Vor der Casa Germanica - Die Flamme

  • Es war spät am Abend, als sich Adalheidis ihr Tuch umlegte und draußen vor das Haus trat. Ein kühler Wind wehte, das Herbstlaub raschelte und brachte eine Ahnung von Kälte. Tordis, Tusnelda und sie hatten aufgeräumt, was es aufzuräumen gab, und genug war zum Essen übrig geblieben, um den Hausherren, die Mägde und Sklaven noch lange satt zu bekommen. Morgen würden sie das restliche Fleisch einsalzen. Vielleicht würde sie Tordis und Tusnelda zum Markt schicken, um das zu verkaufen, was nicht lange haltbar war. Und die Würste würde sie den Mägden für ihre Familien schenken, für den Winter, sofern der Germanicer damit einverstanden wäre.

    Ein Windstoß wirbelte Adalheidis Tuch auseinander und sie zog es fester um sich. Und dann sah sie etwas vor ihrem inneren Auge - Weinen und Klagen und Dunkelheit, und dann eine ruhige große Flamme, die näher kam und schließlich ihr gesamtes Gesichtsfeld ausfüllte.

    Es ist etwas mit meiner Tochter, dachte Adalheidis und fragte laut: "Wer bist Du, dass Du sie für dich haben willst?" Aber sie bekam keine Antwort. "Du willst sie für dich haben, nicht wahr, meine Kleine, mein liebes Kind, mein Augenstern."

    Adalheidis schluchzte auf und dachte an das ferne Sommerland. Und das sie Lucius schreiben musste und das so schnell wie möglich.


    >>> Casa Germanica

  • Cerretanus spürte den Luftzug der nur dann entstand wenn eine Türe geöffnet wurde.

    Verwundert hob er den Blick, welcher zuvor auf einer alten Tabula haftete und legte diese auf den Tisch.

    Wer da wohl um diese Zeit noch ausser Haus ging? stellte er sich ohne Worte die Frage und ging ins Atrium.

    Die Türe war eine Spalt offen und er könnte das Flackern der Fackeln erkennen die draussen platziert waren um den Weg auszugleichen.

    Der Germanicer näherte sich der Türe und schob sie weiter auf bis er, ein Stück entfernt Adalheidis erkannte.

    Langsam näherte er sich ihr mit ruhigen Schritten. Lautlos war es nicht da Laub am Weg lag und jeder Schritt darauf zu hören war.


    " Adalheidis?" " Was ist los?"

    Bevor er die Germanin ansprach war es ihm so als würde sie mit jemanden sprechen der vor ihr stand.

  • Der Germanicer verdiente eine Antwort:


    "Ich war die Ziehmutter der Tochter meines Dominus.", erwiderte sie leise: "Ich habe das Gefühl, dass es meiner Kleinen nicht gut geht. Aber weder Lucius, ihr Vater, noch ich können ihr gerade beistehen. Fremde Götter und fremde Lehren verwirren Ortruns Geist, und ich muss Lucius fragen, was er zu tun gedenkt. Gleich morgen sende ich einen Brief in die Civitas."

    Unwillkürlich nannte sie die Valeria bei dem germanischen Namen, den sie als Kind hatte haben wollen.


    Adalheidis lächelte Germanicus Cerretanus an:

    "Ich danke dir, dass Du nach mir gesehen hast. Du bist ein guter Mann, Germanicus Cerretanus. Gehen wir wieder rein und wärmen den Mulsum wieder auf, das wird uns wohl tun."

  • Cerretanus brummte verstehend. Er konnte zwar mit diesen Dingen nicht viel anfangen aber der Glaube war nicht wirklich zu erklären.

    Adalheidis klang nach einer sehr guten Idee. Der Wind frischte weiter auf und wirbelte Blätter durch die Luft. " Ja. Lass und wieder nach drinnen gehen. Ich befürchte dass sich unangenehmes Wetter ankündigt." Er seufzte. " Möglich dass es bald Schnee geben wird." Auch wenn es nicht danach klang so war es eine Frage.


    Nachdem man nun vor der Casa das Wetter genossen hatte fanden sich die beiden wieder in der Culina ein.

  • Borkenschiffchen


    Das Fest im Garten war mit Gesang und Lachen zu Ende gegangen. Was immer auch Germanicus Cerretanus Schicksal sein würde, die Nornen spannten für ihn einen anderen Faden als für Adalheidis. Sie wurde nicht mehr benötigt.

    Maxi hatte ihren Weg gefunden, und Lucius hatte wieder hergefunden. Die Ordnung war wie ein Spinnenetz, kreisförmig umgab es die Welt.

    Adalheidis hatte ihr Bündel gepackt. Trotz ihres Alters hielt sie sich sehr aufrecht, als sie nun die Casa Germanica verließ... dem Forum zu. Sie ließ sich treiben, ließ zu, dass ihre Schritte sich von alleine lenkten.


    Unterwegs bückte sie sich, hob ein Stück große Rinde auf. Mit ihrem Messer stieß sie ein Loch in die Mitte, ein zweites an den Rand. Die Rinde war nicht brüchig und spaltete sich nicht. Ein Stöckchen steckte sie in die Mitte, nachdem sie es ein wenig eingekerbt hatte. Sie nahm ein Fussläppchen aus ihrem Bündel, faltete es mittig und riss ein dreieckiges Segel heraus. Mit einem Faden band sie beide nebeneinander liegende Zipfel an das Stöckchen, den dritten Zipfel spannte sie mit einem Faden durch das zweite Loch.

    Das alles tat Adalheidis im Gehen.


    Sie ging weiter, über die Via Borbetomaga hinaus aus der eigentlichen Stadt, sie war gut zu Fuß, und es war erholsam, einmal wieder die Stadtmauern zu verlassen.

    In ihrer Hand hielt sie das Spielzeug. Sie hatte ein Borkenschiffchen gebastelt. Es musste für jemanden bestimmt sein, doch noch wusste Adalheidis nicht, wem sie es schenken würde.

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