Die Frage aller Fragen - Antrag auf Verlobung an Iulia Stella

  • An diesem Tag nun also war es so weit. Nachdem ich von Iulius Antipater zurückgekehrt war, hatte mich zu Hause die Nachricht erwartet, ich soll mich im Senat einfinden. Danach startete die Vorbereitung auf mein mögliches neues Amt und zuletzt nur war die eigentliche Wahl gewesen. Nun, als frisch gewählter Ersatz-Quaestor, hatte ich die Chance, endlich um die Hand meiner Geliebten Iulia Stella anzuhalten. Ich war in makellose Tunika und Toga gekleidet, die Falten waren alle genau am richtigen Ort und die Toga hielt gut auf meiner linken Schulter.


    Innerlich war ich total nervös, als ich darauf wartete, dass neben den ganzen Iuliern auch meine Zukünftige das Atrium betrat. Als ich in meinem Rücken, den ich ganz bewusst der entsprechenden Treppe zugewandt hatte, hörte wie jemand ebendiese Treppe hinunterkam, drehte ich mich langsam um und erblickte Iulia Stella in einer wunderschönen dunkelblauen Tunika nach germanischem Stil. Ein kleines Geschenk, welches ich ihr von meinem langen Aufenthalt mitgebracht hatte.


    Als sie dann ihren Weg zu uns gefunden hatte und alle erwartungsvoll zu mir blickten, schluckte ich noch einmal und sagte dann:

    Hochgeachtete iulische Senatoren, ehrenwerte Mitglieder der Gens Iulia, ich bin heute hergekommen, um Iulia Stella zu bitten, meine Frau zu werden. Das Einverständnis ihres Vormundes, Decimus Iulius Antipater, habe ich schriftlich hier.

    Ich hob die Hand, in welcher ich den Papyrus hielt, den mir Antipater vor einigen Tagen in seiner Villa nahe Rom übergeben hatte.

    Aus diesem Grund frage ich dich nun, Iulia Stella, willst du in Anwesenheit deiner Familie und unter Berufung auf Iuno und Venus, den Platz an meiner Seite einnehmen und heute in eine Verlobung einwilligen? Willst du den Bund zwischen den Gentes Iulia und Annaea, den meine Mutter damals ebenfalls einging, erneuern und mit Leben füllen?


    Die Antwort würde mein Leben verändern, egal wie sie ausfiel, aber ein Nein hätte mich nach allem was wir zusammen durchgemacht hatten wirklich überrascht.

  • Schon den ganzen Morgen hatte ich mich vorbereitet und kein Detail dem Zufall überlassen. Annaeus Florus hatte mir mitteilen lassen, dass er heute in offizieller Mission zu uns in die Domus Iulia kommen würde und ich glaubte ziemlich genau verstanden zu haben, was er damit meinte.


    Also hatte ich meine Ornatrix heute instruiert, mich speziell hübsch zu machen. Meine Haare wurden stundenlang kunstvoll gezöpfelt und geflochten, bis das Gesamtwerk hoch über meinem Kopf aufragte und mich kaum traute mich zu bewegen, da ich fürchtete, es würde gleich alles wieder verrutschen. Doch die Ornatrix versicherte mir, es sei alles gut mit Haarteilen und Haarnadeln gesichert und zusammengehängt, so dass nichts, aber auch wirklich gar nichts, verrutschen konnte.


    Als Tunika hatte ich bewusst das Geschenk des Florus von seiner Rückkehr aus Germania gewählt. Sie war aus feinster Wolle gesponnen und selbst bei genauer Überprüfung hatte ich keinen Gewebefehler finden können. Eine ausgezeichnete Arbeit einer überaus geschickten Weberin musste das also gewesen sein und daher sicher auch nicht günstig. Die Farbe, ein ganz dunkles blau, welches bei Tageslicht in ganz unterschiedlichen Tönen schimmerte, war genau was ich meine Lieblingsfarbe nennen würde, obwohl ich diese Florus nie direkt verraten hatte.

    Dazu wählte ich üppigen Goldschmuck, der auf dem dunklen Stoff natürlich noch einmal viel besser zur Geltung kam als sonst. Armreifen, Ringe, eine Halskette mit feuerroten Glasperlen, dazu Ohrringe und einen goldenen Haarreif, der die hochgesteckte Frisur noch einmal besonders betonte, oder vielleicht auch anders herum.


    Zuletzt wurde ich noch geschminkt. Das passierte immer zuletzt bei solchen Anlässen, damit auch nichts verschmierte, bis zum Gast hinunter. Ich liess es heute sogar zu, dass man mir die Wangen mit etwas weissem Puder überzog, damit ich auch schön blass wirkte, wie es Mode war. Sonst verzichtete ich normalerweise darauf.


    So zurecht gemacht musste ich zum Glück nicht lange warten, bis mich die extra dafür abgestellte Sklavin davon unterrichtete, dass Florus nun angekommen sei und die ganze Familie sich auf seinen Wunsch hin versammelt hatte und man mich erwarte.


    Ich ging also langsam und erhaben die Treppe hinunter ins Atrium, wo alle schon auf mich warteten. Ganz leise hörte ich, wie einige der Anwesenden hörbar die Luft einzogen, als ich so hübschgemacht erschien.


    Dann ergriff Florus das Wort und stellte die von mir soooooooo lange erwartete Frage. Mein Herz schlug mir im Hals, nein, fast schon im Kopf und ich musste mich wirklich beherrschen, um die Würde des Momentes und des Rituals nicht mit unangebrachter Hemmungslosigkeit zu zerstören.


    Ja, in Anwesenheit von Iuno, Venus, allen Vorfahren der Gens Iulia und allen heute hier Anwesenden, ich will die Verbindung der Gentes Iulia und Annaea wieder aufleben lassen und willige in die offizielle Verlobung ein, da es offensichtlich auch der Wille meine Vormundes Decimus Iulius Antipater ist.

    sprach ich danach deutlich und mit leicht gesenkten Kopf. Das war der wichtige Moment. Nun war die Reihe wieder an Florus und danach an meiner Familie.

  • Sie hatte ja gesagt, Ja, JA, JA!
    Ich zitterte fast am ganzen Körper und musste mich wirklich beherrschen, das Ritual noch korrekt zu beenden, aber ich wusste, dass es Stella genau gleich gehen würde. Ihre spezielle Aufmachung sprach Bände. Sie musste sich sicherlich stundenlang geduldet haben, bis diese Frisur fertig war und ein solcher Aufwand wurde nur betrieben, wenn es wirklich wichtig empfunden wurde.


    Vorsichtig ging ich einen Schritt vor und nahm ihre linke Hand in meine Rechte. Dann hob ich mit meiner Linken ihren leicht gesenkten Kopf, damit sie mir in die Augen blicken konnte. Dieses kleine Zeichen bedeutete, dass sie nun zu mir gehörte, denn sonst war es in den meisten Situationen eher anständig den Blick leicht gesenkt zu lassen.


    Einen Kuss gab es nicht, obwohl die Verlockung riesig war, aber noch war es keine Hochzeit sondern erst ein formelles Versprechen.

    Bei Iuno, Venus und allen anwesenden Mitgliedern der Gens Iulia anerkenne ich mit grosser Freude deine Entscheidung, meinen Antrag auf eine Hochzeit angenommen zu haben und die Zeit der Verlobung gemäss den Traditionen einzuhalten.


    Dies bedeutete, dass ich nun mit der Planung der Hochzeit beginnen konnte. Die Tradition gab mir genügend Zeit auch zuerst mein neues Amt zu beenden, da ich ja bloss eine halbe Amtszeit erhalten würde. Aber dies wiederum hatte zur Folge, dass ich nach meiner Quaestur sehr wahrscheinlich als Senator heiraten würde, was dem Anlass dann auch wieder mehr Gewicht verleihen würde.


    Nun war die Reihe an den Gratulanten. Gemeinsam standen Stella und ich zum ersten Mal im Kreis ihrer Familie und nahmen die Glückwünsche entgegen. Es würde eine schöne Zeit werden, aber auch eine schwere. Noch lebten wir jeder bei seiner Familie, da wir erst versprochen waren, aber zumindest durften wir uns nun gegenseitig offen besuchen und uns auch in der Öffentlichkeit gemeinsam zeigen. Zumindest sobald die Verlobung im Eheregister eingetragen war, was wir eigentlich gleich nach den Gratulationen geplant hatten.

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