Gespräch zweier Steine - Viridomarus & Satibarzanes

  • Satibarzanes stand ängstlich im Hintergrund. Warum Terpander immer irgendjemanden quälen musste, war ihm schleierhaft. Bei Kyriakos hatte er wenigstens gewusst, warum dieser es tat. Terpander aber erschien ihm einfach nur von Grund auf böse. Während dieser noch mit Tiberios sprach, beeilte Satibarzanes sich, das Geschirr abzuräumen und in die Küche zu tragen. Wo war eigentlich Nubius, war der nicht auch noch hier irgendwo? Und warum half er dann nicht? Vermutlich war es Satis Schicksal, stets für alle anderen die Drecksarbeit zu erledigen, wobei der Dreck einer Küche doch angenehmer war, als irgendwelchen körperlichen Dreck unter den Fingern zu spüren und auf der Zunge zu schmecken. Dann lieber eingesautes Geschirr. Nun wieder zufrieden, räumte Satibarzanes gleich etwas emsiger. Würde Terpander nicht so grimmig schauen, wäre die Welt in Ordnung.

  • Viridomarus schritt die Treppe herab, als wäre er der Kaiser persönlich und schaute sich dabei nicht weniger huldvoll um.


    "Ein wundervolles Haus, wirklich ausgezeichnete Arbeit. Wo sind denn nur alle?", fragte er mit einer Leutseligkeit, die seine feisten Wangen beben ließen.


    Viri schritt an dem Tisch vorbei und schlenderte in aller Seelenruhe in die Küche, als gehörte dieses Haus noch immer ihm. Dabei schaute er Sati über die Schulter.


    "Ein fleißiges junges Bienchen bist Du, immer auf dem Sprung und stets die Arbeit im Blick. Ich hoffe es wird Dir gut vergolten. Du bist sowas wie ein ungeschliffener Diamant. Falls Du möchtest würde ich Dir eine passende Fassung und den benötigten Schliff verleihen. Haben wir noch etwas zu naschen im Haus, außer Dich?", lachte Viri und tätschelte mit seiner fleischigen Pranke die Schulter von Sati.

  • Satibarzanes wich den tätschelnden Händen des Mannes nicht aus. Er fand das völlig normal. Treuherzig schaute er über seine Schulter in die Augen von Viridomarus und lächelte.


    "Nur keine Enthaarung, das mag Lurco nicht", erklärte er. "Die ganze Küche ist voller Essen, was willst du denn haben? Wir schauen einfach mal, was da ist."


    Da Satibarzanes es gewohnt war, alles Essen zu teilen, kam er nicht auf den Gedanken, dass es die Herren stören könnte, wenn er ihre Vorräte verschenkte. Noch blieb er an Ort und Stelle stehen, da Viridomarus ihn noch nicht freigegeben hatte. Er wartete artig ab, ob dieser ihn nur ein wenig befühlen wollte oder noch weitere Wünsche hatte außer das Essen.

  • Viridomarus musterte Sati und lachte schallend.


    "Mein Lieber wieso sollte ich Dich enthaaren wollen? Und dann noch in der Küche? Nein sei unbesorgt, Dein Pelz rühre ich nicht an. Es sei denn Du selbst wünscht, etwas in Form gebracht zu werden, was Deine Behaarung betrifft. Manche mögen es auch glattrasiert, aber ich bevorzuge einen Bart. Ein gut gepflegter Bart sieht natürlich gut aus.


    Das Einzige was jemals an Deinen Haaren stören könnte, dass Du sie ungepflegt trägst. Da dass nicht der Fall ist, kannst Du beruhigt Deine Haarpracht tragen wie sie Dir gefällt. Du könntest mit Deinen Haaren etwas anderes machen, sie vielleicht zusammenstecken oder schmücken. Es gibt so viele Möglichkeiten. Falls Du Interesse hast, würde ich Dir einige davon zeigen.


    Tja ich dachte wir machen uns gemeinsam auf die Suche. Irgendetwas dass uns den Abend noch ein wenig versüßt. Sozusagen ein kleiner Bissen als Schlummerhilfe. Was meinst Du? Es wundert mich, dass Du die Hausarbeiten hier erledigst. Terpander der alte Schelm scheint hier alle gut im Griff zu haben was?", lachte Viri und nahm sich etwas Wein und noch einige der Datteln.


    "Wann macht Eure Taberna denn endlich auf? Ist sie schon eingerichtet? Sollen wir mal schauen gehen? Ich bin ein furchtbar neugieriger Mensch Sati, ich hoffe Du verzeihst mir das. Komm wir schlendern einmal rüber in die gute Gaststube und schauen wie es dort aussieht. Falls Du Deinen beiden Freunden eine Freude machen möchtest, könntest Du dort bereits etwas dekorieren. Nur wo sich der Mensch wohlfühlt, da lässt er sich auch zu Speis und Trank nieder. Und genau dass möchtet Ihr doch erreichen. Bestimmt kann ich Dir mit der einen oder anderen Idee unter die Arme greifen. Komm", forderte Viridomarus gut gelaunt Satibarzanes auf.

  • "Mein Haupthaar ist ein bisschen versengt durch den Brand im Ganymed", sagte Satibarzanes. "Vielleicht kannst du es irgendwann in Form bringen? Meine Haare waren sehr lang, bis zum Steiß, ich habe sie verfilzt, damit ich sie nicht kämmen muss. Terpander sagte, so tragen in Sparta die Krieger ihr Haar."


    Satibarzanes freute sich, dass Viridomarus seine Ansichten teilte und das sogar sagte. Normaler Weise wollte niemand mit Satibarzanes sympathisieren. Er führte den Gast in die Taberna, die Terpander, so faul wie er manchmal auch war, doch schon gut hergerichtet hatte. Alle Möbel standen an ihrem Bestimmungsort, der Dreck war weggeputzt und der Tresen mit den eingelassenen Amphoren einsatzbereit. Nur wirkte der kleine Raum noch vollkommen kahl und ungemütlich. In einer Massivholzkonstrukion in Kopfhöhe lagerten mehrere große Amphoren, deren noch versiegeltes Ende herausragte, so dass man sie später bequem anzapfen konnte. Darin befanden sich Öl und Wein, Dinge, die nicht verdarben und darum schon hier gelagert werden konnten.


    "Die Einrichtung ist etwas spartanisch", sagte Satibarzanes arglos, der Terpander immer noch für einen Athener hielt und den unfreiwilligen Wortwitz nicht bemerkte. "Aber alles ist funktional. Wann die Taberna eröffnet, entscheiden die Hausherren. Was möchtest du essen? Nahrung ist hier noch keine, aber ich kann welche aus der Küche holen. Oder was trinken?"

  • "So sagt der gute Terpander das? War er denn schon mal in Sparta, dass er sich derart gut mit den Frisuren dort auskennt? Nun mach Dir darüber keine Gedanken Sati, der Experte bin ich und nicht Terpander. Er weiß vielleicht wie man schwungvoll eine Tür öffnet, aber wenn Du etwas über wahre Schönheit wissen möchtest, dann fragst Du lieber mich.


    Natürlich kann ich Dein Haar in Form bringen, auch in diesem Zustand. Gerade in diesem Zustand. Deine verfilzten Haare würde ich waschen, sie danach so belassen und dann zu einer passenden Frisur zusammennehmen. Vielleicht noch mit passenden Perlenschmuck verfeinern, so dass das barbarische in Dir besonders zur Geltung kommt. Vielleicht etwas mit geschnitztem Knochenschmuck? Zudem würde ich die Haare des Oberkopfes gemeinsam zurücknehmen und am Hinterkopf zu einem Zopf zusammenbinden. Damit wirkst Du trotz der wilden Frisur adrett und gepflegt. Eine vortreffliche Mixtur aus Wildnis und Zivilisation mein Freund. Wie so oft im Leben macht es auch hier die passende Mischung.


    Falls Du Interesse hast, kannst Du gerne in meinem Laden vorbeischauen, oder Du sagst mir wann Du Zeit und Lust hast und ich bringe die passenden Utensilien mit und wir widmen uns hier in aller privater Abgeschiedenheit Deinem Haarproblem. Manchen ist so etwas sehr unangenehm, verständlicherweise. Hast Du mal darüber nachgedacht einen dezenten Bart zu tragen? Das würde Deinem Gesicht durchaus schmeicheln und auch zu Deiner Frisur passen. Alles muss in Harmonie miteinander abgestimmt sein", antwortete Viri auf die Frage, ob er das Haar von Satibarzanes retten konnte.


    Wenn nicht er, wer dann?


    Der gute Sati führte ihn in die Taberna von Scato und Lurco und Viridomarus schaute sich neugierig um. Es war wirklich spartanisch eingerichtet und ein Lächeln stahl sich auf seine freundlichen Züge. Spartanisch, dass war gut. Ob Lysander wusste dass er sich durch seinen Stil ein klein wenig verriet? Nun Viri würde ihn zur Not warnen, im Eigeninteresse verstand sich.


    "Wirkung, ja hier fehlt es eindeutig an Wirkung. Gemütlichkeit, Nähe, Nestwärme. Es ist sauber, gepflegt, aber gemütlich ist es noch lange nicht. Wie ich vermutet habe benötigt Ihr Dekoration! Schau Dich um Sati, die Wände sind zu kahl! Hier müssen Wandgemälde her! Eine schöne Landschaft, Bacchus oder etwas in der Art. Kissen müssen her, sie machen gleich alles wesentlich gemütlicher. Auf die Tische gehört ebenfalls etwas Dekoration.


    Wir gehen gleich gemeinsam zurück in die Küche, mach Dir keine Umstände. Ich wollte nur gerne die Taberna besichtigen. Lass Deinen Gedanken freien Lauf, was würdest Du Dir in einer Taberna wünschen? Was findest Du fehlt hier?


    Nun eines ganz sicher, das Bildnis eines Löwen. Er ist der Namenspatron! Ein paar Pflanzen vor der Tür, Lampen auf die Tische und das ganze bekommt ein ganz anderes Leben", sagte Viri freundlich.

  • Plötzlich hatte Satibarzanes eine Idee. Er war so aufgeregt, dass er ein paar Mal den Mund öffnete und schloss wie ein Fisch, ohne etwas zu sagen. Dabei zappelte er, so dass sein Speck wackelte.


    "Haare", stieß er schließlich aus. "Man kann abeschnittene Haare kaufen! Würdest du mir Filzsträhnen in meine restlichen Haare einfilzen und sie so verlängern? Dann würde ich wieder aussehen wie vor dem Brand! Da hatte ich übrigens auch einen Dreitagebart, das sah schick aus, aber alt, was mir gefiel und Kyriakos wütend machte. Er sagte, ich würde mich absichtlich vor den Kunden drücken und er hatte Recht! Dick, mit Bart und Bauchhaaren wollte mich kaum einer haben!"


    Satibarzanes war sehr stolz auf diesen listigen Plan, den er ausgeheckt hatte.


    "Aber jetzt möchte ich wieder so aussehen, um Lurco einen Gefallen zu erweisen. Knochenschmuck wäre super. Es kann sofort losgehen, sobald du Zeit hast, ich habe den ganzen Tag Zeit!"


    Er würde einfach weggehen und Terpander mit der Arbeit allein lassen, damit der sich ärgerte und sah, dass er ihn nicht herumkommandieren konnte.


    "Deine Dekorationsideen hören sich schön an! Weißt du was mir gefällt? Mosaike! Ich hätte gern ein Mosaik", schwärmte Satibarzanes. "Kein so ein teures Schickimickiding, sondern wie beim Ganymed-Eingang, aus bunten Bruchfliesen. Das hatte ich gelegt."

  • Viri schenkte Sati ein gut gelauntes Lächeln.


    "Sehr gerne. Haarverlängerung ist besonders in Aegyptus beliebt Saitbarzanes. Frisuren mein lieber Sati sind Statussymbole. Sie zeigen den Status ihres Trägers an. Haarverlängerungen und Färbungen sind in Aegyptus keine Seltenheit. Falls Du nun glaubst, dies könne sich dort nur die Oberschicht leisten, weit gefehlt! Auch das einfache Volk kann sich die Haarverlängerung und Färbung leisten. Natürlich macht auch hier der Grundstoff den Preis. Genau wie bei Kleidung, woraus besteht die Verlängerung oder der Stoff? Das Material macht den Unterschied.


    Haarverlängerungen und Verdichtungen sollen den Träger oder die Trägerin jünger und vitaler erscheinen lassen. Einen Hauch Jugend auf dem Haupte mein Freund.Denn was steht mehr für Kraft, Gesundheit und Macht als gepflegtes Haar?


    Zur Haarverlängerung werden unterschiedliche Verfahren genutzt, mit denen Dein eigenes Kopfhaar durch fremde Haarsträhnen verlängert oder verdichtet wird. Das wäre auch noch zu klären? Möchtest Du rein längeres Haar, oder möchtest Du eine wallende Löwenmähne?


    Haarverlängerungen finden mit menschlichen oder sogar tierischen Haarsträhnen statt, die in Dein Haar eingearbeitet werden. Ziel ist es, dem Haar mehr Volumen oder eine gewünschte Länge zu geben, die sich aufgrund des eigenen Haarwachstum nicht erzielen lassen. Oder eben nicht in der gewünschten Zeit möglich sind.


    Bei den Haarverlängerungen wird das eigene Haar durch die externen Haarsträhnen verlängert sowie verdichtet, indem jene an dem Kopfhaar befestigt werden. Einnähen oder Einflechten so kommst Du zu Deiner Haarverlängerungen. Befestigt werden Haarverlängerungen stets am Hinterkopf, dort hast Du am meisten Eigenhaar und das Haar von dem Oberkopf fällt über die Verlängerungsstellen fällt, um diese zu kaschieren.


    Ich empfehle Dir zur Verlängerung die Einnähmethode. Mit einem feinen Garn werden die Haarverlängerungen angenäht. Eine aufwendige Variante, die aber kaum sichtbare Übergänge ihr Eigen nennt.


    Rom handelt mit der ganzen Welt und so kommen wir hier auch an die unterschiedlichsten Haare von unterschiedlichsten Völkern.


    Haarverlängerungen besitzen nur eine begrenzte Haltbarkeit. Diese ist abhängig von unterschiedlichen Faktoren, darunter der Qualität der Haarverlängerungen, der Technik sowie der Pflege.


    Zum Schluss möchte ich Dir noch sagen, dass es bei einer Haarverlängerung auch zu Beschwerden kommen kann, wenn Du sie von jemand Ungeübten durchführen lässt. Erstens kann die Verlängerung Dein eigenes Haar strapazieren und schaden. Hinzu kommt das Gewicht der Haare oder die Spannung. Du kannst Kopf- wie auch Nackenschmerzen davon tragen.


    Bei mir bist Du in sicheren Händen Sati.
    Möchtest Du hier oder bei mir im Laden behandelt werden?


    Oh ja Wandgemälde und Mosaike, auch der Boden mit Mosaiken wäre wundervoll. Vielleicht solltest Du Lurco und Scato damit überraschen. Bruchsteine zu einem Mosaik zu formen, die Idee ist wunderbar Satibarzanes", sagte Viri und schaute sich noch einmal in der Taberna um.


    "Wie wäre es mit einem Löwenmosaik? Lurco wäre begeistert", grinste Viri.

  • "Dann möchte ich so eine Haarverlängerung mit Filzlocken", freute Satibarzanes sich. "Die brauchst du nicht einnähen, du kannst sie einfach einfilzen. Mein Haar soll wieder bis zum Steiß reichen, es kann ruhig schwer sein, das sind meine richtigen Haare ja auch gewesen. Eine Löwenmähne würde mir gefallen, normal bin ich ja Dunkelbraun, vielleicht kannst du mich blond machen? Passt das? Oh und sag mir doch bitte, was so was kostet, weil ich noch kein Gehalt bekommen habe, ich muss wissen, wie lange ich darauf sparen muss."


    Satibarzanes betrachtete die Wand. Viridomarus sprach so freundlich und wohlwollend von ihm, dass die üblichen Selbstzweifel im Moment vollkommen schwiegen. Satibarzanes freute sich auf seine neuen Haare und sein barbarisches Aussehen mit Knochenschmuck als Löwenmann.


    "Ich weiß, wo ich Fliesenreste herbekomme, da werde ich welche sammeln gehen und wenn die Hausherren in der Castra weilen, werde ich sie überraschen!"

  • Viridomarus schüttelte den Kopf.


    "Überlasse mir mein Handwerk Satibarzanes. Ich möchte nicht, dass Du Haar verlierst und jeder weiß, Viridomarus hat dort Zeit gespart. So arbeitet ein Könner nicht. Zeit Sati hat man sich zu nehmen, wenn etwas gut werden soll. Und Du möchtest doch Freude an Deinen neuen Haaren haben. Das Einnähen sieht man nicht. Gerade bei gefilzten Locken. Ich bevorzuge diesen Begriff, denn verfilzt hat einen unschönen und unsauberen Klang.


    Mein lieber Sati, ich glaube den meisten ist eines nicht bewusst, Haar wächst vom Kopf herab und nicht länger aus seinen unteren Enden. Bedenke würden wir Dich blondieren, dann hättest Du auf dem Kopf irgendwann braunes Haar, der Rest Deines Langhaares wäre blond. Um Deine Haarfarbe komplett beizubehalten müssten wir ständig Dein Kopfhaar nachblondieren.Dies birgt aber die Gefahr, dass Dir die Haare schneller ausgehen. Wohlgemerkt auch Deine eigenen. Das kann ich nicht verantworten.


    Zudem bist Du kein Mann für blond. Du bist hell mein Freund, möchtest Du etwa unsichtbar werden? Eine Verschönerung soll die Blicke auf Dich ziehen, Dein Duft soll sie auf Dir weilen lassen. All das geht Hand in Hand. Es funktioniert aber nicht, wenn Du bleicher bist als eine Säule Mamor. Schlimmer noch, Du könntest damit kränklich aussehen.


    Ein klares nein zu Blond mein Bester. Was Du brauchst ist Farbe! Ein Mann der auf sich etwas hält ist gut gebräunt. Er geht männlichem Tagewerk nach und ist somit draußen. Eine Frau hingegen hat eine vornehme Blässe zu tragen. Sie ist daheim. Du bist keine Frau Sati, Du bist ein gestandener Mann und so sollst Du auch aussehen.


    Etwas mehr Farbe und Pflege im Gesicht und zwar so, dass es nicht auffällt. Dazu eine lange, dunkle, pflegeleichte Mähne die wir durch passenden Schmuck zusätzlich ergänzen. All das ruft schaut her, dass bin ich. Du hast keinen Grund Dich zu blondieren und zu verstecken.


    Nun ich bin kein Wohltäter Sati, ich bin Geschäftsmann. Aber ich bin auch kein Unmensch und wir reden hier als Freunde. Ich schlage Dir also einen Tausch vor. Du zauberst in meinem Geschäft ein Mosaik auf den Boden und an die Wand und ich mache Dir die Haare mit allem was dazu gehört mein Freund.


    Ein Parfümflakon umgeben von Trauben, bekommst Du so ein Mosaik hin?", fragte Viri neugierig.

  • Satibarzanes freute sich.


    "Das ist sehr großzügig, natürlich kriege ich so ein Mosaik hin! Ich habe viel geübt. Nur leider ist fast alles kaputt, was ich je gelegt habe. Wann treffen wir uns für meine Haare? Kannst du herkommen? Und mir noch einen Tipp geben, was ich dazu anziehen soll, einfach eine weiße Tunika? Ich möchte ordentlich aussehen, wenn ich hinter dem Tresen stehe."


    Ihm fiel ein, dass Lurco ihm schon eine Tunika geschenkt hatte, die würde er dann gleich anlegen gehen. Aber vielleicht hatte Viridomarus noch einen anderen Tipp, wie er besonders schick aussehen konnte. Am meisten aber freute Satibarzanes sich, dass seine Haarmähne nicht für die nächsten fünf Jahre verloren war, wenn er sie wieder nachgezüchtet haben würde.

  • Viridomarus tippte sich nachdenklich gegen das Kinn und grinste dann Sati an.


    "Mein lieber Sati, ich gebe Dir einen Tipp, den mir mein lieber Vater vor einer kleinen Ewigkeit gab. Trage immer etwas in der Farbe, dass Du gerade isst, so fallen Flecken nicht auf", lachte Viri herzlich.


    "Nun Du wirst vermutlich nicht all die Speisen selbst verdrücken, die Ihr im Angebot habt, aber hier würde ich zu gedeckten Farben raten, so dass Deine Tunika gleich ob sie Flecken hat oder nicht, nicht unsauber wirkt. Stell Dir vor, Du trägst eine braune Tunika, man sieht die Flecken kaum bis gar nicht. Nun stell Dir vor Du trägst eine weiße Tunika und hast ausgerechnet darauf einen Rotweinfleck. Dieser Fleck springt jedem Gast sofort ins Auge. Also gedeckte Farbe für den Dienst hinter der Theke und wollweiß kannst Du gerne tragen, wenn Du privat unterwegs bist.


    Ich vermute deshalb tragen Urbaner auch rote Tuniken, also nicht wegen dem Rotwein, sondern wegen dem Blut. Sollten sie einen Spitzbuben niederstrecken müssen, dass das Blut nur so spritzt sieht die Tunika immer noch frisch aus.


    "Natürlich kann ich für Deine Haare herkommen, ein Hausbesuch ist kein Problem. Ich schlage vor, wir wählen einen schönen Abend und lassen uns dabei Zeit. So unterhalten wir uns in gemütlicher Runde und zeitgleich wirst Du noch verschönert. Dein Haar wächst sozusagen während eines amüsanten Schwatzes und ein paar leckeren Happen. Die dürfen niemals fehlen.


    Zu Deiner privaten Tunika würde ich keinen einfachen Gürtel tragen, sondern vielleicht sogar ein andersfarbiges Tuch als Gürtel umbinden, verziert mit einigen Knochenperlen die sich auch in Deinem Haar befinden. So greifen wir die Perlen im Gürtel wieder auf.


    Ich freue mich auf das Mosaik und auf Deine Haarverlängerung. Komm lass uns zurück ins Haus gehen. Du musst Terpander nicht fürchten, meine Gegenwart hat eine unheimlich beruhigende Wirkung auf ihn. Das hat sie auf sehr viele", schmunzelte Viri, legte Sati eine Hand auf den Rücken und führte ihn zurück in die Casa Leonis.

  • "Ich bin Illyrer, also heute sagt man Pannonier, so nannten uns die Römer", erklärte Satibarzanes eifrig. "Da sind noch immer viele keltische Einflüsse, auch wenn die Stämme romanisiert wurden. Drum passt eine Tunika, die nicht weiß ist. Keltisch wäre schön. Wobei es zich Keltenstämme gibt." Er bekam rote Wangen. "Also wenn du es noch genauer wissen willst ..." Normalerweise wollte niemand es genauer wissen. "Die Bezeichnung Illyrer ist genau so falsch wie Pannonier. Ich bin vom Stamm der Eravisci." Zu einem Teil zumindest, unter anderem. Aber Satibarzanes brauchte eine feste Eigenbezeichnung. Dann wurde er etwas verlegen. "Das stimmt eigentlich auch nicht. Ich bin nur ein Mischling. Ich habe kein Volk und keinen Namen. Ich bin nichts Halbes und nichts Ganzes. Vielmehr ein Flickwerk. Aber der Einfachheit halber sage ich einfach, dass ich Illyrer bin. So weiß zumindest jeder, in welcher Gegend ich geboren bin."


    Satibarzanes blinzelte freundlich. "Kommst du morgen wieder wegen meinen Haaren? Bis dahin kann ich ein leckeres Essen gemacht haben. Terpander hilft mir sicher." Was er nicht glaubte, aber er wollte schnellstmöglich die Haarverlängerung.

  • Viridomarus machte es sich gemütlich und hörte Satibarzanes zu.


    "Also mal langsam, zuerst bin ich noch gar nicht weg, also muss ich auch nicht wiederkommen. Ich kann die Utensilien auch von meinen Sklaven holen lassen. Ich denke es spricht nichts dagegen, wenn ich hier übernachte. Oder hast Du etwas dagegen? Nein? Wunderbar!", rief Viri erfreut und klatschte in die Hände.


    Nubius kam herbei und Viri erläuerte ihm leise, was er alles aus seinem Laden benötigte, für eine Notbehandlung dieses sehr leidenden Kunden. Für Satibarzanes war es ein Graus. Er war ein Mann der wirklich zur Casa Leonis passte, ein Löwe der seine Mähne verloren hatte, kurzum er brauchte sofort eine helfende Hand. Nubius nickte eifrig und verschwand so schnell wie er gekommen war.


    "Nun die Kochkünste Terpanders sind sicher gut, aber ich finde wir könnten auch gemeinsam selbst kochen. Dann wissen wir auch was drin ist und womit umgerührt wurde", antwortete Viridomarus und zwinkerte Sati aufgrund seines Scherzes zu, ehe er sehr ernst wurde.


    "Ich bin Thraker und mein Volk lebt auch in Stämmen, es gibt so viele Sati dass Du sie gar nicht alle kennen kannst. Was ich Dir damit sagen möchte ist, ich kenne verstehe Deinen Hintergrund und kann Dir bei Deiner Fehlsicht helfen. Vermählt sich ein paar aus zwei Stämmen und zeugt ein Kind, dann gehört dieses Kind dem Stamm des Vaters an. Also welchem Stamm gehörte Dein Vater an? Von dessem Stamm bist Du. Du bist weder ein Mischling, noch ein gar nichts.


    Schau unter den Thrakern ist es üblich, dass sich Stämme zusammentun, sich vereinigen. Jetzt sag mir einmal warum es nicht auch zwei Personen aus unterschiedlichen Stämmen tun sollten? Du siehst Dich in einem völlig falschen Licht mein Guter.


    Also nenne mir nochmal Dein Volk, Deinen Stamm und Deinen Namen - den Deines Vaters. Und berichte mir über Illyrer. Ich möchte alles über Euch erfahren. Generell bin ich ein sehr neugieriger Mensch. Denn nur durch Neugier und Wachsamkeit kann man lernen Sati. Wer sich Informationen verschließt und seien sie noch so klein, wird sie nie vom Fleck bewegen.


    Zudem kann auch die kleinste Information wichtig für Dich und die Kunden sein. Du hast doch ein ganz anderes Umgehen mit einem Menschen, wenn Du seinen Hintergrund kennst. Und stell Dir vor ich treffe einst einen Illyrer, dann weiß ich mich gut zu verhalten Dank Dir. Also scheue Dich nicht, alles zu berichten. Ich werde Dir auch gerne alles erzählen, Du kannst fragen was Du möchtest. Nun fast alles", lachte Viri.

  • Ehe Satibarzanes bestätigen oder ablehnen konnte, hatte Viridomarus seinen stummen Nubier entsandt. Satibarzanes fand das nicht schlimm, weil er es gewohnt war, dass man ihn überging, ihm ins Wort fiel oder ihn einfach ignorierte. Das war in Ordnung, nur gequält wurde er nicht gerne. Dann plauderte der feiste Mann weiter, der offenbar Terpander misstraute, wenn es um dessen Kochkünste ging. Auch das war Satibarzanes recht. Terpander kochte bestimmt scheußlich.


    "Von den Thrakern weiß ich gar nicht viel", sagte Satibarzanes. "Außer, dass auch Spartacus einer gewesen sein soll. Sie sind gute Krieger mit komischen Mützen. Ich glaube, die sind aus Hodensäcken von Bullen gemacht, zumindest hat man mir das gesagt. Einige Thraker waren in der Auxiliareinheit bei der Classis da, bei Anquincum gibt es einen Standort. Nicht viele allerdings, ich glaube, sie reiten lieber."


    Dann kam Satibarzanes durcheinander. Er war es nicht gewohnt, so lange zu sprechen und dann auch noch nach der Schlüssigkeit des Gesagten gefragt zu werden. Glaubte Viridomarus, dass er log? Oder hielt er ihn für dumm? Satibarzanes bekam Kopfschmerzen, drückte seine Handballen gegen die Stirn und versuchte, sich zu konzentrieren.


    "Mein Vater ... war ein Peregrinus. Vom Stamme der Eravisci. Der aber, weil er bei einer Auxiliareinheit diente ... römisches Bürgerrecht erlangte. Mit der Ala ... mit der Cohors ... mit seiner Einheit ..." Er schlug sich gegen den Kopf. "... zog er nach Süden. Und brachte meine Mutter mit, die eine Partherin? Oder Perserin? Oder so was war. Aus Persepolis!" Er fing an zu schniefen und drehte sich weg, weil er sich dumm fühlte. "Ich verstehe solche Dinge nicht", wimmerte er, aus Angst, nun bestraft zu werden und je mehr er sich anstrengte, sich zu erinnern, umso weniger schien sein Hirn Zugriff auf seine Erinnerungen zuzulassen. Dabei wollte er so gern Viridomarus gefallen, weil der freundlich war, weil der Terpander bändigen konnte und weil der seine Haare schön machen konnte! Satibarzanes kamen die Tränen bei dem Gedanken, dass Viridomarus nun doch nicht seine Mähne wieder lang machen würde.

  • Viridomarus legte Satibarzanes einen Arm um die Schulter.
    "Langsam mein junger Freund. Auch Gesellschaft will gelernt sein. Lass Dir Zeit und überstürze nichts. Es gibt keinen Grund zur Scham oder gar zur Traurigkeit! Das Reden, das freie Sprechen wirst Du lernen wie alles andere. Du musst, denn Du bist ein freier Mann. Dein Vater war also vom Stamm der Eravisci, dann bist Du ebenfalls ein Eravisci Sati. Was weißt Du über diesen Stamm? Wenn Dein Vater römischer Bürger war, bist Du dann als sein Sohn nicht ebenfalls ein rømischer Bürger? Falls nicht, bist Du ein freier Mann, Peregrini werden wir genannt.


    Viele Sklaven beklagen ihr los Satibarzanes, aber weißt Du, welche Möglichkeiten ein Sklave hat? Nach gutem Dienst, kann er von seinem Herr freigelassen werden. Und viele dieser Männer kommen zu enormen Reichtum. Warum? Sie haben etwas ganz Entscheidendes, dass jedem neuen, freien Mann in Rom fehlt - Kontakte.


    Beziehungen sind das halbe Leben Sati. Du musst Dir einen Freundeskreis aufbauen, Männer auf die Du zählen kannst. Du hast schon einen guten Anfang gemacht. Jetzt verzweifele nicht an den ersten Stolpersteinen. Ich bin hier und ich helfe Dir. Dafür hilfst Du mir ebenso. Schau Du bist noch nicht geschickt mit den Worten. Dafür habe ich noch nie ein Mosaik gelegt. Freunde ergänzen sich.


    Sobald Du in der Taberna stehst, wird sich alles fügen. Der erste Tag wird komisch sein, der zweite ungewohnt und der dritte ist schon Alltag. Du wirst Dich mit den Kunden unterhalten, ihnen gute Speisen servieren und was leckeres zu trinken. Kommt Dir einer dumm, setzt Du ihn vor die Tür. Das Leben kann sehr einfach sein Sati. Aber dafür musst Du ein bisschen kämpfen. Sogar gegen Dich selbst, Überwindung ist hier der Schlüssel.


    Die Taberna ist Dein kleines Reich, Dein Imperium. Wie es Deinen Leuten dort geht, hast Du in der Hand wie ich in meinen Geschäften. Was möchtest Du? Wie möchtest Du es? All das frag Dich, denn Du bist einen Großteil des Tages dort. Gute Ideen hast Du schon geliefert. Dann noch das Mosaik zur Verschönerung, Du hast also einiges zu bieten. Selbstzweifel sind nicht angebracht Sati. Ich weiß, dass ist leicht gesagt. Aber einer muss es Dir sagen und deshalb sage ich es Dir.


    Ich habe eine Idee. Die ersten Tage werde ich als Gast hier sitzen, so hast Du eine geistige Unterstützung und auch eine verbale, falls es drauf ankommt. Dann fühlst Du Dich nicht so allein und verloren. Und tue Dir selbst einen Gefallen, freue Dich auf die Eröffnung und Dein neues Leben. Angst musst Du keine haben Sati. Lurco vertraut Dir. Du würdest nicht bei Scato und Lurco wohnen, wäre es anders.


    Und gleich wirst Du Dich eh besser fühlen, sobald Deine Mähne zurück ist. Vielleicht schlummert Deine Macht ebenso in Deinem Haar, wer mag es schon sagen? Wir werden es gleich erfahren. Nubius ist Flink zu Fuß und bestimmt gleich wieder da. Dann legen wir los, wenn Du soweit bist. Lass Dich von Terpander nicht nervös machen mein Guter.


    Ach nebenbei, falls Terpander nachher auf Reisen geht, kurzum sich heute Abend verdrückt verfolge ich ihn. Bist Du dabei? Ich muss herausfinden was er vorhat. Er sprach von einem Ritual, ist das nicht abenteuerlich? Meine Neugier zwingt mich, ich hoffe Du ziehst mit. Es könnte etwas zu erfahren geben, etwas das Terpander einen Nasen Ring verpasst. Auch sowas musst Du lernen. Ich bringe es Dir bei", erklärte Viri gut gelaunt.


    Es dauerte knapp eine Stunde, dann war Nubius mit einer Tasche zurück, die alles enthielt was Viri benötigte.


    "Bereit für eine Löwenmähne?", fragte er freundlich.

  • "Ich weiß nicht viel", sprach Satibarzanes so leise, dass man ihn kaum noch verstand, während ein scharfer Schmerz in seinen Schläfen hämmerte. "Die Eravisci waren ein keltischer Stamm, sie kamen aus dem Norden ... sie vertrieben die Illyrer aus Pannonia oder töteten sie. Vielleicht haben sie sich auch mit ihnen vermischt, weil ich Illyrer und die heutigen Pannonier gar nicht unterscheiden kann! Wenn man sie anschaut, sehe sie gleich aus. Sie tragen die gleichen Trachten. Die Eravisci ... waren den Römern gut gesonnen. Und die Römer ihnen. Zum Lohn durften die Eravisci ihre Kultur behalten, sogar die romanisierte Oberschicht trägt noch keltischen Schmuck und alles. Darum ... ist vieles in Pannonia noch keltisch, obwohl es zu Rom gehört."


    Satibarzanes strengte es sehr an, sich solche Erinnerungen hervorzukramen. Wann immer er an seine Kindheit dachte, bekam er heftige Kopfschmerzen und manche Teile seines Gedächtnisses waren unwiderruflich ausgelöscht worden. Andere waren in Fragmenten erhalten, wie diese Informationen, die ihn vage an seine Eltern erinnerten.


    "Mein Vater war ... Bürger geworden. Am Ende seiner Dienstzeit. Aber ich weiß nicht, ob er mich überhaupt anerkannt hat, weil meine Mutter aus Persepolis kommt, vielleicht bin ich sogar ein Sklave, ich weiß überhaupt nichts! Bitte darf ich aufhören", flehte er, "mir platzt der Kopf!"


    Außerdem nahm es ihn immer sehr mit, wenn er an seine Eltern dachte, so dass er den Verdacht hegte, dass er irgendwann absichtlich alles vergessen hatte. Viridomarus verlangte, dass er sich Freunde suchte. Satibarzanes hatte in seinem ganzen Leben nur einen einzigen Freund gehabt. Niemand mochte ihn und das zu Recht, er war schwach, dumm und hässlich. Dass Viridomarus ihm helfen wollte, freute ihn zwar, aber es nahm ihm nicht die Angst vor dem neuen Leben. In diesem Moment, wo es Satibarzanes wieder schlechter ging, wünschte er sich sein altes Leben zurück, dessen Regeln und Abläufe er wenigstens kannte. Oder vielleicht hätte er auch nach Persien oder Parthien oder wie das hieß gehen müssen, damit er glücklich sein konnte. Er war froh, als der riesige Nubier mit der Tasche zurückkehrte. Jetzt brauchte er eine Weile nur stillhalten.


    "Bereit", flüsterte Satibarzanes und rieb seine Augen. "Bitte gib mir meine Mähne zurück, Viridomarus."

  • Viridomarus nahm Nubius die Tasche ab, führte Sati zurück zum Tisch und stellte die Tasche vor sich hin. Sati setzte er auf einen der Stühle.


    "Nicht viel? Damit weißt Du immer noch mehr über die Eravisci als ich Sati. Ein keltischer Stamm, da wäre doch interessant zu erfahren, welchen Schmuck sie trugen. Vielleicht finden wir es gemeinsam heraus Sati", antwortete Viridomarus und kramte aus seiner Tasche eine kleine, dunkle Flasche.


    Viri schloss Satibarzanes sanft die Augen, öffnete die Flasche und schüttete sich etwas von Inhalt in die Hände.


    "Die Augen schön zulassen", sagte er freundlich und rieb Sati die Schläfen und die Stirn mit der Essenz ein.


    "Das ist eine Essenz aus besonderen Ölen, die entspannend und krampflösend wirken. Deine Kopfschmerzen sind gleich verflogen. Vor allem für die Erfrischung ist diese Essenz von mir gemischt worden. Ich benutzte sie für mich selbst. Manchmal ist man nach einem anstrengenden Arbeitstag sehr abgespannt, da hilft mir diese Essenz sehr gut.


    Und mein lieber Sati, Du kannst jederzeit aufhören zu erzählen. Das hier ist eine Unterhaltung unter Freunden und kein Verhör. So warte noch einen Moment, bevor Du die Augen öffnest, sonst tränen sie. Ich sage Dir bescheid", erklärte Viri und baute schon mal die Utensilien auf, die er für die Haarverlängerung benötigte.


    Satibarzanes fühlte, wie Viridomarus seine Haare behutsam mit den Fingern durchkämmte. Der Thraker zog sich einen Stuhl heran und fing an Satis Haare mit einem groben Kamm vorsichtig durchzukämmen und in Abschnitte einzuteilen.


    "Du kannst die Augen öffnen, die Kräuteressenz ist eingezogen Sati. Jetzt machen wir uns an Deine Mähne mein Freund. Lass uns über etwas sprechen, woran Du Freude hast. Etwas das Dir liegt und wenn es das Wetter ist. Oder soll ich Dir etwas erzählen?


    Zuerst werde ich Deine Haare ordnen und einteilen, dann geht es auch schon los. Du musst etwas Geduld mitbringen, aber das Ergebnis wird Dir gefallen. Versprochen. Du hast sehr schöne Naturhaare Sati, es wäre eine Schande wenn wir Deine Mähne nicht wieder herrichten. Ich bin wirklich gespannt, wie Du mit voller, geschmückter Mähne aussiehst", sagte Viri und klopfte Sati freundschaftlich auf den Rücken, ehe er weiterkämmte.

  • Die Augen schloss Satibarzanes von ganz allein, als er die Flüssigkeit in die Kopfhaut einmassiert bekam. Davon entspannte er sich und seine Kopfschmerzen flauten ab, auch wenn sie nicht ganz verschwanden. Das vorsichtige Kämmen im Anschluss tat ihm gut und er ließ die Lider geschlossen, selbst nachdem Viridomarus sagte, er dürfe die Augen wieder öffnen.


    "Erzähl mir was", bat Satibarzanes, der vom vielen Reden eine Pause brauchte. "Warum hast du Thrakien verlassen? Vermisst dich dort niemand? Oder hast du deine Familie einfach mitgenommen?"

  • Viridomarus kämmte vorsichtig weiter und unterteilte alle Haare von Satibarzanes. Sati wollte seinerseits etwas über ihn wissen. Viri freute sich über das Interesse und darüber, dass sich Sati langsam etwas entspannte.


    "Wie gesagt bin ich Thraker mein lieber Sati. Meine Heimat ist Mesembria, ein wundervoller Ort direkt am Meer Pontus Euxinus gelegen. Es ist ein wundervoller Ort, mit herrlicher Landschaft und guten Leuten.


    Wer mich dort vermisst Sati, dass sind meine Eltern und meine beiden Brüder. Meine Liebe galt schon immer den schönen Dingen, gleich ob es sich dabei um Speisen, Getränke, Düfte, Kunst oder um andere Annehmlichkeiten handelt. Schöngeistige Dinge, so werden sie genannt. Es ist gleich ob Du mit dem Gaumen, den Augen oder den Lenden genießt.


    Warum ich Mesembria verließ ist einfach erklärt. Ich wollte etwas von der Welt sehen und ich wollte mein Geschäft vergrößern. Wo kann man besser die Welt sehen und zwar auf einem einzigen Flecken als in Rom? Rom ist der Schmelztiegel der Welt Sati.


    Und wer Geschäfte machen möchte, wer erfolgreich sein will, wer sich einen Namen manchen möchte, für den ist Rom Pflicht. Und so zog ich als junger Mann aus, um mich auf den Weg nach Rom zu machen. Es dauerte einige Zeit und es erforderte auch den einen oder anderen Umweg aber dann war ich am Ziel meiner Wünsche - Rom.


    Die ersten Eindrücke der Stadt waren erschlagend. Sie ist riesig, bunt, exquisit und dreckig zugleich. Wie will man Rom beschreiben Sati? Sie ist eine Dame und eine Lupa zugleich. Sie ist Helferin und Mörderin, sie zieht Dich aus dem Dreck oder stößt Dich in den Unrat hinein.


    Die menschlichen Abgründe und Gelüste zu verstehen, heißt Rom zu verstehen. Für einen Außenstehenden ist das die erste Lektion, lerne Rom lesen. Lerne zu verstehen wie diese Stadt tickt. Denn das was Du hier erlebst, hat in anderen Orten keine Gültigkeit. Rom steht für sich, hier gibt es Freiheiten wie nirgendwo sonst auf der Welt. Aber hier gibt es auch Ketten, die Du sonst nirgends findest.


    Was viele nicht sehen ist, dass Du in Rom nur dann erfolgreich bist, wenn Du Bekanntschaften hast. Du kannst fleißig sein, Du kannst sogar der Beste Deines Faches sein, dennoch wirst Du es nie zu etwas bringen ohne Seilschaften.


    Erfolg in Rom baut auf Beziehungen auf, Fähigkeiten sind zweitrangig. Allerdings ist es immer besser, wenn Du welche vorzuweisen hast. Bestenfalls geht beides Hand in Hand.


    Und genauso musst Du investieren, um Geld zu verdienen. Gib ein Bankett, lade Leute zu Dir nach Hause ein. Nicht für einen gemütlichen Abend, das ist Beiwerk. Lade Leute ein, die Dir nützen können. Sie müssen Dir wohlgesonnen sein oder es werden. Geize nicht an falscher Stelle, denn dann geizt auch das Leben.


    Meine Vorstellungen als ich Rom erreichte, waren vielleicht etwas naiv, aber ich habe gelernt und bin heute wo ich bin. Möglicherweise gerade weil ich ein Träumer war, der sich an den Traum der Schöngeistigkeit und des Genusses klammerte. Aber Genuss mein lieber Sati kostet.


    Und so führte eines zum anderen und mich nach Rom", erzählte Viri gut gelaunt, während er anfing Satibarzanes die ersten bereitgelegten Strähnen in sein Haar zu nähen.

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