruhte.
    "Dein junger Herr braucht jetzt Ruhe! Wir sollten ihn auf das Bett legen!"
    , befahl eine weitere Stimme, welche Manius Minor nicht zuzuweisen imstande war, ehe Patrokolos seine Schultern ergriff, um ihn aufzuheben, was wiederum ihm selbst gestattete, die Person zu seinen Füßen zu identifizieren (selbstredend in nicht sonderlich großem Detailliertheitsgrad), bei welcher es sich zweifelsfrei um niemanden geringeres als Cosmas, den Medicus der Familia Flavia Romae handelte, der vor einer Schar Familiaren kniete.
    Mit seiner wie weiterer, inidentifikabler Hilfe nun gelangte der entkräftete Jüngling schließlich auf sein Bett zurück, wobei ein charakteristischer Odeur ihn ließ gewahr werden, dass dieser Raum Schauplatz seines Vomitierens war gewesen.
    "Wa' is' gesche'en?"
    , fragte er, gefangen in der Perspektive eines Kindes auf die Personen im Raume hinaufblickend, in den Kreis der Familiaren, welche augenscheinlich sich seiner hatten angenommen.
    "Herzstillstand. Wahrscheinlich infolge einer Überdosis Opium."
    , replizierte Cosmas in der familiaren Kürze.
    Irritiert nahm der junge Flavius jene Diagnose auf, hatte er doch bereits vielfältige Expertise im Umgang mit jener favorablen Droge, wobei das Verstummen seines Herzschlages, jener vitalsten aller Vitalfunktionen, selbstredend nicht zu seinen Erfahrungen zählte, ja ihn sichtlich derangierte und mit einem Male ihn seinen Traum präsent rief, in welchem er ja höchstselbst ins Totenreich war hinabgestiegen. Doch war es tatsächlich ein Traum gewesen, jene flüchtige Gaukelei, jenes Trugbild aus der Hand des Morpheus, welcher ihm zuvor noch den augenscheinlich letalen Trunk hatte bereitet? Allzu klar waren die Remineszenzen jener Vision: das possierliche Flattern der Accessoires am Helme des Mercurius, die schneidende Kälte an den Ufern des Styx, der vertraute Duft der Claudia Antonia, welchen solange er nicht mehr hatte gekostet. Dessenungeachtet verblieb aber sehr viel basaler die Frage, ob man an der Schwelle zum Totenreich überhaupt zu träumen pflegte.
    "Domine, wie geht es dir?"
    , riss die Stimme Patrokolos' ihn aus jenen Gedanken, katapultierte ihn gleichsam aus dem Präteritum zurück ins Präsens, wo augenscheinlich ungeachtet seiner transzendentalen Impressionen soeben noch der Medicus personalis der Familia um sein Leben hatte gerungen. Nun indessen, da man ihn so direkt diesbezüglich inquirierte, erkannte er, dass jene Schlacht keineswegs ihn unversehrt hatte gelassen: Seine Brust schmerzte, ihm war blümerant, sein Haupt dröhnte, sein Hals brannte und jede Regung bis hin zum Füllen seiner Lungen forderten einen exorbitanten Tribut an Kräften, sodass nicht wenig er geneigt war, neuerlich die Augen zu schließen.
    "I' 'in mü'e."
    , lallte er darum und schloss wie zur Konfirmation seiner Replik die Augen. Doch ehe noch er in Morpheus' Reich hinabzugleiten imstande war, griffen beherzt zwei Hände seine Schultern, schüttelten ihn, wozu Cosmas warnende Stimme erklang:
    "Nicht einschlafen!"
    Jener Befehl war trotz der kalmierenden Wirkung des Opium, welches noch immer seine Adern durchfloss und seine Sinne lähmte, geeignet, ihn zu alarmieren, kurioserweise ihn im selben Augenblicke einer Mär seiner Amme gedenken lassend, in welcher ein Geschwisterpaar auf einer spektakulären Überquerung der Montes Alpes eine ganze Nacht auf einem verschneiten Pass hatte ausgeharrt, stets sich Cosmas' Warnung zusagend, da doch der Schlaf den Erfrierungstod mochte implizieren. Jene ridikulöse Assoziation hingegen derangierte ihn noch mehr, ja erweckte ernstliche Zweifel, ob sein Geist ihm noch zu Diensten war, so er in seiner Situation nichts besseres als ein infantiles Märchen hatte zu präsentieren.
    "Du musst vorher noch einmal erbrechen! Wir müssen sicher gehen, dass sich kein Opium mehr in deinem Magen befindet."
    , explizierte der Medicus indessen mit gestrengen Worten und ein Sklave hielt ihm jene silberne Schüssel unter das Kinn, in welcher er allmorgendlich sein Antlitz zu waschen pflegte. Unerwartet griff eine Hand grob in seinen Mund, aggressive Finger grapschten nach seiner Uvula und palpierten sie in eine Weise, welche umgehend einen Würgereflex evozierte, bis schließlich aufs Neue säuerlicher Mageninhalt seinen Mundraum durchströmte und sich Schub um Schub in die parat gehaltene Schüssel ergoss.
    "Sehr gut, Domine."
    , lobte Cosmas, doch Manius Minor lauschte ihm kaum, da nun auch Tremor und Schmerz ihn erfassten und er mehrfach zu würgen genötigt war, als sein schwacher Leib gegen die gewaltsame Regurgation protestierte. Zumindest verlor binnen kürzester Zeit jedoch seine Übelkeit ein wenig an Vehemenz und wich einer allgemeinen Ermattung, in welcher der Jüngling auf sein Kissen sank und endlich aufs Neue in Morpheus' Reich entglitt...

  • "Minimus!"
    drang Gracchus aus seinem Cubiculum eilend in den Raum hinein, in welchem das rege Aufkommen der Sklavenschaft noch immer nicht sich hatte zerstreut, auf seinem Antlitz bereits eine Spur von Tränen, welche über seinen Wangen rannen. Hingebettet wie auf eine Bahre lag Minor auf seinem Bette, regungslos und blass. Patroklos, der Leibsklave des jungen Flavius, sowie der Medicus Cosmas standen daneben, blickten auf als der Hausherr mit von Schrecken geweiteten Augen herantrat, sprachlos ob der Annahme Minors Todes.
    "Es geht ihm den Umständen entsprechend."
    "Er ist ... er lebt?!"
    Aufgelöst trat Gracchus an das Bett seines Sohnes, voll zaudernder Hoffnung, streckte die Hand aus, wagte doch nicht ihn zu berühren.
    "Sein Herz hat einige Augenblicke aufgehört zu schlagen, aber ja, er lebt." Ein Lächeln legte sich um Patroklos' Lippen. "Das Gift ist aus seinem Körper, aber er ist sehr schwach."
    Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen - die Worte drangen einem Sturme gleich durch Gracchus' Geist und hinterließen eine Spur der Verwüstung, und sein Leib zitterte dem Laub der Espe in jenem Sturme gleich. Neuerlich drangen Tränen über seine Wangen als er sich matt auf die Bettkante fallen ließ, Minors Schultern umfasste, sodann über seinen Schopf strich.
    "Es tut mir leid, Minimus, es tut mir so leid! Bitte ver..zeih mir ... ich … ich werde dich zu nichts mehr drängen, keine Ent..scheidung, keine Politik, keine Familie ... was immer du willst, Minimus, doch bitte … bleibe hier."
    "Er braucht Ruhe"
    , forderte der Medicus in seiner knappe Art. Gracchus' Blick wandte sich empor, unfähig der Unbotmäßigkeit des Medicus zu begegnen, dass er nur gequält nickte.
    "Ich ... werde ihn nicht stören. Aber ich werde bleiben."
    Er lehnte sich zurück an das Kopfende des Bettes, wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem schlafenden Minor zu, während die Sklavenschaft allmählich sich anschickte, die Szenerie zu verlassen. Nur Patroklos verblieb noch im Raum seines Herrn, wachte auf einem Stuhl am Fußende des Bettes über seinen Schützling - und allfällig auch über dessen Vater.

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  • Eine Weile, ein wenig mehr oder weniger, saß Gracchus nur stumm am Kopfende des Bettes, betrachtete in großer Sorge seinen Sohn, schloss für einen Moment die Augen, dachte an Antonia, verlor sich in der Vergangenheit ehedem die unwirtliche Gegenwart ihn wieder einholte. Mit Argusaugen verfolgte er Patroklos, der seinem Herrn mit einem feuchten Tuch die Stirn kühlte, sich hernach wieder zurückzog und der Raum in Stille zurückblieb bis dass Gracchus den Sklaven wieder hatte vergessen.
    “Habe ich dir eigentlich jemals erzählt, welch immenses Glück es war als du auf die Welt ge..kommen bist?“
    fragte er leise den noch immer unruhig schlafenden Minor.
    “Wir hatten so lange auf dich gewartet. Deine Mutter und ich ... nun, wir hatten dur'haus unsere Schwierigkeiten, insbesondere zu Beginn unserer Ehe, doch selbstredend stand die Erfüllung unserer familiären Pflichten nicht in Frage. Jahre bemühten wir uns ohne Ergebnis und allmählich kam ich zur der Annahme, dass ich nicht fähig sei, ein Kind zu zeugen. Dann kam mein Aedilat und ... und mein Leben geriet aus allen Fugen. Herna'h das Darben, diese würdelose Untätigkeit, die Zähigkeit meines Geistes und die Unfähigkeit auch nur einen Gedanken in klare Worte zu fassen... Wochenlang, Monate zog sich dies hin ohne dass eine wirkliche Besserung in Aussicht stand. Damals hätte ich nicht einmal einen Dolch er..greifen und in mein Herz treiben können, doch wäre ich dazu in der Lage gewesen ... ich fürchtete die Aussicht, derart zu verkümmern, zu vegetieren und Antonia und meiner Familie als Last zu enden.“
    Vieles hatte er vergessen in seinem Leben, doch diese Zeit hatte sich in sein Gedankengebäude eingemauert.
    „Doch dann, an einem Tage im Sommer - ich weiß es noch als wäre es gestern gewesen - kam deine Mutter zu mir und beri'htete, dass sie ein Kind unter ihrem Herzen trug.“
    Er sog für einen Augenblick die Unterlippe zwischen die Zähne.
    “Oh, Minimus, ich habe geglaubt sie hätte die Last auf sich genommen und einen anderen Vater für mein Kind gefunden.“
    Ohne dass er dies konnte verhindern, rannen einige Tropfen salzigen Wassers über seine Wangen hinab.
    “Ich habe ihr solches Unrecht getan ... und doch, es besteht kein Zweifel, dass sie letztendlich all ihrer Pflicht wäre na'hgekommen zum Wohl unsere Ehe, selbst gegen ihr eigenes Wohl. Sie war so perfekt, deine Mutter, so ... wundervoll perfekt.“
    Er presste die Lippen zusammen, verstummte einige Augenblicke bis dass alle Feuchtigkeit aus seinen Augenwinkeln war verbannt und strich Minor über den schwarzfarbenen Schopf, der so dunkel glänzend war wie das Haar seiner Mutter.
    „Sie war nie schöner gewesen als in den Momenten nach deiner Geburt. Einer Göttin gleich strahlend lag sie in ihrem Bette, diesen winzigen Menschen auf ihrem Arm, welcher du einst warst. Und als die Amme dich auf dem Boden ablegte, dass ich dich an..nehmen konnte als meinen Sohn, da war es mir vollkommen gleich, wessen Kind du auch seiest, denn du warst Antonias Sohn, und ab dem nächsten Augenblicke mein Sohn.“
    Noch eine unfolgsame Träne kullerte Gracchus über die Wange als er sich dieses Abends entsann.
    “Doch alle Zweifel waren ohnehin unbegründet, denn du warst tatsä'hlich mein Sohn, Manius Flavius Gracchus Minor, mit jeder Faser deines kleinen Leibes, die perfekte Vereinigung aus flavischem und claudischem Blute.“
    Ein Lächeln umschmeichelte nun die Lippen des Vaters.
    “Du warst fortan der Antrieb mein Lebens, Minimus. Alle Zukunft, welche ich gestalten wollte, sollte nur um deinetwillen dergestalt sein. Vielleicht ... zweifelsohne war ich dir kein per..fekter Vater, zweifelsohne wusste ich nie recht viel mit einem Kinde umzugehen - weder mit dir, noch mit deinen Geschwistern -, und doch gilt all mein Streben, all meine Sorge ... am Ende dir, Minimus. Denn ohne dich ... was bringt meine Zukunft ohne die deine?“

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  • Aus der Schwärze des traumlosen Schlafes kehrten die Sinne in den Leib des jungen Flavius zurück, als eine zärtliche Hand über sein schweißdurchnässtes Haar strich. Erst die letzte Berührung drang indessen an sein langsam wiederkehrendes Bewusstsein, ehe die Hand sich retirierte und ohne jede Relation der finale Teil jener parentalen Konfessionen sein Ohr erreichte, den kaum zu vernehmen er imstande war, da noch immer die Restanten seiner opioiden Überdosis seine Venen durchströmten und er ohnehin unter der gewöhnlichen Desorientierung aller Erwachenden litt.
    Nur Bruchstücke gelangten somit an seinen Geist, insonderheit die Wortfetzen von 'Antonias Sohn' wie der 'Vereinigung aus flavischem und claudischem Blute', welche sofort die Remineszenz seiner Vision aktivierten, anstatt seine Appetenz auf die reale Situation wie den Umstand zu ziehen, dass Manius Maior seinem Sohne hiesig sein Herz ausgoss:
    Nicht geringere Emotionen evozierte hingegen das höchst lebhafte Bild seiner Mutter vor seinem inneren Auge, wie sie ihn am Ufer des Styx in ihre Arme schloss gleich jenen erquicklichen Tagen, derer auch sein Vater gedachte. Und dennoch erweckte jener Gedanke zugleich einen Argwohn, den jene Vision seinem epikureisch geschulten Geiste bereitete: Handelte es sich hier nicht lediglich um substanzlose Träume, ja Trugbilder kontingenter Konstellationen seiner Seelenatome, so nicht gar um Materialisierungen seiner heimtückischsten Begierden und Sehnsüchte?
    Doch entsprach all das, was Claudia Antonia ihm hatte geraten und wovor sie ihn gewarnt hatte, keineswegs einem derzeitig gehegten Wunsch, ja materialisierte nicht einmal eine Furcht, nachdem doch bereits seit mehr denn zwei Jahren er jedwede Angst vor dem Jenseits, selbst den Glauben an die unsterblichen Seelen hatte verabschiedet, um gänzlich der Philosophie des Epikur sich zuzuwenden, die seine Ängste hatte ebenso kalmiert wie das Opium und ihn je länger je mehr von seinen grässlichen nokturnen Heimsuchungen hatte erlöst! Weder Begierde noch Furcht sprachen somit aus jener Schauung.
    Doch wollte er seinen Sinnen trauen (wie Epikur seine Jünger ja durchaus lehrte), so ließ sich die Impression auch nicht als belanglose Träumerei beiseite wischen: Signifikant differierte sie vom letzten Auftritt seiner Mutter in einem seiner Träume, wo die Claudia einem Lemuren gleich grauenvoll und morbid, hiesig jedoch nun liebevoll und real ihm war erschienen. Ebenso waren niemals ihm (sofern er dies zu memorieren vermochte) die Unsterblichen erschienen, was ebenso die Spezifizität jener Epiphanie definierte.


    Die erschröckliche Einsicht, folglich wahrhaftig mit den Manen und Unsterblichen kommuniziert zu haben, riss den Jüngling schlagartig aus seinem Dämmerzustand und er schlug horrifiziert die Augen auf.
    "Mutter!"
    , stieß er mit krächzender Stimme hervor, noch immer geschwächt vom Gift des Opiums und exhaustiert vom heftigen Vomitieren, doch umso stärker bewegt von der Tragweite seiner Einsicht:
    Akzeptierte er nämlich die Realität jenes Dialoges in genere, so waren auch dessen Inhalte, welche dem Jüngling sich in stupender Weise hatten eingeprägt, keinesfalls gegenstandslos: Seine geliebte Mutter hatte ihm durch ihr Erscheinen selbst klärlich vor Augen geführt, dass mitnichten die Physik des Epikur der Wahrheit entsprach, sondern dass vielmehr, so nicht der Leib (denn dass eine Umarmung innerhalb einer Vision materielle Dimensionen aufwies, erschien dem jungen Flavius dubitabel), doch zum Mindesten die Seele fortexistierte. Irrte jedoch Epikur (und mit ihm Demokrit) in jenen basalen, physikalischen Annahmen, so waren auch die ethischen Ratschläge, der Kern jenes Tetrapharmakon, überaus kritisch zu befragen, zumal er selbst einem Unsterblichen war begegnet, welcher, gesegnet mit Immortalität zweifelsohne zu großer Weisheit war gelangt, keinesfalls in hohen Sphären hatte geschwebt, sondern recht immediat in sein Lebensschicksal hatte interveniert, was implizierte, dass diese Praxis keineswegs sinnlos oder unerstreblich musste sein.
    Daraus wiederum resultierte indessen, dass auch seine eigenen Pläne, auf welche er nach der paternalen Lossprechung hatte hingelebt, nicht mehr denn ein Holzweg waren, der geradewegs hinab in den Tartaros führte (dessen Existenz ebenfalls seine Mutter hatte verifiziert), wo er Tityos gleich von einem Adler, Sisyphos gleich von unsäglichem Laborieren oder similär zu Tantalos von seiner eigenen Gier mochte in Ewigkeit torquiert werden (Insonderheit letztere Qual erschien dem Jüngling spontan als adäquat für einen Epikureer, der ja stets seiner Lust hinterhereilte, anstatt Tugenden, Götter und Ahnen zu achten).


    All dies gelangte ihm schlagartig zur Einsicht in jenem Momentum des Erwachens, sodass eine Erregung ihn durchfuhr, die förmlich ihn auffahren und mit weit aufgerissenen Augen um sich blicken ließ.


    Zuerst identifizierte er so seinen Vater, von dessen intimen Worten er, okkupiert von weitaus substanzielleren Reflexionen, keinerlei Notiz hatte genommen und dessen heiße Tränen ihm ob seiner Hypermetropie verborgen blieben. Sodann entdeckte der Jüngling im Schatten des Raumes seinen geliebten Patrokolos, der überrascht aufgesprungen war, um seinem Herrn zu Hilfe zu eilen.
    "Vater?"
    , adressierte der junge Gracche jedoch erstlich den älteren, der augenscheinlich an seiner Bettstatt wachte. Tatsächlich vermochte er, perturbiert von der Vehemenz seiner Epiphanie, die paternale Präsenz nicht zu kontextualisieren, da zwar sein Zusammenbruch, doch mitnichten der vorhergegangene Streit ihm in jenem Augenblicke präsent erschien. So wirkte er ein wenig ratlos, als er seinem Vater, glänzend vor Schweiß und bleich, in die Augen blickte.

  • Der ältere Gracchus schreckte mitnichten weniger auf als der jüngere, schlichtweg erschrocken durch die abrupte Bewegung seines Sohnes.
    "Minimus!"
    skandierte er erfreut, um im nächsten Augenblicke sich vorzubeugen und Minor in die Arme zu schließen, da es diesem doch augenscheinlich wieder soweit besser ging, dass er bereits sich aufrichten und artikulieren konnte.
    "Endlich ... es ... es geht dir besser."
    Am Zittern seiner eigenen Stimme und Emotionalität bemerkte Gracchus, dass er selbst in der zurückliegenden Nacht über die Wache an Minors Seite kaum Schlaf hatte gefunden - und wenn, so kaum erholsamen. Er entließ Minor aus seiner Umarmung und hob den linken Mundwinkel zu einem Lächeln. Patroklos derweil trat ebenfalls heran und tupfte seinem Schützling mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn.
    "Domine, wie geht es dir?"

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  • Der Jüngling blickte in die Augen seines Vaters und wurde unerwartet in die Arme geschlossen, was er jedoch ebenso wie die freudigen Worte überaus passiv über sich ergehen ließ. Denn just auf die paternalen Worte wurde ihm gewahr, dass er keineswegs imstande sich sah, sein Befinden als 'besser' zu titulieren, da er noch immer den säuerlichen Gustus seines Mageninhaltes schmeckte, ihm schwindelte ob der Last, welche sein Leib die vergangenen Stunden durchlitten hatte, und sein Magen fortan rebellierte, da man ihn seiner Substanz hatte beraubt. Hinzu trat ein beginnender Schmerz seines Hauptes, da selbst jene überhöhte Dosis an Opium langsam sich zum Ende neigte und sein suchtgeplagter Körper nach Nachschub gierte, wogegen die nebulöse Erinnerung an die vergangenen prekären Stunden in der Trance seines Rausches verblasste.


    Umso erquicklicher erwies sich das kühlende Tuch auf seiner Stirne wie das liebende Wort seines Patrokolos, der zwar weitaus zurückhaltender, doch in der Desorientiertheit des jungen Flavius umso adäquater seiner Erleichterung Ausdruck verlieh.
    "Mich dürs'e'."
    , krächzte er endlich und mühte sich, zumindest ein freundliches Gesicht inmitten seines Laborierens zu bieten, um seine Wächter am Krankenlager nicht allzu sehr zu betrüben, was jedoch nicht recht mochte gelingen.
    Fortunablerweise reichte der Sklave ihm jedoch, seinen Vater geschickt umgehend, eben jenen Becher mit den Bildern des Achilleus, in welchem er sein Opium zu konsumieren pflegte. Als der Jüngling begierig seinen Inhalt hinabstürzte, um den brennenden Durst zu stillen, erschmeckte er jedoch deutlich, dass es um stark verdünnten Wein sich handelte, was ihm bei seinem torquierten Magen jedoch durchaus willkommen war.
    Erst im Folgenden gedachte er der brennenden Sorge, in welcher Patrokolos und sein Vater augenscheinlich gewacht hatten (zumal viele Stunden vergangen sein mussten seit jenem Disput, welcher nunmehr langsam ihm wieder ins Bewusstsein trat, flankiert von der Reminiszenz an den letalen Opiumtrunk, das grässliche Erwachen und den neuerlichen Schlaf), weshalb er verkündete:
    "Ich lebe. Und mi' geht es wei'aus besser. Wie lange ha'e ich geschla'en?"
    Es musste in der Tat eine beachtliche Weile verstrichen sein seit jenem kurzen, leidvollen Erwachen. Doch was war dieses gegen das Erwachen, welches jener Traum hatte evoziert, der in weitaus größerem Maße ihn okkupierte als seine eher nebensächlichen Leiden? Waren seine letzten Jahre nicht auch ein Schlaf gewesen, in welchem er vor der Wahrheit die Augen hatte verschlossen?
    "Ich ha'e einen T'aum. Ich 'raf Mu'er. Sie ha' zu mi' gesp'ochen."
    Es sprudelte geradezu aus ihm heraus, obschon er, kaum hatte er jene Worte gelallt, erkannte, dass jene Vision einem Dritten womöglich absurd mochte erscheinen (insonderheit den Epikureern, mit welchen er in den letzten Jahren sämtliche seiner intimen Gespräche hatte geführt). Doch er hatte sie artikuliert. Er musste versuchen, davon zu berichten. Immerhin war diese Vision geeignet, sein Leben zu wandeln.

  • Schwankend zwischen der Erleichterung, dass Minor wieder bei Sinnen war, und der weiteren Sorge um sein Wohlbefinden ließ Gracchus den Sklaven Patroklos gewähren, gleichwohl in tiefem Wissen, dass sein Sohn bei eben diesem stets in guten Händen war.
    "Es ist schon fast wieder Abend"
    , beantwortete der Sklave die Frage nach der Dauer des Schlafes seines Herrn, was Gracchus zu Bewusstsein brachte, dass er selbst jegliche Zeit hatte vergessen, dass ihm beinahe gewesen war als wäre sie in diesem Raume schlichtweg stehen geblieben. Leicht hob seine Braue sich empor als Minor mit einem Male überaus erregt von seinem Traum zu sprechen begann.
    "Antonia?"
    Ein wenig Irritation lag in seiner Stimme, geleitet von einem irrationalen Hauch Hoffnung, gleichsam drehte sein Blick sich durch den Raum, so als erwartete er tatsächlich die Claudia dort irgendwo im Schatten verharren zu sehen. Doch selbstredend war außer ihnen niemand anwesend, gleichwohl der Flavier das Gefühl hatte wenn überhaupt Antonia irgendwo in diesem Hause noch eine große Präsenz besaß, so in diesem Cubiculum. Beinahe ein wenig enttäuscht blickte er zurück zu Minor, ein trauriges Lächeln auf den Lippen.
    "Es war nur ein Traum, Minor."

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  • Der flavische Jüngling staunte ob der langen Dauer, welche er geschlafen hatte und der Stärke, mit welcher das Opium noch immer seinen Leib influenzierte, obschon er nicht zu ponderieren imstande sich sah, ob nicht auch die allgemeine Schwäche seines Leibes einen bedeutenden Anteil an seiner Inkapabilität zur Artikulation einen gewissen Anteil besaß. Zumindest erklärte sich somit das Pochen in seinem Haupt, das stets er verspürte, wenn zu lange Zeit er sich des Opiums hatte enthalten.


    Jene Gedanken wurden jedoch hinfortgewischt durch die Reaktion Manius Maiors auf seinen Rapport. Erstlich schien er irritiert, doch keineswegs refutierend, da doch sein furchtsames Umherblicken (zumindest imaginierte Manius Minor die paternalen Regungen dergestalt) geradezu wie eine Prüfung der Präsenz der maternalen Manen dokumentierte. Doch fehlte es ihm final selbstredend an Glauben, was, wie der junge Flavius erkannte, eine durchaus rationale Reaktion darstellte, der auch er bis vor wenigen Stunden wäre gefolgt. Doch je mehr er die Remineszenzen in seinem Geiste hin- und herwog, je länger er sie bedachte, desto klarer wurde ihm, dass diese Begegnung kein infantiles Phantasieren war gewesen.
    "Nein!"
    , krächzte er daher mit größter Entschlossenheit.
    "Ich habe sie ge'ehen! Sie ha' 'u mir gesp'ochen!"
    Er hob die Hand, um jene Klarität gestisch zu unterstützen und seine Augen begannen zu leuchten:
    "Sie war gän'lich real! Me'cu'ius führ'e mich 'u ihr!"
    Obschon sich gerade im Dialog die Gewissheit nährte, so wuchs zugleich die Desperation, da er erkannte, dass dies, was wärend seines augenscheinlichen Schlafes war geschehen, niemals einem Dritten würde zu vermitteln sein. Selbst Patrokolos legte skeptisch den Kopf auf die Seite, wie er es zu tun pflegte, wenn er vermutete, dass sein Herr fabulierte.
    Manius Minor ballte seine schweißglänzende Faust.
    "Ih' müss' mir glauben!"

  • Zweifelsohne war der ältere Gracchus kaum geneigt der Existenz der lemures, insbesondere der larvae der Verstorbenen zu widersprechen, gehörten doch insbesondere die torquierenden Exemplare jener Geisterwelt zu seiner alltäglichen Wahrnehmung - gleichwohl er jene Rezeption als außergewöhnliche Befähigung, respektive Fluch erachtete, so dass dem nicht zu solcherlei Befähigten zweifelsohne nur der Traum blieb, um sich der Verstorbenen bewusst zu werden - abgesehen von jenen spärlich gesäten Tagen des Jahres, an welchen etwa der mundus offen stand und die Grenzen zwischen den Reichen überaus fragil waren.
    "Ich glaube dir, Minor. Unsere Träume sind dur'haus eine probate Sphäre der Götter und Lemuren, sich uns zu offenbaren"
    , suchte er darob die Vehemenz des jüngeren Gracchus zu kalmieren. Einige Herzschläge lang zögerte er sodann, fürchtete er doch den Zorn Antonias Geiste, welchem diese in Minors Traum allfällig hatte Ausdruck verliehen, dass dies ihren Disput nur neuerlich mochte entfachen. Indes würde jener Vorwurf ohnehin kaum verschwiegen bleiben, so dass er schlussendlich fragte:
    "Was ... hat deine Mutter dir gesagt?"

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  • Frappierend erschien dem jungen Flavius der prompte Erfolg seiner flehenden Worte, welche durchschlugen gleich einem sich vorwärts schleppenden Körper, der in eine Falltür tappte und unvermittelt vorwärts stürzte. Doch während Manius Maior sogleich sich hinsichtlich der Worte Antonias erkundigte, verharrte Patrokolos noch immer in seiner kritischen Haltung, sodass Manius Minor den Beschluss fasste, erstlich sich alleinig seinem Vater zuzuwenden, der augenscheinlich ehrliches Interesse an seinen Visionen hegte und damit sich als ein dankbares Publikum seiner Impressionen eignete:
    "Eine Chan'e!"
    , verbalisierte er träumerisch den Nucleus jener Botschaft, welche noch immer in seinem Geiste widerhallte:
    'Geh und lebe, wie es sich für einen Flavius geziemt! Dann werden wir vielleicht auf ewig vereint sein!'
    Jenes 'vielleicht' mochte lediglich eine Potenzialität ausdrücken, war keineswegs eine Assekuration, dem grässlichen Tartaros entschlüpfen zu können. Doch war es ein Aufscheinen der Hoffnung inmitten eines lichtlosen Weges, welcher, obschon bisherig unbemerkt, dem ewiglichen Verderben zustrebte; eine Kreuzung, erhellt vom Licht der Götter, die den Lares Compitales gleich ihn, dem Wandernden, zum Innehalten gemahnten!
    "Ich 'raf sie an den Ufe'n des S'yx. Sie herz'e mich. Und sie warn'e mich-"
    Seine raue Stimme verstarb, als ihm gewahr wurde, dass die Warnung, welche Claudia Antonia ihm hatte zukommen lassen, in gewisser Variation jener seines Vaters entsprach, als vor beinahe einem Jahr bereits er seinen Triumph über die philisterhaften, vermeintlichen leeren Meinungen hatte errungen, indem er sich das Leben eines Epikureers hatte ausbedungen. Tag um Tag war jene Perspektive (neben dem Opium) das Elixier seines Lebens gewesen, hatte ihn motiviert, allmorgendlich sein Bett zu verlassen, die ennuyanten Obliegenheiten seines Amtes zu schultern und die Kälte zu Hause zu ertragen. Und doch war sie in Wahrheit nichts als ein fataler Irrtum, sein Triumph ein Trotzen wider die Realität, für welche sein Vater zwar wider Willen, doch im Resultat überaus korrekt hatte gefochten. Familie - Staat - Wahrheit. Jene capitolinische Trias seiner aristokratischen Edukation war keineswegs eine leere Meinung, so man die eigenen Manen und die unsterblichen Götter selbst von Angesicht zu Angesicht hatte geschaut!
    Oh hätte er nur niemals jene giftigen Irrtümer aus Samos vernommen! Hätte er sogleich die Wünsche Manius Maiors beachtet, anstatt in steter Opposition zu ihm und der Wahrheit zu vegetieren!
    Scham überkam den jungen Flavius ob jener Einsicht in den eigenen, kapitalen Irrtum und seine blassen Wangen röteten sich ein wenig.
    "Sie warn'e mich vo' de' S'rafe der Uns'e'blichen, so ich wei'er auf dem Pfa'e Epiku's wan'le."
    Seine Stimme senkte sich gleich einem geständigen Knaben und er schlug genierlich die Augen nieder.
    "Sie befahl mi', mich eines Fla'ius wür'ig zu e'weisen. Sons' d'oh' mi' de' 'ar'aros."
    Jene Alternative, welche sein Vater ihm bei seiner Heimkehr hatte gestellt, existierte augenscheinlich in einem weitaus weitreichenderen, ja eschatologischen Sinne:
    'Es gibt keinen Pfad in der Mitte, du wirst dich hier und jetzt für eine Richtung entscheiden mit allen Konsequenzen: für diese Familie oder ohne diese Familie.'
    Wie hatte ihn jene Kulmination in Rage versetzt, wie sehr hatte er gehadert! Und doch hatte der ältere Gracche Recht behalten und den jüngeren final beschämt!

  • Während noch im Gedanken an eine Umarmung der Mutter ihres Sohnes anfänglich ein schmales Lächeln sich um des Vaters Lippen legte, schwand dies bereits wieder mit den nächsten Worten Minors ob der Warnung aus dem Totenreiche. Gracchus' linke Braue wanderte minimal empor, während sein Kopf sich ein wenig weiter nach vorne beugte in Erwartung einer Erklärung, welche alsbald auch folgte. Stück um Stück verlor Minors Stimme an Klarheit je mehr er sprach, doch gleichsam wuchs diametral dazu auch die Bedeutsamkeit des Inhaltes. Schweigen folgte auf die gräuliche Drohung, währenddessen Gracchus suchte, diese Worte in einen rationalen Kontext zu setzen, sich schlussendlich wieder ein wenig zurück lehnte.
    "Dein Leib ist geschwä'ht durch das Opium, und dies bedingt auch eine Fragilität deines Geistes. Was dir heute wie eine Offenbarung deiner Ahnen mag erscheinen, wirst du morgen allfällig als Chimäre der Kraftlosigkeit ent..larven."
    Einen kurzen Augenblick nur drängte es Gracchus, den Traum seines Sohnes für seine eigenen Zwecke zu instrumentalisieren - gebot dieser doch eben dies, was er stets von ihm hatte erwartet. Doch gleichsam war Minor ein Sprößling flavisch-claudischen Blutes und darob gerade kein tumber Pöbel, der willfährig machtvollen Worten musste folgen, gleich ob sie dem Munde eines Herrschers, eines Toten oder eines Gottes entsprangen.
    "Ich möchte darob, dass du keine voreiligen Schlüsse ziehst, Minor. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der Geist deiner Mutter so zu dir gespro'hen hat, denn deine Mutter war eine weise Frau und über jeden Zweifel erhaben, gleichwohl ich den Inhalt dieser Worte nur billigen kann. Indes ..."
    Eine kurze Pause folgte, ehedem er weiter sprach.
    "Du hast deine Wahl zweifelsohne nicht leichtfertig getroffen und sie wohl überlegt. Ich möchte nicht, dass du blind..lings einer Eingebung folgst ohne sie in Frage zu stellen, dass du einem leeren Traume folgst, der alsbald sich als gegenstandslos mag herausstellen - gleich wie sehr dessen Inhalt meiner Überzeugung nahe kommt."
    Spontanität gehörte nicht nur nicht zu den Charakterzügen des älteren Flaviers, er erachtete sie beinahe auch als einen Makel, widerstrebte sie doch analytischen, wohldurchdachten Entscheidungen, auf welchen er stets suchte sein Leben zu begründen.
    "Darob ruhe dich weiter aus und lasse deinen Geist und deinen Leib wieder zu Kräften kommen. Dann, wenn du die Klarheit deines Verstandes wieder erlangt hast, wird es dir ein lei'htes sein zu konstatieren, ob dies nur ein Fiebertraum oder die Mahnung deiner Mutter war."
    Wieder zögerte er einen Augenblick, ehedem er anfügte.
    "Und ... gleich zu welcher Einsicht du gelangst, Minimus, ich ... werde dies nicht nur ak..zeptieren, ich werde dich auch unterstützen."
    Gracchus wollte nicht noch einmal riskieren, seinen Sohn zu verlieren - gleich wie hoch der Preis mochte sein.

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  • Jene inverse Distribution der Rollen, welche Manius Minor die des superstitiösen Eiferers, Manius Maior hingegen jene des kritischen Rationalisten zuwies, irritierte ersteren ein wenig, zumal er noch immer erfasst sich sah von jenen visionären Impressionen, die er vor kurzem hatte geschaut.
    Doch war den paternalen Mahnungen zumindest insofern zu konsentieren, als er in der Tat sich geschwächt fühlte, was ihm die Kraft zum Disput raubte und stattdessen ein Verlangen zu schlafen evozierte.
    "Ich wer'e ein wenig 'uhen."
    , beschied er somit und schloss, wie zur Konfirmation seiner Begierde prompt die Augen. Eine Weile noch verweilte sein Geist bei seiner Theophanie, gefolgt von den Worten seines Vaters, welche ihm in so seduktiver Weise neuerlich das Leben eines epikureischen Philosophen freiheraus offerierten. Dann jedoch forderte sein Leib, welcher soeben noch mit einem letalen Gift hatte gerungen, jene Rekonvaleszenz, die nur der Schlaf zu bieten vermochte und er entschlummerte.

  • Als Manius Minor aufs Neue erwachte, schmerzte sein Haupt, ihn dürstete und er fühlte sich auch im Übrigen überaus deplorabel, ja geradehin beklommen. Insonderheit jedoch erfüllte ihn der Wunsch nach einem Schluck Opium. Als er die Augen aufschlug, erblickte er nicht mehr Manius Maior, welcher augenscheinlich gegangen war, sondern seinen geliebten Patrokolos an seiner Seite wachend.
    "Patrokolos!"
    , adressierte der Jüngling seinen getreuen Freund erfreut, wobei er erkannte, dass die Lähmung seiner Zunge augenscheinlich war verschwunden. Sein Diener war nämlich in der Tat weitaus besser geeignet, ihn mit seiner Droge zu versorgen, was er sogleich erprobte:
    "Präpariere mir einen Becher Opium, ich bedarf seiner höchst dringlich!"
    Die sanften Regungen des Dieners erstarrten, doch vernahm Manius Minor kein Wort. In höchstem Maße wünschte er sich in dergestalten Augenblicken ein schärferes Sehvermögen, denn so war ihm im fahlen Licht der Öllampe die Mimik seines Opponenten gänzlich verschlossen.
    "Was ist?"
    , fragte er somit ein wenig irritiert, zumal ihn die Begierde nach dem Thanatos-Saft nun bereits stärker drängte, ja jener vertraute Horror vacui sich ankündigte, der ihn bei zu langer Abstinenz erfasste.
    "Ich... ich kann dir kein Opium geben, Domine."
    , erklärte Patrokolos endlich.
    "Aber warum? Es befindet sich direkt neben dem Bett! Es müssten noch zahllose Fläschlein verblieben sein."
    Sein Geist begann zu rechnen, denn überaus deutlich vermochte er sich zu erinnern, dass er mit jenem eben überwundenen Exzess zwar einen beachtlichen Anteil seines Vorrats, nimmermehr jedoch ihn zur Gänze hatte vernichtet. Wohl war ihm bewusst, dass es einen Dritten mochte irritieren, dass er, soeben dem Orcus von der Schippe gesprungen, bereits aufs Neue sein Gift begehrte, doch hatte die Sucht ihn bereits aufs Neue erfasst.
    "Nein. Cosmas hat sämtliches Opium in diesem Haus entsorgt."
    Manius Minor erstarrte. Wie hatte jener alte Narr es wagen können, seinen Besitz (respektive dieses, welches er von seinem Peculium hatte erworben) einfach zu annihilieren? Obschon Geld für einen Flavius kaum von Bedeutung sein musste, hatte es sich um Produkte exquisiter Qualität gehandelt, welche nicht jeden Tag waren zu erwerben!
    "Dann gehe rasch aufs Forum und kaufe mir wieder etwas davon!"
    , stieß der Jüngling hervor, nun bereits ein sichtlich gereizt, da ihn die Perspektive, dem ungestillten Gieren nach seiner Droge ausgesetzt zu sein, bereits erzürnte.
    "Cosmas hat das verboten. Er sagt, du musst dem Opium abschwören."
    Der junge Flavius fuhr enerviert auf und brachte sein Antlitz auf die Höhe des Hauptes seines Dieners. Mit zornigem Blick funkelte er ihn an.
    "Was Cosmas verbietet oder gebietet, tangiert mich nicht im Geringsten! Du bist mein Sklave und hast meinen Befehlen zu gehorchen!"
    Vergessen schienen jene alexandrinischen Freundschaftsschwüre, welche er vor nunmehr mehr als einem Jahr hatte gelobt. So Patrokolos' Unwille zwischen ihm und dem Opium stand, war dieser zu brechen!
    In der Tat zeigte jene Äußerung Erfolg, denn als der Diener wiederum antwortete, schwang Verletztheit in seiner Stimme:
    "Soeben hat das Opium dich beinahe getötet! Cosmas sagt, wenn du nicht damit aufhörst, wird es dich eher früher als später vernichten! Und wolltest du nicht vorhin noch dein Leben ändern?"
    Der letzte Satz drang gleich einem gezielten Gladius-Stoß durch den Panzer, als welcher die Sucht den jungen Flavius gegen jedwede Vernunft rüstete. Schlagartig setzten sich jene Visionen, die nach seinem Exitus ihn hatten ergriffen, präsent und aufs Neue erblickte er im Geiste das Antlitz seiner Mutter, wunderschön, liebevoll und desillusioniert zugleich.
    'Ich weile im Elysium, du bist für den Tartaros bestimmt!'
    Klar und präzise waren ihm ihre Worte noch im Gedächtnis. Und klar und präzise erschienen sie nun als eine Warnung, nicht leichtfertig aus dem irdischen Leben zu scheiden, da nichts als Qual und Tortur ihn im folgenden erwarteten.
    Lediglich schwächlich vermochte selbst der Dämon seiner Sucht, angesichts jener Perspektive seine erwachsende Furcht vor dem Tode zu zerstreuen und Zweifel an jenen Impressionen zu sähen, welche er derart lebhaft selbst nach dem Erwachen memorierte, als hätte er sie soeben erst erblickt.
    Tatsächlich vermochte er nicht recht zu verbalisieren, was in ihm jene Sekurität sähte, welche ein Skeptiker nicht einmal dem entgegen brachte, was ihm tagein tagaus widerfuhr, doch ließ sich letztlich konfirmieren, dass sie stärker wurde, je länger er sie bedachte: Nicht ein Hirngespinst oder Trugbild, sondern die Manen seiner Mutter hatten zu ihm gesprochen! Nicht Morpheus' groteskes Reich der Träume, sondern den Orcus hatte er geschaut!


    Doch bereitete jene Einsicht ihm keineswegs Ruhe, denn noch immer resultierte aus ihr nichts weniger als die Perspektive ewiger Verdammnis, was seine Desperation umso mehr steigerte.
    "Nur ein kleines Schlücklein."
    , flehte er Patrokolos an und mühte sich um ein gewinnendes Lächeln.
    "Cosmas sagt, es gibt keine schrittweise Entwöhnung. Du darfst kein Opium mehr zu dir nehmen, sonst könntest du jederzeit sterben. Dein Körper ist schwach."
    Sorgenvoll klang die Stimme des Dieners und sorgenvoll stimmten seine Worte den Herrn. Doch schon zwängte seine Begierde sich in einen neuen Schlupfwinkel jenes Gedankengebäudes, dessen Fundament die maternale Vision repräsentierte: Hatte sie nicht ohne Zweifel prophezeit, er werde in den Tartaros stürzen? Was nützten ihm dann noch weitere trostlose Jahre auf Erden, wenn ohnehin ihn eine Ewigkeit der Qualen erwartete?
    'Dir bleibt noch eine Chance. Geh und lebe, wie es sich für einen Flavius geziemt'
    , eilten jedoch sogleich jene weiteren Worte seiner Mutter in seinen Sinn und parierten seine eigenen Ausflüchte. Noch gab es Hoffnung, selbst wenn unumwunden die Furcht erwuchs, niemals imstande zu sein, eines Flavius würdig und damit den Göttern angenehm zu leben.
    Doch er musste es versuchen.
    "Dann sei es. Ich will es versuchen."

  • "Ich will es nicht mehr versuchen!"
    , krächzte der junge Flavius mit herzzerreißender Stimme. Sein Mund war verdorrt, die Nase verschlossen, die Augen trieften, was sein Sehvermögen noch weiter limitierte.
    Nur wenige Stunden waren vergangen, seit zum ersten Male er erwacht war, doch seither hatte sein Zustand sich von Augenschlag zu Augenschlag verschlechtert. Kalte Furcht hatte ihn befallen, sodann waren auch korporale Beschwerden hinzugetreten bis hin zu jenem aktuellen Status, welcher seine Desperation aggravierte.
    "Wie schon gesagt: Die nächsten Stunden werden nicht schön, aber du musst sie überwinden."
    , erklärte Cosmas gleichmütig, welcher nunmehr an seiner Bettstatt ruhte, nachdem Patrokolos ihn ob der zunehmend visiblen Symptome herbeigeholt hatte.
    "Man reiche mir zumindest einen Becher Wasser!"
    , postulierte der Jüngling angesichts jener mangelnden Compassion mit brüchiger Stimme. Eine derartige Krankheit hatte seit langem ihn nicht mehr ergriffen, zumal solche ihn stets nur bei mäßigen Temperaturen, wie sie in Alexandria und selbst in den humiden Winterszeiten der Urbs selten auftraten, ereilten. Exhaustiert wischte er sich über die schweißbenetzte Stirne, obschon mitnichten er erhitzt sich fühlte. Herzhaft gähnte er, obschon er mehr erschöpft denn ermüdet war. Dann aufs Neuen. Dann neuerlich.
    Endlich reichte ihm eine helfende Hand, womöglich Cosmas, seinen gülden glänzenden Becher, aus welchem begierig er trank. Kaum hatte er abgesetzt, entfuhr ihm ein vehementes Niesen.
    "Gesundheit."
    , erklang der Wunsch Patrokolos, welcher weiterhin im Hintergrund bei seinem Herrn wachte, doch schon torquierte den Jüngling ein neues Kitzeln in der Nase. Begierig sog er Luft ein, um sogleich sie wieder auszustoßen, was hingegen diesmalig unterblieb.
    "Mehercle, welche Qual!"
    , lamentierte der Jüngling.
    "Ein Schnupftuch!"
    Erwartungsvoll streckte er die Hand unter der Decke hervor, um endlich seine Nase zu liberieren, da doch ihm es deuchte, dass die Aridität seiner Mundhöhle daher rührte. In der Tat reichte man ihm eine zartes Tuch, mit welchem er sich sich schneuzte.
    "Ich schaffe dies nicht, Artaxias, das Leid überwindet mich!"
    "Unsinn, Domine. Du hast sicher bereits das Schlimmste überwunden. Es wird bald besser werden. Schlafe ein wenig."
    , erklärte der Diener mitleidsvoll, was das spöttische Schnauben des Medicus konterkarierte.
    Manius Minor wandte sein glänzendes Antlitz ab. Wie nur sollte er jene Qualen überwinden? Das Opium rief mit Pauken und Fanfaren ihn unter seinen seichten Schleier des Wohlbefindens und Glückseligkeit zurück, weg von Leid und Schmerz. Sein Leib mahnte ihn mit größter Klarität, dass er jenes geliebten Gefühles bedurfte und sein Wille schwand...

  • "Zu heiß!"
    , lamentierte Manius Minor, als seine Amme aus Kindertagen, mittlerweile leicht ergraut, mit einem befeuchteten Lappen über seine schweißverklebte Stirne wischte. Soeben erst war das Wasser auf das Betreiben des jungen Herrn mehr temperiert worden, da selbiges zuvor ihm als zu kalt war erschienen. Die Amme zog den Lappen zurück und ließ ihn in die Wasserschüssel fallen, während ein Seufzer ihr entfleuchte.
    Zaghaft hob der Jüngling die Hand von der Decke, welche sich um das feuchte Schnupftuch krallte, um sich erneut die wunde Nase zu wischen. Die gerötete Haut brannte, doch weitaus torquierender erwiesen sich die Schmerzen und Krämpfe in Fingern und Beinen, welche seine Koordination limitierten. Hinzu fröstelte ihm, welch dicke Daunendecken man ihm auch auftrug.
    "Ich werde sterben."
    , konstatierte er endlich, da die Hoffnung auf einen lindernden Schluck des Morpheus-Saftes entschwunden waren, nachdem Cosmas vor dem Zubettgehen nochmals hatte konfirmiert, dass eine therapeutische Gabe selbst einer geringen Menge Opiums kategorisch exkludiert sei. Auch sein geliebter Patrokolos hatte ihn verraten, indem er sich dem Urteil des Medicus gebeugt und nunmehr ebenfalls entkräftet das Bett hatte gesucht, während sein Herr von Schmerzen geplagt nicht zu schlafen vermochte. Immerhin hatte man seine Amme aktiviert, die heute für gewöhlich einer alternativen Tätigkeit innerhalb der Familia Flavia Felix nachging, doch heute als vertrautes Antlitz an seinem Lager wachte.
    Es erschien ihm als eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet sie, die seiner damalig noch jungen Mutter geholfen hatte, ihren Erstgeborenen in die Wiege zu befördern, nun ihn auf seinem Weg zur Bahre geleitete.
    "Sage meinem Vater, es tue mir leid, ihm ein derart miserabler Sohn gewesen zu sein. Sage ihm-"
    Er hielt inne, als seine Gedanken zu seiner Mutter gingen, welche bereits im Reiche der Toten weilte und nun zweifelsohne mit bitterster Desillusion würde erkennen müssen, dass ihr Sohn, anstatt ihre Mahnungen ernstlich zu beherzigen, unverrichteter Dinge in den Tartaros war eingegangen. War es nicht besser, sein Leben durch einen winzigen Schluck Opiums zumindest potentiell so weit zu prolongieren, dass er den Zorn der Götter durch ein üppiges Opfer zu dämpfen vermochte, als dass er unverrichteter Dinge den sicheren Tod erlitt?
    Doch wie konnte er mit den Schmerzen seiner Beine, jenen Krämpfe und jener Blümeranz auch nur daran denken, höchstselbst sich eine winzige Dosis zu beschaffen?
    "Bitte, bitte beschaffe mir ein wenig Opium! Nur ein klein wenig!"
    , supplizierte er somit erneut. Zahllose Male hatte er sämtliche Personen, welche an seiner Bettstatt wachten, mit jenen Worten angefleht, da kein anderer Ausweg ihm viabel viabel erschien, kehrte jedwede Reflexion seiner Situation, konfrontiert mit seiner transzendenten Botschaft, stets zur höchsten Necessität zurück, sein Versterben zumindest um einige Zeit zu vertagen, was lediglich durch die Stillung der unermesslichen Begierde nach seiner Droge war zu bewerkstelligen. War er denn nicht viel zu schwach, um jene Purgierung zu überleben? Doch jener vermaledeite Cosmas wollte dies nicht akzeptieren und in der schroffen Härte eines Kiesels bereitete er ihm, anstatt sein irdisches Leben zu salvieren, gar horrible Qualen im ewigen.


    Doch seine Amme erwiderte jenes Flehen nur mit einem mitleidigen Blick, der dem fehlsichtigen Jüngling jedoch ohnehin entging, sodass ihm nichts verblieb, als in insalutabler Desperation den Tod zu erwarten...

  • Manius Minor erwachte. Fünf erschröckliche Tage lagen hinter ihm, angefüllt mit brennendem Schmerz seiner Gebeine, inkontrollablen Krämpfen seiner Extremitäten und Vitalia, beständigem Vomitieren und degradanter Diarrhoe, temperaturalen Schwankungen und beständigen Zuständen von Angst und Depression. Noch immer brannte sein Rachen ein wenig ob der Galle, welche er in jenen Stunden, in denen sein Leib sowohl gewärmte Brühe, als auch getränktes Brot hatte refutiert, unzählige Male seine Speiseröhre war empor gekrochen, sein Leib fühlte sich schwächer als nach irgendeiner Krankheit, die jemalig ihn hatte ergriffen, doch verspürte er erstmalig seit jenen Tagen der opioidalen Abstinenz wieder eine Klarität seines Geistes, welche lange ihm war entgangen. Intuitiv tastete er mit seinen schweißverklebten Fingern nach dem Karneol seines Siegelringes, wie er dies unzählige Male in den Stunden der Agonie hatte getan: Seit mehr als einem Lustrum nun trug er ihn gewohnheitsmäßig am Finger, doch war ihm jene Zierde seit seinem alexandrinischen Exils geradehin belanglos geworden; ein zwar hübsches Accessoir, doch letztlich Symbol jener leeren Meinungen von Familie und Nobilitas, welche ihm so zuwider war gewesen.
    Nun jedoch hatte der flavische Caduceus, bezeichnenderweise Attribut des Mercurius, dessen er höchstselbst ansichtig war geworden, eine neue Bedeutung erlangt, war zur Remineszenz seiner Vision avanciert, die ihm inmitten der größten Desperation des Entzuges Kraft hatte eingeflößt, da doch der Wunsch, einst durch den Götterboten nicht in den Tartaros, sondern zu seiner geliebten Mutter getragen zu werden, ihn stets davor abhorreszieren lassen hatte, den Mut gänzlich fahren zu lassen und sich dem Tode zu überantworten. Und womöglich hatten er wie auch seine Ahnen, insonderheit sein Großvater, der einstigen Besitzer jener familialen Reliquie, sein Flehen um Beistand erhört, welche er in der Agonie der Leibesschmerzen hatte ausgestoßen.


    Doch ob dank ihrer supranaturalen Hilfe oder der physikalen Heilkraft des Leibes war jener schmerzliche Prozess nun augenscheinlich ausgestanden, denn nicht nur gestatteten ihm seine Gedanken eine Freiheit, welche er lange nicht mehr hatte verspürt, sondern ihn plagte gar ein Gefühl des Hungers anstatt der bisherig dominierenden Blümeranz.
    "Ich habe Hunger!"
    , erklärte er somit geradehin erstaunt ob jener corporalen Regungen und blickte auf zu Patrokolos, welcher derzeitig den Dienst an seiner Bettstatt versah und augenscheinlich ebenfalls ein wenig eingenickt war, nun jedoch, erweckt von den Worten seines Herrn, die Augen aufriss:
    "Sicher?"
    Die Insekurität angesichts der Empirie der letzten Tage, welche die Potentialität eines Verweilens von Nahrung im Leibe seines Herrn gering erscheinen ließ, schwang in den Worten des Leibsklaven mit. Die Hypermetropie bewahrte den jungen Flavius, seinen deplorablen Zustand genauer zu ermessen, nachdem er die vergangenen Tage, stets wechselnd mit der Amme und Artaxias, dem greisen Paedagogus seines Herrn, am Bett des Kranken hatte gewacht: Sein zartes Antlitz war von Gram über das Laborieren Manius Minors verhärmt, seine Augen ob des mangelnden Schlafes von tiefen Schatten unterlaufen und sein für gewöhnlich sorgsam gepflegtes Haar verwirrt.
    "Selbstredend! Ich denke, es geht mir besser!"
    , erwiderte der junge Herr somit aufmunternd und formte seine Lippen zu einem lange nicht erblickten Lächeln, welches sogleich der Diener reproduzierte:
    "Das ist ja großartig! Ich werde dir sofort ein wenig Puls holen. Oder lieber Früchte?"
    Der Winter offerierte auch im sonnigen Italia eine mäßige Auswahl an frischen Speisen, doch lagerte die Villa Flavia selbstredend Obst von den heimischen Plantagen ebenso wie die Sklaven süße Früchte in Honig einlegten.
    Doch bereits bei der geistigen Reflexion jener Optionen erkannte der Jüngling rasch, dass er seine geschwächte Verdauung nicht überfordern durfte, weshalb er beschied:
    "Ich vermute, ein wenig Puls wäre vorläufig suffizient. Und dann ein Bad."
    Voll Abscheu blickte er auf das klebende, hier und dort mit den Restanten des Vomitierens verunreinigte Nachtgewand, welches er zu wechseln irgendwann in den vergangenen Tagen aufgegeben hatte.
    Ein Bad war in der Tat von höchster Notwendigkeit!

  • Seine Rekonvaleszenz war keineswegs abgeschlossen, wie der junge Flavius nach einem bescheidenen Mahl von Getreidebrei und einem kurzen Exkurs in das flavische Balneum zu erkennen genötigt war, weshalb er beschied, in sein während seiner Absenz frisch bezogenes Bett zurückzukehren und dort seinem Leib noch einige Ruhe zu gewähren und sich nochmalig dem medizinischen Urteil des heimischen Medicus zu unterwerfen.


    Als Cosmas gegangen war, trieb sein erwachter Geist ihn jedoch zu weiterer Aktivität an und da seine Beine ihm noch ein wenig zu schwach erschienen, begann er darüber zu sinnieren, was als nächstes wohl zu tun sei, um jenen Hoffnungsanker, welchen seine Mutter ihm im Traume hatte zugeworfen, zu ergreifen und sich des Andenkens der Götter würdig zu erweisen. Habituell hatte dabei selbstredend sein getreuer, doch noch immer müder Patrokolos seine Rolle zu spielen:
    "Patrokolos, du musst mir dringlich ein Opfer präparieren! Sobald ich wieder wohlauf bin, möchte ich den Maiores opfern. Und Mercurius!"
    , erklärte er somit voll Tatendrang, was eine verwirrte Reaktion des Dieners evozierte:
    "Den Manen opfern? Sagt Epikur nicht, dass dies sinnlos ist?"
    Der Jüngling machte einen wegwerfenden Gestus.
    "Epikur? Vergiss Epikur! Er ist ein Narr!"
    "Ein Narr? Warst du nicht vor ein paar Tagen noch sein glühender Jünger?"
    "Nun, ich bin augenscheinlich einem Irrtum aufgesessen."
    "Woher der Sinneswandel?"
    Der junge Flavius runzelte die Stirn. Hatte er nicht seinem Vater bereits von seiner Vision berichtet? Hatte er nicht, beschwert von den Qualen seiner Purgation Bruchstücke jener divinen Vision rezitiert? Augenscheinlich hatte Patrokolos nicht sonderlich Acht gegeben!
    Er richtete sich auf und blickte den Sklaven mit leuchtenden Augen an.
    "Ich weiß es! Meine Mutter hat es mir gesagt!"
    "Deine Mutter? Ist sie nicht... tot?"
    , erwiderte Patrokolos, nun augenscheinlich an der geistigen Integrität seines Herrn zweifelnd.
    "Das ist sie in der Tat. Doch sie erschien mir im Traum, sie sprach zu mir und warnte mich vor der Rache der Götter, sollte ich als Epikureer mein Schicksal betrügen. Doch sie gab mir auch Hoffnung:
    'Dir bleibt noch eine Chance. Geh und lebe, wie es sich für einen Flavius geziemt! Dann werden wir vielleicht auf ewig vereint sein!'
    Dies waren ihre Worte! Ich sollte mich also allfällig sputen, jene verlorenen Jahre jenes widerwärtigen Lebenswandels zu kompensieren!"

    Ratlos kratzte Patrokolos sich am zerzausten Kopf, augenscheinlich keineswegs persuadiert. Doch schwieg er, was seinem Herrn Raum für weitere seiner sprudelnden Gedanken bot:
    "Zweifelsohne waren es der Segen der Götter, welcher es mir gestattete, das Opium zu überwinden! Ich muss ihnen meinen Dank erweisen! Und dann muss ich beginnen, mich meiner Bestimmung als Flavius würdig zu erweisen!"
    Nach drei Jahren der Passivität und Lethargie war nun der Tatendrang in Manius Minor zurückgekehrt, so viel war gewiss!

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