Ein Quaestor und ein Primicerius

  • Nachdem ich in meinem Officium die entsprechende Tabula gefunden und sogleich beantwortet hatte, machte ich mich bei erster Gelegenheit auf den Weg in die Taberna Apicia. Ich war sehr gespannt, welche dienstlichen Gründe ein Treffen an diesem Ort und nicht in einem Officium des Palastes benötigten.


    Genüsslich schlürfte ich an einem exquisiten Wein, genau richtig gewässert, und pickte mir dazu einige Mandeln, überzogen mit einer Paste, deren Ingredienzen ich nicht erraten konnte, die aber perfekt zum Wein passten.

  • Der Tag am Palatin war äußerst anstrengend gewesen. Doch das ständige Delegieren an seine Notarii machte Varenus besonders viel Spaß. Sodass er gutgelaunt die Taverne betrat und sich kurz umblickte, um zu erkennen, dass im hinteren Bereich bereits der Quaestor auf ihm wartete. "Salve! Mundet der Wein?" Varenus setzte sich schließlich und winkte eine Bedienung zu sich, die wohl auf sich warten lies. "Bin ich durstig. Meinst du nicht, dass am Palatin viel zu wenig Wein angeboten wird." Vorab ein wenig Smalltalk dürfte das Gespräch in die richtige Bahn rücken.

  • Wenig später kam der Primicerius bereits herein und gesellte sich zu mir.

    Salve, ja, ich habe mir da etwas bringen lassen, keine Ahnung was, aber er schmeckt mir. Möchtest du auch davon oder hast du einen eigenen Liebling?

    Und ja, auf dem Palatin wurde in der Tat zu wenig Wein angeboten, daher hatte ich schon wenige Tage nach meinem Amtsantritt immer eine kleine Kanne selber mitgenommen.

    Ja, das stimmt in der Tat. Ich habe mir bereits angewöhnt, selbst jeweils etwas mitzubringen.

  • "Nicht so wirklich. Umso saurerer, umso besser." Er nahm das Angebot und ließ sich ein Becher füllen. "Und ich dachte, dass ein Quaestor Principis so viel Einfluss besaß, dass du es eigentlich nicht nötig haben solltest, dich selbst zu versorgen. Im Gegenteil. Jeder müsste dir zu den Füßen liegen!" Neben Smalltalk. Sollten Schmeicheleien der beste Einstieg sein. "Und wie wird dein weiterer Werdegang aussehen? Tribunus Plebis? Die Stimme des Volkes?" In der Zwischenzeit wurde Varenus schlichtes Puls serviert. "Lecker. Ich fühle mich zu meiner Kindheit zurückversetzt. Bist du aus Roma?" Genug des Smalltalks. Gleich sollte es an das Eingemachte gehen.

  • Die Schmeicheleien gehörten in Rom einfach dazu und wenn man als junger Amtsinhaber des Cursus Honorum irgend an einem Gespräch teilnahm, war es üblich, dass man davon eine ganze Menge erhielt. Daher überhörte ich sie üblicherweise einfach und schmeichelte meinerseits ein wenig. Die weiteren Fragen waren jedoch durchaus spannend, denn einige konnte ich selbst noch nicht beantworten.


    Ich denke, als Primicerius ist das Leben im Palast auch nicht ganz so dunkel und eintönig. Eigentlich sollte da doch auch eine Kanne von etwas Gutem täglich drin sein, würde man denken. und ich zwinkerte ihm zu.

    Was ich nach der Quaestur plane, das wissen vermutlich erst die Götter. Eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet nach meiner Rückkehr aus Germania, wo ich mein Tribunat geleistet hatte, gleich schon als Ersatzquaestor gewählt zu werden. Vermutlich werde ich zuerst einmal heiraten. Wieder zwinkerte ich und musste zugleich lachen.

    Nein, ich komme nicht aus Rom. Unser Stammsitz liegt eigentlich in Mantua. Und du? Woher kommst du und was erhoffst du dir von den Göttern?

  • "Ja, ja... vor allem die Erbsenzähler können so einiges wegbechern." Bei den Worten dachte er an die alte gute Zeit. Ob er jemals wieder in seiner geliebten Abteilung arbeiten dürfte? "Die Frage ist doch, was möchten die Götter von uns?" Varenus waren die Götter wie eine Plage gewesen. Diese ganzen Riten. Vorschriften. Tu dies, und nicht das. Einfach nur verwirrend. "Ah, du warst in Germania? Interessant, denn ich selbst war bis vor einer Weile für fünf Jahre in diesen Provinzen geschäftlich herumgereist. Zufälle gibt es." Varenus nahm ein kräftiger Schluck und musste ein wenig aufstoßen. Er sollte wohl nicht zu schnell trinken. "Ach nee! Mantua? Das ist witzig. Denn ich komme ebenso gebürtig aus dem Norden, genauer gesagt aus Genua, bin mit meiner Familie erst vor etwa zehn Jahren in Roma eingekehrt. Guck. Wir haben so einiges gemeinsam, also die beste Voraussetzung für eine gute Freundschaft." Er hob den Becher. "Auf uns! Auf dich, dass du in Kürze als Senator erhoben und denen so richtig einheizen wirst."

  • Obwohl ich noch jung und nicht sonderlich geübt war, konnte ich eine Menge Wein ertragen, zumal ich meist wirklich darauf achtete, dass er angemessen verdünnt war. Daher war es absolut kein Problem, beim Schankwirt durch ein Zeichen nochmals eine Kanne zu bestellen. Was Decimus Varenus erzählte war nicht viel, aber es gab mir doch einen kleinen Eindruck. Der Mann schien nicht ganz glücklich. Irgend etwas wünschte er sich, aber er gab keinen Hinweis darauf, was.


    Ja, manchmal geht es lediglich darum, was die Götter von uns möchten, aber wir dürfen sie auch um Dinge bitten. Dafür sind die Opfer ja gedacht. Ein Geben und Nehmen eben. Warst du denn noch in Germania, als Decimus Livianus dort als LAPP eingesetzt wurde? Dann wärst du nämlich tatsächlich kurz vor mir dort gewesen und wir hätten uns nur um wenig verpasst. Ich kam, als er wieder aus Germania abberufen wurde.


    Der Wein kam und unser Gespräch wurde kurz unterbrochen, als ich noch etwas Wurst und Käse orderte.


    Ja, manchmal gibt es lustige Zufälle. Genua kenne ich nicht so gut. Mein Vater starb als ich noch ganz klein war und meine Erziehung fand ausschliesslich auf dem Stammsitz der Annaei statt, obwohl sie sehr umfangreich war. Wir hatten damals zwar bereits andere Senatoren in der Familie und entsprechend auch die Domus Annaea hier in Rom, welche mein Vater gekauft hatte, aber ich kam erst hierher, als ich die Toga Virilis anlegte.


    Auf Freundschaft konnte ich immer trinken, auch wenn es noch etwas früh war, abschätzen zu können, ob diese Freundschaft wirklich wachsen würde. Aber es war meine feste Überzeugung, dass man mit korrektem Verhalten mit fast allen Menschen ein arbeitstaugliches Verhältnis haben könnte. Daher erhob ich meinen frisch gefüllten Becher, im vollen Bewusstsein, dass derartige Schmeicheleien und Schachzüge auch zur Politik in Rom gehörten.


    Die Voraussetzungen stimmen in der Tat! Auf eine gute Freundschaft! Mögen die Götter uns wohlgesonnen sein.

  • Dass sein Gegenüber genauso offen für Wein war, das gefiel Varenus so richtig. Leute, die eine Abneigung hatten, waren ihm nicht ganz geheuer. Wenn sogar nicht römisch. "Die Götter nehmen mehr als sie geben. Aber sei es drum, mein Freund. Es gibt wichtiges zu bereden. Ja, so ist es. Erst war einer der Duccier LAPP und dann mein Onkel Livianus. Wobei ich ehrlich gesagt nicht Kontakt halte. Ich sehe mich eher meiner Linie zu Meridius hingezogen anstatt die von Decimus Mercator. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Roma nur aus Decimern besteht." Als weiter Wein serviert wurde füllte man sofort die Becher auf. "Der Laden gefällt mir. Sie sind hier tatsächlich auf Zack. Nicht wie wir Beamten am Palatin, nicht wahr? Ach so, tu mir bitte einen Gefallen und erzähle Decimus Serapio nichts von meiner familialen Einstellung. Du kennst ihn vielleicht. Ein Tribun der Prätorianer. Dies sagt doch schon viel aus, oder?"


    Dass der Vater von Annaenus zu früh gestorben war. Tat ihm ernst leid. "Das ist sehr traurig, wenn ein junger Mann wie du es bist sein Vater nicht mehr an seiner Seite hat. Meine eigene Familie ist hingegen sehr lebendig. Sie besteht aus meiner Frau und meinen drei Kindern. Eine von ihnen wirst du bestimmt schon einmal gehört haben. Sie ist eine Vestalin."

  • Der Wein war in der Tat recht ordentlich und auch mir gefiel, dass schnell gearbeitet und nachgeschenkt wurde. Die Andeutung in Bezug auf Decimus Serapio hingegen konnte ich nicht verstehen.

    Es gibt für einen Annaeus wenig, das noch heiliger ist als die Familie. Von daher wirst du keine Befürchtungen haben müssen, dass ich etwas über dich zu Decimus Serapio ausplaudern werde. Das wäre unverzeihlich.

    Erstaunt stellte ich bei der Nennung der Decimischen Vestalin fest, dass die Generationen sich in den verschiedenen Gentes schon ziemlich verschoben hatten.

    Decima Messalina ist eine deiner Töchter? Dann verstehe ich in der Tat deine Bemerkung zu den Göttern.

  • "Du hast es erkannt. Sie haben meine Tochter genommen. Seit sie Tag für Tag im Atrium Vestae verweilt, gibt es kaum noch Kontakt. Zwei, drei Briefe im Jahr. Kein Besuch. Dabei ist es nur ein Katzensprung entfernt. So nah und doch so fern." Um nicht allzu sehr melancholisch zu werden. Trank Varenas umso mehr. Verdrängung nennt man das. "Ich danke dir. Mein Mund ist ebenso versiegelt.


    Weißt du eigentlich, dass ich der Dienstältester überhaupt bin? Drei verfluchte Jahre als Primicerius bei den Erbsenzählern. Ach ja, die schöne Zeit. Sitzend vor hunderten von Münzbergen und nun? Bettelbriefe?"

  • Das Gespräch entwickelte sich, wenn auch nicht in Richtung Geschäft, aber Varenus erzählte von sich und das half mir zu verstehen, wer er sein könnte.


    Das tönt nun leider ziemlich unzufrieden, wenn nicht gar schon frustriert. Gibt es denn keine Verbindungen, welche du nutzen könntest um einen nächsten Schritt zu machen? Was wäre denn überhaupt dein Ziel, wenn du von der momentanen Position weg könntest? Wovon träumt Decimus Varenus?

  • Varenus wollte sich ungern offenbaren. Galt er stets als ausgeglichen. Jemand der sich nicht beschwerte und mit dem was er hatte zufriedengab. Also versuchte er das Thema hin zum eigentlichen Anlass zu bewegen. "Ich träume davon, dass wir das Bauvorhaben für den Augustus noch vor meinem Tod fertigstellen. Ich hatte dich eingeladen, um mit dir über eine Sache zu sprechen. Nämlich, dass ich der Händlervereinigung der Socii Mercatorum Aurei vorsitze und wie bereits vor Jahren wieder einen Auftrag erhalten möchte. Doch anders als bei Salinator oder Plama, möchte ich mich nicht selbst für den Handel einbringen. Es wäre gut, wenn jemand anderes, du, dem Augustus das vorschlagen könntest. Ich habe bereits Kontakte nach Belgica herstellen lassen. Das Gestein für das Mauerwerk wäre gesichert." Erst wenn der Quaestor das Angebot ablehne, würde Varenus mit einer Beteiligung versuchen, diesen auf seiner Seite zu ziehen.

  • Varenus umging meine Frage, indem er direkt zum eigentlichen Anlass unseres Treffens kam. Nun gut, das sagte auch ziemlich viel aus, denn wer nichts sagt, sagt meist mehr als er denkt.

    Nun ging es also um das Projekt für den Kaiser und Varenus hatte demnach ein persönliches Interesse daran. Das war zum Einen natürlich nur normal, zum anderen war es aber auch etwas verwerflich, mich als jungen, erst gerade zum Ersatz meines verstorbenen Vorgängers bestimmten Quaestor, so für seinen eigenen Vorteil einzuspannen. Ich musste also schnell denken, um einen Weg zu finden, möglichst viele Türen offen zu lassen.


    Gestein aus Belgica? Das ist doch ziemlich weit her. Was macht solches Gestein denn besser als das aus den Steinbrüchen Italias?


    Ich wusste noch nicht viel über die verschiedenen Steine, ausser dem, was ich in meinem Cursus de Architectura gelernt hatte. Das besagte, dass es für jedes Bauwerk den richtigen Stein gab.

  • "Ich bin zwar kein Steinmetz. Doch wurde mir zugesichert, dass die Steine den Witterungsbedingungen besser standhalten. Vielleicht weil es dort mehr regnet als bei uns? Mooriger ist?" Wenn das so wäre, dann hätte das Gestein aus Britannia sein müssen.


    Varenus musste weiter mit Argumente um sich werfen. "Die Entfernung ist meiner Erfahrung nach das kleinste Problem. Werden doch Marmor und Sandstein ständig aus Ägypten importiert. Beide Provinzen haben Küsten, sodass der Transport über den Seeweg gegeben ist."

  • Das Argument überzeugte mich nicht, denn es basierte auf Hörensagen und nicht auf Wissen. Doch war ich nicht bereit, mich von dieser einen Sache bereits von etwas abhalten zu lassen, was unter Umständen sinnvoll sein könnte.


    Das stimmt, aber dennoch macht der Transport die Waren oft teurer als notwendig. Wobei der Transport über Wasser natürlich wesentlich einfacher ist, als über Land auf Wagen. Vielleicht rechnet sich das doch? Hast du denn bereits Zahlen dazu?

  • "Nein, habe ich noch. Ich spreche aus meinen Erfahrungen. Doch werde ich das schnellstmöglich durchrechnen lassen." Der Quaestor war weiterhin eine harte Nuss gewesen. Diese quirligen Fragen machten es Varenus sehr schwer gegen zu argumentieren. "Wir sollten alles Weitere nach der Berechnung fortführen. Wir sind hier, um zu Trinken und zu Speisen. Vor allem auf unsere neue Freundschaft."


    Ob der Quaestor um die Wette trinken würde? Dies würde sich wohl an einem anderen Abend offenbaren.


    Sim-Off:

    Ich kürze mal ab.

  • Sim-Off:

    Kein Problem.


    Das wäre gut. Je besser wir vorbereitet sind, wenn der Kaiser oder eine von ihm beauftragte Gruppe sich darum kümmert, umso schneller geht dann alles. Und der Kaiser wird sicherlich erfreut sein, wenn er ein neues Bauwerk erhalten kann ohne die Staatskasse gleich komplett zu leeren.


    Also, dann Trinken wir auf eine neue Freundschaft!


    Ich erhob meinen Becher, spritzte mit der Fingerspitze des Zeigefingers ein kleines Opfer in jede der 6 Himmelsrichtungen (inklusive oben und unten) und nahm einen grossen Schluck.


    Ich trank gerne auf diese neue Freundschaft. Die Decimi waren mir allgemein immer schon sympathisch gewesen, wie die Iulii ebenfalls. Vermutlich hatte das mit meiner Klientschaft und meiner Familie zu tun. Am Primicerius a libellis aber war es noch etwas anderes, etwas was sich mir heute noch nicht zeigen würde, was mich anzog.

  • Sim-Off:

    Ich schliesse hier mal ab, damit ich meine Themen wieder etwas unter Kontrolle habe.


    Der Abend wurde lang, wenn auch nicht sehr lang. Freundschaft war eine komplexe Sache und sie würde sich entwickeln. Zu später Stunde sandte ich zur Domus Annaea, damit eine adäquate Begleitung für den nun doch nicht mehr ungefährlichen Weg nach Hause geschickt werden konnte.


    Wenig später verliess ich gut geschützt die Taberna.

  • Sim-Off:

    Ah, für mich war es schon beendet. Nun gut.


    Der Abend war vom beidseitigen Informationsaustausch geprägt. Bei manchen Fragen fühlte sich Varenus als wäre er von seinem Vetter vernommen worden. Der junge Annaeus war eben in positiver Hinsicht sehr neugierig. Die Jugend halt!

    Als der Annaeus sich auf dem Heimweg machte, suchte Varenus sich einen Platz, um mit anderen Leuten zu würfeln. Der Abend musste ja in irgendeiner Form finanziert werden.

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